Am Sonntagabend verabschiedete der BRICS-Gipfel in Rio de Janeiro ein Abschlussdokument. 2009 gründeten Brasilien, Russland, Indien und China den Staatenverbund, der nach den Anfangsbuchstaben BRIC genannt wurde. Mit der Aufnahme Südafrikas im Jahr 2011 wurde daraus BRICS. Heute sind auch der Iran, Saudi-Arabien, Ägypten, Äthiopien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Indonesien Vollmitglieder. Auf der Konferenz in Rio wurden Belarus, Bolivien, Kasachstan, Kuba, Nigeria, Malaysia, Thailand, Vietnam, Uganda und Usbekistan als BRICS-Partnerländer begrüßt.
Die BRICS-Staaten fordern eine umfassende Reform der Vereinten Nationen, um eine gerechtere und repräsentativere internationale Ordnung zu schaffen. Dies schließt die Reform des Sicherheitsrates ein, um die Stimme des Globalen Südens zu stärken. Eine Reform des UN-Sicherheitsrates soll zur Erhöhung der Vertretung von Entwicklungsländern führen. Das Dokument betont die Verpflichtung zur Einhaltung der UN-Charta und zur Förderung von Multilateralismus.
Um gesundheitliche Ungleichheiten zu bekämpfen und den Zugang zu Gesundheitsdiensten zu verbessern wird die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als zentrale Autorität für internationale Gesundheitsfragen unterstützt.
Die Vertretung von Schwellen- und Entwicklungsländern (EMDE) im Internationalen Währungsfonds (IWF) müsse verbessert werden. Die BRICS-Staaten bekräftigen ihre Unterstützung für ein regelbasiertes, offenes und transparentes multilaterales Handelssystem, das von der Welthandelsorganisation (WTO) geleitet wird. Es müsse innerhalb der WTO ein funktionierendes Streitbeilegungssystem aufgebaut werden.
Die BRICS-Staaten betonen die Bedeutung von Diplomatie und Dialog zur Konfliktlösung und zur Förderung des Friedens. Sie unterstützen die Rolle regionaler Organisationen bei der Konfliktprävention.
Die BRICS-Staaten bekräftigen ihre Unterstützung für die Rechte des palästinensischen Volkes und fordern eine friedliche Lösung des Konflikts und fordern einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand im Gazastreifen. Humanitäre Hilfe in die besetzten Gebiete müsse zugelassen werden.
Die BRICS-Staaten äußern Besorgnis über die wachsenden Risiken von Konflikten und betonen die Notwendigkeit von Abrüstung und Rüstungskontrolle. Sie unterstützen die Schaffung von nuklearwaffenfreien Zonen und die Einhaltung internationaler Abrüstungsabkommen.
Die BRICS-Staaten haben die Strategie für die wirtschaftliche Partnerschaft bis 2030 begrüßt, die die Zusammenarbeit in Bereichen wie internationalem Handel und nachhaltiger Entwicklung fördern soll. Die Strategie zielt darauf ab, die Zusammenarbeit in den Bereichen multilaterales Handelssystem, digitale Wirtschaft und Finanzkooperation zu konsolidieren.
Die Neue Entwicklungsbank (NDB) wird als strategischer Akteur für die Entwicklung im Globalen Süden anerkannt und soll ihre Kapazitäten weiter ausbauen. Präsidentin Dilma Rousseff erhält volle Unterstützung für ihre Wiederernennung. Die Bank soll innovative Projekte zur Förderung nachhaltiger Entwicklung und zur Verringerung von Ungleichheiten unterstützen.
Kein Thema war die Einführung einer eigenen BRICS-Währung. Allerdings hatte sich Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva am Freitag auf der Jahrestagung der Neuen Entwicklungsbank (NDB) der BRICS-Staaten für eine gemeinsame Währung der BRICS-Staaten als Alternative zur Weltleitwährung Dollar ausgesprochen. [jdm/mit Nutzung von KI-Übersetzung]
Können Sie sich vorstellen, dass in Deutschland ein Journalist mit der Begründung, er habe, „systematisch falsche Informationen über politisch kontroverse Themen“ verbreitet, „mit der Absicht, unter seinem überwiegend deutschen Zielpublikum ethnische, politische und religiöse Zwietracht zu säen,“ Berufsverbot bekommt, seine Konten gesperrt werden, niemand ihn anstellen darf, auch das Konto seiner schwangeren Frau gesperrt wird und sogar die Krankenversicherung ihn und seine Frau rausschmeißt?
Können Sie sich vorstellen, dass eine solche Entscheidung der Aberkennung aller Bürgerrechte nicht von Gerichten oder Parlamenten getroffen wird, sondern allein von der Verwaltung?
Können Sie sich vorstellen, dass in Deutschland einem Journalisten all das passiert, weil ihm enge finanzielle und organisatorische Verbindungen zu Organisationen und Akteuren der Staatspropaganda eines anderen Landes unterstellt werden?
Das kann doch nicht sein. Denn die deutschen und die EU-Politiker haben massiv protestiert, als in Georgien ein Gesetz verabschiedet wurde, das Medien und NGOs stärker kontrollieren soll. Das Gesetz trat Anfang Juni 2024 in Kraft und verschlechterte die Beziehungen des Beitrittskandidaten zur EU. In der EU wird es doch nicht möglich sein, dass einem deutschen Journalisten sogar ohne ein Gesetz alle Rechte geraubt werden?
Werden jetzt alle 40 Journalisten, die Mitglied der Atlantikbrücke, einem US-Lobbyverein, sind, Berufsverbot bekommen?
Der Journalist, um den es hier geht, ist Hüseyin Doğru. Er betrieb das Webportal „red.“. Red. hatte die Palästinapolitik Deutschlands und der EU kritisiert. Dies wurde ihm jetzt als indirekte Unterstützung Russlands ausgelegt, weil er damit ja „Zwietracht“ gesät habe. Und Zwietracht - man könnte auch sagen Diskussion über verschiedene politische Einschätzungen - wird von der EU und von der Bundesregierung nicht gern gesehen.
Aber sie maßen sich an, Grundrechte eines deutschen Bürgers aufzuheben. Darüber hinaus maßen sie sich an, die Pressefreiheit in Deutschland einzuschränken. Ein Journalist darf die Paästinapolitik der EU nicht kritisieren, weil ihm dann Unterstützung Russlands vorgeworfen wird. Nur zur Erinnerung: Deutschland und Russland befinden sich (noch) nicht einem Krieg gegeneinander, obwohl Frau Kallas alles daran setzt, diesen Krieg anzuzetteln.
Dass die Bundesregierung dieses unterstützt, zeigt, dass die Pressefreiheit in Deutschland extrem gefährdet ist. Bei dem Vorgehen gegen Doğru wird die behauptete Unterstützung Russlands nur indirekt hergeleitet. Wer wie Doğru etwas schreibt, was zu „Zwietracht“ führt – also zu Diskussionen – kann jederzeit aller seiner Bürgerrechte und seiner Existenz beraubt werden.
Doğru wird von der Bundesregierung kaltschnäuzig darauf verwiesen, dass er sich ja rechtlich dagegen wehren könne. Doğru hat aber kein Geld mehr, um z. B. einen Anwalt zu bezahlen (was andere aus Solidarität machen). Sämtliche Gelder wurden eingefroren. Ein Existenzminimum muss gewährt werden, allerdings bedarf das der Genehmigung durch die Bundesbank, was wiederum einige Zeit dauert.
Doğru beschreibt seine Situation so: „Ich bin keiner Straftat angeklagt worden. Ich stand nicht vor Gericht. Ich wurde keiner Straftat für schuldig befunden. Ich hatte keine Möglichkeit, mich zu verteidigen. Aber die EU hat mich wegen meiner pro-palästinensischen Berichterstattung sanktioniert und mir alle meine Rechte entzogen. Noch einmal: Ich wurde von keinem Gericht einer Straftat für schuldig befunden.
Aber ich darf keine Lebensmittel kaufen. Ich darf keine Medikamente für meine Kinder kaufen – nicht einmal eine Flasche Wasser, wenn sie durstig sind. Ich darf keine Geschenke annehmen. Ich darf nicht einmal ein Geschenk annehmen.
Ich darf meinen Anwalt nicht bezahlen. Ich darf das Land, in dem ich lebe, nicht verlassen. Ich darf das Land, in dem ich lebe, nicht betreten. Ich darf keine Arbeit annehmen. Ich darf keine Zahlungen leisten. Ich darf keine Zahlungen entgegennehmen. Ich darf meine Miete nicht bezahlen.“
Der Fall Hüseyin Doğru ist in seinen negativen Auswirkungen auf die Pressefreiheit, seiner Missachtung der Menschenrechte und der völligen Empathielosigkeit der staatlichen Stellen eine deutsche Ausgabe des Julian-Assange-Skandals. Es geht nicht darum, ob man die Ansichten von Doğru teilt, es geht auch nicht darum, ob man seinen Stil mag, sondern es geht darum, ob in Deutschland und der EU die Ministerien jeden missliebigen Journalisten bestrafen und jede missliebige Meinungsäußerung unterbinden können. [jdm]
Der Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion Jens Spahn, der als Ex-Gesundheitsminister dem Steuerzahler zwischen 3 und 6 Milliarden € durch seine Maskendeals gekostet hat, kann weiter Politik machen, als wenn nichts gewesen wäre. Und warum? Weil er die Rolle des größten Kriegstreibers von der hoffentlich bald vergessenen Strack-Zimmermann übernommen hat und die Kriegsverlängerung in der Ukraine zu seinem Projekt erkoren hat.
Seine Bundesregierung hat gerade die Steigerung des Kriegshaushaltes auf fast die Hälfte des Staatshaushaltes beschlossen. Und jetzt macht sich Spahn für die Atombombe in deutscher Hand stark. Deutschland hat den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben. Nach Logik unserer Bundesregierung müsste Deutschlands Urananreicherungswerk in Gronau eigentlich jetzt wie Irans Atomanlagen präventiv mit Bomben zerstört werden.
Die SPD kritisiert an diesem Vorschlag nur, dass Spahn damit von seinem Versagen als Gesundheitsminister ablenken wolle. Inhaltlich fällt die Kritik sparsamer aus. Die Spitzenkandidatin der SPD für die letzte Europawahl, Katarina Barley, hatte da schon gemeint, die EU-eigene Atombombe für eine europäische Armee könne "auch … ein Thema werden.
SPD und CDU haben Trumps Arbeitsplan verinnerlicht: Die EU-Staaten in der Nato sollen Russland mit einem dauernden Krieg in der Ukraine und durch Hochrüstung an Russlands Grenzen schwächen, damit sich die USA auf einen Krieg gegen China - am besten über Stellvertreter in der Region, z. B. Taiwan oder die Philippinen - konzentrieren können.
Dabei haben die Menschen in Europa nichts zu gewinnnen, aber für die Milliardäre und Oligarchen Europas, für die die Bundesregierung Politik macht, spielt das Befinden der Menschen keine Rolle. Die Oligarchen möchten ihre Führungsrolle behaupten und wenn die von ihnen dominierten Staaten dies durch Krieg erreichen, ist es ihnen recht. Aber auch Zollschranken, Sanktionen und Knebelverträge sind ihnen recht.
