Ausstellung: Die widersprüchliche Geschichte der Polizei in der Weimarer Republik

Plakat Polizeiausstellung in Gedenkstätte Esterwegen

Die Reise der Wanderausstellung des Polizeimuseums der Polizeiakademie Niedersachsen „Freunde – Helfer – Straßenkämpfer. Die Polizei in der Weimarer Republik“ führt im September ins Emsland. Vom 8. September bis zum 14. Dezember 2023 wird die Ausstellung in Kooperation mit der Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim in der Gendenkstätte Esterwegen zu sehen sein.

Freunde und Helfer einerseits, Straßenkämpfer andererseits – das ist der wesentliche Gegensatz, der die Polizei der Weimarer Republik (1918-1933) prägte. In der ersten deutschen Demokratie entstand die Idee einer hilfsbereiten, bürgernahen Polizei – eine Vorstellung, die auch heute aktuell ist.

Die Ausstellung zeichnet die widersprüchliche Geschichte der Polizei der ersten deutschen Republik nach – der Fokus liegt auf den Regionen des heutigen Niedersachsens. In der Weimarer Republik entstand die Idee einer hilfsbereiten, bürgernahen Polizei. Doch wie die gesamte Gesellschaft sah sich die Polizei aufgerieben zwischen republikanischer Reformkraft und antidemokratischem Zerstörungswillen, zwischen kulturellem und technischem Fortschritt und wirtschaftlicher Not. In den letzten Jahren der Republik verlor sich das polizeiliche Ideal vom „Freund und Helfer“ in der täglichen Wirklichkeit: Blutige Kämpfe zwischen politischen Gegnern wurden zur Alltagserfahrung der Polizei, die an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit kam. Polizisten wurden zu Straßenkämpfern. Schließlich gaben 1933 die Nationalsozialisten der Demokratie den Todesstoß und die Polizei wurde zur Helfershelferin der Diktatur.

Die Ausstellung lädt dazu ein, die widersprüchliche Geschichte der Polizei der Weimarer Republik kennenzulernen. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung der preußischen Polizei, mit einem Blick auf die Gebiete des heutigen Niedersachsens. Ausgewählte Originale aus der Museumssammlung ermöglichen eine spannende Zeitreise. Es handelt sich um die fünfte und bisher aufwändigste Wanderausstellung des Polizeimuseums Niedersachsen.

Vom 8. September bis zum 14. Dezember wird die Ausstellung in der Gedenkstätte Esterwegen zu sehen sein. Die Ausstellung kann zu den Öffnungszeiten der Gedenkstätte besichtigt werden (dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, ab 1. November von 10 bis 17 Uhr). Anmeldungen für Führungen sind unter der Telefonnummer 05955/988950 oder per E-Mail unter info@gedenkstaette-esterwegen.de möglich. Die Beamtinnen und Beamten der Polizeiinspektion werden durch die Ausstellung führen.

Zudem findet an jedem zweiten Sonntag im Monat ein offener Museumstag statt. Somit sind am 10. September, 8. Oktober, 12. November und 10. Dezember jeweils ab 15 Uhr offene Führungen ohne vorherige Anmeldung vorgesehen. Weitere Informationen unter www.polizeigeschichte-niedersachsen.de. [Landkreis Emsland]

Schutz für Olga und Yurii

Während die ukrainische Regierung den Geschäftsführer der ukrainischen pazifistischen Bewegung, Yurii Sheliazhenko offiziell des “Verbrechens” der “Rechtfertigung der russischen Aggression” angeklagt hat, erklärte die litauische Regierung die dort im Exil lebende Leiterin der belarussischen Initiative “Unser Haus“, Olga Karatch zur “unerwünschten Person”.

Die Initiative “Unser Haus” setzt sich konsequent für die Einhaltung der Menschenrechte und das Recht auf Verweigerung des Kriegsdienstes ein. Die Organistion unterstützt belarussische Kriegsdienstverweigerer aktiv bei der Durchsetzung ihres Rechtes. Für ihre Tätigkeit sind sowohl Olga als auch Yurii für den Friedensnobelpreis nominiert.

Bei "Grüne Alternative" gibt es weitere Informationen zu den beiden; auf Change.org werden Unterschriften zur Unterstützung der beiden FriedenskämpferInnen gesammelt.

In der Petition werden die Mitglieder des Bundesparlamentes und besonders der Regierungskoalition aufgefordert

sich solidarisch mit Olga Karatch, Leiterin der belarussischen Initiative `Unser Haus´, welche derzeit im litauischen Exil lebt und von der litauischen Regierung zur unerwünschten Person erklärt wurde, und

  … sich solidarisch mit Yurii Sheliazhenko, den Geschäftsführer der
ukrainischen pazifistischen Bewegung, welcher von der ukrainischen Regierung formell des Verbrechens der “Rechtfertigung der russischen Aggression” angeklagt wurde,

zu erklären und seinen Schutz einzufordern. [jdm]

Wie lange musst du noch?

Ulrich Scholz

Eine Ursache für die scheinbare Lethargie in der Bevölkerung gegenüber der Russlandpolitik der Bundesregierung sieht Ulrich Scholz in Bildungslosigkeit. Man ist so beschäftigt, Bedürfnisse und Pflichten der materiellen Welt zu bedienen, dass die geistige Auseinandersetzung mit den Problemen der Welt und vor allem mit sich selbst auf der Strecke bleiben. Man ist Zweck getrieben und fragt nicht nach Ursachen und Zusammenhängen. Diese einseitige Ausrichtung führt irgendwann zu Lebensfrust, der sich im Alter in der verzweifelten Frage äußert: Wie lange musst Du noch. 

Der Artikel beleuchtet die Ursachen und will einen Weg aufzeigen, wie  man gerade älteren Menschen helfen kann, aus dem Frust eines materiell orientierten Berufslebens zu einer Balance finden kann, die sie ihren Lebensabend genießen lässt. Mehr im neuen Blog-Beitrag von Ulrich Scholz. [jdm]

You never walk alone: Androide Nr. 2

Wir haben am 17. Juli über ein absurdes Interview des Geschäftsführers der SPD-Fraktion im Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Philipp da Cunha, berichtet. Da Cunha hatte wie ein Automat immer wieder dasselbe geplappert ohne auf die Fragen des Interviewers einzugehen.

Da Cunha ist nicht allein. Andreas Audretsch, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, sollte im Deutschlandfunk-Interview die Frage von Moderator May nach dem Kabinetts-Veto der Familienministerin beantworten: "Was sollte das mit dem Veto?" Das wollte Audretsch zwar nicht beantworten, aber wohl mal vom Radio interviewt werden.

In vollkommener Missachtung des Interviewers und der Zuhörer spulte Audretsch seine Worthülsen ab, ohne dass ein Anflug von Scham hörbar wurde. Da es sich um ein Radio-Interview handelt, fehlt leider das vermutlich unbewegte Gesicht, dass beim Da Cunha-Interview das i-Tüpfelchen war. Hören Sie einfach mal in das Interview rein - wenn Sie es ertragen können. [jdm]

Sagt Nein! Gewerkschafter:innen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden

Appell von Gewerkschaftern an Verdi: Sag Nein

Nachdem der DGB-Bundeskongress 2022 auf Betreiben des DGB-Bundesvorstandes und unter Bruch der Satzungen und Beschlüsse das „Ja zu Waffenlieferungen“ beschlossen hat, soll dies jetzt auf Initiative des ver.di-Vorstandes, unterstützt durch den Gewerkschaftsrat auch auf dem ver.di-Bundeskongress nachvollzogen werden: Ja zu einer Kriegslogik, die unter dem Deckmantel eines sogenannten „umfassenden Sicherheitsbegriffs“ ausdrücklich „militärische Sicherheit“, indirekt „Auf- und Hochrüstung“ und Kriegseinsätze auch deutscher Soldat:innen befürwortet.

Das ist nach Ansicht vieler Gewerkschaftsmitglieder der finale Kniefall vor militaristischer Logik und das genaue Gegenteil von der elementaren gewerkschaftlichen Grundüberzeugung: "Uns eint die Ablehnung eines Denkens in militärischen Kategorien."

In einem Appell von Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter von ver.di, IG Metall und anderen DGB-Einzelgewerkschaften, wenden sie sich an die Delegierten des ver.di-Bundeskongresses:

Sagt Nein! Hebt Eure Hand nicht für einen erneuten Schulterschluss der Gewerkschaften mit dem deutschen Kriegskurs! Sagt Nein! zum Leitantrag für den ver.di-Bundeskongress.

Der ganze Appell ist auf Change.org zu lesen und kann dort per Unterschrift online unterstützt werden. [jdm]

90 Jahre „Lied der Moorsoldaten“ – Konzert am 27. August 2023

Kein anderes Lied aus den Konzentrationslagern des Naziregimes hat solch eine Verbreitung gefunden wie das »Lied der Moorsoldaten«. Am 27. August 2023 ist es genau 90 Jahre her, dass es im KZ Börgermoor seine Uraufführung erlebte. Das Aktionskomitee für ein Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager e.V. (DIZ) nimmt das Datum zum Anlass, um in Papenburg mit einem Konzertabend an diesen besonderen Augenblick aus der Frühzeit der Konzentrationslager zu erinnern, damit zugleich auch an viele andere Lieder, die von Häftlingen in NS-Lagern und Gefängnissen angesichts täglicher Demütigungen, in Verhältnissen von Angst, Gewalt und Tod geschrieben und gesungen wurden.

 »Grenzgänger« ein Ensemble aus Bremen

Eingeladen hat der Verein mit den »Grenzgängern« aus Bremen ein Ensemble, das sich schon sehr lange mit diesen Liedern auseinandersetzt. 2015 veröffentlichte es unter dem Titel »Und weil der Mensch ein Mensch ist« eine eigene CD zum Thema. Die Lieder dieses viel gelobten Albums stehen im Mittelpunkt des Konzertabends. Von den »Moorsoldaten« über das »Buchenwaldlied« bis zum »Auschwitzlied« wird an eine Liedkultur, an Menschen und Widerstandsgeschichten erinnert, die »unsere Kinder kennen sollten«, so Sänger, Gitarrist und »Kopf« des Ensembles Michael Zachcial. Mit ihm in Papenburg dabei sind Annette Rettich (Cello), Felix Kroll (Akkordeon) und Jan-Olaf Rodt (Gitarre).

Die Karten für das Konzert am 27. August 2023 um 20 Uhr im Theater im Forum Alte Werft, Papenburg, das in Kooperation mit »Papenburg Kultur« stattfindet, zudem vom Rotary Club Papenburg unterstützt wird, kosten 15 Euro (ermäßigt 11 Euro) und können auf der Website der Stadt Papenburg oder per E-Mail beim DIZ bestellt werden:  mail@diz-emslandlager.de. [PM DIZ/Foto: Die Grenzgänger]

NOZ-Lokalredaktionen wollen nur noch „Geschichten“

Die Lokalzeitungen der NOZ, also auch die Ems-Zeitung, fahren seit einiger Zeit ein neues Konzept, in dem sie sich von einer klassischen Lokalberichterstattung verabschieden. Es begann mit der Einstellung einer eigenständigen Kulturberichterstattung über Kulturelles aus dem Emsland. Das mag der eine oder andere Nichttheatergänger verschmerzt haben.

