Zivilschutz in einer erdnahen Umlaufbahn

Screenshot Loriot-Sketch "Der K 2000"
Loriot Sketch "Der K 2000"

Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) plädierte laut NOZ für einen stärkeren Schutz der Zivilbevölkerung in Deutschland. Dies müsse schnell angegangen werden, „weil natürlich der Schutz der Bevölkerung, der Zivilschutz, immer die Kehrseite einer militärischen Bedrohung und der Verteidigungsfähigkeit ist“, sagte der SPD-Politiker. Damit liegt er voll auf seinem Kurs, Deutschland „kriegstüchtig“ zu machen und durch einen Krieg gegen Russland den nächsten Weltkrieg anzuzetteln.

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, André Berghegger, hörte dies und forderte prompt bessere Vorkehrungen zum Schutz der Bevölkerung im Fall eines militärischen Konflikts, darunter mehr Bunker. „Jetzt kommt es nicht nur darauf an, die Bundeswehr verteidigungsfähig zu machen. Es geht ganz allgemein um den Schutz der Bevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren.“

Mit dem Ende des Kalten Krieges wurden in den 1990er Jahren die vorhandenen Bunker allesamt diesem Zweck entwidmet, abgebaut oder anderen Zwecken zugeführt. Für die Friedensbewegung war dies schon lange eine Forderung. Denn die Existenz solcher Bunker stellt keinen realen Schutz für die Bevölkerung im Kriegsfall dar, sondern bietet nur eine Scheinsicherheit, die zu einer friedensgefährdenden Politik führen könnte.

Der Spiegel schrieb in einem Artikel 2016 „Die Friedensbewegung zog die Bemühungen durch den Kakao: "Tierschutz ist für alle Tiere, Zivilschutz ist für die Katz."… Pläne hatten die Behörden schon: Mindestens zwei Wochen sollten die Überlebenden eines Atomschlages im Bunker ausharren, dann zurück an die Oberfläche und mit Bussen aus der Gefahrenzone gebracht werden. … Wer hätte da eigentlich wohin fahren sollen? Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges gingen Militärstrategen davon aus, dass die Großmächte über das atomare Arsenal verfügen, die Erde mehrfach komplett unbewohnbar zu machen; Schätzungen divergierten zwischen 20 und 80 Mal. Man nannte das Nuclear Overkill - das Amtsdeutsch fand für diesen Irrsinn gewohnt elegant den Begriff "Mehrfachvernichtungskapazität".

Schon in seinem Sketch „Der K 2000“ von 1980 macht sich Loriot über diese Scheinsicherheit eines Bunkers lustig. Im Sketch preist ein Dr. Rosenheim den Luftschutzbunker K 2000 in Kompaktbauweise einer Reporterin an. Da heißt es, diese kompakte Bauweise „erhöht die Stabilität und das bedeutet Sicherheit und Selbstvertrauen für die kritischen Wochen.“ Die Belastbarkeit des Bunkers sei praktisch unbegrenzt. Durch einen nuklearen Volltreffer werde er allenfalls in eine ruhige erdnahe Umlaufbahn katapultiert. Man könne den Schutzraum nach einer sportlichen Landung nach etwa 20 Jahren wieder verlassen, wenn das Umfeld strahlenfrei sei.

Der so genannte Zivilschutz mit dem Bunkerbau ist allein schon wegen der vielen Menschen, die geschützt werden müssten, eine nicht lösbare Aufgabe. Auch wenn es nicht zu einem Atombombenabwurf käme, kann Deutschland allein schon wegen der Dichte der atomaren und chemisch-technischen oder biologischen Industrieanlagen in einem Krieg nicht vor einer flächendeckenden Verseuchung des Landes geschützt werden.

Auch einem Pistorius dürfte klar sein, dass der Zivilschutz nur eine Augenwischerei ist und nichts mit einer tatsächlichen Sicherheit für die Bevölkerung zu tun hat.

Aber ähnlich wie seine Kampagne für die Wiedereinführung der Wehrpflicht, wie die täglichen Warnungen vor Cyberangriffen, Desinformation, Ausspähung und Sabotageakten oder die jetzt schon jahrelange Kampagne gegen eine angebliche Unterfinanzierung der Bundeswehr soll diese plötzliche Entdeckung des Schutzes der Zivilbevölkerung die allgemeine Militarisierung unseres Landes fördern und die massenhafte Zustimmung für Pistorius’ Kriegsprogramm organisieren. Den 2. Weltkrieg bereitete Hitler in den 1930er Jahren auch mit solchen Kampagnen für den Zivilschutz und auf militärischer Ebene mit der Propaganda für den Westwall vor. Ob Pistorius tatsächlich feuchte Träume von sich als Kriegsherr hat, oder ob es ihm „nur“ darum geht, der Rüstungsindustrie ihre jetzigen Supergewinne zu bescheren und zu sichern, weiß man nicht.

Aber sicher ist, dass der einzige wirksame Zivilschutz die Abwesenheit von Krieg ist. Und dies kann nur durch kontrollierte Abrüstung, Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen und Stopp jedweder Eskalation erreicht werden. [jdm]

Sozialer Wohnungsbau in Singapur

Bis 1990 gab es in Deutschland viele gemeinnützige Wohnbaugesellschaften. Eine der größten war die gewerkschaftseigene Neue Heimat. In den meisten Großstädten gab es zudem städtische Gesellschaften, die einen großen Teil der Mietwohnungen für die Bevölkerung zur Verfügung stellten.

Der Staat hatte gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften Steuervorteile gewährt, was diesen Gesellschaften ihre starke Stellung auf dem Wohnungsmarkt sicherte und damit auch ein großes Angebot an günstigem Wohnraum.

Erst die Abschaffung der Steuerprivilegien für gemeinnützige Wohnungsunternehmen 1990 durch die Regierung Kohl hat die jetzigen Immobiliengroßkonzerne möglich gemacht. Hinzu kamen die Stadt- und Landesregierungen im ganzen Land, die die Wohnungen in öffentlichem Besitz für miserabel niedrige Preise an diese Konzerne verscherbelten. Verbleibende kommunale Wohnungsgesellschaften wurden unter den Druck gesetzt, Profite wie die neuen Konzerne erwirtschaften zu müssen.

Damit entwickelte sich die heutige Wohnungsnot. Ein untaugliches Gegenmittel des Staates war der "Soziale Wohnungsbau". Dabei handelt es sich um ein Subventionsprogramm für Wohnungsbaukonzerne. Sie müssen sich verpflichten, für ihre staatlich geförderten Wohnungen für einen bestimmten Zeitraum, z. B. 10 Jahre, Mietobergrenzen zu akzeptieren. Danach können sie diese Wohnungen zu normalen Marktpreisen vermieten oder auch verkaufen. Aus "Sozialwohnungen" sind dann wieder Spekulationsobjekte geworden.