Ganz anders wieder China, das der EU weiterhin die Hand ausstreckt und Zusammenarbeit anbietet. Xi erklärte, China und die EU seien umfassende strategische Partner sowie zwei große Kräfte zur Förderung der Multipolarisierung, zwei große Märkte zur Unterstützung der Globalisierung und zwei Zivilisationen zur Ankurbelung der Vielfalt. Die chinesisch-europäischen Beziehungen leisteten einen wichtigen Beitrag zur Vertiefung des Wohlstands beider Bevölkerungen sowie zur Förderung von Frieden und Entwicklung der Welt. Die Chinesische Botschaft in Deutschland hat zum 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und der Europäischen Union einen Sondernewsletter herausgegeben. [jdm]
Verhindert die Inselbildung im Seitenkanal den Wasserabfluss?
Hintergrund ist seine Beobachtung, dass sich im Seitenkanal im Bereich des Zuflusses des Grabens Inseln gebildet haben, auf denen bereits größere Bäume stehen. Der Seitenkanal Gleesen-Papenburg dient als Vorfluter für den Entwässerungsgraben Wippinger Dever. Hallo-Wippingen hat darüber hier, hier und hier berichtet.
Noch fließt das Wasser zwischen den Inseln in Richtung Küstenkanal ab, aber eine weitere Verlandung des Kanals könnte bei Extremwetterlagen mit Starkregen zum Problem werden, zumal weiter südlich ebenfalls Entwässerungsgräben in den Seitenkanal münden. Die Inseln im Seitenkanal könnten – so befürchtet Hans Müller - nach starken Niederschlägen und Hochwasser den Abfluss des Wassers nach Norden zum Küstenkanal behindern und einen zusätzlichen Rückstau verursachen. Im Extremfall wäre nicht auszuschließen, dass die auf den Inseln gewachsenen Büsche und Bäume vom Wasser mitgerissen werden. Dieses Treibgut könnte sich wiederum vor dem Durchlass am Mittelweg ansammeln und eine Aufstauung des Kanals verursachen.
Sollte der Kanal allerdings ausgebaggert werden müssen, käme ein weiteres Problem hinzu, denn die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) vermutet im Kanal Munition aus dem Zweiten Weltkrieg.
Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Ems-Nordsee (WSA) habe erklärt, man sei für eine Räumung und eine Sicherung des Wasserabflusses nicht zuständig. In einer Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Gemeinde Dörpen sei festgelegt worden, dass die WSV von Ansprüchen freigestellt sei, soweit diese durch die Vorflut verursacht worden seien. Vielmehr liege die Zuständigkeit bei der Gemeinde Dörpen.
Damit stehe auch die Klärung der Frage an, wer für eine möglicherweise erforderliche Ausbaggerung des Seitenkanals verantwortlich sei.
Falls die Zuständigkeit bei der Gemeinde Dörpen liege, sollte abgeschätzt werden, ob in den kommenden Jahren Handlungsbedarf in Hinblick auf die Erhaltung der Entwässerungsfunktion des Seitenkanals für die Wippinger Dever und weiterer Kanalzuflüsse aufkommen könnte, welche Maßnahmen erforderlich wären und welche Kosten auf die Gemeinde zukommen könnten.
Wie Müller mitteilte, sei er davon ausgegangen, dass dieser Antrag in der öffentlichen Gemeinderatssitzung behandelt werde. Bürgermeister Manfred Gerdes hat diesen Tagesordnungspunkt allerdings in die nichtöffentliche Sitzung gelegt.
In nichtöffentlichen Sitzungen werden zumeist alle Grundstücksangelegenheiten behandelt, weil dabei die Interessen der Grundstückseigentümer geschützt werden sollen. Als Grundstückseigentümer kommen hier eigentlich nur der Bund und die Landwirte in ihrer Funktion als Mitglieder des Wasser- und Bodenverbands in Frage. Privates und Vertrauliches ist mit Müllers Antrag eigentlich nicht verbunden. Warum die Landwirte nicht erfahren dürfen, dass es ein Problem mit dem abfließenden Wasser geben könnte, erschließt sich nicht so ohne Weiteres. Was kann also der Grund für den Ausschluss der Öffentlichkeit sein?
Die Öffentlichkeit kann es nicht überprüfen, ob etwas in der nichtöffentlichen Sitzung behandelt wird, was von allgemeinem Interesse ist. Aber bei vielen Kommunen hat man im Nachhinein das Gefühl, dass Angelegenheiten nur deshalb nichtöffentlich verhandelt werden, weil man sie dann schneller abhaken kann. Dass eine öffentliche Diskussion in der Gemeinde ein Teil der kommunalen Demokratie ist und dass diese auch die Qualität der Beschlüsse verbessern könnte, wird häufig nicht wahr genommen.
Die Kommunalaufsichtsbehörde, der Landkreis, hat gem. § 170 Abs. 1 Satz 2 NKomVG sicherzustellen, dass die Kommunen die geltenden Gesetze beachten. Dabei soll die Aufsicht nach Satz 3 aber so gehandhabt werden, dass die Entschlusskraft und Verantwortungsfreude der Kommune nicht beeinträchtigt werden. Das bedeutet, dass es nicht zu einer Einmischungsaufsicht kommen darf. Die Gemeinden dürfen demnach alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung regeln.
Die Kommunalaufsichtsbehörde wird also nur bei schwerwiegenden Verstößen gegen das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz tätig. Transparenz bei gemeindlichen Angelegenheiten kann es also nur geben, wenn die Gemeindevertreter erkennen, dass die kommunale Ebene das letzte echte Stück Demokratie ist, und dass auch diese Demokratie an der Basis gepflegt sein muss. [jdm]
Das „Manifest“ aus der SPD fand bei den Kriegspolitikern der SPD/CDU/Grüne sofort vollständige Ablehnung und Absonderung von Hasskommentaren. Da hatten SPD-Mitglieder es doch gewagt, eine andere Meinung zur Aufrüstung und Ablehnung von Diplomatie zu haben. Zustimmung und ein Angebot zur Zusammenarbeit kamen sofort vom Bündnis Sahra Wagenknecht und den Linken.
Vielen aus der Friiedensbewegung schien der Text des Manifestes nicht konsequent genug. Aber mittlerweile hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass er auch als Grundlage für eine überparteiliche Zusammenarbeit gelten kann. Denn im Mittelpunkt stehen drei Kernpunkte: 1. Mehr Diplomatie - mit Russland verhandeln. 2 Die Ablehnung der "irrational" hohen Aufrüstung und 3. die Ablehnung der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland..
Es tue der Demokratie nicht gut und stärke letztendlich rechte Stimmen, wenn diese Themen nicht mehr sachlich diskutiert werden. Russland sei direkter Nachbar der EU, und nur Konzepte, in denen Russland, wie auch immer, einbezogen seien, würde langfristig Frieden und Sicherheit für alle bringen, so schwer vorstellbar dies im Moment auch sei. [jdm]
Die Gedenkstätte Esterwegen teilt mit, dass der Vortrag von Dr. Helmut Lensing am Sonntag, 29. Juni, ab 15 Uhr in der Gedenkstätte Esterwegen zu den demokratischen Wehrorganisationen im Emsland und der Grafschaft Bentheim aus Krankheitsgründen ausfallen muss. [jdm]
Wussten Sie, dass der Gottesstaat im Iran und die HIZBOLLAH im Libanon eine Folge US-Amerikanischer Außenpolitik sind? – Sie findet gerade ihre Fortsetzung in der Bombardierung iranischer Atom-Anlagen. Diese Form von Außenpolitik, die ausdrücklich militärischer Gewalt gegen andere souveräne Staaten für legitim erklärt, steht unter dem Motto: America´s Might is Right (Amerikas Macht ist rechtens). Die politischen und menschlichen Katastrophen, die eine solche Politik in der Neuzeit angerichtet haben (Afghanistan, Irak, Lybien, Syrien) haben nicht amerikanischem Interesse gedient, sondern ganz im Gegenteil. So jedenfalls argumentieren Gegner einer solchen Politik, die deswegen vom US-amerikanischen Senator der republikanischen Partei John McCain als „Wacko Birds“ (durchgeknallte Vögel) bezeichnet wurden. Bei der Aufzählung der Opferländer US-amerikanischer Interventionspolitik fehlt der Iran. Die soll wegen der aktuellen Ereignisse etwas detaillierter vorgestellt werden.
Die USA wurden in der Innenpolitik des Iran zum ersten Mal 1953 aktiv, als der iranische Premierminister Mossadegh auf Parlamentsbeschluss die Ölindustrie des Landes verstaatlichte und damit den Briten auf die Füße trat. Die schafften es, den US-Präsidenten Eisenhower zu einem Putsch gegen Mossadegh zu gewinnen. Durch einen vom CIA gesteuerten Komplott putschte die Armee gegen Mossadegh, die diesen verhaften ließ. Der kurz zuvor geflohene Schah Reza Pahlewi wurde wieder ins Land gebracht und auf den Thron gesetzt. Der begann schonungslos unter seinen Gegnern aufzuräumen und war ansonsten ein getreuer Gefolgsmann der USA. Seine Herrschaft endete 1979, als nach schweren Unruhen und der Ausrufung eines Generalstreiks das Kriegsrecht verhängt wurde. Die Armee übernahm die Macht im Land. Der Schah floh ins Ausland. Die Westmächte beschlossen, den Schah fallen zu lassen und Kontakt zu Ayatolla Chomeini aufzunehmen, der in Paris im Exil die Iranisch-Islamische Nationalbewegung gegründet hatte. Der Iran wurde zu einem Gottesstaat.
Dessen Einfluss auf die muslimische Welt war für die USA immer wieder Grund genug, militärisch in deren Ländern zu intervenieren. Bei allen sicherlich vorhandenen Wirtschaftsinteressen waren die treibenden Motive, den Terrorismus zu bekämpfen und die Sicherheit des Staates Israels zu gewährleisten. Dass diese Politik das Gegenteil erreicht hat, darüber schreibt der US-Amerikanische Journalist und Autor Stephen Kinzer in seinem lesenswerten Buch Im Dienste des Schah: CIA, MI6 und die Wurzeln des Terrors im Nahen Osten. In einem bemerkenswerten Artikel im britischen GUARDIAN forderte Kinzer vor ein paar Jahren die „Wacko Birds“ auf, sich zu einer Bewegung zusammenzuschließen und konkrete Inhalte zu einer anderen Außenpolitik zu formulieren.