Dann folgte die Einstellung der Berichterstattung über Vereine. Auch da mag der ein oder andere es nicht vermisst haben, über die Generalversammlung des Schützenvereins am anderen Ende des Verkaufsgebietes nicht unterrichtet zu sein. Aber über die Vereine im eigenen Ort hätte man schon gern etwas erfahren.

Und von Gemeinderatssitzungen wird auch nicht mehr berichtet. Und damit kommen wir schon in einen Bereich, den man gemeinhin schon als Teil der Öffentlichkeit betrachtet, an dem allgemeines Interesse besteht.

Jetzt hat sich der Vorsitzende des Niedersächsischen Leichtathletikverbandes (NLV) Kreis Emsland e.V., Simon Hardt, in einer E-Mail an die Mitgliedsvereine gewandt. In seinem Brief heißt es: "Einige von euch haben sicherlich bemerkt, dass es von den letzten beiden Deutschen Meisterschaften keinen Zeitungsbericht mehr gegeben hat. Das liegt daran, dass sich die Redaktion der NOZ dazu entschieden hat, zukünftig keine Ergebnisberichterstattung von Wettkämpfen mehr zu veröffentlichen. Die von unserem Presseteam verfassten Artikel wurden daher nicht mehr veröffentlicht."

Das Gleiche erleben auch die anderen Sport-Fachverbände. Über den Breiten-Amateurfußball wird nicht mehr berichtet. Berichte gibt es nur über den SV Meppen und den SC Spelle-Venhaus. In allen lokalen Themenbereichen berichten die NOZ-Ableger nur noch, wenn es sich um ein „besonderes“ Event oder um eine „besondere“ Geschichte handelt.

Simon Hardt dazu: "Unter „besonders“ ist nach meinem Verständnis Boulevardpresse zu verstehen." Hardt hatte die Vereine aufgefordert, sich an die Lokalredaktionen zu wenden, um eine Wiederaufnahme der Berichterstattung zu erreichen. Der Chefredakteur der NOZ antwortete denjenigen, dass "wir künftig keine Inhalte mehr anbieten, die ohnehin schon auf vielen anderen digitalen Kanälen auf dem Markt sind. Konkret bedeutet das, dass wir nicht mehr mit Vorschauen und Spielberichten aus verschiedenen Fußball-Ligen berichten." Zugleich wurde das Online-Portal “Wir von hier” entwickelt, das in Kürze an den Start gehe. Es sei auf noz.de eingebunden, die Vereine profitierten also von der Reichweite der NOZ. Auf “Wir von hier” könnten Sportvereine ihre Inhalte selbst hochladen und eigene Schwerpunkte setzen.

Wie sich die NOZ die Zusammenarbeit mit den Vereinen vorstellt, zeigt die "Vereinbarung" mit dem Kreisfußballverband. Auf der Homepage des NFV Emsland schreibt Friedhelm Forbriger: "Es sollen in Zukunft in regelmäßigen Abständen „Geschichten aus dem emsländischen Fußball“ abgedruckt werden. Dazu ist es allerdings notwendig, dass aus unseren 120 Vereinen „besondere Stories“ geliefert werden, sei es über Personen, die etwas Außergewöhnliches geschafft haben (ehrenamtliche Helferinnen und Helfer aus allen Bereichen des Vereinslebens), sei es über herausragende Aktionen oder Aktivitäten oder aber auch über Persönlichkeiten, ohne deren Einsatz ein gut funktionierendes Vereinsleben kaum denkbar wäre."

Für Simon Hardt ist dass nicht die Aufgabe einer Zeitung. "Letztlich hat die Presse den gesellschaftlichen Auftrag, vollumfänglich und breit zu berichten." Simon Hardt erläuterte im Gespräch mit Hallo-Wippingen, dass ein Portal, in dem jeder Verein selbst berichtet, keineswegs die Aufgabe einer Zeitung, neutral - im Sinne von nicht selbst betroffen - über Entwicklungen zu berichten oder verschiedene Ereignisse in ein Verhältnis zu setzen, ersetzen kann.

Er glaube, dass sich die Strategie der NOZ auch wirtschaftlich nicht rechne. Irgendwann wolle keiner mehr die Geschichten lesen, dass die Tante von X vor 50 Jahren auch schon Meisterin wurde und dergleichen. Die Zeitung helfe einem nicht mehr, das Riesenangebot an Einzelinformationen zu sortieren. Diese originäre Aufgabe einer Zeitung müsse der Leser jetzt selbst in den sozialen Medien leisten. Dann könne er auch ohne Probleme die Lokalzeitung abbestellen, weil sie ihm keinen Nutzen mehr bringe.

Hardt hofft, dass die Interventionen der Sportfachverbände die NOZ-Chefredaktion von dem betretenen Irrweg zumindest teilweise abbringen können - im Interesse des Sports, der Leserschaft und auch der Zeitung selbst. [jdm]

Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für Diplomatie und Deeskalation

Homepage Aufruf Mehr Diplomatie Wagen

Über 1000 SPD-Mitglieder haben mittlerweile einen Aufruf "Mehr Diplomatie wagen" unterstützt, sich aus Solidarität mit den Menschen in der Ukraine für eine zügige Beendigung aller Kriegshandlungen einzusetzen. Der Aufruf, der sich an niemanden speziell richtet, scheint eine Art Selbstverpflichtung von Sozialdemokraten zu sein, vor allem in der eigenen Partei für eine Kehrtwende in der Politik der Bundesrepublik einzutreten.

In dem Aufruf heißt es, seit dem völkerrechtswidrigen Angriff der russischen Armee auf die Ukraine seien hunderttausende Menschen getötet worden. 2020 hatte die Ukraine rund 45 Millionen Einwohner; sie war bereits das zweitärmste Land Europas. Mehr als ein Drittel der Menschen sind nun auf der Flucht. Die zivile Infrastruktur wird zerstört. Die Fortsetzung des Krieges ist Fortsetzung dieser Unmenschlichkeit, einschließlich Verminung, Vergiftung der Umwelt und Traumatisierung der Menschen. Die russische Regierung muss ihren Angriffskrieg stoppen und ihre Soldaten zurückziehen.

Politik und Gesellschaft seien gefordert, Deeskalation zu ermöglichen und Verständigung für einen Waffenstillstand und Frieden zu fördern. Der Wille zu ziviler Konfliktlösung und Frieden bilde die Haltung, mit der die Unterbrechung und Überwindung von Gewalt gelingen könne.

Die Aufrufer lehnen die Lieferung von Kampfflugzeugen, Kriegsschiffen, Mittelstreckenraketen und weiteren Kampfpanzern ab. Sie würde den Auszehrungskrieg in der Ukraine verschärfen. Aufrüstung wecke bei allen Kriegsparteien zerstörerische Erwartungen, zu „siegen“ und den menschlichen Preis dafür zu ignorieren. Hingegen sei notwendig, die Ausweitung des Krieges auf andere Länder und eine nukleare Eskalation auszuschließen sowie einen baldigen Waffenstillstand zu erwirken.

Unter den 60 Erstunterzeichnern finden sich viele ehemalige Landtags- und Bundestagsabgeordnete der Partei, sowie in der Friedensbewegung aktive SozialdemokratInnen. [jdm]

Kriegsbegeisterung nur begrenzt vorhanden

Die Staaten des Globalen Südens fordern ein Ende des europäischen Krieges in der Ukraine, weil auch sie unter den Folgen des Krieges leiden. Außerdem finden sie es nicht nachvollziehbar, dass sie sich zum Ukrainekrieg positionieren sollen, aber der Westen sich um die an Toten viel reicheren Kriege im Süden nicht schert, sondern auch diese Kriege mit Waffen füttert. Im saudischen Dschidda laufen derzeit Friedensgespräche an denen Sicherheitsberater und Diplomaten aus der Ukraine, den G-7-Staaten und zahlreichen Ländern des globalen Südens wie Indien, Südafrika, Brasilien, China und anderen Staaten teilnehmen.

Die westlichen Staaten nutzen das Treffen in erster Linie, um für ihre kompromisslose Kriegsstrategie zu werben und dies als Friedensplan zu verkaufen. Dieses Vorgehen Europas und Amerikas gegen Russland wird vom Süden allerdings skeptisch aufgenommen.

In den USA zeigt sich in der Haltung zum Ukrainekrieg eine ähnlich seltsame Konstellaton wie in Europa. Die Anhänger der zumeist rechten Republikaner sind mit 71 Prozent mehrheitlich gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine, die neoliberalen Demokraten dagegen mehrheitlich dafür, dass zusätzliche Mittel bewilligt werden sollten (62 Prozent). Mehr als die Hälfte der befragten US-Amerikaner (51 Prozent) gab an, die USA hätten bereits genug für die Ukraine getan. Und rund 55 Prozent sind überzeugt, dass der US-Kongress keine zusätzlichen Mittel für die Ukraine bewilligen sollte. (Quelle)

In Deutschland punktet die halbfaschistische AFD damit, dass sie sich gegen die Anheizung des Krieges wendet, während die ehemals pazifistische Partei der Grünen und die ehemalige Arbeiterpartei SPD sich zu Bellizisten gewandelt haben. Und bei der FDP, die früher mal darauf geachtet hat, was für die Industrie am vorteilhaftesten ist, hat sich eine blinde Rüstungslobby als alleinbestimmend durchgesetzt.

Über die vielen Toten sowohl auf ukrainischer Seite, als auch auf russischer Seite erfährt man nichts. Über den Widerstand gegen den Krieg in der Ukraine und in Russland ebenfalls nichts. Unsere Zeitungen verbreiten gelegentlich Zahlen von russischen Verlusten und berichten über Kriegsgegnerschaft in Russland, aber nur um die Kriegsheldengeschichten über die Ukraine heller leuchten zu lassen, Dabei lassen Berichte über Korruption in beiden Ländern im Zusammenhang mit der Rekrutierung von neuen Soldaten erkennen, dass weder dort noch da der Heldentod als wünschenwert betrachtet wird.