Der Deutschlandfunk berichtete am Sonntag in der Sendung "Sonntagsspaziergang" über den Sozialen Wohnungsbau in Singapur. Hier besitzen heute fast 80 Prozent der Singapurer ihre Wohnungen. In diesem Stadtstaat an der Südspitze Malaysias von der Größe Hamburgs mit einer dreimal so großen Bevölkerung hat der Staat rechtzeitig die Bauflächen gekauft und für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt. Die Wohnungen werden in Erbpacht an die Bevölkerung verkauft, wobei dieser Kauf durch staatliche Subventionierung für untere und mittlere Einkommen erschwinglich gemacht wird. Bei der Bauweise handelt es sich um eine flexible Fertigbauweise, die die Kosten in Grenzen hält. Verschiedene Regelungen verhindern eine Spekulation mit diesen Wohnungen. Zudem wird durch die Vergabepraxis sichergestellt, dass keine Armen- oder Reichenghettos entstehen können. Und die drei Ethnien Malaysier, Chinesen und Inder leben Seite an Seite in den Wohnblöcken. [jdm]

Franziskus zu Ukraine-Krieg: „Schämt euch nicht, zu verhandeln“

Der Papst ruft zum Frieden auf: "Verhandlungen sind nie eine Kapitulation. Es ist der Mut, das Land nicht in den Selbstmord zu treiben". Für die Blöd-Zeitung ist das tatsächlich gesprochene Wort nicht maßgebend. Deshalb lautet deren Überschrift auch "Eure Scheinheiligkeit" und die Bildunterschrift "Fordert die Ukraine auf, vor Putin zu kapitulieren: Papst Franziskus!"

Auf Vatican News wird dieser Teil des Interviews mit dem Schweizerischen Sender RSI so zusammengefasst: "'Früher oder später, das lehre auch die Geschichte, müsse es letztlich zu einer Einigung kommen, zeigt der Papst sich überzeugt. Dies gelte auch für den Krieg in der Ukraine, wo Stimmen lauter werden, den Mut für ein Hissen der Weißen Fahne aufzubringen, während andere darin eine Legitimierung des Stärkeren sehen: „Das ist eine Interpretationsweise“, räumt Franziskus ein. „Aber ich denke, dass der stärker ist, der die Situation erkennt, der an das Volk denkt und den Mut hat, die weiße Flagge zu schwenken und zu verhandeln. Und heute kann man mit Hilfe der internationalen Mächte verhandeln. Das Wort ,verhandeln‘ ist ein mutiges Wort. Wenn du siehst, dass du besiegt wirst, dass die Dinge nicht gut laufen, habt den Mut, zu verhandeln. Du schämst dich, aber wenn du so weitermachst, wie viele Tote wird es dann geben? Verhandele rechtzeitig, suche ein Land, das vermittelt. Heute, zum Beispiel im Krieg in der Ukraine, gibt es viele, die vermitteln wollen. Die Türkei zum Beispiel… Schämt euch nicht, zu verhandeln, bevor es noch schlimmer wird“``.

Es gebe letztlich immer diejenigen, die am Krieg verdienten, so Franziskus auch mit Blick auf Staatsoberhäupter, die nur dem Schein nach Frieden wollten, von Verteidigung sprächen: „Es mag ein Krieg sein, der aus praktischen Gründen gerecht erscheint. Aber hinter einem Krieg steht die Rüstungsindustrie, und das bedeutet Geld…“ [jdm]

Trotz Scholz‘ Absage an Taurus: Militärs diskutieren den direkten Kriegseintritt

Am Freitag hat der russische Sender RT ein abgehörtes Telefonat von vier Luftwaffenoffizieren veröffentlicht, in dem diese beraten, wie man bei einem Tauruseinsatz, also dem der deutschen Cruise Missile, verschleiern könne, dass die Waffe von deutschen Soldaten mit Daten gefüttert und gelenkt wird.

Kanzler Scholz hatte zuvor eine Lieferung von Taurus-Lenkwaffen an die Ukraine ausgeschlossen mit dem Argument, Deutschland könne dann von Russland als Kriegsteilnehmer wahrgenommen werden. Das könne eine Eskalation des Konflikts mit nicht kalkulierbaren Konsequenzen auslösen. Am Anfang der Woche hatte Scholz mit der Bemerkung "Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung von seiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden." deutlich gemacht, dass Frankreich und Großbritannien mit den Marschflugkörpern »Storm Shadow« bzw. »SCALP« schon selbst mit eigenem Personal am Krieg beteiligt sind.

In dem geleakten Telefonat geht es den Offizieren darum, wie sie eine Anfrage des Kriegsministers Pistorius, wie ein Tauruseinsatz doch vonstatten gehen könne, beantworten sollen. Es geht also darum, wie eine Tauruslieferung trotz der Absage von Scholz ermöglicht werden kann. Die Offiziere sind hin- und hergerissen, weil sie eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ohne die ausgebildeten deutschen Soldaten als Verschleuderung von gutem und knappen Material betrachten. Sie überlegen deshalb z. B. ob man die erforderlichen Daten nicht per Auto in Polen übergeben könne, damit niemand etwas vom deutschen Kampfbeitrag bemerkt. Die Offiziere überlegen also, den deutschen direkten Kriegsbeitrag nicht nur vor dem Kriegsgegner Russland geheim zu halten, sondern auch die deutschen Bürger zu hintergehen, indem sie ihnen verheimlichen, dass Deutschland direkt in den Krieg miteintritt.

Die deutsche Presse berichtet über diesen Aspekt der Eskalation praktisch nicht. Es wird lediglich skandalisiert, dass es dem russischen Geheimdienst gelungen ist, das Gespräch abzuhören. Pistorius wird zitiert, der davor warnt, Russland habe das Telefonat nur veröffentlicht, um "unsere Innenpolitik auseinanderzutreiben". Nun bezweifelt niemand, dass Russland damit eigene Absichten verfolgt. Aber es ist ebenso unzweifelhaft, dass dieses Telefonat so stattgefunden hat und dass die deutschen Militärs dabei sind, Deutschland in eine direkte Konfrontation mit Russland zu treiben. Das ist das Gegenteil von Deeskalation. Regierung und das deutsche Militär wollen direkt in den Krieg einsteigen, so dass die Absage von Tauruslieferungen durch Scholz nur noch als eine zeitlich begrenzte taktische Aussage zu betrachten ist. Und die deutsche Presse versucht mit ihren Räuberpistolen über das Abhören selbst das Ablenkungsmanöver von Pistorius voll mitzuspielen.