Wie aktuell diese Forderung ist, zeigt die politische Entwicklung um den momentanen Luftkrieg zwischen Israel und dem Iran. Im folgenden Artikel sollen nicht völkerrechtliche oder weltanschauliche Argumente (Das Recht Israels auf Selbstverteidigung bzw. Kampf der Demokratie gegen einen Gottesstaat iranischer Prägung) gedroschen werden. Das tun schon zu Genüge unsere Politiker und Medien. Vielmehr geht es um eine grundsätzliche Gegenüberstellung einer auf Krieg setzenden Außenpolitik und dem, was „Wacko Birds“ in ihr Manifest schreiben würden. Zur Veranschaulichung soll ein systemisches Modell des Luftkrieges dienen, so wie er in den Militärakademien moderner Staaten gelehrt wird und seit dem 2. Golfkrieg („Desert Storm“) zur Anwendung kommt.
Oberstes politisches Ziel ist, der gegnerischen Führung seinen Willen aufzwingen (nach Clausewitz „Vom Kriege“). Dazu hat der US-Amerikanische Luftwaffenoberst John A. Warden 1989 ein systemisches Ziele-Modell entwickelt (siehe Abbildung). Es gilt, in den 5 Ringen Ziele so auszuwählen und anzugreifen, dass die politische Führung des Gegners einlenkt.
Die Luftangriffe der Israelis und der Iraner lassen sich in Art und Umfang mit diesem Modell erklären, wenn man sich über die politischen Ziele dahinter klar wird. Deren folgende Formulierungen folgen dem Prinzip: So allgemein wie möglich und so konkret wie nötig, um für Politiker und Militärs als Handlungsanweisung zu dienen.
Politische Ziele Israels
Der israelischen Regierung geht es um den Schutz ihrer Bevölkerung vor Angriffen der palästinischen HAMAS und der libanesischen HIZBOLLAH sowie vor einem aggressiven nuklear bewaffneten Gottesstaat in ihrer Nachbarschaft.
Politische Ziele des Iran
Der iranischen Mullah-Regierung geht es um die Souveränität ihres Gottesstaates und nicht zuletzt um dessen Ansehen in der muslimischen Welt.
Militärische Ziele
Logisches Folgern und nicht zuletzt offizielle Erklärungen bestätigen für beide Seiten eine entsprechende Ziele-Auswahl in dem Warden-Modell. Eine Detaillierung würde hier zu weit führen.
Eine Besonderheit erleben wir in den Zielkreisen Systemträger und Führung. Für die Israelis ist wichtig, die iranische nukleare Infrastruktur zu zerstören. Auch scheint es ihnen nicht darum zu gehen, die iranische Führung zum Einlenken zu bringen. Sie machen Führungspersonen zum Ziel, um sie umzubringen. Regime Change scheint hier das implizierte politische Ziel.
Als ein ermutigendes Zeichen für zukünftige Verhandlungen erscheint mir, dass beide Seiten die jeweilige Bevölkerung nicht zum Ziel machen. Die relativ geringe Zahl der zivilen Opfer auf beiden Seiten ist der Präzisionsfähigkeit moderner Luftwaffen geschuldet. Die wird immer auch Kollateralschäden verursachen (Druck- und Splitterwellen der explodierenden Geschosse, technische Fehlfunktionen, Trümmer abgeschossener Flugzeuge/Raketen u.a.).
Ein Luftkrieg gegen die Bevölkerung mit Tausenden von Opfern würde nicht zuletzt die politischen Ziele beider Kontrahenten gefährden. Gute Nachbarschaft ist nicht eine Sache von Regimen und Regierungen, sondern wird von Bevölkerungen gepflegt. Und wem seine Souveränität in einer Staatengemeinschaft wichtig ist, der hält sich im Krieg an die Regeln von Menschlichkeit. Genau an dieser Stelle könnten die „Wacko Birds“ den miitärischen Zielekreis von Warden zu einem politischen machen. Macht, die sich über das Wohl von Menschen hinwegsetzt, ist nämlich einer Demokratie nicht würdig. Genau das tut man nämlich, wenn man mit Krieg Außenpolitik betreibt. Deswegen sollte man nicht mehr in die Kreise hineinbomben, sondern in ihnen mit friedlichen Mitteln wirken.
Politische Ziele der “Wacko Birds”
Wie eine umfassende friedliche Lösung aussehen könnte, wer weiß das schon?! – Man könnte aber in einem ersten Schritt endlich einmal die UN-Charta achten und die Unantastbarkeit der Souveränität eines Staates respektieren. Wenn Staaten wie der Iran vor einer militärischen Intervention durch eine Atommacht sicher wären, gäbe es keinen Grund mehr, Atomwaffen besitzen zu wollen. Der Israel/Iran Konflikt wäre vom Tisch. Entspannung wäre möglich.
Die Länder könnten ihre Bevölkerungen in einem breitgefächerten Kulturaustausch zusammenbringen. Gemeinsame Bildungseinrichtungen sowie Handel und Technologie-Transfer wären möglich. Europa hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg auf diese Weise vom feindlichen Gegeneinander zum freundlichen Miteinander entwickelt.
Streitkräfte Israels, des Irans und der USA könnten gemeinsame Übungen abhalten, ähnlich des PfP-Programms (Partnership for Peace) der NATO. Störer wie HAMAS und HIZBOLLAH wären dann ein Sicherheitsproblem für alle Länder gleicherweise. Terror würde man gemeinsam begegnen.
Wenn die Führungen der betroffenen Länder einmal auf dieser Welle sind, entsteht Vertrauen. Sie wären dann in der Lage, auch den Palästina-Konflikt friedlich zu lösen.
Wer so denkt, ist in den Augen der Falken in den USA, Israels und des Iran ein „Wacko Bird“. Das Tragische ist, dass die meisten Menschen im Kriegsgebiet sich wünschten, es gäbe noch mehr von solchen durchgeknallten Vögeln. [Ulrich Scholz/erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]
Für die einen ist es Sexarbeit, andere sprechen von Zwangsprostitution. Prostitution als Form der Unterdrückung der Frau wurde in der Vergangenheit häufig unter moralischen Aspekten verhandelt. Den Prostituierten wurden unter Verweis auf den unmoralischen Lebenswandel alle Rechte geraubt; die Freier konnten mit dem Kauf von Frauen sogar noch angeben.
Um Frauen aus der Illegalität zu helfen und um ihnen Rechte zu verschaffen gilt in Deutschland seit 2017 das Prostituiertenschutzgesetz, das zum Ziel hatte, durch die Anerkennung der Prostitution als Sexarbeit Schutzrechte und den Zugang zur Sozialversicherung zu schaffen.
In Schweden hat man eine ganz andere Richtung eingeschlagen. Auch hier wollte man die rechtlose Stellung der Frauen nicht noch durch staatliche Repression verschlechtern. Aber die Prostitution wurde dennoch nicht als normale Arbeit betrachtet. Das "Nordische Modell" besteht aus dem 1999 verabschiedeten Gesetz über die Freierbestrafung und der vollständigen Entkriminalisierung der Frauen.
Viele Selbsthilfegruppen in Deutschland, wie Kassandra e. V., unterstützen das deutsche Modell. Der Verein Sisters e. V. dagegen ist überzeugt, dass die Realität ganz anders aussieht und die Freiwilligkeit nur bei etwa 10 % der Frauen gegeben ist. 90 % der Frauen seien aus Zwangslagen heraus in der Prostituition gelandet. Dazu zählen neben den Menschenhändlerringen finanzielle Zwangslagen und massive Gewalt- und Missbrauchserfahrungen. Das deutsche Modell stütze die Menschenhändler, die sich nach außen als gesetzestreue Bordellbetreiber inszenieren könnten, aber die die Frauen durch Gewalt und wirtschaftlichen Druck fest unter Kontrolle hätten.
Sisters e. V. macht sich für eine Übernahme des Nordischen Modells stark. In Schweden habe sich dadurch, dass sich der Freier in einer illegalen Position befinde, das Verhalten der Männer gegenüber den Prostituierten verändert. In Deutschland hingegen glaubten die Männer und auch die betroffenen Frauen, dass sie durch die Bezahlung frei über den Körper der Frau verfügen könnten (siehe Interview Junge Welt). Auch die Zeitschrift Emma spricht sich schon lange für die Freierbestrafung aus, weil der Kauf von Frauen ein Verbrechen sei. Für die CDU/CSU ist Prostitution eine Menschenrechts-Verletzung. Sie hatte die Absicht, die Freierbestrafung auch in Deutschland einzuführen. Dem stehen gewerkschaftliche und linksliberale Kreise entgegen, die argumentieren, die Zwangsprostitution sei ohnehin verboten und das Prostituiertenschutzgesetz sorge für gute Arbeitsbedingungen.
Ein US -Präsident schickt Truppen, um seine Bürger zu disziplinieren. Wo wird das hinführen? - Eine implodierende USA ist nicht gut für das Land, nicht gut für uns und nicht gut für die Welt.
Gleichzeitig haben sich Israel und der Iran in einen Luftkrieg verbissen, ohne dass ein politisches Ziel zu erkennen ist.
Die USA und GB verlegen militärische Kräfte in die Region. Wie weit wird die Eskalation gehen? - Krieg der „“Weltgemeinschaft“ gegen den Iran mit dem Ziel „Regime Change“? -
Wann wird der erste Nuke explodieren? -
Die islamische Welt ist ein Pulverfass, und die Lunte brennt. Es könnte uns allen um die Ohren fliegen.
Unseren Politikern fällt nichts anderes ein, als Mantra-artig das Recht Israels zur Selbstverteidigung zu beschwören, einseitig zu verurteilen und ansonsten die Kriegsparteien zur Deeskalation aufzufordern.
Politik ist die Kunst des Möglichen, soll Otto von Bismarck gesagt haben. Der Satz hat eine Blutspur durch die Geschichte gezogen. Er enthält nämlich den Persilschein zu Krieg.
Politik sollte eigentlich die Kunst des Menschlichen sein. Dazu braucht es Führungspersonen wie Charles de Gaulle, Willi Brandt, Yitzhak Rabin und Yassir Arafat.
Dr. Helmut Lensing spricht am Sonntag, 29. Juni, ab 15 Uhr in der Gedenkstätte Esterwegen zu den demokratischen Wehrorganisationen im Emsland und der Grafschaft Bentheim. Der Vortrag unter dem Titel „‘Keiner darf fehlen im Kampf gegen Faschismus und Bolschewismus!‘ Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und die ‚Eiserne Front‘ in der Grafschaft Bentheim und im Kreis Lingen (1924–1933)“ ist Bestandteil des Begleitprogramms zur aktuellen Sonderausstellung „Ich wusste, was ich tat. Früher Widerstand gegen den Nationalsozialismus“.
Die Geschichte demokratischer Wehrorganisationen wie des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold oder der Eisernen Front wird häufig mit Großstädten und den zentralen politischen Auseinandersetzungen der Weimarer Republik in Verbindung gebracht. Doch auch in ländlich geprägten Regionen wie der Grafschaft Bentheim und dem Emsland existierten diese Organisationen und kämpften unter oft schwierigen Bedingungen gegen politischen Extremismus von rechts und links. Lensing, ein ausgewiesener Kenner der regionalen Geschichte, beleuchtet dieses bislang wenig erforschte Kapitel demokratischer Selbstbehauptung in der Provinz.