Auch in Deutschland hat die Bundeswehr Probleme, genügend zukünftiges Kanonenfutter zu rekrutieren. Dass die Bundeswehr kein großes Gaming-Event ist, sondern die Vorbereitung aufs Töten und Getötetwerden, setzt sich langsam als Erkenntnis durch. Laut "Augen geradeaus" hat sich der Rückgang des militärischen Personals der Bundeswehr seit Beginn des Jahres auch im Juni fortgesetzt. Die Streitkräfte schrumpften im Vergleich zum Mai um rund 800 aktive Soldatinnen und Soldaten auf 180.770, den niedrigsten Stand seit Oktober 2018. [jdm]

Im Niger: Der Westen droht mit Krieg und sanktioniert

Im Niger gab es einen Militärputsch gegen die Regierung. Ein großer Teil der dortigen Bevölkerung unterstützt den Putsch, weil sie von der letzten Regierung die Nase voll hatte. Diese hatte westliche Militärs ins Land geholt, um der Bedrohung durch den Islamischen Staat etwas entgegen zu setzen. Genützt hat das nichts gegen den IS, aber die französischen und deutschen Militärs haben die Regierung gestützt, die die Oppositionsbewegung M62, die sich gegen die Erhöhung des Dieselpreises richtete, verboten und den Vorsitzenden in einem Hochsicherheitsgefängnis eingesperrt hat.

Frankreichs Interesse am Niger besteht in der Ausbeutung der Uran- und Goldvorkommen im Niger. Daran ist das Land nämlich reich, aber trotzdem steht der Niger auf dem Entwicklungs-Index auf Platz 189 von 191 erfassten Staaten (siehe auch Feature von Sonneborn auf Telepolis).

Um diese Rohstoffvorkommen zu schützen – pardon – um die Demokratie zu schützen, drohen die westlichen Staaten Frankreich, USA und die EU direkt und indirekt mit einem militärischen Eingreifen. Und sie schicken das westafrikanische Staatenbündnis ECOWAS, das sich als Nachfolgeorganisation des französischen Kolonialreichs in Westafrika gegründet hat, mit einer Kriegsdrohung gegen Niger vor. Aber deren Mitglieder Burkina Faso und Mali, wo erst vor kurzem Putsche stattgefunden haben, um die Franzosen aus dem Land zu werfen, haben erklärt, einen Angriff auf den Niger würden sie als Angriff gegen sich selbst betrachten. Und auch Guinea, sowie Algerien, haben mitgeteilt, dass sie bei einem Angriff auf den Niger nicht untätig bleiben würden.

Die westlichen Staaten und ihr afrikanischer Vertreter Nigeria haben Sanktionen gegen das bitterarme Land beschlossen.

Der Westen macht also das, was er kann: drohen und sanktionieren und demnächst schießen (lassen). Was der Westen nicht kann, ist überlegen, welche Rolle die koloniale und nachkoloniale Ausbeutung des Landes durch den Westen spielt.

Der Westen hat den Nahen Osten durch diverse Kriege zu einer Katastrophenregion gemacht. Er hat den Ukrainekrieg zwar nicht begonnen, aber durch die Nato-Ausdehnungspolitik provoziert. Er verhindert einen Waffenstillstand oder eine Friedenslösung, indem er der Ukraine nur militärische Unterstützung gibt, aber die Suche nach einer Friedenlösung verhindert.

Und jetzt ist der Westen dabei eine neue Kriegsregion zu schaffen. Selbstverständlich zur Verteidigung der Demokratie.

Und der Westen verschärft täglich das Verhältnis zu China; durch immer neue Sanktionen, durch immer neue militärische Anlagen in unmittelbarer Nähe, durch immer mehr Waffenlieferungen, durch Militärschiffe vor den Küsten Chinas, bis hin zum Abbruch der Kulturbeziehungen durch Verbot von chinesischen Kulturinstituten in Europa, oder wie an der Universität Erlangen-Nürnberg, durch die Weigerung, chinesische Doktoranden an der Uni aufzunehmen.

Beim Afrika-Russland-Gipfel in der vergangenen Woche waren 49 von 54 Staaten vertreten. Es wurde eine Abschlusserklärung beschlossen (Original auf der Kreml-Seite), die eine umfassende Zusammenarbeit zwischen Russland und den afrikanischen Staaten vorsieht. Auffällig sind die mehrfache Betonung der Ablehnung einer unipolaren Weltordnung und der Notwendigkeit, die internationalen Organisationen entsprechend zu reformieren. Die Absage an neokoloniale Wirtschaftsbeziehungen wird verbunden mit der Aussage, solidarisch für die Beseitigung konfrontativer Praktiken in internationalen Angelegenheiten einzutreten, sich der Diskreditierung einzelner Staaten aus politischen Gründen und der Verhängung politischer oder wirtschaftlicher restriktiver Maßnahmen unter dem Vorwand der Menschenrechte zu widersetzen und den Versuchen einzelner Staaten entgegenzutreten, unbegründete Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen als Vorwand zu benutzen, um sich in interne Angelegenheiten einzumischen.

Die Wirtschaftsbeziehungen Russlands mit Afrika sind - bis auf den Getreidesektor - noch gering und was umgesetzt wird, ist natürlich fraglich. Bedeutsam ist, dass in dieser Abschlusserklärung genau die Praktiken des Westens kritisiert werden, die er gerade im Niger wieder einsetzt.

Wenn die westlichen Politiker es nicht begreifen, werden es die Menschen in Europa begreifen müssen, wenn der Westen deindustrialisiert und isoliert dahin kümmert oder wenn der Krieg als Atomkrieg direkt nach Westeuropa zurückkommt. [jdm]

Schuldenstand der Gemeinden in der SG Dörpen 2022

Schulden der Gemeinden in der SG Dörpen 2022

Die Ems-Zeitung verglich am letzten Donnerstag die Schulden der Samtgemeinden und Städte im Emsland miteinander. Die Samtgemeinde Dörpen liegt dabei mit einer Pro-Kopf-Verschuldung (SG + alle Gemeinden) in Höhe von 978,07 € im oberen Bereich, wenn man von dem Ausreißer Werlte (1825,70 €) einmal absieht.

Wenn man sich die Zahlen der einzelnen Mitgliedsgemeinden in der Samtgemeinde Dörpen anschaut (Stand 31.12.2022, Landesamt für Statistik Niedersachsen) fallen vor allem Dörpen und Wippingen mit der höchsten Pro-Kopfverschuldung auf.

Bei der letzten Haushaltsberatung im Wippinger Gemeinderat hieß es, da die Schulden vor allem verwendet wurden, um Grundstücke zu kaufen, sei diese Verschuldung verkraftbar. Eine Gemeinde muss sich vorausschauend Grundstücke sichern, um handlungsfähig zu sein, wenn Baugebiete oder Gewerbegebiete bzw. Industriegebiete ausgewiesen werden müssen. Es werden auch Werte erworben, die eine Sicherheit für die dafür benötigten Kredite darstellen.

Die Gemeinde Dörpen gab im letzten Jahr 2.670.000 € und in diesem Jahr immerhin noch 460.000 € für Grundstücksankäufe aus. Die Dörpener Verschuldung ist ebenfalls zu einem großen Teil dem Grundstückankauf geschuldet. Hier könnte die Frage lauten, ob das verhältnismäßig ist und ob diese großen Investitionen getätigt wurden, um den Traum von dem großen Investor (Kohlekraftwerk, Tesla) zu füttern, der Dörpen angesichts der immer weiter sinkenden Steuereinnahmen durch Nordland Papier wieder zum früheren Zustand mit sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen zurückführt.

Wegen der auch in Dörpen herrschenden Wohnungsknappheit, wären ja auch andere Investitionen, wie z. B. in eine Wohnungsbaugesellschaft denkbar. Der Landkreis hatte 2021 ein Wohnraum-Versorgungskonzept für Kommunen erstellen lassen, dass auch für Dörpen eine Orientierung für die künftige Wohnungsmarktentwicklung geben kann (PDF). [jdm]

Absurdes Interview entlarvt aktuelles Demokratieverständnis

Weil der NDR-Reporter wissen wollte, ob bei der Anmietung eines Hotels, an dem die SPD-Vize-Fraktionschefin Christine Klingohr beteiligt ist, für eine Fraktionstagung alles richtig gelaufen ist, fragte er den SPD-Fraktionsgeschäftsführer Philipp da Cunha, wieviel für die Anmietung bezahlt werden musste.

Das war eine echte Frage und unsere derzeitigen Politiker haben in ihren Schulungen gelernt, wie man unliebsame Fragen nicht beantwortet. Und schaut man sich den Beitrag auf NDR an, hat da Cunha mit seiner Methode der Nichtbeantwortung auch fast Erfolg. Denn im Beitrag wird das Interview mit ihm nur gekürzt und geschnitten gezeigt.

Die längere Original-Fassung wurde aber auch veröffentlicht. Und da Cunha spult seine Sätze, die die Frage nicht beantworten, wie eine kaputte Platte immer wieder von vorne ab. Zehnmal antwortet der Androide völlig schmerzfrei dasselbe und wenn der Reporter die Befragung nicht abgebrochen hätte, hätte das dem Gesichtsausdruck des Politikers zufolge noch stundenlang so weiter gehen können.

Die Methode am Thema vorbei zu reden und Einwände und Fakten einfach zu ignorieren, ist praktisch bei Politikerinterviews Standard. Diese arrogante Form der Beharrung und Diskussionsverweigerung zeigt eine vollkommene Missachtung der Bürger. Es wird eine öffentliche Verhandlung von öffentlichen Angelegenheiten vorgespielt. Und auch die Gegenseite verharrt nur auf irgendwelchen Positionen, die die eigene Bedeutung erhöhen sollen und den Gegner diskreditieren sollen, aber um eine echte Aufklärung dadurch, dass Dinge in Zusammenhänge gebracht werden und benannt werden, geht es nie. Bundeskanzler Scholz ist bei seinen Statements nur ein besserer Schauspieler als da Cunha. Aber die Methode ist die Gleiche. Eine demokratische Kultur ist das nicht. [jdm]

Papst empfing Familie von Julian Assange in einer Privataudienz

Am späten Vormittag des 30. Juni 2023 gewährte Papst Franziskus der Anwältin und Ehefrau von Julian Assange, Stella Morris, in Begleitung ihrer Söhne Gabriel und Max eine Privataudienz. Zuvor hatte der Papst ihnen eine schriftliche Botschaft der Unterstützung geschickt. Das berichtete auch der österreichische ORF.

Ein moralischer Appell des Papstes könnte entscheidend sein. Schließlich war der Friedensnobelpreisträger Pérez Esquivel (ein enger Freund des Papstes) einer der ersten, der sich für den von den Mächtigen bedrängten Journalisten einsetzte und der zum Bezugspunkt für das Komitee „Meine Stimme für Assange“ wurde. Diese Initiative wurde in der Zentrale des Nationalen Presseverbandes Italiens ins Leben gerufen und von diesem, zusammen mit der italienischen Nationalen Journalistenkammer, anhand Hunderter von Beiträgen und Zeugnisvideos übernommen und weitergeführt. Das Treffen im Vatikan markiert vielleicht den Beginn einer neuen Phase. [Pressenza/jdm]

Assanges 5 Geburtstag hinter Gittern

Assange Video 07/2023

Heute hat Julian Assange seinen 52. Geburtstag. Es ist sein 5. Geburtstag im Belmarsh-Gefängnis. Er wird dort willkürlich inhaftiert und von seinen Angehörigen getrennt.