Und dass Scholz mit seiner Nebenbemerkung praktisch offiziell gemacht hat, dass Frankreich und Großbritannien den Schritt zu eigenständigen Kriegshandlungen gegen Russland bereits gemacht haben, wird auch nicht inhaltlich als heimlicher Kriegeintritt betrachtet, sondern da berichtet man lieber darüber, dass englische Politiker sich über mangelnde Vertraulichkeit beschweren. Denn davon sollten weder Russland noch die britischen Wähler etwas erfahren. Die sollen später nur die Konsequenzen tragen. [jdm]

Zwei Jahre Krieg sind zwei Jahre zu viel – Verhandeln, statt Waffen liefern

Am 24. Februar 2022 begann Russland den Krieg gegen die Ukraine. Das ist eine Tatsache. Dennoch sträubt sich in mir alles, diesen Satz so absolut stehen zu lassen, weil damit die gesamte Vorgeschichte, in der Russland mit allen Mitteln der Nato zu diesem Überfall provoziert wurde, außen vor gelassen wird. Und die Nato, unsere Regierung und unsere Zeitungen ignorieren nicht nur, sondern bekämpfen jede Erinnerung an die jahrelange Vorgeschichte des Krieges.

Das ist nicht nur einfach unehrlich, sondern verhindert vor allem, einen Weg zu finden, um den Krieg zu beenden. Und nur das ist von Interesse; es ist nicht interessant, wer wann recht hatte oder nicht, sondern es geht darum, das Töten zu beenden. Es schält sich immer mehr heraus, dass gerade die deutsche Regierung weltweit das größte Interesse zu haben scheint, den Krieg um eine möglichst lange Zeit zu verlängern. Und in Deutschland wird im Zusammenhang mit der Lieferung der Taurus-Marschflugkörper intensiv darüber gesprochen, wie man den Krieg nach Russland hineintragen kann und damit auch Deutschland als direkt Kriegsbeteiligten in den Krieg hineinziehen kann. In den USA greift dagegen nicht nur bei den rechtslastigen Republikanern die Unlust am Krieg in der Ukraine um sich. Kein europäisches Land ist dermaßen erpicht darauf, jederzeit Öl ins Feuer des Krieges zu gießen, wie Deutschland. Dabei sind die deutschen Kriegsziele unklar: Geht es um eine Revanche für Stalingrad? Geht es um die Profite der Rüstungskonzerne? Geht es um die Hoffnung auf eine militärische Vormachtstellung Deutschlands in Europa?

Und was bekommt Deutschland dafür? Sozialabbau, Preissteigerungen und eine Deindustrialisierung Deutschlands!

Worum es ganz sicher nicht geht: Um die Verteidigung der Demokratie in der Ukraine kann es nicht gehen, denn dort ist die Demokratie abgeschafft. Oppositionsparteien und unabhängige Medien sind verboten; die Korruption ist sozusagen staatstragend. Um den Erhalt der Wirtschaft in der Ukraine geht es auch nicht: das Ackerland des Landes gehört mittlerweile zum großen Teil den US-Agrarkonzernen, das ganze (geliehene) Geld wird in den Aufbau einer Rüstungsindustrie gesteckt, die zivile Produktion ist zusammengebrochen. Um das gute Leben der Menschen geht es auch nicht: eine ganze Generation von jungen Männern wird dem Tod überliefert. Wer Beine hat zum Laufen, statt zum Verkrüppeltwerden, hat das Land verlassen. Schon vor dem Krieg gab es eine massenweise Emigration. Aus einen 50-Mio.-Menschen-Land ist ein 30 Mio.-Menschen-Land geworden.

Hätte man den Krieg denn beenden können? Ja, denn im Frühjahr 2022 gab es Ergebnisse bei den Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine, die Sicherheitsgarantien gegenüber Russland vorsahen, wie z. B. die Neutralität der Ukraine. Darüber gibt es Berichte von beteiligten israelischen Politikern. Aber auf Geheiß der USA und Großbritanniens wurden diese Verhandlungen von der Ukraine abgebrochen.

Hallo-Wippingen hat am 24.02.2022 über den Krieg unter der Überschrift "Stoppt die Logik des Krieges – Keine Sanktionen, sondern Abrüstung" geschrieben. In einem Brief an einen Leser, der sich über unseren Artikel vom 17.04.2022 geärgert hatte, schrieben wir: "Jede Waffenlieferung an die Ukraine mag ihrer Moral Genugtuung verschaffen, aber das Elend in der Ukraine wird dadurch weder beendet noch verringert, sondern vertieft und verlängert. Friedensverhandlungen finden immer zwischen Feinden statt, nie zwischen Freunden. In Friedensverhandlungen werden nie Freundlichkeiten ausgetauscht, sondern es wird über Interessen gesprochen.
Ein Frieden ist im Interesse der Menschen in der Ukraine, denen es nicht hilft, wenn sich militärische Helden feiern lassen können, aber ihre Angehörigen tot sind und ihre Dörfer und Städte zerstört sind. Um verhandeln zu können, muss man sich mit den Interessen des Anderen auseinander setzen. Sonst kann man es sein lassen und dem Zerstörungswerk seinen Lauf lassen." Die Waffenlieferungen in diesen zwei Jahren haben nichts besser gemacht, sondern nur die absehbaren Opfer gekostet. [jdm]

Nato und EU: Krieg, Krieg, Krieg

Das Handelsblatt berichtet laut IMI über Pläne der NATO noch stärker ins ukrainische Kriegsgeschehen involviert zu werden: „In der Nato werden offenbar Pläne vorangetrieben, die Koordinierung der Waffenlieferungen für die Ukraine zu übernehmen. […] Die Nato hat seit dem russischen Angriff auf die Ukraine großen Wert daraufgelegt, dass es sich bei den Waffenlieferungen an die Ukraine um souveräne Entscheidungen der einzelnen Mitgliedstaaten handele – und diese kein Programm der Allianz seien.“

Es wird weiter eskaliert. Die NATO überlegt an keiner Stelle, wie man den Krieg beenden kann, sondern nur wie der Krieg ausgeweitet werden kann.

Unterdessen ist aus Deutschland die Fregatte Hessen ins Rote Meer ausgelaufen. Sie soll Im Rahmen der EU-Mission Aspides Handelsschiffe vor Angriffen der Huthi-Milizen aus dem Jemen schützen. Hier geht es darum, einen internationalen Handelsweg weit weg von Deutschland und wo Deutschland keine territorialen Rechte hat notfalls frei zu schießen. Denkbar wäre ja auch, mit den Huthi zu sprechen und auf Friedenslösungen in der Region zu dringen. Stattdessen wird die gebeutelte Nahostregion jetzt wieder mal mit europäischen Waffen und Kriegsschiffen "befriedet".