Lensing, 1961 in der Grafschaft Bentheim geboren, ist Historiker, Autor, Pädagoge sowie stellvertretender Vorsitzender der Studiengesellschaft für Emsländische Regionalgeschichte und Mitherausgeber der Reihe Emsländische Geschichte. Er hat zahlreiche Publikationen zur Regionalgeschichte vorgelegt. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei. [Newsletter Gedenkstätte]
Bernhard Klaus von der Informationsstelle Militarisierung e.V. findet es ist bemerkenswert, dass man am 13. Juni 2025 in den „Informationen am Abend“ des Deutschlandfunks gut eine halbe Stunde der Berichterstattung über die israelischen Luftangriffe auf den Iran lauschen konnte, ohne dass eine völkerrechtliche Einordnung vorgenommen worden sei. Der deutsche Außenminister Wadephul sei mit folgender Einschätzung eingeblendet worden:
„Das Nuklearprogramm Irans ist eine Bedrohung für die ganze Region und insbesondere für Israel. Und deswegen ist für uns klar: Israel hat das Recht, seine Existenz und die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu verteidigen“.
Der konkrete Zeitpunkt der Äußerung und der explizite Verweis auf das iranische Nuklearprogramm lasse keinen anderen Schluss zu, als dass der deutsche Außenminister hier gesagt habe, Israel habe ein Recht zu diesen Luftangriffen gehabt. Völkerrechtlich sei das Quatsch.
2020 noch stellte der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Sachstand „Zum Begriff des Angriffskrieges“ fest, dass die Begriffe „Angriffshandlung“ und „Angriffskrieg“ sich weitgehend entsprechen. Von einem Völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Israels auf den Iran ist aber – ganz anders als im Falle Russland/Ukraine – kaum die Rede in deutschen Medien.
Einige deutsche Medien nahmen andere völkerrechtliche Einordnungen des israelischen Vorgehens gegen den Iran vor. Das ZDF zitierte u.a. Dominik Steiger, Professor für Völkerrecht an der TU Dresden: „Völkerrechtlich ist die Situation glasklar: Hier war die Gefahr noch zu abstrakt, Israel hätte also nicht angreifen dürfen“. „Dieser Angriff war klar völkerrechtswidrig“ zitiert Spiegel Online den Rechtsprofessor Kai Ambos.
Der politische Westen zeigt nicht erst seit den Zerstörungen in Gaza seine Neigung zu doppelten Standards. Die Achtung des Völkerrechts wird nur dann gefordert, wenn es gerade in den Kram passt. Das Völkerrecht ist aber unteilbar und nicht durch eine vom Westen formulierte Regelbasierte Ordnung abgelöst.
Wie bei dem Ukrainekrieg, der vom Westen mantraartig als „Angriffskrieg“ bezeichnet wird, muss auch bei diesem Angriffskrieg Israels beachtet werden, dass es eine Vorgeschichte gibt. Zur Vorgeschichte gehören neben der Gründungsgeschichte Israels und den Kriegen, die es zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten gab, auch die zerstörten Friedensbemühungen in der Zeit Rabins, die Geschichte der korrupten Strukturen in den palästinensischen Gebieten, schließlich die Terrororganisation Hamas und schließlich die völlig unverhältnismäßigen Tötungen der israelischen Armee im Gazastreifen (siehe Interview mit Ex-BGH-Richter Thomas Fischer). Zur Vorgeschichte gehört auch, dass Iran zwar eine feindselige Haltung an den Tag legte, aber dennoch keine unmittelbare Bedrohung Israels darstellte und es sich demnach bei dem Angriff auf den Iran nicht um einen Verteidigungskrieg handelt.
Angesichts der undifferenzierten Äußerungen von Bundeskanzler Merz über das – unbestrittene- Selbstverteidigungsrecht Israels spricht Harald Neuber auf Telepolis von „Annalena Merz“. Militärische Alleingänge wie die von Israel gegen den Iran seien der falsche Weg und setzten die Spirale der Gewalt weiter in Gang. Sie schwächten langfristig die Legitimität und Glaubwürdigkeit der völkerrechtlichen Ordnung, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert wurde.
Mit jedem Tag, an dem die Waffen sprächen, wachse die Gefahr eines regionalen Flächenbrandes. Die Bilder der zerstörten Wohnhäuser in Tel Aviv und der brennenden Ölanlagen im Iran seien eine eindringliche Mahnung. Die Weltgemeinschaft bewege sich auf einem schmalen Grat. Fehltritte und unbedachte Provokationen könnten weitaus fatalere Folgen haben, als wir sie derzeit beobachten müssten. [jdm]
In einem Manifest haben etwa 100 SPD-Mitglieder und SPD-nahe Politiker und Wissenschaftler gefordert, die Friedenssicherung durch Rüstungskontrolle und Verständigungspolitik zu erreichen. Zu den Initiatoren gehört Rolf Mützenich, der noch bis Februar dieses Jahres Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion war. Ein weiterer prominenter Name ist der von Ralf Stegner, der bis 2021 SPD-Fraktionsvorsitzender in Schleswig-holsteinischen Landtag war. Beide sind derzeit Bundestagsabgeordnete.
Das Manifest fordert die möglichst schnelle Beendigung des Tötens und Sterbens in der Ukraine durch eine Intensivierung der diplomatischen Anstrengungen aller europäischen Staaten. Die Unterstützung der Ukraine müsse mit den berechtigten Interessen aller in Europa an Sicherheit und Stabilität verknüpft werden. Auf dieser Grundlage müsse man ins Gespräch mit Russland zu kommen, auch über eine von allen getragene und von allen respektierte Friedens- und Sicherheitsordnung für Europa.
Das Manifest fordert einen Stopp des Rüstungswettlaufs. Europäische Sicherheitspolitik dürfe sich nicht am Prinzip der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung orientieren. Für eine auf Jahre festgelegte Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf 3,5 oder 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gebe es keine sicherheitspolitische Begründung.
Eine am BIP orientierte Prozentzahl der Ausgaben für militärische Zwecke festzulegen, sei irrational. Man brauche dringend mehr finanzielle Mittel für Investitionen in Armutsbekämpfung, für Klimaschutz und gegen die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, von denen in allen Ländern Menschen mit geringen Einkommen überdurchschnittlich betroffen seien.
Die Stationierung von weitreichenden, hyperschnellen US-Raketen-Systemen in Deutschland würde unser Land zum Angriffsziel der ersten Stunde machen.
Die Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung nach Art. 6 des Atomwaffensperrvertrags müsse erneuert werden. Gleichzeitig gelte es auf die Erneuerung des 2026 auslaufenden New Start-Vertrags zur Verringerung strategischer Waffen und auf neue Verhandlungen über Rüstungsbegrenzung, Rüstungskontrolle, vertrauensbildende Maßnahmen sowie Diplomatie und Abrüstung in Europa zu drängen.
Die Unterzeichner drängen auf die schrittweise Rückkehr zur Entspannung der Beziehungen und einer Zusammenarbeit mit Russland sowie die Berücksichtigung der Bedürfnisse des Globalen Südens insbesondere auch zur Bekämpfung der gemeinsamen Bedrohung durch die Klimaveränderungen. Deutschland und die EU dürften sich nicht an einer militärischen Eskalation in Süd-Ost-Asien beteiligen.
Es gab schon öfter Initiativen von SPD-Mitgliedern für Abrüstung, die versuchten, die Partei Willy Brandts an deren große Rolle in der Entspannungspolitik zu erinnern.
In den Jahren 2019 bis 2021 – also vor dem Ukrainekrieg - versuchten SPD-Mitglieder ihre Partei dazu zu bringen, sich gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen auszusprechen. Die USA hatten bis 2021 in Afghanistan unzählige Menschen mit Drohnen gezielt ermordet. Diese Initiative blieb erfolglos.
Einige der jetzigen Unterzeichner unterstützten auch schon die Initiativen von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht.
Welchem Konformitätsdruck die Abgeordneten in der SPD ausgesetzt sind, zeigt sich daran, dass Mützenich und Stegner erst jetzt, wo sie nicht mehr im Zentrum der entscheidenden Gremien der Partei stehen, für eine Friedenspolitik aussprechen. Vorher haben sie sich zwar auch für Diplomatie und gegen die Lieferung von schweren Angriffswaffen in die Ukraine ausgesprochen, aber wesentlich verhaltener.
Ein prominentes Opfer solchen Parteidrucks gab es schon 1914, als Karl Liebknecht sich bei der Abstimmung über die damaligen Kriegskredite der Fraktionsdisziplin beugte.
Der Druck auf die Unterzeichner des Manifestes ist heute auch wieder immens. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Sebastian Fiedler, zeigte sich "irritiert, verstört und verärgert", dass „sogar von Zusammenarbeit mit Russland die Rede, also mit einem Kriegsverbrecher“ sei. Der Chef-Pöbler der CDU, Roderich Kiesewetter, findet das Manifest "ungeheuerlich" und sagte, damit liefere man die Ukraine "der Vernichtungsabsicht Russlands" aus.
Matthias Miersch, der als so genannter Vertreter der SPD-Linken den Posten des Fraktionsvorsitzenden bekommen hat, kommentiert mit einer Lüge: Diplomatie bleibe zwar oberstes Gebot, "aber wir müssen auch ehrlich sagen: Viele Gesprächsangebote - auch von Bundeskanzler Olaf Scholz - sind ausgeschlagen worden. Wladimir Putin lässt bislang nicht mit sich reden."
Tatsächlich hat es von Deutschland und der EU keine Gesprächsangebote gegeben, sondern nur Maximalforderungen, die mit Sanktionen gekoppelt waren. Aber dass die Kriegsverlängerer mit redlichen Argumenten arbeiten, haben wir seit 2022 auch noch nicht erlebt.
Und genau das ist der eigentliche Inhalt des SPD-Manifestes: Die Kriegsgefahr ist real gestiegen und das Geld, das für die Rüstungssteigerung ausgegeben wird, fehlt an allen Enden. Beenden kann man diese Politik nur, indem man verhandelt und dabei die Interessen aller Seiten berücksichtigt werden.
Das SPD-Manifest braucht Unterstützung von den Bürgern, damit es nicht einfach eine weitere folgenlose Wortmeldung bleibt. Die Kriegspolitiker aller Parteien müssen mit den einfachen, logischen und verständlichen Forderungen des Manifestes konfrontiert werden. und Lügen á la Miersch und Kiesewetter und Konsorten darf man ihnen nicht weiter durchgehen lassen. [jdm]
Am Donnerstag, den 19. Juni 2025, um 19:30 Uhr lädt die Volkshochschule zu einem Vortrag von Joscha Hollmann, Leiter und Kustos der Sammlung des Informatiuons- und Dokumentationszentrums Emslandlager, ein. Thema sind die Formen der Erinnerungsarbeit im Emsland der 1980er Jahre.
Die 1980er Jahre waren nicht nur das Jahrzehnt der Geschichtsbewegung, die sich zu den Neuen Sozialen Bewegungen zählte. Sie bedeuteten im Emsland auch das erste Jahrzehnt nach der Landkreisreform und Gründung des neuen Landkreises Emsland.