Assange hatte auf der Plattform Wikileaks von Militärangehörigen zugespieltes internes Material der USA über ihre Kriegsverbrechen im Irak veröffentlicht. Zusammen mit der britischen Justiz wollen die USA solche aufklärerische journalistische Arbeit durch Einschüchterung der Journalisten unmöglich machen. Assange wird deshalb mit einer Auslieferung an die USA bedroht, wo ihm bis zu 192 Jahre Gefängnis für seine angebliche Spionage drohen.

Unterstützer haben ein Video zusammengestellt, das einige öffentliche Aktionen für die Freilassung von Assange zeigt und als Geburtstagsgruß an Asasange gedacht ist. [jdm]

Europäische „Friedensfonds“ und echte Friedeninitiativen aus dem Süden

"Der europäische Friedensfonds, der einen Großteil der Rüstungshilfe - auch für andere Partnerländer - finanziert, wird um 3,5 Milliarden Euro aufgestockt." Das hat die Tagesschau berichtet. Haben sich schon alle an den Neusprech gewöhnt, demzufolge ein Fonds zur Anschaffung von Waffen, um einen laufenden Krieg anzuheizen, als "Friedensfonds" firmiert?

Die EU-Außenminister konnten in Luxemburg analysieren, dass die russische Regierung mit Putin durch die Auseinandersetzung um die Wagner-Truppe geschwächt ist. Aber egal, was sie beraten, das Ergebnis ist immer gleich: Mehr Waffen für die Ukraine und mehr Truppen an den Grenzen zu Russland. Vermutlich alles Friedenstruppen. Dabei sollte gerade die Gefahr, dass Putins Regierung durch noch reaktionärere nationalistische Kräfte bedrängt wird, die Alarmglocken schrillen lassen. Denn jeder weitere Verlust von Realismus auf allen Seiten erhöht die Gefahr einer Ausweitung des Krieges bis zu einem Atomkrieg. Dabei zeigt doch gerade die gescheiterte Offensive der Ukraine, dass dieser Krieg militärisch nicht beendet werden kann - und Russland den Krieg nicht gewinnen kann.

Die Friedensinitiative von Staats- und Regierungschefs aus dem Senegal, Ägypten, Sambia, Uganda, der Republik Kongo, den Komoren und Südafrika wurde von der westlichen Welt eher als unwichtig behandelt. Die Vertreter dieser Länder wurden eher aufgefordert, Russland zu verurteilen. Auch die Aufrufe aus China, Indien, Brasilien und Südafrika (BRICS-Staaten) für die Aufnahme von Friedensverhandlungen wurden von den Nato-Staaten mit Versuchen, diese Länder auf die Nato-Linie zu bringen, beantwortet.

Die Verhandlungen der BRICS-Staaten mit den Nato-Ländern und der Ukraine in Kopenhagen zeigen, dass die BRICS- Staaten an ihrem Vorhaben, den Krieg durch Verhandlungen zu beenden, festhalten. Dass ultimative Forderungen der Ukraine dort erstmal nicht weiterführten, zeigt noch kein Scheitern dieser Bemühungen. Diese aufstrebenden Wirtschaftsmächte sind nicht an einer Störung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen interessiert. Ihre Wirtschaftsmacht ist der der USA und Westeuropas nicht nur ebenbürtig, sondern übersteigt die der absteigenden alten Mächte. Und sie wollen ihre Geschäfte und ihre Entwicklung nicht durch die Wadlbeißer aus dem Norden, die nur noch durch ihre militärische Macht punkten können, stören lassen.

Außenministerin Baerbock macht sich derweil wieder auf eine Reise in den Süden. So wie sie zuletzt bei ihrer Reise in Brasilien von der dortigen Regierung mit vollkommener Missachtung behandelt wurde, wird jetzt in Südafrika auch kein Treffen mit dem Präsidenten Cyril Ramaphosa zustande kommen. Die Regierung Südafrikas ist nicht wirklich an Baerbocks antiquierten Vorstellungen interessiert, demzufolge die Werte der westlichen Minderheit der Maßstab für die Mehrheit der Welt sein sollen. [jdm]

Gedenkstätte Esterwegen: „Zwischen Erfolg und Verfolgung – Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach“

Gedenkstätte Esterwegen: Jüdische Spüortstars, Ausstellung 06/2023

In einer großformatigen skulpturalen Präsentation würdigt die Freiluft-Ausstellung „Zwischen Erfolg und Verfolgung – Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach“ den großen Verdienst jüdischer Sportlerinnen und Sportler für die Entwicklung des modernen Sports in Deutschland und dokumentiert anhand ausgewählter Porträts deren Verfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus.

Im Mittelpunkt der Ausstellung, die vom 2. Juli bis 6. August auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrations- und Strafgefangenenlagers Esterwegen gezeigt wird, stehen 17 herausragende deutsch-jüdische Sportpersönlichkeiten, die als Nationalspieler, Welt-und Europameister, Olympiasieger und Rekordhalter zu den gefeierten Idolen ihrer Zeit zählten. Mit überlebensgroßen Silhouetten wird an ihr Leben und ihre Erfolge erinnert.

Die Ausstellung wird am Sonntag, 2. Juli, in der Gedenkstätte Esterwegen, Hinterm Busch 1, in Esterwegen um 15 Uhr eröffnet. Prof. Dr. Lorenz Peiffer (Hannover) und Dr. Hermann Queckenstedt (Osnabrück) führen in das Thema ein. Die interessierte Öffentlichkeit ist herzlich eingeladen, teilzunehmen. Weitere Informationen unter: https://www.juedische-sportstars.de [Landkreis Emsland]

Verflochtene Geschichten: Stepan Bandera, der ukrainische Nationalismus und der transnationale Faschismus

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat über den derzeit in der Ukraine verherrlichten Stepan Bandera, einen wichtigen Akteur des ukrainischen Nationalismus und Faschismus, einen differenzierten Artikel des Historikers Grzegorz Rossoliński-Liebe veröffentlicht.

Nach dem Lesen dieses Artikels versteht man, warum Banderas Bewunderer vor allem in der Westukraine zu finden sind und wie es zu dem Missverständnis gekommen ist, dass auch ukrainische Demokraten oder deutsche Politiker den ukrainischen Faschistengruß ""Ehre der Ukraine! – Ehre den Helden!" ohne Scham (und Verstand) benutzen. [jdm]

Vor neunzig Jahren: DIZ Emslandlager erinnert an den ersten Transport in das KZ Börgermoor

Am 22. Juni 1933 erreichte der erste Transport mit neunzig Schutzhäftlingen das im Aufbau befindliche KZ Börgermoor. Daran erinnert das Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager mit zwei Veröffentlichungen.

Broschüre Hanns Kralik

Druckfrisch liegt die erste Ausgabe der neuen Reihe „Porträts. Häftlinge und Gefangene der Emslandlager“ vor. Sie ist Hanns Kralik gewidmet, einem politischen Künstler, der wegen seiner Arbeit für die KPD im März 1933 verhaftet wurde und von Juli 1933 bis Januar 1934 im KZ Börgermoor inhaftiert war. Mit der Reihe sollen in regelmäßiger Folge einzelne Häftlinge und Gefangene sowie ihre in der Sammlung des DIZ und darüber hinaus überlieferte Selbstzeugnisse gewürdigt werden.

Screenshot Augenszeugenbericht Sally Silbermann

Zudem startet das DIZ einen Blog unter dem Titel „Ankunft“. Darin werden zunächst vor allem zeitgenössische Selbstzeugnisse aus der frühen Phase der Konzentrations- und Strafgefangenenlager im Emsland präsentiert. Der erste Eintrag ist dem Augenzeugenbericht des jüdischen Schutzhäftlings Sally Silbermann gewidmet. Er erschien bereits am 4. Oktober 1933 in der Exilpresse und war zugleich einer der ersten ausführlichen Berichte über die frühen Konzentrationslager. Am 11. November 1933 berichtete der „Manchester Guardian“ ausführlich auf der Basis eines Interviews mit Sally Silbermann. Der Artikel enthält die erste bekannte Veröffentlichung des „Moorsoldatenlieds“.

„Wir möchten mit diesen Veröffentlichungen“, so Prof. Dr. Habbo Knoch, der erste Vorsitzende des Aktionskomitees für ein DIZ Emslandlager e.V., „den Blick auf Zeugnisse der brutalen Gewalt und des erniedrigenden Lagerlebens lenken, die Häftlinge und Gefangene bereits während oder bald nach ihrer Lagerzeit erstellt haben.“ Schnitzereien, Zeichnungen, Briefe oder Tagebücher, oft illegal angefertigt, erlauben ebenso wie erste Berichte, Interviews und längere Darstellungen wie Wolfgang Langhoffs „Die Moorsoldaten“ einen besonders eindringlichen Einblick in die Situation der frühen Verfolgung und ihre Verarbeitung durch die Betroffenen. „Bei allem Leid, das darin dokumentiert wird, zeugen gerade die zeitgenössisch entstandenen Quellen“, so Knoch, oft von einer beeindruckenden Selbstbehauptung.“ [pm]

Assange: Seit 11 Jahren unfrei durch Kumpanei von US-Geheimdiensten mit britischer Justiz

Im Dezember letzten Jahres hat ein britisches Gericht einen Plan der konservativen Regierung für den Umgang mit Asylsuchenden gebilligt. Illegal nach Großbritannien eingereiste Migrantinnen und Migranten dürfen nach Auffassung des Richters Sir Jonathan Swift in das ostafrikanische Ruanda geschickt werden, um sie dort einen Asylantrag stellen zu lassen; das stehe im Einklang mit der Flüchtlingskonvention, entschied der High Court in London.

Derselbe Richter hat jetzt auch zwei Revisionsanträge von Julian Assange gegen eine Genehmigung der damaligen britischen Innenministerin Priti Patel zur Auslieferung von Assange in die USA abgelehnt. Für diese Entscheidung hat der Richter 9 Monate gebraucht, aber für die Begründung brauchte er gerade mal drei DIN A 4 Seiten.

Julian Assange hatte über die Plattform Wikileaks Material über die Kriegsverbrechen der USA im Irak veröffentlicht, das ihm die Whistleblowerin Chelsea Manning zugespielt hatte. Aus Rache fordert die US-Justiz die Auslieferung von Assange in die USA, um ihn dort wegen Computer-Hackings und Spionage mit bis zu 175 Jahren Freiheitsstrafe zu verurteilen. Dabei hat Assange nachweislich weder US-Computer gehackt noch Spionage betrieben, sondern als Journalist zugespieltes vertrauliches Material veröffentlicht, weil es von öffentlichem Interesse war. In einem ersten Versuch hatte man Assange sexuelles Fehlverhalten unterstellt, um ihn nach Schweden ausweisen zu können, von wo er sofort weiter in die USA abgeschoben worden wäre. Das ist gescheitert, weil die angeblichen Belastungszeugen bekannt hatten, dass sie zu den Falschaussagen gedrängt worden waren. Den USA geht es darum, kritischen Reportern in aller Welt deutlich zu machen, dass sie deren Existenz vernichten können und wollen, wenn ihnen eine Berichterstattung nicht passt.