Immerhin plant die EU im Unterschied zu den USA und Großbritannien noch nicht, dass die europäischen Kriegsschiffe Ziele im Irak und Iran, sowie Raketenstellungen an Land angreifen.

By the way: Nachdem deutsche Militärs aus den Ländern der Sahelzone herausgeworfen wurden, versucht man jetzt dasselbe in Mauretanien. Wie die FAZ berichtet unterstützen die EU und Spanien das Land, das zu den ärmsten der Welt zählt, mit insgesamt rund 500 Millionen Euro. 210 Millionen kommen von der EU-Kommission und 300 Millionen von Spanien. Es handelt sich um Finanzhilfen und Kredite, um den Grenzschutz zu verbessern und das Land zu entwickeln. Wieder geht es darum, die Armut eines Landes zu instrumentalisieren und es zu militarisieren, damit es Flüchtlinge nicht in Richtung Europa laufen lässt. Und sicher ist, dass die selbstsüchtigen Motive für diese Art von Hilfe für Länder des Südens in den Ländern des Südens durchaus erkannt werden und im Kontext mit Europas Kriegen das Ansehen in der Welt nicht gerade mehren. [jdm]

Putin-Interview hier zum Nachlesen

Tucker Carlson beim Putin-Interview

Bundeskanzler Scholz erzählt jetzt jedem in den USA, dass er das Geld des deutschen Staates, das dieser nicht hat, für das Anheizen des Krieges in der Ukraine verschleudert, um die dortigen Politiker zu einer ebensolchen Dummheit zu überreden. Bisher haben die USA den Krieg in der Ukraine mit viel Geld gefüttert – allerdings im Gegensatz zu Deutschland und der EU nicht als Geschenk, sondern lediglich als Darlehen, was ihnen nach dem Krieg praktisch die Übernahme der Ukraine erlaubt.

Dass die USA aus der Finanzierung aussteigen wollen, ist noch nicht ausgemacht. Aber womöglich kommt es der US-Regierung ganz gelegen, dass die Republikaner sich in dieser Frage quer stellen.

Putin beim Interview

Derweil erklärt Russlands Präsident im Interview mit Tucker Carlson, dass er jederzeit bereit ist, zu verhandeln. Allerdings müsse die Initiative jetzt von der ukrainischen Regierung, bzw. ihren Finanziers in den USA und der EU ausgehen, weil alle bisherigen Verhandlungen von der Gegenseite abgebrochen worden seien und bisherige Verhandlungsergebnisse von der Gegenseite ignoriert worden seien. Den vom Westen als Ziel ausgegebenen Sieg über Russland werde es jedenfalls nicht geben.

Putin hat nach seinem Verständnis nicht Ende Februar 2022 einen Krieg gegen die Ukraine begonnen, sondern zu dem Zeitpunkt damit begonnen, den Krieg der ukrainischen Regierung gegen die russischsprachige Bevölkerung im Osten des Landes zu beenden. Für ihn hat der Krieg eher den Charakter eines Bürgerkriegs, den der Westen durch seinen Einfluss auf ukrainische Akteure aktiv provoziert hat.

Kein Bericht über das Interview von Tucker Carlson mit dem russischen Präsidenten Putin kommt ohne einen Hinweis aus, Carlson als Verschwörungstheoretiker zu bezeichnen. Und es wird ihm vorgeworfen, ein Gefälligkeitsinterview mit Putin geführt zu haben. Das ist angesichts der Interview-Praxis des deutschen Fernsehens ein geradezu putziger Vorwurf, da ARD und ZDF überhaupt keine andere Interviewform mehr kennen.

In den USA wird Carlson jetzt als Verräter gehandelt, dem man die Bürgerrechte entziehen müsse oder den man als Spion verurteilen müsse. Wie die USA und ihre Vasallen mittlerweile mit der Meinungsfreiheit umgehen, ist seit der Anklage gegen Julian Assange bekannt. Auch in Europa gibt es Rufe, Carlson die Einreise zu verweigern.

Carlson ist ein erzkonservativer Journalist, der einen konservativen Präsidenten interviewt. Seine Fragen dienen im Interview allerdings dazu, das Gespräch zu lenken und wenn Putin zu sehr ausfranst, den Zusammenhang wieder herzustellen. Manchmal fragt er auch leicht kritisch nach. Er produziert keinen „Haltungsjournalismus“.

Das Ergebnis des Interviews ist, dass man erfährt, was Putin zum Krieg in der Ukraine und den derzeitigen Entwicklungen im Verhältnis zwischen den Staaten weltweit zu sagen hat. Und darum geht es eigentlich beim Journalismus.

Da sowohl Carlson eine für amerikanischen Journalismus übliche freundliche Gesprächsführung betreibt und Putin sich sicher nicht die Sprechblasen eines deutschen Kanzlers Scholz zum Vorbild nimmt, ist das Interview auch interessant zu lesen (oder auf Englisch anzuhören). Nehmen Sie sich also die Zeit für das Interview im Original in einer maschinell übersetzten Textfassung der von der russischen Regierung zur Verfügung gestellten englischen Textfassung. [jdm/Screenshots X-kanal von Tucker Carlson]

Argentiniens Präsident Milei: Rechtsradikalismus unter der Tarnkappe der „Freiheit“

Beim Weltwirtschaftsforum der Superreichen und ihrer politischen Dienstleister in Davos wurde der argentinische Präsident Milei bejubelt. Auch Elon Musk lobte ihn über den grünen Klee. Der Internationale Währungsfonds (IWF) gibt jetzt eine weitere 4,7-Milliarden-Dollar-Tranche aus dem 44 Milliarden US-Dollar schweren Hilfsprogramm für Argentinien frei. Begründung: „Die neue Regierung unternimmt mutige Schritte, um die makroökonomische Stabilität wiederherzustellen und langjährige Wachstumshindernisse zu beseitigen“, erklärte IWF-Exekutivdirektorin Kristalina Georgiewa.

Die führenden wirtschaftlichen Eliten des Westens stützen also diesen Mann, der von der Tagesschau als „ultraliberal“ bezeichnet wird. Er selbst bezeichnet sich als Anarcho-Kapitalist. Ultraliberal assoziieren viele mit „vollständig frei“, dabei hat Milei nur die vollständige Freiheit des Kapitals im Sinn. Und mit Anarchismus hat Milei natürlich auch nichts im Sinn; dieser Begriff definiert nur die extremste Form des Neoliberalismus, die dem Kapital volle Freiheit gewährt und den Staat von jeglicher Sozialgesetzgebung be“freien“ will und ihn nur noch zum Schutz des Kapitals benutzen will. Ein anderer Begriff für diese Denkweise ist der Libertarismus.