Während sich hier in der Region bereits seit den 1970er Jahren vermehrt engagierte Personen aus der Zivilgesellschaft gemeinsam mit den Überlebenden für eine würdige Erinnerung und Erinnerungsarbeit über die 'Emslandlager' einsetzten, engagierte sich auch der neue Landkreis für diese Aufarbeitung, mit anderen Mitteln. So erschien 1983 das bis heute umfangreichste Standardwerk über die 'Emslandlager', dessen Ergebnisse nach Plänen der Kreisregierung in eine museale Ausstellung überführt werden sollten.
Zeitgleich strebte der 1981 gegründete Verein 'Aktionskomitee für ein DIZ Emslandlager' den Aufbau einer arbeitenden Gedenkstätte an. Beide Vorstellungen einer angemessenen Vermittlung trafen mehrere Jahre im Aufbau der Historisch-Ökologischen Bildungsstätte konfliktreich aufeinander.
Anhand einer umfassenden Auswertung der öffentlichen Dokumente und privaten Archivbestände des DIZ Emslandlager zeigt der Vortrag die Auseinandersetzungen um eine angemessene Form der Erinnerungsarbeit über die NS-Vergangenheit des Emslandes auf.
Um Anmeldung wird gebeten unter 04961/9223-17. Den Betrag von 10 EUR zahlen Sie bitte an der Eintrittskasse, die um 19 Uhr öffnet. Die Veranstaltung findet im Raum V 1.06, (ist barrierefrei) in der Volkshochschule Papenburg, Hauptkanal rechts 72, 26871 Papenburg statt. [Newsletter DIZ]
Die Sammlung des Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager ist sehr umfangreich. Dank vieler Spenden, Leihgaben und dem Vertrauen in unsere Arbeit konnte diese weltweit einzigartige Sammlung zur Geschichte der Emslandlager, der Geschichten und Schicksale ihrer ehemaligen Häftlinge und dem Kampf um eine angemessene Erinnerung darum über die letzten 40 Jahre so gewaltig wachsen.
Mit großer Bedeutung kommt große Verantwortung einher. Und eine große Sammlung bedarf einer großen Ordnungsliebe. So wurde stets alles sorgsam und meist gut beschriftet an einem sicheren Ort verwahrt, doch brauchte es neben dem Gedächtnis der handelnden Personen irgendwann technische Unterstützung, um den Überblick zu behalten.
Daher begann bereits im Jahr 2008 die digitale Erschließung der Sammlung des Aktionskomitees in einer computergestützten Datenbank. Inzwischen ist die Zahl dfer Verzeichnungseinheiten auf knapp 1.400 angewachsen; und dabei sind erst etwa 20% der gesamten Bestände der Sammlung archivalisch erfasst. Diese Datenbank war bisher nur bei uns vor Ort nutzbar.
Um das gemeinsam gesammelte Wissen der breiten Öffentlichkeit von überall aus zur Recherche zur Verfügung zu stellen, hat sich das DIZ zum Anschluss an den Onlinekatalog der Nds. und Bremer Landesarchive namens Arcinsys entschoeden. Damit sind die Eintragungen nicht nur besser gesichert gegen technische Defekte und Hackerangriffe von außen, sie können auch einfach von jedermann und jederfrau von zuhause aus durchsucht und, bei Interesse, über einen Warenkorb bestellt werden. Dazu benötigt man lediglich einen Account, der schnell eingerichtet ist.
Über diesen Link kann nun die Gliederung des Archivs nachvollzogen und in den Beständen recherchiert werden. Noch ist nicht alles aus der alten Datenbank übertragen, aber die Menge an Informationen wächst dank der fleißigen neuen studentischen Hilfskraft Hannah wöchentlich. Weiß man, was man sucht, hilft eine Suchfunktion (bei der das Archiv des DIZ dann neben anderen auftaucht und angeklickt werden kann). Zum Stöbern in der Gliederung hier einige erläuternde Worte:
Klickt man einen Punkt an, zeigen sich Unterpunkte bzw. darin abgelegte Bestände. Diese sind über das Anklicken von "Navigator" rechts vom Bestandsnamen einzusehen. Dasselbe gilt dann für einzelne Objekte innerhalb der Bestände, die meist in sich selbst wieder eine Gliederung aufweisen. Archive sind leider selbst trotz Digitalisierung komplexe Orte! Neben der Bibliothek unterscheiden sich die Bestände in zwei Dingen: die Sammlungen des DIZ und die Arbeiten des Vereins.
In den Sammlungen des DIZ finden sich Nachlässe von Forschenden und ehemaligen Häftlingen, eigene und übernommene thematische Sammlungen, Objekte, audiovisuelle Medien unsere Kunst- sowie die Sammlung zum Lied der Moorsoldaten. In den Unterlagen des Vereins dagegen sind einzelne Sammlungen von aktiven und ehemaligen Vorstands- und Vereinsmitgliedern zu ihrer Arbeit sowie die Unterlagen des Vorstands (Verwaltungsarbeiten zum Betrieb des DIZ sowie Vorstandsprotokolle) selbst abgelegt.
Im Laufe der letzten zwanzig Jahre wurden auch viele Bestände bereits digitalisiert. Diese Digitalisate sind nach und nach vor Ort über unser WLAN abrufbar. Innerhalb des DIZ wird noch diskutiert, wie viele dieser Digitalisate zur freien Ansicht ins Netz gestellt werden sollen, denn damit das DIZ immer auch die Kontrolle über deren Verwendung ab.
Der Landkreis Emsland ist eine von insgesamt 133 Partnerkommunen in Deutschland, die die Integreat-App bereitstellen. Diese digitale Plattform soll Neuzugezogenen sowie ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern Unterstützung im Alltag sein. Haupt- und Ehrenamtliche aus der Migrationsarbeit können die App für ihre Arbeit nutzen.
Hinter der Integreat-App steht ein redaktionelles Team von mehreren Personen aus unterschiedlichen Fachbereichen. Die App bündelt die für eine Integration relevanten Informationen und nennt Anlaufstellen und Ansprechpartner im Landkreis Emsland. Ziel ist, dass sich Menschen, die noch fremd sind, orientieren und schnell zurechtfinden können und sich dadurch Teilhabemöglichkeiten erschließen.
Die App bietet niedrigschwelligen, mehrsprachigen und kostenfreien Zugang zu wichtigen Themen wie Wohnen, Gesundheitsversorgung und Arbeit. Dies und weitere nützliche Hinweise und Tipps zum Leben und Alltag im Emsland, Ansprechpartnern von Behörden und Kontaktdaten von u. a. lokalen Beratungsstellen, Sprachkursträgern und Vereinen haben dazu geführt, dass die App innerhalb eines Jahres knapp 78.000 und damit im Schnitt 214 Mal am Tag aufgerufen wurde.
Im Landkreis Emsland ist die Integreat-App derzeit in den Sprachen Arabisch, Bulgarisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Kurmanji, Niederländisch, Persisch, Polnisch, Rumänisch, Russisch, Spanisch, Türkisch, Ukrainisch und Vietnamesisch verfügbar. Die Statistik zeigt, dass neben Deutsch die am häufigsten aufgerufenen Sprachen Persisch und Arabisch sind. „Das macht deutlich, dass eine Sammlung von Informationen in der Muttersprache für die erste Orientierung zum Leben im Emsland von Bedeutung ist“, erläutert die zuständige Sozialdezernentin Dr. Sigrid Kraujuttis.
Aber die Integreat-App unterstützt nicht nur Zugewanderte, sondern auch Haupt- und Ehrenamtliche in der Migrationsarbeit: „Allgemeine Fragen lassen sich zügig über bereits in der App verfügbare Informationen beantworten. Beratungsstellen können auf diese Weise entlastet werden“, sagt Kraujuttis.
Dass sie einen deutlichen praktischen Nutzen hat, zeigen diese Beispiele: So fragte eine Lehrerin für eine junge geflüchtete Ukrainerin nach Kontakt- und Anschlussmöglichkeiten in Meppen. Auch Nachfragen, wie und wo ausländische Bildungsabschlüsse anerkannt werden können oder wo eine ausländische Fachkraft seinen Führerschein umschreiben lassen kann, erreichten die Koordinierungsstelle Migration und Teilhabe mit Sitz im Meppener Kreishaus. Die Antworten waren immer in der Integreat-App zu finden.
Die Integreat-App ist im Google-Play-Store und App-Store von Apple verfügbar. Weitere Informationen über die App sind bei der Koordinierungsstelle für Migration und Teilhabe, Ansprechpartnerin Stephanie Abdel-Naby, unter der E-Mail-Adresse integration@emsland.de erhältlich. [jdm/Landkreis Emsland]
Um die Kampagne der Bundesregierung für die Wehrpflicht zu pushen, veröffentlichte die Ems-Zeitung heute einen DPA-„Bericht“, wonach es ein Trend sei, dass bisherige Kriegsdienstverweigerer ihre Verweigerung zurücknehmen würden.
In den Mittelpunkt wird Thomas Hüser gestellt, dessen persönliche Motivation referiert wird. Ein Bundeswehrsprecher wird zitiert, der nicht glaubt, dass dies für Hüser angesichts seines Alters noch praktische Konsequenzen hat. Hüser teilt mit, dass sein Konzernvorstand in der Schweiz ihn dabei unterstütze. Hüser ist Chef der Zinkhütte in Nordenham. Die Zinkhütte gehört zum Glencore-Konzern. Dass dessen Vorstand ihn unterstützt, verwundert nicht. Glencore ist der weltweit größte Rohstoffhändler und betreibt weltweit Bergwerke.
Glencore wird vorgeworfen, in kolumbianischen Kohlebergwerken skrupellos gegen Gewerkschaftsmitglieder vorzugehen. 2008 behauptete ein kolumbianischer Paramilitär, der Gewerkschafter tötete, von Glencore finanzielle Unterstützung zu erhalten. Der Entwicklungsdienst Brot für alle kritisierte die Unternehmensmethoden im Kongo als Raubbau und Ausbeutung der Bergarbeiter. Glencore ist weltweit an Korruption und Steuerhinterziehung beteiligt.
Hüsers Zinkhütte in Nordenham erzeugt Zink und Blei. Beide Rohstoffe sind für die Waffen- und Munitionsherstellung relevant. Und wenn die Bundesregierung plant, fast die Hälfte des Bundeshaushaltes für Waffen auszugeben, möchte der potentielle Zulieferer der Rüstungsindustrie vermutlich gern dabei sein.
Auch die zweite Person im NOZ/DPA-„Bericht“ ist alles andere als ein durchschnittlicher Kriegsdienstverweigerer. Henner Pasch, der Präsident der IHK in Wuppertal, unterstützt gerade politisch ein weiteres Lieblingsprojekt der CDU: die Kampagne zur Denunzierung der Arbeiterklasse als faul. Pasch forderte bei einem Empfang der IHK eine „Agenda der Fleißigen“. Er sagte, der Staat müsse mehr Politik für die Leistungsträger der Gesellschaft machen. Leistungsträger sind natürlich nicht die Arbeiter, sondern die Reichen. Auch eine billige Breitseite gegen den Öffentlichen Dienst darf bei ihm nicht fehlen. Er forderte „mindestens einen Einstellungsstopp“ im öffentlichen Dienst.