Die Kampagnendirektorin von Reporter ohne Grenzen, Rebecca Vincent schrieb: „Es ist absurd, dass ein einzelner Richter eine dreiseitige Entscheidung erlassen kann, die Julian Assange für den Rest seines Lebens ins Gefängnis bringen und das Klima für den Journalismus auf der ganzen Welt dauerhaft beeinflussen könnte. Das historische Gewicht dessen, was als Nächstes passiert, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Es ist an der Zeit, diese unerbittliche Verfolgung von Assange zu beenden und stattdessen zu handeln, um den Journalismus und die Pressefreiheit zu schützen. Unser Appell an Präsident Biden ist jetzt dringender denn je: Lassen Sie diese Anklagen fallen, stellen Sie das Verfahren gegen Assange ein und ermöglichen Sie seine Freilassung ohne weitere Verzögerung.“

Auf Change.org kann man weiterhin eine Petition zur Befreiung von Assange unterstützen. [jdm]

Kriegsdienstverweigerung aktiv unterstützen, in Russland, Weißrussland und in der Ukraine!

Zur Petion zur Kriegsdienstverweigerung im Ukrainekonflikt

Eine mehrsprachige Petition (ukrainisch, Russisch, englisch und deutsch) fordert von Politiker*innen der EU und der Bundesregierung, die Öffnung der Grenzen und den Schutz und Asyl für Kriegsdienstverweiger*innen und Deserteur*innen aus Russland, Belarus und der Ukraine.

Alle drei Staaten haben das Recht auf Kriegsdienstverweigerung stark eingeschränkt und verstoßen somit gegen internationales Recht. Männer und Frauen in Russland, Weißrussland und in der Ukraine müssten die Möglichkeit haben, den Dienst an der Waffe und somit das Töten anderer Menschen verweigern zu dürfen, ohne dafür sanktioniert zu werden.

Besonders in der von den westlichen Staaten unterstützten Ukraine, aber auch in Russland und Weißrussland erwarten wir die Umsetzung dieses Rechtes. Ebenso erwarten wir die Unterstützung der EU und Deutschland für Kriegsverweigerer aus der Ukraine, Russland und Belarus.

Mehr Infos und die Möglichkeit zur Unterstützung der Petition finden Sie auf www.change.org. [jdm]

Ideen für ein Haus der Erinnerungen

Das Aktionskomitee hat in einer Ideenskizze erste Gedanken zu dem von ihm vorgeschlagenen „Haus der Erinnerungen“ öffentlich gemacht. Dieses Haus der Erinnerungen könnte idealerweise in Kooperation mit der Stiftung Gedenkstätte Esterwegen in Esterwegen realisiert werden.

Bei diesem Konzept geht es darum, einen angemessenen Umgang mit der vorhandenen Fülle der seit 1933 entstandenen Selbst- und Lebenszeugnisse zu den Häftlingen und Gefangenen der Emslandlager zu finden.

Bisher dient dieses Material vor allem dazu, einen Platz als Exponat in der Dauerausstellung zu finden. Es könnte aber noch erweitert werden und auf andere Weisen erschlossen werden.

Gedenkbuch in der KZ-Gedenkstätte Dachau
Schniers‘ Eintrag im „Gedenkbuch für die Toten des Konzentrationslagers Dachau“ im Gedenkraum der KZ-Gedenkstätte Dachau

Man stelle sich als Wippinger den Umgang mit dem Nachlass des in Dachau verstorbenen Heinrich Schniers vor. In Dachau erfährt man im ausgestellten „Gedenkbuch für die Toten des Konzentrationslagers Dachau“ im Gedenkraum der KZ-Gedenkstätte Dachau die Lebensdaten des dort ermordeten Pfarrers. Aber warum die Nazis ihn dort internierten, wie er dies verkraftet hat bzw. wie es ihn zerbrochen hat oder wie sein Tod auf seine Gemeindemitglieder in Leer und auf die Menschen und Verwandten in seinem Herkunftsort Wippingen gewirkt hat, erfährt man nicht. Schniers wurde als Pfarrer nach dem Krieg sofort als Opfer der Nazis anerkannt. Aber viele überlebende KZ-Insassen wurden nach der Befreiung von der Naziherrschaft noch als Kriminelle stigmatisiert oder wurden wie im Fall der kommunistischen Gefangenen oder im Fall der homosexuellen Naziopfer weiterhin vom jetzt demokratischen Staat verfolgt.

Den Lebensweg von Schniers haben seine beiden Kirchengemeinden in Leer und Lingen schriftlich festgehalten und gelegentlich in Veranstaltungen, Flyern und Ausstellungen den Menschen nahe gebracht. Schniers ist insofern eine Ausnahme.

Für die vielen Opfer der Emslandlager könnte das Haus der Erinnerungen Ähnliches leisten und eigene Vermittlungsformen wie Wechsel- und Wanderausstellungen, Veranstaltungen, Publikationen, Bildungsmaterialien und digitale Anwendungen entwickeln.

Das Aktionskomitee stellt sich das Haus als einen lebendigen, kommunikativen Raum des entdeckenden, vertiefenden Lernens, der Begegnung und des Austauschs vor, der die Begegnung mit Überlebenden und den Angehörigen der Verfolgten ermöglicht.

Die in der Sammlung befindlichen Quellen und Objekte dokumentieren dabei auch, wie von den Verfolgten ihr Schicksal bereits von 1933 an erinnert worden ist – im Lager, im Geheimen oder im Exil (wie Wolfgang Langhoffs „Die Moorsoldaten“), gegen das Beschweigen in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik (etwa mit dem ersten „Moorsoldatentreffen“ 1956) oder als Bestandteil der Arbeit des DIZ durch den intensiven Austausch mit ehemaligen Häftlingen und Gefangenen und bei zahlreichen persönlichen Begegnungen. Mit der Sammlung Volker Schröder gehört nach Angaben des Aktionskomitees neuerdings ein umfassendes Medienarchiv zahlreicher Gespräche und Besuche von Überlebenden und Angehörigen seit den 1990er Jahren zur Sammlung des DIZ. Viele künstlerische und andere Zeugnisse der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Emslandlager, die nicht von Verfolgten stammen, ergänzen die Bestände des DIZ.

Die Gedenkstätte Esterwegen ermöglicht derzeit mit der Dauerausstellung und dem Angebot an Veranstaltungen eher einen musealen Zugang zum Thema und weniger zu den Opfern selbst.

Im Konzept heißt es: Angesichts des Verlustes der Stimmen der Zeitzeugen bietet ein „Haus der Erinnerungen“, das sich die Begegnung mit den bereits seit 1933 entstandenen Selbstzeugnissen der Verfolgten zu seiner Kernaufgabe macht, eine herausragende Chance, die Erinnerung an die Verfolgten in herausgehobener und einzigartiger Weise wach zu halten und sichtbar zu machen sowie die Kontakte zu ihren Angehörigen und deren Erinnerungen zu pflegen. In einer solchen Institution würde nicht nur ihr Gedächtnis dauerhaft bewahrt, sondern Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Erinnerung in ihren politischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen vermittelt, diskutiert und reflektiert werden. Das „Haus der Erinnerungen“ soll ein Ort gelebter Demokratie werden, der bewusst macht, woher sie kommt, was sie trägt und wodurch sie gefährdet wird. [jdm]

Trump: Ziel der Kampagne der Natostaaten gegen Venezuela war es, dessen Öl einfach zu „nehmen“

Rede Trumps zum venezolanischen Öl

Erinnern Sie sich noch daran, dass die USA (mit der deutschen Regierung im Schlepptau) zeitweise den selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó als wahren Präsidenten Venezuelas anerkannten und der Regierung Venezuelas die Anerkennung verweigerten? Erinnern Sie sich noch daran, dass die USA Venezuelas in den USA gelagerte Devisenreserven beschlagnahmten? Erinnern Sie sich noch daran, dass die deutsche Regierung mit ihrem bis dahin dümmsten Außenminister aller Zeiten Heiko Maas den Möchtegern-Putschisten Guaidó unterstützte? Wissen Sie noch warum? Wegen der Demokratie natürlich!

Amerika21.de berichtet jetzt, dass der ehemalige US-Präsident Donald Trump mit Äußerungen zu Venezuela für internationalen Aufruhr gesorgt hat, weil er verriet, dass es tatsächlich nur um die Übernahme der Ölindustrie Venezuelas durch die USA ging. Bei einer Veranstaltung in Greensboro im Bundesstaat North Carolina ereiferte Trump sich darüber, dass die USA unter gewissen Bedingungen Ölfirmen erlauben, ihre Tätigkeiten in Venezuela wieder aufzunehmen.

"Jetzt kaufen wir Öl von Venezuela! Als ich ging, stand Venezuela vor dem Kollaps, wir hätten es übernehmen können. Wir hätten uns all das Erdöl nehmen können, es liegt gleich nebenan. Aber jetzt kaufen wir Venezuela Öl ab und machen einen Diktator reich. Können Sie sich das vorstellen? Niemand kann sich das vorstellen", sagte Trump. Er hatte während seiner Präsidentschaft die völkerrechtswidrigen Wirtschaftssanktionen gegen Venezuela und dessen Ölindustrie stark ausgeweitet. Dazu gehörten Sanktionen gegen das staatliche Erdölunternehmen Petróleos de Venezuela (PDVSA), Drohungen mit militärischen Maßnahmen und die finanzielle Unterstützung für Guaidós "Übergangsregierung".

Der venezolanische Außenminister Yván Gil kommentierte: "Trump gibt zu, dass es seine Absicht war, das venezolanische Öl zu stehlen. All der Schaden, den die USA mit der Unterstützung ihrer Lakaien hier unserem Volk zugefügt haben, hatte ein einziges Ziel: unsere Ressourcen zu stehlen!"

"Trump nimmt 60 Satellitenländern, der internationalen Propaganda und allen Politikern und Intellektuellen, die eine Marionette unterstützt haben, um Venezuela zu regieren, die Maske ab. Das einzige Ziel war es, das Öl des venezolanischen Volkes zu plündern. Was für eine Schande! Hier ist das Geständnis des Verbrechers:", kommentierte der venezolanische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Samuel Moncada.

Der ehemalige Präsident Boliviens, Evo Morales, sagte laut Amerika21.de, dass Trump seinerzeit mit einer "militärischen Option" für Venezuela gedroht hatte. Die USA führten weltweit Operationen im Namen von Freiheit und Demokratie durch, die nur dazu dienten, "die natürlichen Ressourcen der freien Völker zu rauben".