Für libertäre Politiker wie Milei, dem ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro, Ex-US-Präsident Trump, dem englischen Boris Johnson und den Politikern der neuen Rechten in Europa von den Neofaschisten Italiens bis zur deutschen AFD ist die Demokratie als soziale Komponente des Staates entbehrlich und nur lästig.

Mileis – von der Tagesschau nur als „Reformpläne“ bezeichnetes – Gesetzesvorhaben, das so genannte Omnibus-Gesetz, sieht eine Art Ermächtigungsgesetz für die Regierung vor und hunderte von Einzelvorhaben zur Entrechtung der Arbeiter. Die Süddeutsche Zeitung beschreibt das Gesetz so: „So soll zum Beispiel das Wahlrecht reformiert und das Demonstrationsrecht eingeschränkt werden. Versammlungen ab einer Größe von drei Personen bräuchten eine Genehmigung, und Strafen wegen Straßensperren würden erhöht. Gleichzeitig würden Kontrollen und Bußgelder für die Einstellung von Schwarzarbeitern wegfallen, zudem Subventionen für Kulturinstitutionen und Bibliotheken eingespart. Dazu soll eine ganze Reihe von staatlichen Firmen privatisiert werden, darunter die Post, die Hafenverwaltung, die Fluglinie Aerolineas Argentinas und die Ölgesellschaft YPF. Und die Regierung soll durch die Ausrufung eines Notstands in verschiedenen Bereichen enorme Befugnisse bekommen. So könnten etwa Teile der Gesetzgebungsgewalt für zwei Jahre auf sie übertragen werden. Präsident Milei wäre in der Lage, seine extrem wirtschaftsfreundliche Agenda ohne die Zustimmung des Parlaments durchzusetzen.“

Nun kommen einem diese Maßnahmen nicht wirklich unbekannt vor: Würde man die EU-Wirtschaftspolitik zur Deregulierung der Wirtschaft und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen der letzten dreißig Jahre auf ein einziges Gesetz verdichten, könnte man sehr viel Ähnlichkeit feststellen. Allerdings fehlt bei der hiesigen neoliberalen Politik noch dieser Fokus auf Abschaffung des Staates und demokratischer Spielregeln. Was nicht fehlt: Auch in europäischen Betrieben ist die Demokratie weiter auf dem Rückzug durch Gewerkschaftsbashing, die partielle Abschaffung der Arbeitslosenversicherung, die Ausdehnung von Niedriglohnbereichen, sowie der sogenannten Sharing Economy und dem allgemeinen Sozialabbau.

Mileis Omnibus-Gesetz ist im Moment gescheitert, weil auch konservativen Politikern in Argentinien klar wurde, dass das Vorhaben gegen die Verfassung verstößt. Dass Mileis Libertarismus mit Freiheit der Bürger nichts zu tun hat, zeigt sein heutiger Vorstoß. Seine extrem rechte Partei „La Libertad Avanza“ (Die Freiheit voran) brachte einen Gesetzentwurf ins Parlament ein, nach dem auch ein Schwangerschaftsabbruch nach Vergewaltigung verboten werden soll, was die Gesetzgebung laut RND auf den Stand von 1921 setzen würde. [jdm]

Mercosur-Freihandelsvertrag: Frankreich, Bauern und Umweltschützer sind dagegen

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Anfang Januar mit dem Präsidenten der Argentinischen Republik Javier Gerardo Milei telefoniert. Sie sprachen auch über das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und den MERCOSUR-Staaten. Sie waren sich einig, dass die Verhandlungen über das Abkommen zügig abgeschlossen werden sollen.

Das Abkommen, an dem seit 1999 gearbeitet wird, könnte das größte jemals ausgehandelte Handelsabkommen werden. Deutschland will das Abkommen durchsetzen, während Frankreich behauptet, es sei in seiner jetzigen Form nicht genehmigungsfähig. Das Mercosur-Abkommen enthält keine Spiegelklauseln, also keinen Mechanismus, durch den Sozial- und Umweltvorschriften für alle Unterzeichner des Abkommens gelten, eine Forderung des französischen Präsidenten Macron.

Auch europäische Landwirte kritisieren das Abkommen, weil es für einen „unfairen Wettbewerb“ durch Importe aus Nicht-EU-Ländern sorge, wenn durch das Abkommen Produzenten dort nicht denselben Umweltauflagen unterworfen wären.

Das Umweltinstitut München sammelt Unterschriften gegen den EU-Mercosur-Vertrag, weil er jegliche Bemühungen zum Schutz der Urwälder im Keim ersticke. Der Vertrag sei Gift für Bäuerinnen und Bauern auf beiden Seiten des Atlantiks und blockiere die Verkehrswende. Der Vertrag bedeute den Export giftiger Pestizide, Monokulturen und Brandrodungen, Menschenrechtsverletzungen und den Handel mit Verbrenner-SUVs und Einwegplastik. [jdm/Grafik Screenshot Umweltinstitut]

Vor 80 Jahren Ende der Blockade Leningrads

Der 27. Januar ist nicht nur ein Gedenktag an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 79 Jahren. Vor genau 80 Jahren, am 27.01.1944 endete die Blockade Leningrads durch Truppen des faschistischen Deutschlands und seiner Verbündeten Finnland und Spanien während des Zweiten Weltkriegs. Die Blockade der Stadt dauerte vom 8. September 1941 bis zum 27. Januar 1944. Während dieser mehr als 870 Tage verloren über eine Million Bürger Leningrads ihr Leben, etwa 90 Prozent von ihnen verhungerten.

Laut Aufzeichnungen des Wehrmachts-Generals Franz Halder sagte Hitler während einer Beratung mit militärischen Führern über die Ziele und Pläne des Krieges gegen die Sowjetunion: „Unsere Aufgaben hinsichtlich Russlands: die Streitkräfte zerschlagen, den Staat vernichten. Der Krieg gegen Russland ist ein Kampf zweier Ideologien. Tod dem Bolschewismus, der gleichbedeutend ist mit einem sozialen Verbrechen. Unsere Aufgabe ist der Vernichtungskrieg. Unsere erstrangige Aufgabe, erklärte der Führer, ist die Vernichtung der bolschewistischen Kommissare und der kommunistischen Intelligenz. Die neuen Staaten werden keine eigene Intelligenz haben. Man darf nicht zulassen, dass eine neue Intelligenz entsteht. Hier wird eine primitive sozialistische Intelligenz genügen.“