Die Kriegs- und antisoziale Politik der Bundesregierung sind dem Herrn Pasch die Pose eines Kämpfers für die Demokratie wert. Wie wichtig er sich selbst einschätzt, lässt sein Zitat erahnen: „Wenn wir angegriffen werden, kann ich mit meiner Führungserfahrung und mit meinen 11.000 Kontakten im Handy helfen.“ [jdm]
Wenn ein Minister notwendige Ausgaben über Darlehen aus dem Infrastrukturfonds bezahlen möchte, wird sein normaler Etat um die entsprechende Summe gekürzt. Mit anderen Worten, Ausgaben des normalen Etats werden über den Infrastrukturfonds finanziert bzw. es wird kein zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt. Der Tagesspiegel spricht hier von einem "Haushaltstrick: Keine Zusätzlichkeit der Investitionen".
Die Ankündigung von Merz, dass mit dem Infrastrukturfonds zusätzliche Mittel zur Verbesserung der Infrastruktur bereitgestellt werden sollen, hat sich damit schon erledigt.
Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 19. Mai 2025 liegt ihr ein Rundschreiben von Finanzstaatssekretär Steffen Meyer an die Fachressorts und obersten Bundesbehörden vor, in dem es heiße, dass die Fachministerien Projekte, die die Ausgaben gegenüber der bisherigen Planung erhöhen oder die Einnahmen verringern, in aller Regel nur dann in Angriff nehmen dürfen, wenn sie dafür an anderer Stelle innerhalb ihres jeweiligen Einzeletats gleich hohe Einsparungen vornehmen. Ziel müsse es sein, alle staatlichen Aufgaben auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen, hieß es in Regierungskreisen. Zudem müssten alle Ressorts in diesem Jahr 0,5 und 2026 zwei Prozent ihrer Stellen streichen. Die Sicherheitsbehörden seien davon ausgenommen.
Zwar geht aus dem Artikel der SZ nicht hervor, ob der Rüstungshaushalt auch davon betroffen ist, aber die Einschränkung bei der Vorgabe für die Stellenstreichungen deutet darauf hin, dass für die Kriegsausgaben diese Einschränkung nicht gelten soll.
Die Grünen hatten für ihre Zustimmung zur Grundgesetzänderung für die Sondervermögen festlegen lassen, dass Ausgaben aus dem Infrastrukturfonds nur getätigt werden dürfen, wenn im Kernhaushalt bereits angemessene Investitionen eingeplant sind.
Wir hatten deshalb eingeschätzt, „das ist nur ein Scheinkompromiss, denn im Kernhaushalt wird es immer irgendwelche Ausgaben für Schulen, Straßen usw. geben. Allein schon die nach Osten geplanten Militärstraßen dürften als Investitionen im Kernhaushalt auftauchen. Die Forderung der Grünen bedeutet also praktisch nichts“.
Und genauso kommt es: außer einer wahnwitzigen Aufrüstung und die damit verbundenen militärisch interessanten Maßnahmen wird es keine zusätzlichen Ausgaben für die Infrastruktur geben, also kein zusätzliches Geld für Krankenhäuser, Klimaschutz, Öffentlichen Nahverkehr, Bildung oder Wohnungsbau. Im Gegenteil: Die Ministerien werden verdonnert, diese dringend benötigten Ausgaben zu kürzen, weil dem Finanzminister schon angesichts der Zinsen für die beschlossenen "Sondervermögen" ganz schummerig wird. [jdm]
Die Ausstellung „Ich wusste, was ich tat” des Studienkreises Deutscher Widerstand zeigt den frühen Widerstand gegen das NS-Regime bis Mitte der 1930er Jahre, aber auch den Kampf für Demokratie und gegen eine völkisch-nationalistische Rechte in der Weimarer Republik.
Sie stellt multimedial dar, wie Menschen sich in der Weimarer Republik und später unter den Bedingungen der Diktatur der NS-Bewegung entgegenstellten. Thomas Altmeyer, Wissenschaftlicher Leiter des Studienkreises, wird die Ausstellung am Sonntag, 18. Mai, um 15 Uhr in der Gedenkstätte Esterwegen, Hinterm Busch 1, eröffnen. [PM Gedenkstätte]
Papenburg-Obenende, Juni 1945. Der Krieg ist zu Ende, und alles hofft darauf, dass es jetzt aufwärts geht. Aber am 9. Juni müssen die Deutschen ihre Häuser räumen, und polnische DPs (Displaced Persons) ziehen ein. Was die Deutschen damals nicht wussten: Es waren ehemalige Zwangsarbeiter, befreite Lager- und KZ-Häftlinge und ehemalige Kriegsgefangene, die nicht nach Hause konnten und daher hier einquartiert wurden. Als sie im Frühjahr 1946 wieder abzogen, wollten die Deutschen diese Episode nach Möglichkeit so schnell wie möglich vergessen.
Nicht nur in Papenburg, sondern im gesamten Emsland wurden nach Kriegsende auf diese Weise deutsche DPs provisorisch untergebracht. In Haren (Ems), das von 1945 bis 1948 vollständig evakuiert und in Maczków umbenannt wurde, existiert seit einigen Jahren ein Dokumentations- und Begegnungszentrum, das dieses vergessene Kapitel emsländischer Geschichte aufarbeitet. Sein Leiter, PD Dr. Rüdiger Ritter, zeichnet anhand der original erhaltenen Chronik der polnischen Lagerschule die Geschichte des Lagers am Papenburger Obenende nach.
Die Veranstaltung der Volkshochschule Papenburg am Do., 22.05.2025, 19.00 - 21.15 Uhr wird in Kooperation mit dem Dokumentationszentrum Haren/Maczków und dem Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager angeboten. Um Anmeldung wird gebeten unter 04961/9223-17. Kurs-Nr.: 25110030P, Gebühr 10 EUR an der Eintrittskasse. [Newsletter DIZ]
Die Gedenkstätte Esterwegen lädt zu den Einweihungen von "Geschichts- und Erinnerungstafeln" in Geeste und Großringe/Neugnadenfeld ein.
Seit Beginn des Schuljahres 2024/25 beschäftigten sich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums an der Vechte in Emlichheim intensiv mit der Geschichte der Emslandlager und konkret dem Lager XV Alexisdorf sowie der Kriegsgräberstätte Großringe/Neugnadenfeld. Während eines Schulprojektes recherchierten sie u.a. zu den historischen Hintergründen und Einzelschicksalen der NS-Opfer, welche ab 1942 auf dem historischen Lagerfriedhof bestattet wurden.
Sie erstellten Informationstafeln, die an die Geschichte der Emslandlager und die Auswirkungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in den Landkreisen Emsland und Grafschaft Bentheim erinnern.
Die Einweihung auf der Kriegsgräberstätte Großringe/Neugnadenfeld (Sportplatzweg, 49824 Ringe).findet am 20. Mai 2025, 14:00 Uhr, statt.
Auch Schülerinnen und Schüler der Geschwister-Scholl-Schule in Geeste beschäftigten sich seit Beginn des Schuljahres 2024/25 intensiv mit der Geschichte der Emslandlager und konkret dem Lager XII Dalum sowie der Kriegsgräberstätte Dalum. Während eines Schulprojektes recherchierten sie u.a. zu den historischen Hintergründen und Einzelschicksalen der NS-Opfer, welche ab 1941 auf dem historischen Lagerfriedhof bestattet wurden. Die Neubeschilderung vermittelt Besucherinnen und Besuchern zusätzliche Informationen zu der Geschichte des historischen Ortes und etabliert die Kriegsgräberstätte als außerschulischen Lernort.
Die Einweihung auf der Kriegsgräberstätte Dalum (Rull 32, 49744 Geeste) findet am 21. Mai 2025, 14:00 Uhr, statt.[PMGedenkstätte Esterwegen]
Ein Teil der beschlagnahmten Waffen bei der Durchsuchung in Wietmarschen/Lohne, Foto: Polizei
Wie die Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim mitteilte, wurde nach umfangreichen Ermittlungen im Zentralen Kriminaldienst der PI Emsland/Grafschaft Bentheim in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Osnabrück am Montag, 05.05.2025, ein privates Wohn- und Gewerbegrundstück in Lohne (Landkreis Grafschaft Bentheim) nach Waffen durchsucht.
Der Eigentümer werde der Gruppe "Vereinte Nation wenea" zugerechnet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufe Mitglieder der Gruppe als Reichsbürger / Selbstverwalter ein und bewerte die "Vereinte Nation wenea" als eine Gruppe, die mittels eigener politischer Strukturen und Institutionen und einem angeblich eigenen Justizwesen das Ziel hat, eine neue Gemeinschaft und Staatsform zu organisieren.
Vor Ort wurde unterhalb einer Gewerbehalle eine ausgestattete Bunkeranlage festgestellt. Darüber hinaus seien zahlreiche Schusswaffen, darunter auch umgebaute Kriegswaffen und vollautomatische Gewehre, gefunden worden. Erhebliche Mengen an Munition wurden beschlagnahmt.
Der 57-jährige Mann, der bislang polizeilich nicht aufgefallen war, wurde wegen mehrerer Verstöße gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz vorläufig festgenommen und am Folgetag einem Haftrichter vorgeführt. Ein Untersuchungshaftbefehl wurde zwar erlassen, aber der Mann wurde gegen eine Meldeauflage freigelassen. [jdm/Foto: Polizei]
Vor 50 Jahren, am 30. April 1975 endete der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der USA gegen Vietnam mit der Eroberung der südvietnamesischen Hauptstadt Saigon durch nordvietnamesische Truppen. Im Krieg hatten die USA mit dem massenweisen Einsatz von Napalm - einer zähflüssigen, klebrigen Masse, die an den Menschen haftete und sie grausam verbrannte - und dem Entlaubungsmittel Agent Orange, mit dem ganze Landstriche vergiftet wurden, großflächig Kriegsverbrechen begangen. Hinzu kamen Massaker an der Zivilbevölkerung, wie in My Lai.
Trotzdem verkauften die USA diesen Krieg als Kampf für Demokratie und Menschenrechte. Trotz der offensichtlichen Verbrechen unterstützten die westlichen Staaten die USA. Und trotzdem werden in US-Actionfilmen bis heute die Verbrecher in US-Uniform als Helden dargestellt.
Jetzt ist der US-Präsident Trump in Saudi-Arabien zu Besuch und hat mit Saudi-Arabien das »größte Abkommen zum Verkauf von Rüstungsgütern der Geschichte« im Wert von fast 142 Milliarden US-Dollar abgeschlossen. In Deutschland hat die Aktie des Rüstungskonzerns Rheinmetall »mit einer Steigerung von weit über 2.000 Prozent eine phänomenale Kursentwicklung vollzogen«, wie Geschäftsführer Armin Papperger auf der Hauptversammlung des Düsseldorfer Rüstungskonzerns frohlockte. Die Aktionäre des mörderischen Konzerns können mit einer Steigerung der Dividende um 42 Prozent rechnen.