Ecuadors Ex-Präsident Rafael Correa schrieb auf Twitter:“ Unglaublich! Die haben nicht einmal Manieren. Trump gesteht, dass das Ziel des Zusammenbruchs Venezuelas darin bestand, das Öl des Landes zu übernehmen. Ich hoffe, die nützlichen Idioten verstehen das.“ Mit den nützlichen Idioten dürfte er die westeuropäischen Staaten mit ihrer „wertegeleiteten“ Politik meinen. [jdm]

DIZ sieht bundesweite Unterstützung – Stiftung Gedenkstätte pocht einfach auf Hausrecht, statt mit DIZ zu sprechen

Prof. Dr. Habbo Knoch

Die gegen das Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager ausgesprochene Kündigung der Stiftung Gedenkstätte Esterwegen hat für große Empörung gesorgt und eine breite Welle der Unterstützung ausgelöst. Neben zahlreichen regionalen  und  niedersächsischen  Medien  haben  unter  anderem  auch  die  „Süddeutsche Zeitung“, die „Welt“ und der „Stern“ berichtet und dabei unter anderem die Stellungnahme der „Interessengemeinschaft niedersächsischer Gedenkstätten“ zitiert, die die Kündigung als „Schlag ins Gesicht des zivilgesellschaftlichen Engagements für die Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen“ bezeichnet hat.

Innerhalb weniger Tage haben nach Angaben des Vorsitzenden des Aktionskomitees für ein DIZ Emslandlager, Prof. Dr. Habbo Knoch, weit mehr als 700 Angehörige von Verfolgten, zahlreiche Opferverbände und Organisationen, Abgeordnete der Kreis-, Landes- und Bundesebene sowie ein breites, bundesweites und internationales Spektrum an Einzelpersonen aus vielen gesellschaftlichen Bereichen, von Gedenkstätten und Erinnerungskultur, aus der Wissenschaft und der Kulturarbeit den Unterstützungsaufruf des Aktionskomitees für ein DIZ Emslandlager e.V. unterzeichnet. „Die Unterstützung ist überwältigend und eindeutig: Das DIZ muss erhalten bleiben!“, so Prof. Dr. Habbo Knoch. Die Zustimmung zu dem Aufruf reiche damit weit über die mehr als 300 Mitglieder des Vereins hinaus, die zunächst angeschrieben worden seien.

Viele Unterstützer:innen äußerten nach Angaben Knochs ihr Entsetzen darüber, wie die vom Landkreis getragene Stiftung Gedenkstätte Esterwegen mit dem DIZ als einer jahrzehntelang auf höchstem professionellen Niveau arbeitenden Einrichtung umgeht. Die umfangreiche und singuläre Sammlung des DIZ und seine jahrzehntelange Arbeit verkörpere beispielhaft das kulturelle Gedächtnis der Verfolgten.

Zahlreiche Stellungnahmen zeugen von einer tiefen Besorgnis, was das Vorgehen der Stiftung Gedenkstätte Esterwegen für die Erinnerungskultur der Bundesrepublik bedeuten könnte, wenn aktive Einrichtungen wie das DIZ auf eine solche Weise aus der Arbeit von Gedenkstätten verdrängt werden.

Trotz dieser Wortmeldungen haben sich die Vertreter der Stiftung bisher noch nicht einmal zur Wiederaufnahme von Gesprächen bereit gezeigt. „Die Stiftung pocht weiterhin einfach auf ihr Hausrecht“, so Knoch, „statt konstruktiv und inhaltlich über eine gemeinsame Ausgestaltung der Arbeit der Gedenkstätte zu sprechen.“ 

Das  Aktionskomitee  habe wiederholt seine Gesprächsbereitschaft signalisiert. Es könne jetzt nicht allein um die Rücknahme der Kündigung gehen. „Die am Vermächtnis der Verfolgten und ihren Erinnerungen orientierten Werte und Ziele von DIZ und Verein müssen dauerhaft, verlässlich und substantiell in der Gedenkstätte verankert bleiben.“

Dr.  Elke Gryglewski, die Geschäftsführerin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten (Celle), habe mit dem „Haus der Erinnerungen“ bereits eine Idee auf den Tisch gebracht. Das Aktionskomitee begrüße diese Idee ausdrücklich. Mit dieser Ergänzung der Gedenkstätte Esterwegen könnte die Kooperation zwischen Stiftung und Aktionskomitee weiterentwickelt und auf eine neue Stufe gehoben werden. „In einem solchen internationalen ‚Haus der Erinnerungen‘, das die Stiftung Gedenkstätte Esterwegen und das Aktionskomitee DIZ Emslandlager e.V. in gemeinsamer Trägerschaft verantworteten, sollten Zeugnisse des Erinnerns von 1933 bis in die Gegenwart gesammelt und für Bildung und Forschung zugänglich gemacht werden, um die Lagererfahrungen von Häftlingen und Gefangenen, ihre Lebensgeschichten und die Entwicklung des Erinnerns selbst als Akt der Selbstbehauptung zu dokumentieren und aktiv zu erschließen.“

Das Aktionskomitee würde als Ko-Träger seine Sammlung, Kontakte und Expertise einbringen. Weitere Landes- und Bundesmittel dafür zu gewinnen, sei für ein solches bundesweit einzigartiges Projekt überaus realistisch. Aber auch hier weigere sich die Stiftung bisher, in Gespräche einzutreten.

Es sei nun am Landrat, eine solche Chance nicht zu vertun und auf den Verein zuzugehen, die Kündigung zurückzunehmen und für eine wieder belastbare Vertrauensgrundlage durch ein eindeutiges Bekenntnis zu einer institutionellen Mitverantwortung des bürgerschaftlich getragenen DIZ für die Gedenkstätte Esterwegen zu sorgen.

In einer Richtigstellung geht das Aktionskomitee auf die Pressemitteilung des Landkreises vom 07.06.2023 ein.

Es treffe nicht zu, dass das DIZ nach seinem Wechsel in die Gedenkstätte 2011 „vorerst“ und lediglich die „pädagogische Betreuung der Besuchenden“ übernommen habe. Vielmehr habe das DIZ laut Kooperationsvereinbarung und faktisch in umfassender Weise die inhaltlichen Aufgaben der Gedenkstätte mit seinem eigenen Personal, wahrgenommen.

Es treffe nicht zu, dass dem DIZ „weiterhin ein Arbeitsplatz zur Verfügung“ stehen werde. Die dem Verein bisher angebotenen Alternativen in Bibliothek oder Archiv würden den Erfordernissen eines eigenen Büros weder in arbeitsrechtlicher noch fachlicher Sicht gerecht. Im Klartext: Es gehe nicht um die „Kündigung eines Raumes“, wie Hermann Vinke und Gerhard  Kromschröder in ihrer Stellungnahme geschrieben hätten, sondern um das letzte verbliebene Büro des DIZ in der Gedenkstätte.

Es sei für den Verein vollkommen unklar, ob und wie zukünftig und dauerhaft der „volle Zugang zur Sammlung des Vereins“ und der „sonstigen Infrastruktur“ gewährleistet werden solle.

Es treffe nicht zu, dass die Auflösung des Dokumentations- und Informationszentrums (DIZ) Emslandlager als eigenständiger und unabhängiger Institution in der Gedenkstätte „zu keinem Zeitpunkt gefordert“ worden sei. Vielmehr sei dies seitens des Stiftungsvorstands und  der  Geschäftsführung wiederholt schriftlich und mündlich als Voraussetzung für weitere Gespräche gefordert worden.

Das DIZ und der Verein hätten nie die Vorstellung gehabt, „in der Gedenkstätte autonom walten und schalten“ zu wollen. Der Verein habe seit 2011 die Trägerschaft der Stiftung Gedenkstätte Esterwegen anerkannt und immer betont, dass er seine Aufgaben vor Ort in enger Abstimmung mit der Stiftung durchführen wolle. Der Verein habe mit dem DIZ bis heute dafür gesorgt, dass Fördermittel des Landes Niedersachsen und Eigenmittel des Vereins in die Gedenkstätte flossen, die die Unterstützungsleistungen des Landkreises für das DIZ überstiegen. [jdm]

Betreuungsrecht: Justizministerkonferenz senkt Anforderungen an Ehrenamtliche – Sollen Betreuungsbedürftige allein gelassen werden?

Menschen, die sich aufgrund einer psychischen Erkrankung, einer geistigen Behinderung oder Demenz und in seltenen Fällen aufgrund starker körperlicher Behinderung nicht um ihre rechtlichen oder finanziellen Angelegenheiten kümmern können, können vom Amtsgericht einen gesetzlichen Betreuer an die Hand bekommen, der sich um diese Dinge stellvertretend kümmern kann.

Es wird dabei zwischen ehrenamtlichen und BerufsbetreuerInnen unterschieden. Ehrenamtliche BetreuerInnen sind zumeist Angehörige, wie die Eltern, Geschwister oder Kinder. Manchmal sind das aber auch Bekannte, Nachbarn oder weitläufig verwandte Personen. Bei Berufsbetreuern gibt es genaue Regeln über die Kontrolle ihrer Tätigkeit durch das Amtsgericht. Im Anfang des Jahres in Kraft getretenen neuen Betreuungsgesetz sind die Mindestanforderungen an BerufsbetreuerInnen festgelegt worden. Von ehrenamtlichen BetreuerInnen werden die Mindestqualifikationen nicht gefordert, wohl aber der Nachweis eines Führungszeugnisses und einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis. Damit sollte verhindert werden, dass ehrenamtliche BetreuerInnen in die Versuchung einer Veruntreuung von anvertrauten Geldern kommen.

Auf der Justizministerkonferenz in der vergangenen Woche wurde beschlossen, dass ehrenamtliche BetreuerInnen zukünftig davon entbunden werden, sich um die Vorlage eines Führungszeugnisses und einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis zu kümmern; auch deshalb, weil einige ehrenamtliche Betreuer nicht über einen Online-Zugang verfügten.

„Die Minister müssen sich schon die Frage gefallen lassen, wie eine rechtliche Betreuung im 21. Jahrhundert ohne Zugang zum Internet geführt werden soll. Solche Begründungen lassen ernsthafte Zweifel an der Eignung einiger ehrenamtlicher Betreuer aufkommen und schaden der Qualität in der rechtlichen Betreuung. Die Kluft zwischen professioneller Betreuung und ehrenamtlicher Betreuung wird dadurch unnötig weiter vertieft.“ kritisierte Walter Klitschka, der Vorsitzende des Bundesverbandes freier Berufsbetreuer (BVfB), den aus seiner Sicht kontraproduktiven Beschluss.

Klitschka kritisiert darüber hinaus, dass es im gesamten Betreuungswesen nur um die betreuten Menschen, das Ehrenamt und die Betreuungsvereine geht. Freiberufler, die das Rückgrat der gesetzlichen Betreuung bilden, würden in der Politik weitestgehend ignoriert. Die Justizminister der Länder seien auf ihrem Treffen in Berlin in der vergangenen Woche einmal mehr den finanziellen Problemen freiberuflich tätiger Betreuer aus dem Weg gegangen, indem sie sich mit dem vom Kasseler Forum verbändeübergreifend dringend geforderten Inflationsausgleich nicht befasst haben.