Die Wehrmachtspläne benannten den geplanten Angriff auf die Sowjetunion mit dem Decknamen "Operation Barbarossa". In der Weisung Nr. Ia 1601/41 vom 22. September 1941 „Die Zukunft der Stadt Petersburg“, hieß es: „1. Der Führer beschloss, die Stadt Leningrad vom Antlitz der Erde zu tilgen. Nach der Niederlage Sowjetrusslands ist der Fortbestand dieser größten Siedlung nicht von Interesse. (…)
3. Es ist geplant, die Stadt in einem engen Ring zu umzingeln und durch Artilleriebeschuss aller Kaliber und ständiges Bombardement aus der Luft dem Erdboden gleichzumachen. Wenn auf Grund der Situation in der Stadt Übergabeanträge gestellt werden, werden diese abgelehnt, weil die Probleme, die mit der Anwesenheit der Bevölkerung in der Stadt und ihrer Lebensmittelversorgung verbunden sind, von uns nicht gelöst werden können und sollen. In diesem Existenzkampf geht es nicht darum, auch nur einen Teil der Bevölkerung zu erhalten.“

Die Stadt war durch die Blockade vollkommen abgeschnitten. Nur über den Ladogasee konnte sie noch mit geringen Mengen versorgt werden. 1943 lebten in Leningrad etwa drei Millionen Menschen, darunter zahllose vor den Faschisten geflüchtete Menschen aus den westlichen Teilen der Sowjetunion. Die deutschen Truppen zerstörten die Stadt, indem sie sie mit massivem Artilleriebeschuss und Bombenabwürfen belegten. Mehrere tausend Brandbomben verursachten massive Brände. Am 8. September 1941 wurden die Lagerhäuser von Badajew bombardiert, so dass 3.000 Tonnen Mehl und 700 Tonnen Zucker vernichtet wurden. Die Luftwaffe bombardierte Lebensmittellager sowie die Wasser- und Elektrizitätswerke, Schulen, Krankenhäuser und Entbindungsheime und die Industriebetriebe der Stadt. Während der gesamten Dauer der Blockade warfen die Deutschen 102.520 Brand- und 4.653 Sprengbomben auf die Stadt. {jdm]

EU macht weiter: Jetzt wird Ägypten mit Migrationsabkommen aufgerüstet

Um die Migration aus afrikanischen Ländern zu verhindern hat die EU in den vergangenen Jahren Abkommen mit mehreren Staaten der Sahelzone getroffen. Diese Regierungen sollten in Verbindung mit Militärpräsenz aus der EU verhindern, dass Menschen aus diesen Staaten oder Durchreisende aus dem Süden weiter nach Norden kommen. Im Niger war die Nordgrenze zu Libyen und Algerien praktisch eine Außengrenze der EU geworden. Die Wege nach Norden wurden innerhalb des Landes gesperrt - auch für Reisegruppen innerhalb des Landes-, so dass die Menschen allein Umwege durch die Wüste suchten und im Notfall in der Wüste verdursteten.

Diese Politik führte zu einer Militarisierung der Region und zu einer Stärkung von islamistischen Milizen. Nach dem Putsch im Niger zeigte sich das grandiose Scheitern dieser EU-Politik. Die EU und ihre Truppen wurden aus Mali und dem Niger vertrieben.

Gelernt hat die EU daraus nichts: Jetzt versucht sie dasselbe mit Ägypten. Die EU will laut NZZ ein Abkommen mit Kairo unterzeichnen, um die Migrationsströme über das Mittelmeer einzudämmen. Das Regime von Abdelfatah al-Sisi gelte Brüssel als verlässlicher Partner. Die katastrophale Menschenrechtslage in Ägypten spiele in den Gesprächen mit der EU keine Rolle.

Die "Linke"-Bundestagsfraktion weist in einer Kleinen Anfrage darauf hin, dass bereits 2022 die EU angekündigt hatte, Ägyptens Küstenwache mit Material zu versorgen und dafür 80 Mio. Euro bereitzustellen. Das verlautbarte Ziel der Kommission für das neue Abkommen sei es, die Tätigkeiten von Schmugglern einzuschränken. Auch die Bundesregierung führe ihre bilaterale Kooperation mit Ägypten im Migrationsbereich fort, sowohl in Sachen Sicherheits- und Polizeikooperation als auch Lieferung von Ausrüstungsgütern und Bereitstellung von Trainings für ägyptische Beamte.

In 22 Einzelfragen dröselt die Anfrage die Menschenrechtslage in Ägypten, die durch willkürliche Verhaftungen und Folter gekennzeichnet ist, auf. Außerdem beschreiben die Fragen die militärische Aufrüstung Ägyptens durch die EU und Deutschland.

Laut RND bemängeln unabhängige Organisationen wie Human Rights Watch (HRW) eine „brutale und systematische Unterdrückung“ von Kritikerinnen und Kritikern. Die autoritäre Regierung lasse sie willkürlich verhaften, die Opposition, eine unabhängige Justiz und freie Medien existierten kaum. „Ägyptische Sicherheitskräfte sind berüchtigt für ihre systematische Folter“, so Human Rights Watch.

Die EU ist also dabei, das nächste Land durch Unterstützung von Repression, durch Verfolgung von Asylsuchenden und eine einseitige militärische Ausrichtung in eine Krise zu treiben. Wie das voraussichtlich endet, kann man jetzt schon in Libyen, Mali, Niger, Tunesien oder Somalia sehen. [jdm]

Kriegsdienstverweigerung als Teil des Wegs zum Frieden

Zur Kampagnenseite zur Unterstützung von Kriegsdienstverweigerung

Die ukrainische Regierung hat angekündigt, sie wolle ins Ausland geflüchtete Männer zurückzuholen, um sie dem Tod im Krieg gegen Russland zuzuführen. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hat sich laut Tagesschau.de dafür ausgesprochen, dass die Bundesregierung die Ukraine bei der Rekrutierung neuer Soldaten unterstützen sollte. Etwa 200.000 wehrfähige Ukrainer seien wegen des russischen Angriffskriegs nach Deutschland geflohen, sagte er im Deutschlandfunk. Man könne es nicht gutheißen, wenn diese Männer sich der Unterstützung ihrer Heimat entzögen.

Umso wichtiger ist die Kampagne zum Schutz der Kriegsdienstverweigerer in Russland, der Ukraine und in Belarus. Denn jeder Soldat, der nicht mehr für den Krieg missbraucht werden kann, fehlt den Kriegführenden und macht den Frieden wahrscheinlicher.

Der Appell der Kampagne von Connection e.V., Europäisches Büro für Kriegsdienstverweigerung, Internationaler Versöhnungsbund, War Resisters' International, an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, an den Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, und an die Präsidentin des Europäischen Parlamentes, Roberta Metsola, fordert, den Deserteuren und Verweigerern aus Belarus und der Russischen Föderation Schutz und Asyl zu gewähren. Die EU solle die ukrainische Regierung auffordern, die Verfolgung von Kriegsdienstverweigerern einzustellen und ihnen ein umfassendes Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu garantieren. Die europäischen Grenzen sollten für diejenigen geöffnet werden, die sich unter hohem persönlichen Risiko in ihrem Land gegen den Krieg stellten.