Jeder Cent, für den Rüstungs- und Kriegsgüter gekauft werden, muss zuerst von den Arbeitern der Länder erarbeitet werden. Und jede Waffe hat nur einen Zweck: Menschen zu töten. Offizielle Begründung: Sicherheit, Freiheit und Demokratie. Ziele sind Menschen, die sich dem Westen nicht unterwerfen wollen. Das Ziel der Rüstungskonzerne ist die erhöhte Dividende.
Karl Marx beschrieb die Sucht nach Profit so: »Kapital, sagt der Quarterly Reviewer, flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel.« [jdm]
Im Alternativen Zentrum Lingen (AZ) im Falkenheim (Ludwigstraße 42, 49809 Lingen) wird die Buchautorin Renate Dillmann am Freitag, den 16. Mai um 18.30 Uhr ihr Buch "Medien. Macht. Meinung. Auf dem Weg in die Kriegstüchtigkeit" vorstellen.
›Mission‹, ›Operation‹, ›Intervention‹ oder ›Krieg‹? ›Freiheitskämpfer‹ oder ›Terrorist‹? ›Regierung‹ oder ›Regime‹? ›Aggression‹ oder ›Verteidigung‹? Hält die Trennung von Information und Meinung, gehandelt als hohe Schule des Journalismus, einer ernsthaften Prüfung stand?
Renate Dillmann beleuchtet das Selbstbild deutscher Leitmedien – sachliche Information und Kontrolle der Macht – und ihre tatsächlichen Leistungen als ›Vierte Gewalt‹. Und sie fragt: Warum wird Meinungs- und Pressefreiheit in demokratischen Staatswesen garantiert und zugleich beständig eingeschränkt? Wie funktioniert das Dreiecksverhältnis von Presse, Politik und Publikum? [jdm]
Ungewöhnlich viele Menschen fanden sich am Samstag, den 10.05.2025, auf der Begräbnisstätte Esterwegen ein, um des 80. Jahrestags der Befreiung zu gedenken.
Jörg Meinke
Der Sprecher der Deutsch-Niederländischen Initiative 8. Mai,Jörg Meinke, setzte sich in seinen einleitenden Worten damit auseinander, dass vielfach gesagt werde, nach 80 Jahren sei doch mittlerweile alles zum 2. Weltkrieg und der Naziherrschaft gesagt. Er habe den Eindruck, dass alle Lehren, die man aus dem Krieg ziehen könne, vergessen seien. Den Forderungen nach neuer Kriegstüchtigkeit und Hochrüstung setze er das Ideal des Friedens und der Freiheit entgegen. Er halte es mit Bertold Brecht, der gesagt habe: „Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde!“
Um die Erinnerung aufrecht zu erhalten, hätten 1981 Überlebende der Emslandlager gemeinsam mit Rosalinda von Ossietzky-Palm, Tochter des Friedensnobelpreisträgers Carl von Ossietzky, und engagierten Menschen das Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager (DIZ) gegründet. Er freue sich, dass sich dort eine junge Generation der Aufgabe angenommen habe.
Corinna Bittner
Corinna Bittner vom DIZ erinnerte daran, dass mit der Befreiung der Gefangenen aus den Emslandlagern die Hoffnung aufkam, dass ein Deutschland als Gegensatz zum Faschismus aufgebaut werden könne. Doch trotz einer Abgrenzung zum nationalsozialistischen Regime lebten faschistische Vorstellungen, Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus, Sozialchauvinismus, Hass und Diskriminierung weiter und hätten heut wieder Konjunktur. So sehr es zu begrüßen sei, dass die Forderung „Nie wieder“ artikuliert werde, sowenig reiche ihr das, um die Zukunft zu gestalten. Die Forderung artikuliere, was nicht wieder geschehen solle, aber entwerfe keine positive Utopie.
Viele Überlebenden der KZs hätten sich nach der Befreiung sogleich für die Mensche im Lande eingesetzt und organisierten schon im Sommer 1945 die Versorgung mit dem Mindesten. Die Alliierten hielten sich bei der Besetzung von Verwaltungs- und Führungspositionen an die Gegner des Naziregimes, weil die deutschen Verwaltungen kaum arbeitsfähig und zudem diskreditiert waren. So z. B. Peter Waterkotte, der als Folge der haft im KZ Börgermoor erblindet war und 1945 Stadtverordneter und Bürgermeister in Düsseldorf und später Landtagsabgeordneter für die KPD in NRW war. Überall glaubten die Überlebenden an eine bessere Zukunft, aber unter dem Eindruck des kalten Kriegs und dem virulenten Antikommunismus zerstoben diese Hoffnungen. Die Wiederbewaffnung schürte Kriegsängste und das Amnestiegesetz erlaubte zahlreichen Nationalsozialisten in ihre früheren Ämter zurückzukehren. Die selbstkritische Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte setzte nur allmählich ein. Und heute müssten wir feststellen, dass die Reden und Bekenntnisse oft sehr oberflächlich sind.
Es reiche nicht, nur zu wissen, was wir nicht wollen, wir müssten auch eine Idee davon entwickeln, was wir wollen und wie eine empathische und solidarische Gesellschaft aussehen könne.
Geert Bosma
Geert Bosma vom VredesInformatieCentrum Groningen erinnerte an die Feststimmung, die sein Vater als Zwangsarbeiter in Bremen erlebte, als bekannt wurde, dass Hitler sich das Leben genommen habe. Die Menschen hatten die Hoffnung, Raum zu bekommen, um ein besseres Zusammenleben aufzubauen. Heute werde überall des 80. Jahrestags des Kriegsendes gedacht. Doch, wenn Machthaber eine Gedenkveranstaltung leiten, sei es gut, sich über die damit verbundenen Interessen klar zu werden.
Alie Noorlag
Der 8. Mai 1945, der Tag der Kapitulation, habe Befreiung und Neuanfang bedeutet, sagte die niederländische Autorin Drs. Alie Noorlag. Aber für die Menschen, die in Lagern oder auf andere Weise starben, gab es keinen Neuanfang. Sie schilderte beispielhaft das Schicksal der Familie Van der Weij. Die Familie besaß eine Druckerei in Huizum, in der die Widerstandszeitungen Vrij Nederland und Trouw gedruckt wurden. Irgendwann wurden sie verraten und Tiede van der Weij und seine drei Söhne wurden verhaftet. Sie landeten zunächst im Lager Vught. Danach wurden sie getrennt und durchliefen Sachsenhausen, Neuengamme, Engerhafe, Bergen Belsen Groß Rosen und Theresienstadt. Alle vier starben an den Qualen in den Lagern. Die Ehefrau von Tiede hatte ihren Ehemann und drei Söhne verloren und wurde nie wieder glücklich.
Die Kinder der Verschleppten setzten sich mit der Geschichte ihrer Verwandten auseinander und besuchten deren Leidenstätten. 2024 wurde in Leeuwarden eine Gedenktafel zum Gedenken an die ermordeten Mitglieder der Familie Van der Weij enthüllt. Erinnern sei wichtig, denn es gebe ein Sprichwort: Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name nicht mehr erwähnt wird.
Christa Bröcher
Christa Bröcher zeigte sich besorgt über die Geschichtsvergessenheit, über die Umdeutung der Geschichte, die sich europaweit zeige, nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland (zum Redetext). Die Enkelin des Moorsoldaten Toni Melchers engagiert sich bei den „Kindern des Widerstandes-Antifaschismus als Aufgabe“. Die Erfahrungen unserer Eltern und Großeltern im Kampf gegen die Nazis dürften nicht verloren gehen.
Die offizielle Gedenkkultur sei auch eine Geschichte des Vergessens, des Nicht-Erwähnens, des Auslassens von oft unliebsamen Fakten: Das merke man besonders in den Schulen und Jugendorganisationen. Gefragt, welche Konzentrationslager sie kennen, würden die Jugendlichen immer Auschwitz nennen. Manche kennten noch die Namen Buchenwald und Sachsenhausen. Sehr selten würden Ravensbrück oder Mauthausen erwähnt. Die Emslandlager würden nie erwähnt. Die mehr als 1.000 Außenlager, in denen die von den Hauptlagern an die Unternehmen „ausgeliehenen“ Zwangsarbeiter schuften mussten, seien selbst dann nicht bekannt, wenn sie quasi bei ihnen um die Ecke liegen würden.
Kranzniederlegung durch Studierendenschaft der Uni Oldenburg, VVN und DGB, Region Oldenburg
Auf die Frage nach dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus fielen den Jugendlichen die Geschwister Scholl ein und noch der 20. Juli, namentlich Graf Stauffenberg, und mehr nicht. Es gebe kein Wissen über den Arbeiterwiderstand, den Widerstand von Kommunisten und Sozialdemokraten, über die Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 und keine Ahnung über organisierten Widerstand selbst unter den Bedingungen der Konzentrationslager.
Trotzdem wollten die meisten Jugendlichen keinen Schlussstrich unter die Vergangenheit setzen. Es sei Konsens, dass man muss aus der Vergangenheit lernen müsse, um die Gegenwart zu begreifen. Oder wie Simon Wiesenthal, Überlebender von Mauthausen am 7.5.1995 gesagt habe: „Würden wir vergessen, verdrängen oder das Geschehen verfälschen, käme das Gestern unbewältigt immer wieder auf uns zu und würde uns und unsere Nachkommen daran hindern, das Morgen richtig und menschenwürdig zu gestalten.“
Kutlu Yurtseven und Yoram Bejarano
Den Schlusspunkt der Veranstaltung setzten Kutlu Yurtseven und Yoram Bejarano mit einem kleinen Rap-Konzert. Yurtseven vermutete, dass 80 % der Anwesenden vermutlich nie geglaubt hätten, dass sie mal auf ein Rap-Konzert gehen. Die beiden trugen ihre Stücke mit antirassistischen Texten mit großer Spielfreude und einer guten Laune vor, die ansteckend wirkte und eine optimistische Stimmung verbreitete. Jörg Meinke schloss die Versammlung mit den Worten, dass solche guten Veranstaltungen, auf denen man merke, dass man im Kampf gegen Aufrüstung und gesellschaftlichen Rückschritt nicht allein sei, ihn immer wieder vor einem Pessimismus bewahren würden. [jdm]
Die Berliner Polizei hat Mitarbeiter der in Berlin erscheinenden überregionalen Tageszeitung "junge Welt" am 8. Mai daran gehindert, mit Zeitungen das Gelände des Sowjetischen Ehrenmals im Treptower Park zu betreten. Die Zeitungen sollten dort verteilt werden.