Die Vergütung der Berufsbetreuer wird äußerst ungewöhnlich festgelegt. Im Betreuungsgesetz stehen im Gesetz feste Beträge, die nicht einer dynamischen Angleichungsregelung unterliegen. Um eine Anpassung der Vergütung durchzuführen, müssen der Bundestag und die Mehrheit der Landesregierungen einer solchen Anpassung zustimmen. Weil es sich nicht um eine parteipolitisch umstrittene Frage handelt, läuft es auf das Erfordernis einer Zustimmung aller Länder hinaus. Bei der letzten Anpassung der Vergütung haben die Justizminister 15 Jahre dafür gebraucht.

Laut BVfB stoße der Appell der JuMiKo, der Bundesjustizminister solle die Zulassung rechtsgeschäftlichen Handelns bei geschäftsunfähigen Volljährigen prüfen, auf erhebliche Irritationen im Vorstand des BVfB. Aus dem Beschluss ergebe sich nicht, welche Möglichkeiten die Justizminister genau in Betracht zögen. Es sei jedoch erstaunlich, dass trotz Geschäftsunfähigkeit Menschen danach offenbar die rechtlichen Konsequenzen tragen und die Verantwortung für ihr Verhalten übernehmen können sollten. Ließe sich mit einer ähnlichen These nicht auch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit schuldunfähiger behinderter Menschen einfordern? [jdm]

Admiral Nelson und Selbstorganisation

Schalke 04 ist abgestiegen, Borussia Dortmund hat die Meisterschaft vor Augen im letzten Spiel versagt, und Bochum hat den Klassenerhalt geschafft. Was im Einzelnen die Ursachen waren, darüber wird gerade  im Ruhrgebiet leidenschaftlich diskutiert. Es wird keine schlüssige Antworten geben. Einen Zugang zu möglichen Ursachen liefert die Systemtheorie. 

Ulrich Scholz versucht in seinem neuesten Blog-Beitrag an Beispielen zu erklären, wie Selbstorganisation als wichtiger Teil der Systemtheorie über Erfolg und Misserfolg in unserer Gesellschaft anwendbar ist. [jdm]

§ 129 StGB – Gummiparagraf ist Waffe gegen Opposition in Deutschland

Die so genannten Klimakleber stören den Verkehr, beschädigen vielleicht Gegenstände und öffentliche Einrichtungen. Man mag diese Aktionen als richtig oder als falsch einschätzen; letztlich sind dies aber harmlose Aktionen, die auf ein politisches Problem aufmerksam machen wollen. Das sieht auch der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, so.

Der § 129 StGB ist derzeit das Instrument der Strafverfolgungsbehörden, um missliebige Proteste zu kriminalisieren. Nur wenn den Aktivisten einfach unterstellt wird, sie bildeten eine kriminelle Vereinigung, um „Straftaten“ zu begehen, können Protestaktionen blitzschnell in mit Gefängnis zu bestrafende Taten verwandelt werden. Dann muss den AktionsteilnehmerInnen auch nicht mehr nachgewiesen werden, was sie konkret Verbotenes getan haben; es reicht, ihnen die Mitgliedschaft in der besagten „kriminellen“ Vereinigung zu unterstellen, um sie mit bis zu drei Jahren Gefängnis für ihre politischen Aktionen zu bestrafen.

Auf Veranlassung der Generalstaatsanwaltschaft München durchsuchten Beamte bei einer bundesweiten Razzia Objekte in sieben Bundesländern. Es geht unter anderem um den Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung durch Klimaaktivisten von der Letzten Generation.

Rund 170 Beamte durchsuchten letzte Woche 15 Wohnungen und Geschäftsräume in sieben Bundesländern. Der Tatvorwurf lautet auf Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Ermittelt wird gegen sieben Beschuldigte, die zwischen 22 und 38 Jahre alt sind. Festnahmen gab es zunächst nicht. Mit einem polizeilichen Aufgebot wie bei einer terroristischen Gefahr wurden also Wohnungen von Beschuldigten durchsucht, deren Aktionen gerade dadurch auffallen, dass sie ihre Aktionen für jedermann sichtbar öffentlich durchführen. Mit Hilfe des § 219 sollte hier eine „kriminelle Vereinigung“ herbeiphantasiert werden, um den unliebsamen Protest durch die Kriminalisierung der Beteiligten zu stoppen.

Das Oberlandesgericht Dresden hat im so genannten Antifa-Ost-Verfahren heute genau nach dieser Methode vier Angeklagte zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Hauptangeklagte, die Studentin Lina E., wurde sogar zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Ihnen wurde vorgeworfen, zwischen 2018 und 2020 Angehörige der äußerst gewaltbereiten Neonazigruppierungen in Leipzig, Wurzen und Eisenach angegriffen zu haben. Lina E. war von vornherein zur „Rädelsführerin“ erklärt worden. Sie war seit November 2020 als einzige der Angeklagten in Untersuchungshaft was allein schon seltsam ist, weil Lina E. über ein gefestigtes soziales Umfeld verfügte (ihre Mutter besuchte jeden der fast 100 Prozesstage) und weder Flucht- noch Verdunkelungsgefahr bestand.

Die Indizien für die zur Last gelegten Taten waren äußerst dürftig; sogar Alibis wurden einfach ignoriert. Die Anklage stützte sich vor allem auf einen Kronzeugen, einen ehemaligen Aktivisten aus der Antifa-Szene, der wegen seines frauenfeindlichen Verhaltens in Streit mit den Angeklagten lag.

Mit dem Gummi-Paragrafen 219 kann praktisch immer, wenn ähnliche Taten zur Last gelegt werden und gemeinsame Überzeugungen mit den anderen Angeklagten vorhanden sind, eine kriminelle Vereinigung konstruiert werden. Das Oberlandesgericht hat hier undemokratische Pionierarbeit geleistet, den Paragraphen 129 als Instrument gegen unliebsame politische Zusammenhänge und für politische Repressionen einzusetzen.

In Zeiten, in denen jede nicht regierungsamtliche Meinung zu Kriegsunterstützung oder Corona schon öffentlich als unstatthafte „Querdenkerei“ diffamiert wird, kann das Dresdner Urteil die Blaupause sein, um jeden öffentlichen Protest zu einem unkalkulierbaren Risiko für das weitere Leben in Freiheit zu machen. [jdm]

Tag der politischen Gefangenen

Vor genau 100 Jahren, am 18. März 1923 wurde der „Tag der politischen Gefangenen“ von der Internationalen Roten Hilfe ausgerufen. An diesem Tag soll an den Aufstand der Pariser Kommune im Jahr 1871 erinnert werden, aber auch an ihre Zerschlagung und die folgende Repression.

In Deutschland wurde der Tag erst seit 1996 wieder zunächst von linken Organisationen begangen, die damit vor allem gegen die Repression der bürgerlichen Staaten gegen Sozialisten, Kommunisten, Anarchisten und Gewerkschaftern protestieren wollten. Ähnlich wie beim Internationalen Frauentag hat hier aber ein Prozess der Übernahme des Tages auch von konservativen bis rechten Spektren stattgefunden.

Wer Demokratie möchte, kann die Inhaftierung und Verfolgung von politisch aktiven Bürgern nicht akzeptieren. Der Tag der politischen Gefangenen ist somit ein Tag, der dem Schutz der Demokratie gewidmet ist.

Die stramm antikommunistische Kalte-Kriegs-Organisation Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) findet die politischen Gefangenen für die sie sich einsetzt wie eh und je in den Ländern China, Iran, Russland, Türkei, Eritrea, Kuba oder Belarus. Im Iran sitzt der deutsch-iranische Journalist Jamshid Sharmahd in der Todeszelle und steht deshalb im Zentrum der diesjährigen Kampagne. Auf der Amnesty International-Seite gibt es die Möglichkeit der Teilnahme an einer E-Mail-Aktion zur Befreiung von Sharmahd.

Die Rote Hilfe Deutschland kämpft für die AntifaschistInnen, die von der deutschen Justiz bei Aktionen gegen Neonazis unter Ausnutzung der neuen antidemokratischen Polizeigesetze der einzelnen Bundesländer verhaftet wurden. Auch Repressionen gegen Klimaaktivistinnen und TeilnehmerInnen von Besetzungsaktionen gegen den Braunkohleabbau werden in den Fokus gerückt.

Berichte über und Proteste gegen das Verbot der linken Internetseite „Linksunten“ haben wiederum zu Polizeiaktionen gegen Journalisten des Radio Dreyeckland in Freiburg geführt.

Der Bundesvorstand der Roten Hilfe weist im Grußwort zum Tag der politischen Gefangenen auch auf die Langzeit-Gefangenen in den USA wie Leonard Peltier oder Mumia Abu-Jamal hin, die seit über 47 beziehungsweise 41 Jahren in Haft sind.  "Und auch im aktuellen Kriegsgeschrei der Ampel-Bundesregierung sei betont: Wir fordern die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen in Russland und der Ukraine, die sich dem Krieg widersetzen und für Solidarität und eine friedliche Lösung des Konflikts eintreten."

In Deutschland ist die Justiz schon lange eine Helferin der Unterdrückung von Kurden in der Türkei. Die kurdische marxistische Partei PKK wird von deutschen Behörden als terroristisch eingestuft und ist verboten, obwohl sie hier in Deutschland lediglich als Partei tätig ist. Ihre Parteifunktionäre werden von deutschen Behörden verfolgt und eingesperrt.

Die mit der PKK befreundete syrische Partei der Demokratischen Union (PYD) hat in Syrien Volksverteidigungseinheiten aufgestellt, die in  Rojava („Westkurdistan“), das rund ein Fünftel Syriens umfasst, unter Bürgerkriegsbedingungen eine demokratische Zone erkämpft haben, die auch die Rechte der Frauen garantiert. Rojava wird von der Türkei bekämpft und die deutsche Justiz unterstützt den türkischen Terror. Der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. aus Köln weist auf diese Kumpanei der deutschen Behörden bei der Verfolgung kurdischer Politiker hin und fordert das Ende des PKK-Verbots.

Über einen der prominentesten politischen Gefangenen, Julian Assange, der wegen seiner journalistischen Arbeit per Wikileaks in Großbritannien auf Ersuchen der USA seit über 1450 Tagen in Auslieferungshaft sitzt, schweigen IGFM und Rote Hilfe vollständig. Bei Azadi und Amnesty international finden sich zumindest Berichte auf der Homepage. Sie können den Kampf für Assanges Freilassung hier unterstützen. [jdm]

Karlspreis benannt nach einem Krieger, ersonnen von Ex-Nazis und verliehen an Krieger

Gestern wurde in Aachen der „Internationale Karlspreis“ an „S.E. Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, und an das ukrainische Volk“ für die „Verteidigung von Europa und der europäischen Werte“ verliehen. Damit sollte die deutsche Station von Selenskis Werbetour durch Europa werbewirksam gestaltet werden.