Die Kampagne sammelt immer noch Unterschriften. [jdm]

Es kommt zwar nichts dabei heraus, deshalb müssen wir intensiver weitermachen?

Andrea Nahles, die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit beschwert sich, dass der Bund 5,4 Mrd. € von der BA haben will, um Haushaltslöcher zu stopfen. „Die Rückforderung von 5,2 Milliarden Euro aus dem Beitragshaushalt, um die finanziellen Engpässe zu beheben, ist ein fragwürdiger Schritt“, so Nahles. „Die BA hat dieses Geld als Zuschuss erhalten, und das ausdrücklich. Wir haben damit in der Corona-Pandemie millionenfach Kurzarbeit finanziert“, betonte sie laut NOZ.

„Deutschlands Sicherheit wird gerade am Dnipro verteidigt. Jeder Einzelne muss seinen Beitrag leisten, um unsere Demokratie innen und außen zu stärken. Am Ende der Erzählung muss eine Zukunftsvision stehen, in der sich alle jetzigen Anstrengungen gelohnt haben werden“, kommentiert Karolina Meyer-Schilf in der NOZ. Der letzte, der Deutschlands Sicherheit am Hindukusch in Afghanistan verteidigen wollte (damaliger Verteidigungsminister Peter Struck, 2002) hat damit dafür gesorgt, dass letztlich ein vollkommen zerstörtes Land hinterlassen wurde, das die deutschen Soldaten fluchtartig verlassen mussten.

Nachdem in der Ukraine schon schätzungsweise 100.000 Soldaten getötet wurden, ist die ukrainische Regierung auf der Suche nach neuem Kanonenfutter. Viele Militärs in allen Ländern des Westens sind sich einig, dass dieser Krieg in der Ukraine keine entscheidenden Veränderungen der Lage mehr bringen wird. Die Ukraine wird ihre Gebiete nicht zurück erobern können; Russland wird den aktuellen Zustand nur mit weiterem großen militärischen Einsatz erhalten können. Trotz dieser statischen Situation gibt es 600 bis 1.000 Tote pro Tag.

„Wenn den Verbündeten der Ukraine tatsächlich daran gelegen ist, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnen darf, werden sie künftig noch deutlich mehr Waffen und Munition liefern müssen; andernfalls dürfte es Kiew kaum gelingen, die russische Armee aus dem Land zu vertreiben.“ Dieser Kommentar von Thomas Ludwig in der NOZ ist trotz leise geäußerter Zweifel am Erfolg als Aufforderung gedacht, den Krieg weiter zu befeuern.

Dänemark und die Niederlande liefern das Kampfflugzeug F-16 an die Ukraine; Norwegen und auch Deutschland denken darüber nach. Bei dem Kampfflugzeug handelt es sich um ein technisch hochgezüchtetes Produkt, das auf saubere Landebahnen angewiesen ist, die es in der Ukraine nicht gibt. Deshalb kann ein Kampfeinsatz letztlich nur von Flugplätzen außerhalb der Ukraine stattfinden. Russland hat bereits gewarnt, dass das Startland des Kampfflugzeuges dann als Kriegsgegner betrachtet werden müsste, auf das ein Angriff, z. B. zur Zerstörung der Startbahn gerechtfertigt sei. Außerdem ist der F-16 gerüstet für den Abwurf von Atomwaffen. Für Russland wäre nicht erkennbar, ob es sich um einen Atomwaffenangriff handelt. Es könnte sich gezwungen sehen, präventiv zu handeln.

Damit wäre dann der "Bündnisfall" eingetreten, der die Nato zum offiziellen Kriegsgegner Russlands machen würde. Der Krieg in der Ukraine macht also weitere Eskalationsschritte in die Richtung eines unkontrollierbaren Krieges. Wer nicht an der Diskussion der 1980er Jahre über die Stationierung von Atomraketen beteiligt war, sollte bei Google mal den Begriff „Atomarer Winter“ eingeben, um sich eine Vorstellung davon machen zu können, was das für Deutschland bedeutet.

Die Ukraine ist als Produzent von Getreide und als Lieferant von Rohstoffen sicher interessant, wie die Landkäufe US-amerikanischer Agrarkonzerne und die Äußerung des CDU-Bundestagsabgeordneten Roderich Kiesewetter, Deutschland müsse die Ukraine verteidigen, um an die dortigen Lithium-Vorräte zu kommen, zeigen.

Aber letztlich ist die Nato-Strategie, mit ihrer militärischen Macht die wirtschaftliche Vorherrschaft des Westens zu bewahren, ausschlaggebend dafür, dass die Nato den Krieg um die Ukraine provoziert hat und jetzt am Laufen hält. Ziel ist eine Eindämmung Chinas und eine Frontstellung gegen unabhängige Entwicklungen von Staaten des Südens.

Nur so ist zu erklären, warum sich die Nato gegen Warnungen Russlands unbedingt bis an Russlands Grenzen ausdehnen musste, warum die Ukraine im Februar 2022 zurückgepfiffen wurde, als sie einen Waffenstillstand mit Russland verhandelte und warum der Krieg weiter befeuert wird, obwohl absehbar ist, dass für die Ukraine nichts Positives mehr herausspringen kann. [jdm]

Spahns Rücktritt wäre eine echte Schuldenbremse

Jens Spahn kann man vertrauen. In einem Interview in der NOZ vom letzten Samstag, hat sich der stellvertretende Fraktionschef der CDU-Bundestagsfraktion so präsentiert, wie er ist.

Um alle Menschen in der Corona-Krise mit Masken zu versorgen, haute er die Staatsknete nur so raus. Für insgesamt 9 Mrd. € (9.000.000.000 €) ließ sein Gesundheitsministerium überteuerte Masken kaufen, davon allein für 670 Millionen Euro unter Beteiligung von Töchtern politischer Freunde, der Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler, Andrea Tandler, und der vorbestraften Monika Hohlmeier, Tochter der CSU-Legende Franz Josef Strauß. Andrea Tandler wurde dafür gerade zu 4,5 Jahren Haft verurteilt.

Deshalb weiß Spahn auch so gut Bescheid, dass man die Schuldenbremse unbedingt einhalten muss – vor allem dadurch, dass man den Ärmsten, die auf Bürgergeld angewiesen sind, ihre Mittel kürzt und indem man noch ärmere, die aus ihrer Heimat geflohen sind, in zwei Länder nach Afrika entsorgt.