Die Polizei begründete ihr Vorgehen mit einer Allgemeinverfügung, die für den 8. und 9. Mai rund um die drei Sowjetischen Ehrenmale der Hauptstadt das Zeigen sowjetischer Fahnen und Symbole verbietet. Auf der Titelseite der jungen Welt zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus ist unter der Überschrift „Hitler kaputt“ hinter einem Bild von feiernden Menschen zu Kriegsende in Moskau ein rotes Banner mit Hammer und Sichel abgebildet.
„Es ist ein Akt der Zensur und Angriff auf die Pressefreiheit, dass die polizeiliche Allgemeinverfügung zum Verbot der Symbole der sowjetischen Sieger über den Nazifaschismus nun auch noch dazu verwendet wird, die junge Welt vom Sowjetischen Ehrenmal in Treptow fern zu halten“, kritisiert jW-Chefredakteur Nick Brauns das Vorgehen der Polizei. Brauns weiter:
„Als marxistisch und antifaschistisch orientierte Tageszeitung ist die junge Welt der historischen Wahrheit verpflichtet. Mit der Abbildung des roten Banners mit Hammer und Sichel auf dem Titel der Ausgabe vom 8.Mai wird der entscheidende Anteil der Roten Armee an der Befreiung Deutschlands vom Faschismus gewürdigt. Das polizeiliche Verbot, am 8. und 9. Mai an den Sowjetischen Ehrenmalen die Symbole der sowjetischen Befreier zu zeigen, erscheint dagegen als Versuch, die Geschichte umzuschreiben.“ [PM]
Die AFD wurde vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Die arbeiterfeindliche, neoliberale Politik der AFD, die sich um Arme und andere Opfer des kapitalistischen Systems nicht schert, ist aber nicht der Grund für das Verdikt. Dieses Politikverständnis teilt die Partei ja auch mit der CDU und mittlerweile der SPD.
Grund ist ausschließlich deren völkisches Weltbild und Politikverständnis. Und festgestellt hat dies eine Behörde, die sich - gegründet von Alt-Nazis - in der Vergangenheit und auch heute noch hauptsächlich damit beschäftigt, Linke, Sozialisten und Kommunisten zu bespitzeln.
Bei der NSU-Affäre wurde offensichtlich, dass sie Neo-Nazis durch ein Spitzelsystem eher unterstützt als etwas aufzudecken. Zumindest war das Verfassungsgericht beim NPD- Verbotsverfahren der Ansicht, dass sich da personell einiges überschnitten hatte.
Wenn linke und liberale Kreise jetzt wegen der Einstufung der AFD als rechtsextremistisch jubeln und daraus die Verbotsforderung für die AFD ableiten, vergessen sie, dass staatliche Repressionen, egal wie sie begründet werden, letztlich gegen die Linke eingesetzt werden. Kritiker der Kriegspolitik der Nato oder der Palästinapolitik oder Klimaschützer werden jetzt schon mit Berufsverboten und Auftrittsverboten verfolgt.
Wer einer Behörde wie dem Verfassungsschutz die Kompetenz zubilligt, zu entscheiden, wer der Verfassung feindlich gesinnt ist und ihr auch erlaubt, mit geheimdienstlichen Mitteln eine Partei zu bekämpfen, hat kein Argument mehr, wenn dieser Dienst sich gegen demokratische linke Organisationen wendet.
Die AFD muss politisch bekämpft werden. Nicht nur ihrem völkischen Gebaren muss politischer Widerstand entgegen gesetzt werden, sondern auch ihrer arbeiterfeindlichen, frauenfeindlichen, militaristischen (trotz Ablehnung der Kriegseskalation in der Ukraine) und antidemokratischen Politik, die sie ja zum nicht geringen Teil mit den beiden zukünftigen Regierungsparteien teilt. Wenn man sich bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus auf den Obrigkeitsstaat verlässt, stützt man genau das, was man eigentlich verhindern möchte. [jdm]
Vor fast 30 Jahren, genauer im Frühjahr 1996, erlebte der von Paul Meyer und Rudolf Kersting produzierte 73-minütige Dokumentarfilm "Der Hauptmann von Muffrika" seine Erstpräsentation in Niedersachsen im großen Saal des Kinocenters in Papenburg. Aufgrund der großen Resonanz kurzfristig für zwei Wochen ins Kinoprogamm aufgenommen, sahen seinerzeit 1.500 Besucher:innen den Film.
Am 8. Mai 2025, am Tag der Befreiung und des Endes des 2. Weltkriegs, zeigt das Kino Papenburg diesen Film erneut im Rahmen einer Sondervorstellung und in Anwesenheit von Paul Meyer.
"Der mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Dokumentarfilm zeichnet anhand von Zeitzeugenberichten und Archivrecherchen die Geschichte von Willi Herold nach, der als "Henker vom Emsland" bekannt wurde. In den Wirren der letzten Kriegswochen des Jahres 1945 verlor der 19-jährige Gefreite bei Rückzugsgefechten den Anschluss an seine Einheit. Als er eine Hauptmannsuniform fand, "verwandelte" er sich mit ihr in einen Offizier und sammelte andere versprengte Soldaten um sich, aus denen Herold, angeblich vom "Führer" persönlich bevollmächtigt, eine neue Einheit bildete, die nun marodierend durchs Emsland zog. Ihren willkürlichen Hinrichtungen fielen mindestens 125 Menschen zum Opfer." (https://kino-papenburg.de/)
Karten können zum Preis von 8,00 € pro Ticket ("Preis inkl. aller Gebühren. Online günstiger als vor Ort") online auf https://kino-papenburg.de/ und an der Abendkasse erworben werden. [PM]
Etwa die Hälfte der SPD-Mitglieder stimmte für den Koalitionsvertrag. Wie bei der CDU kann man hier beobachten, dass auch die SPD keineswegs „zur politischen Willensbildung“ beiträgt, sondern sie fast ausschließlich dazu dient, Parteimitglieder ökonomisch auskömmliche politische Posten besetzen zu lassen. Mit der Parteiprogrammatik hatte die Abstimmung über den Koalitionsvertrag nichts zu tun.
Wer diesen gelesen hat (aber wer hat das schon?), wird feststellen, dass der Vertrag in seiner Gesamtheit nur Politikerprosa ohne Inhalt enthält. Für alles, was strittig sein könnte, oder wo man dem Bürger lieber nicht sagen möchte, was man vor hat, werden Kommissionen und Arbeitsgruppen eingesetzt, es wird geprüft, es werden Machbarkeitsstudien aufgelegt usw.
Nur wenige Dinge wurden tatsächlich fest vereinbart und die dürften mit einer sozialdemokratischen Programmatik nichts zu tun haben:
Die Körperschaftssteuer wird gesenkt. Wissenschaftler haben ausgerechnet, dass dies den 1% der Reichsten in Deutschland zugute kommt.
Der Achtstundentag soll abgeschafft werden
Die Lebensarbeitszeit soll verlängert werden.
Bürgergeldempfänger sollen gezwungen werden, jede Arbeit anzunehmen (was das Verfassungsgericht schon als verfassungswidrig bezeichnet hat) und Freibeträge für Vermögen werden gesenkt. Ziel ist es, dass die soziale Absicherung bei Arbeitslosigkeit für jeden, der sich etwas erspart hat, praktisch nicht mehr existent ist. Arbeitgeber können jeden Arbeiter, der nicht pariert, ins soziale Aus stoßen. Typische sozialdemokratische Politik?
Peinlich: Für die Kulturelle Teilhabe bekommen Kinder von Bürgergeldempfängern 5 € mehr. Lächerlich wenig! Und warum werden die 5 € nicht einfach mit dem Regelsatz ausgezahlt, statt eine eigene Bürokratie dafür am Laufen zu halten? Warum wohl? Es geht um das prinzipielle Pisacken von Arbeitslosen, damit jeder Arbeiter weiß: Nicht aufmucken, Klappe halten!
Migranten sollen mit allen Mitteln gepiesackt werden: weniger Geld, Abschiebungen, Bezahlkarte, kein Familiennachzug.
Ein Fonds für eine Aktienrente (Frühstartrente).
Mütter bekommen pro Kind 20 € mehr Rente.
Neue Selbständige sollen in Rentenversicherung einbezogen werden.
Nur die letzten beiden kleinen Punkte sind gut für einen Normalbürger. Der Rest ist gegen 99 % der Bevölkerung gerichtet und nur gut für das obere 1%.
Die Wahnsinnsaufrüstung erwähnen wir hier nicht, denn die ist zwar beabsichtigt, doch der Koalitionsvertrag gibt dazu nichts Konkretes her. Sobald Rheinmetall und Konsorten ihre Wunschliste geliefert haben, wird diese Bestandteil der Regierungspolitik sein. [jdm]
In diesem Jahr begehen wir den 80. Jahrestag der Befreiung von der Herrschaft des deutschen Faschismus. In langer Tradition lädt die Deutsch-Niederländische Initiative 8. Mai auch in diesem Jahr zu einer Internationalen Kundgebung auf der "Begräbnisstätte Esterwegen" ein. Sie findet am Samstag den 10. Mai um 15 Uhr statt.
Musikalisch wird die Kundgebung von (Joram) Bejarano & Microphone Mafia (Kutlu Yurtseven) unterstützt werden, die ja am nächsten Tag in Leer einen Auftritt im Zollhaus haben.
RednerInnen auf der Kundgebung sind Corinna Bittner, Vorstandsmitglied des DIZ Papenburg, Drs. Alie Noorlag, Autorin, und Christa Bröcher, Enkelin eines Moorsoldaten. [jdm]
Zu einer Lesung von Kutlu Yurtseven mit Musik, Videos und Bildern lädt das Informations- und Dokumentationszentrum Papenburg am Sonntag, 11.05.2025, um 19 Uhr in das Zollhaus Leer ein.
Kutlu Yurtseven, Bandmitglied von MICROPHONE MAFIA , ist Musiker, Lehrer, Sozialarbeiter, Schauspieler, Autor und Erinnerungsarbeiter aus Köln. Er gehört mit seiner Gruppe zu den ältesten aktiven HipHop-Künstlern in Deutschland. Die Texte und Musik machen Mut, sich gegen Rassismus und Krieg auszusprechen. Aufgewachsen im Schatten der Ford-Werke, würdigen die Texte die erste Generation der Arbeitsmigranten, die „alles gaben“. Stets stand Kutlu mit seinen Freunden für das Selbstbewusstsein des HipHop, das nicht nach dem Lebenslauf fragte. Neben unbeschwerten Stücken prägen die rassistischen Brandanschläge der 1990er Jahre das Programm. Das NSU-Attentat in der Keupstraße erfuhr Kutlu aus unmittelbarer Nähe – ein Grund für ihn, sich auch jenseits seiner Musik zu positionieren.
Das DIZ Emslandlager organisiert seit den 1980er Jahren Ausstellungen, Vorträge, Seminare und Workshops mit den unterschiedlichsten Gruppen zu den Emslandlagern und der regionalen Erinnerungskultur. Dieses Programm wird im Rahmen des Jubiläumsjahres „80 Jahre Befreiung – 40 Jahre DIZ“ präsentiert. Die Veranstaltung wird freundlich unterstützt und gefördert von der OLB-Stiftung.