Auf Antrag der CDU beschäftigte sich der Umweltausschuss des Bundestages mit der Endlagerung von Atommüll. Die CDU stellte in ihrem Antrag angesichts der im Jahr 2034 auslaufenden Genehmigung für das Brennelemente-Zwischenlager Gorleben (BZG) einen Zeitdruck fest. Dem stünden Schätzungen für die Dauer der Suche nach einem bestmöglichen Standort von dem ursprünglich geplanten Jahr 2031 bis in die Jahre 2046 oder sogar 2068 gegenüber.
Außerdem stellt die CDU fest, dass die Suche nach einem Endlager die Nutzung von Geothermie behindere, weil hier eine konkurrierende Bodennutzung stattfinde. Außerdem befürchtet die CDU, dass das Geld, das die Energiekonzerne in den Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (KENFO) eingezahlt haben, schon für den Suchprozess und die Zwischenlagerung verbraucht werden könnte.
Die Stellungnahmen der Fachleute in der Anhörung ließen erkennen, dass viele ebenfalls einen Zeitdruck erkennen und begrüßen würden, wenn ein Beschleunigungspotential im Rahmen des Standortauswahlgesetzes identifiziert werden könne. Allerdings wurden die Schlussfolgerungen der CDU nicht unbedingt geteilt.
Die CDU fordert, von Finnland und der Schweiz zu lernen und daraus neue Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung zu gewinnen. Dr. Tim Vietor, von der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) in der Schweiz berichtete, dass man sich dort von der Einlagerung in Granit verabschiedet habe und sich für ein Tongestein entschieden habe und die Barrierewirkung des Gesteins durch bauliche Ergänzungen sichern wolle. Man müsse nicht unbedingt auf einem Bein stehen.
Die CDU fordert. die Definition verschiedener Wirtsgesteine gemäß dem Standortauswahlgesetz so eng wie fachlich möglich zu fassen, um die Zahl der möglichen Standorte zu verringern. Dem widersprachen die anderen Fachleute. Sie verwiesen darauf, dass das Standortauswahlverfahren in Deutschland wissenschaftsbasiert sein solle und die Wirtsgesteine nicht von Politikern bestimmt werden sollten. Das bedeute, man solle die Arbeiten der BGE über die Standorte bis 2027 abwarten. Der Vertreter des Bundesverbandes Geothermie e. V. sprach sich dafür aus, bewohnte Gebiete generell auszunehmen, damit Geothermie möglich werde.
Der Sachverständige Prof. Dr. Klaus-Jürgen Röhlig von der Technischen Universität Clausthal sprach sich dafür aus, 2027 aus diesen Untersuchungen heraus, die Geeignetheit von Wirtsgesteinen allgemein festzustellen und nicht jeweils singulär für jeden einzelnen Standort. Ein Beschleunigungspotential sahen mehrere Fachleute darin, nicht mehr alle Standorte in den Fokus zu nehmen, sondern diejenigen, über die wenig geologische Informationen bestehen, aus der Suche auszuschließen.
Eine Absage erteilten alle Fachleute der Idee der CDU, sich mit neuen Technologien, wie z. B. der Transmutation, auseinanderzusetzen. Hier ist gemeint, dass man den Atommüll eventuell als Ressource nutzen könne oder ihn durch eine Behandlung verringern könnte. Einer solchen Idee stimmte nur der von der AFD geladene Sachverständige zu, der im Atommüll geradezu phantastische Potentiale für die Energiegewinnung sah. Alle anderen Fachleute sahen solche Potentiale nicht. Die vage Hoffnung auf die Transmutation dürfe nicht verschleiern, dass es zur sicheren Entsorgung hochradioaktiver Abfälle dringend nötig sei, einen geeigneten, gesellschaftlich akzeptierten Standort für ein Endlager zu finden, befand Dr. Friederike Frieß von der Universität für Bodenkultur Wien. Bisher gebe es kein schlüssiges technologisches Konzept für die neuartigen Wiederaufarbeitungstechnologien für die Partitionierung, die neuartigen Brennstoffe und die neuartigen Reaktorsysteme und ihre jeweilige Kombination. Keine der notwendigen Verfahren und Technologien seien heute großtechnisch einsatzfähig.
Ursula Schönberger vom Fachportal Atommüllreport sprach sich für ein weiteres Standortsuchgesetz speziell für schwach- und mittelradioktiven Müll aus. Angesichts des Desasters in der Asse müsse für diesen Müll eine akzeptable Lösung gefunden werden. Die derzeitigen gesetzlichen Anforderungen aus den 80er Jahren erlaubten eine höhere Strahlenbelastung der Bevölkerung durch schwach- und mittelradioaktiven Müll, als aus hochradioaktivem Müll.
Möglicherweise zeigt insbesondere die Forderung, geeignete Wirtsgesteine generell zu benennen und Standorte, für die zu wenig Daten vorhanden sind, aus die Suche auszuschließen, dass die Befürchtungen zum Beispiel der „Interessengemeinschaft Atommüllendlager im Emsland“ KAI-EL berechtigt waren, dass sich schnell auf bereits bekannte Standorte eingeschossen wird. Andererseits besteht tatsächlich wegen der Zwischenlagerproblematik ein Zeitdruck. Und auch der Verlust von Expertise stellt langfristig ein Problem dar. Wo keine Atomkraftwerke mehr betrieben werden, gibt es auf Dauer auch immer weniger Experten, die wissen, wie mit dem Atommüll umzugehen ist. [jdm]