Der Karls-Preis ist benannt nach dem Franken-Kaiser Karl „dem Großen“, der praktisch während seiner ganzen Regentschaft Krieg geführt hat und bei seiner „Christianisierung“ als besonders grausam galt. Beim Blutgericht von Verden ließ er 782 an einem Tag 4500 Sachsen hinrichten. Hitler hatte auch einen Narren an Karl dem Großen gefressen - wofür der Frankenkaiser nichts kann, was aber den Gründern des Karlspreises zu denken gegeben haben müsste.

Nach dem Krieg gründeten drei langjährige NSDAP-Mitglieder zusammen mit anderen das Karlspreisdirektorium. Der Ideengeber und Kaufmann Kurt Pfeiffer trat 1933 in die NSDAP ein und war nach einem Bericht des US-Nachrichtenoffiziers Saul Kussiel Padover auch Mitglied in fünf weiteren Nazi-Organisationen.

Der Karlspreis war bisher weniger ein Preis für die europäische Friedens- und Einigungsidee, sondern eher ein Propagandainstrument im Kalten Krieg gegen Osteuropa. So kam Willy Brandt für das Direktorium als Preisträger nicht in Frage. Dies waren in der Regel erzkonservative und nationalliberale Personen. Auch die Kriegsverbrecher Henry Kissinger (Putsch in Chile gegen Salvador Allende, Eskalation des Vietnamkrieges, Massenbombardierungen und Invasion in Kambodscha, verschiedene Terrormaßnahmen im Zuge der „Operation Condor“ in Südamerika, Invasion und Unterstützung der Massenhinrichtungen in Osttimor durch die indonesische Armee unter dem Diktator Suharto und vieles mehr) und Tony Blair (völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen Jugoslawien) gehören dazu.

Dass Selenskis Werbetour der Einsammlung von Waffen diente und nicht dazu, Möglichkeiten und Unterstützung für eine Beendigung des Krieges zu suchen, passt zu dem Karlspreis. Dass der große europäische Einigungsgedanken heute reduziert wird auf die Lieferung von Waffen aus ganz Europa mit der exorbitanten Steigerung der Gewinne von Rüstungskozernen zu Lasten des Wohlstands und der Gesundheit der arbeitenden Menschen hätte die Gründer des Karlspreises sehr erfreut. [jdm]

Kundgebung zum Tag der Befreiung – „Zeitenwende“ heißt vom Frieden zum Krieg

Kundgebung auf dem Begräbnisplatz Esterwegen zum Tag der Befreiung

Zur Erinnerung an den Tag der Befreiung von Krieg und Faschismus am 8. Mai 1945 nahmen gestern etwa 100 Personen an der Gedenkkundgebung auf der Begräbnisstätte Esterwegen teil. Der Veranstalter "Deutsch-Niederländische Initiative 8. Mai" hatte drei Redner eingeladen, die aus dem ehrenden Gedenken an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft aktuelle Schlussfolgerungen für die derzeitige Krisensituation in Europa zogen.

Ulrich Sander
Ulrich Sander

Ulrich Sander Journalist, Buchautor und bis 2020 langjähriger Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) erinnerte im Ersten Teil seiner Rede an die vielen so genannten Kriegsendverbrechen, zu denen auch das des Wehrmachtsgefreiten Willi Herold gehörte, der sich mit einer Hauptmannsuniform bekleidet das Kommando über das mit etwa 3000 Gefangenen überbelegte Emslandlager-KZ Aschendorfer Moor aneignete und mit dem anderen Wachpersonal furchtbare Massaker anrichtete. Sander stellte dieses Verbrechen in eine Reihe mit den vielen Todesmärschen in ganz Deutschland, die Anfang 1945 stattfanden. »Zwischen November 1944 und Mai 1945 wurden etwa 700.000 Häftlinge, 200.000 von ihnen Juden, bei der Räumung und Liquidierung der KZs in Polen und Deutschland, auf etwa hundert Todesmärsche durch ganz Deutschland getrieben. Es wird geschätzt, dass über die Hälfte von ihnen umgekommen ist."

Diese Verbrechen dienten den Nazis dazu, ihre Verbrechen zu verschleiern und gleichzeitig möglichst viele Demokraten aus den oppositionellen Parteien und Bewegungen zu ermorden, um nach dem Krieg weiter ihre Macht auszuüben – was dann ja auch vielen gelang.

Im zweiten Teil der Rede stellte Sander die Frage, wie man die Naziherrschaft hätte verhindern können. Dazu zitierte er Erich Kästner, der am 10. Mai 1958 in Hamburg bei der Tagung des PEN Deutschland sagte: „Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf.“

Sander wies auf die Unterstützung der Wirtschaft für Hitler hin und sah eine Verbindung zur weit verbreiteten Verweigerung nach dem Krieg, vor den Tätern aus den ökonomischen Eliten zu warnen. Neben Sklavenhaltern und Rüstungsprofiteuren gab es die Militaristen, Junker, bürgerlichen Völkischen und rechten Konservativen. Und diese seien wieder da!

„Ich sage: Der Kapitalismus muss nicht zum Faschismus führen, aber bei uns ist es geschehen, und es kann wieder geschehen. Dagegen wappnen wir uns, indem wir alle Grund- und Menschenrechte verteidigen, die Demokratie und den Frieden, die soziale Gerechtigkeit. Der Tod ist ein Meister aus Deutschland und hieß 150 Jahre lang vor allem Krupp. Heute heißt er vor allem Rheinmetall.“

Heute heiße die Losung „Zeitenwende“ - vom Frieden zum Krieg. Nicht nur Bundeswehrminister Pistorius habe davon gesprochen, dass Deutschland an einem Krieg beteiligt sei. Sogar der Parteichef der SPD und die Führung der IG Metall würden davon reden, dass mit Russland sei kein Frieden möglich sei. Angesichts des Leids im Ukrainekrieg seien Waffenstillstandsverhandlungen statt Waffenlieferungen nötig.

Jochem Abbes

Der Bourtanger Historiker Jochem Abbes erinnerte in seiner Rede an die vielfältigen Beziehungen in der Grenzregion den über die Grenze hinweg. Dies wurde durch die gemeinsame plattdeutsche Sprache erleichtert. Die Niederländer waren sehr gut über die Verhältnisse auf der deutschen Seite informiert. Allerdings habe man in Westerwolde in den 30er Jahren die Emslandlager einfach als deutsche Angelegenheit ignoriert. Die Emsländer seien durch die Ems-Zeitung durchaus über die Emslandlager informiert, hätten aber die Internierung von Kommunisten und Sozialdemokraten nicht abgelehnt.

Ab 1943 seien die Emslandlager mit der Internierung der „Nacht und Nebel-Gefangenen“, unter denen auch niederländische Widerstandskämpfer gewesen seien, auch eine Sache der Niederländer geworden. Mit der Entdeckung der Liste mit den Namen der 2696 „Nacht und Nebel-Gefangenen“ im Jahr 2014 seien diese Menschen dem von den Nazis gewollten Vergessen entrissen worden.

Heute wüssten viele in der jüngeren Generation wüssten wenig über Emslandlager. Durch das Zurückdrängen der Regionalsprachen seien die grenzüberschreitenden Kontakte anders geworden.

Ernst Martin Walsken

Der dritte Redner Ernst Martin Walsken, der Sohn des Moorsoldaten Ernst Walsken, unterteilte seine Rede in drei Aspekte, die ihm große Sorgen bereiten. Anlässlich des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine bedauerte er den Bruch des Völkerrechts und der internationalen Konventionen, die seit dem Ende des II. Weltkrieges die Friedensordnung zusammengehalten hätten. Er befürchtete, dass zukünftig weitere Staaten diesem Vorbild folgen könnten und der Weltfrieden in Gefahr geraten könnte.

Dann ging er auf die Traumatisierung vieler ehemaliger KZ-Häftlinge ein. Sein Vater habe sehr selten über seine Erlebnisse im Lager gesprochen und sei enttäuscht gewesen, dass er nach dem Zusammenbruch des Faschismus kaum Anerkennung für seine Haltung und seine Erfahrungen erhalten habe. Traumatisierungen erlitten auch die Soldaten, die gezwungen waren, Befehle auszuführen, die ihnen zuwiderliefen. Auch ihre Traumatisierungen wurden nach dem Krieg nie aufgearbeitet. Das Gleiche wird wahrscheinlich auch mit den Soldaten geschehen, die sich aktuell im russisch-ukrainischen Krieg gegenüberstehen.

Auch die neuen Formen des Krieges seien besorgniserregend. Vor allem die so genannten Cyberattacken bedeuteten eine zunehmende Gefahr für die Infrastruktur. In NRW seien bereits mehrere Krankenhäuser Opfer dieser Angriffe geworden. Sie wurden gezwungen hohe Geldsummen zu zahlen, um wieder auf ihre Daten zurückgreifen zu können. Kraftwerke und Militäranlagen seinen ebenfalls in Gefahr, auf diese Weise lahm gelegt zu werden.

Your Local Pirates

Abschließend stellte Walsken die Frage: Was können wir tun, um all das zu verhindern? Er wies darauf hin, dass auch während der NS-Diktatur viele Menschen Nein gesagt hätten, sehr oft ohne dafür bestraft zu werden. Aus diesen Erfahrungen müsse es auch im Sinne des Weiterbestands der demokratischen Gesellschaft die Pflicht der älteren Generation sein, die Jugend zu erziehen, um rechtzeitig Nein zu sagen.

Die kämpferischen und musikalisch interessanten Lieder von Joke Kaviaar and Peter Storm bildeten den musikalischen Rahmen der Kundgebung.

Der Kundgebungsplatz ist mittlerweile neu gepflastert worden und die angrenzende Rasenfläche wurde kürzlich angesät. Der alte Jägerzaun wurde durch einen Doppelstabmattenzaun ersetzt. Die Fußgängerbrücke wurde erneuert. Die Renovierungsarbeiten sind aber noch nicht beendet. [Tony Kofoet/jdm]

Internationale Kundgebung in Esterwegen/Bockhorst am 6. Mai

Die "Deutsch-Niederländische Initiative 8. Mai" veranstaltet in diesem Jahr am Samstag, den 06. Mai, um 15.00 Uhr eine Gedenkkundgebung auf der Begräbnisstätte Esterwegen in Bockhorst an der B 401. Diese Veranstaltung erinnert an den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung von Krieg und Faschismus, wobei neben dem ehrenden Gedenken an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft auch aktuelle gesellschaftliche Fragen Gegenstand der Beiträge sein werden.

Deutscher Sprecher ist in diesem Jahr der Journalist Ulrich Sander aus Dortmund. Der Regionalhistoriker Jochem Abbes aus Bourtange spricht für die niederländische Seite. Außerdem wird Ernst Martin Walsken, der Sohn des Moorsoldaten Ernst Walsken, über die Erlebnisse seines Vaters im KZ Esterwegen berichten.

Für die kulturelle Umrahmung der Veranstaltung sorgt das Duo Your Local Pirates (Joke Kaviaar & Peter Storm) aus den Niederlanden. [Tony Kofoet]