Und Spahn ist ein großer Wirtschaftsexperte. So polemisiert er gegen Förderprogramme des Wirtschaftsministeriums zum Umstieg auf erneuerbare Energien. „Der Staat muss den Rahmen setzen. Ich teile die Grundthese, der sich der Mainstream angeschlossen hat, nicht, dass es milliardenschwere Zuschüsse für die so genannte Transformation braucht. Ich möchte, dass wir unsere Wirtschaft in die Lage versetzen, durch niedrige Energiekosten, durch niedrige Steuern, durch weniger Bürokratie, durch mehr Freihandel, durch eigene Stärke, die notwendigen Investitionen selbst zu stemmen.“

Ach? Im Januar 2023, als Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck ein Chip-Werk im Saarland mit einer halben Milliarde € bezuschussen wollten, war Jens Spahn das zu wenig. „Ob Magdeburg, Dresden oder Saarlouis: Die Ampel ist in der Pflicht, in Brüssel beim European Chips Act (ECA) Tempo zu machen, damit die angekündigten Ansiedlungen zum Erfolg werden“, sagte Unionsfraktionsvize Jens Spahn dem Handelsblatt. Dazu sollte man wissen, dass der European Chips Act insgesamt 43 Mrd. € - hauptsächlich Steuergelder – an die IT-Konzerne verteilen will. Das Chip-Werk von Intel in Magdeburg soll 10 Mrd. € Steuergelder geschenkt bekommen.

Die Subventionen im IT-Bereich oder auch beim Ausbau den Internetnetzes zeigen deutlich, dass die weitere Entwicklung digitaler Technologien auf der Ebene von einzelnen Konzernen und Unternehmen nicht mehr rentabel möglich ist. Hier sind Investitionen erforderlich, die die Hilfe des Staates nötig machen. Die EU mit dem ECA und die Bundesregierung mit der Subventionierung der Chipfabriken sorgen auf Kosten der Steuergelder der Arbeiter für die Modernisierung der Produktion und gleichzeitig sorgen sie durch die Praxis der verlorenen Zuschüsse dafür, dass die Gewinne ausschließlich bei den Konzernen landen und die Arbeiter, die das finanziert haben, ihre Arbeit verlieren und von Leuten wie Spahn dann noch um ihr Arbeitslosengeld gebracht werden.

Und weil Spahn – wie oben ausgeführt - Experte für sinnlose Investitionen ist, fordert er endlich mehr Geld für die Kernfusion zu versenken. Das hilft zwar keine Energie zu produzieren, aber es gibt genug Konzerne, die die Fördergelder für sinnlose Forschungen abgreifen wollen. Oder geht es hier um militärische Forschung für die deutsche atomare Teilhabe? Wenn ja, wäre das natürlich geheim. Wir leben schließlich in einer Demokratie, wie soll man sonst unter sich bleiben können.

Und die Flüchtlinge, die hier Schutz suchen? Die müssen einfach weg. „Nach meinem Wissen hat sich niemand ernsthaft um ein solches Abkommen bemüht. Ruanda wäre wohl dazu bereit. Ghana möglicherweise auch. Auch mit osteuropäischen Ländern wie Georgien, Moldawien sollten wir sprechen.“ Diese Aufzählung zeigt zumindest, dass Spahn einen Atlas mit einem Verzeichnis der ärmsten Länder hat. Und als deutscher Herrenreiter denkt er, es wäre doch gelacht, wenn man die korrupten Staatsführungen in solchen Ländern nicht für ein Bakschisch dazu bringen könnte, Flugzeuge mit unbeliebtem Menschenmaterial aus Deutschland zu entladen. Hat Großbritannien ja auch geplant. Und das Grundgesetz? Wie zitierte Franz-Josef Degenhardt in seinem Lied „Befragung eines Kriegsdienstverweigerers“ den Kammervorsitzenden? „Fangen sie schon wieder an? Ist doch Politik. Hat doch mit Gewissen nichts zu tun: Ja, Grundgesetz, ja, Grundgesetz, ja, Grundgesetz. Sie berufen sich hier pausenlos aufs Grundgesetz. Sagen sie mal, sind sie eigentlich Kommunist?“ [jdm]

Reisen nach China jetzt ohne Visum

China setzt bb Dezember 2023 die Visumpflicht für Staatsangehörige aus Deutschland und 5 weiteren Ländern teilweise aus.

Vom 01.12.2023 bis zum 30.11.2024 besteht für Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland Visumfreiheit für bis zu 15-tägige Reisen nach China für touristische und geschäftliche Aufenthalte, für den Besuch von Verwandten oder Freunden sowie für die Durchreise.

Die Visumspflicht fällt auch für Bürger aus Frankreich, Italien, den Niederlanden, Spanien und Malaysia weg. Mit dieser Maßnahme möchte China sich der Welt ein Stück mehr öffnen und die Zusammenarbeit von Personalaustausch weiter erleichtern, heißt es in der neuen Ausgabe 10/2023 des Newsletters Chinah der chinesichen Botschaft in Deutschland. Die angekündigte Aufhebung des Visumpflichts bei Kurzreisen ist ein wichtiges Signal, das sowohl den Tourismus als auch den wirtschaftlichen Austausch ankurbeln kann“, sagte laut Chinah der Außenwirtschaftschef der DIHK, Volker Treier. [jdm]

AUSDRUCK – Das IMI-Magazin, Ausgabe Dezember 2023, erschienen

IMI-Magazin 12/2023

Der "AUSDRUCK – Das IMI-Magazin", Ausgabe Dezember 2023, mit dem thematischen Schwerpunkt Medien ist jetzt erschienen.

Die Zeitschrift der Informationsstelle Militarisierung e. V. enthält neben den neun Artikeln zum Schwerpunktthema folgende Themen: Kein Frieden mit der AfD! Warum die AfD keine Friedenspartei ist (Alexander Kleiß), „Kriegstüchtigkeit als Handlungsmaxime“: Die Verteidigungspolitischen Richtlinien (Jürgen Wagner), Meinungsmache vs. Verfassungsrecht (Bernhard Klaus), Bundeswehr im Funkloch: Digitalisierung als nächstes Beschaffungsdesaster (Jürgen Wagner), Netzwerke aus Wissenschaft, Militär und Digitalwirtschaft in den USA (Christoph Marischka), Eine alternative Sicherheitsarchitektur nach dem Ukrainekrieg (Malte Lühmann) und Ukraine und der „Nahe Osten“: Die Entlarvung der „regelbasierten Ordnung“ (Bernhard Klaus).

Alle Themen der Ausgabe und ein Download finden Sie hier. [jdm]

Wie Sanktionen Migration schaffen – Und wie darüber berichtet wird

Das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat stellt in diesem Jahr die Hilfe für Flüchtende in Süd- und Mittelamerika  in den Mittelpunkt seiner Weihnachts-Spendenkampagne. Viele der Menschen, die sich aus dem Süden in Richtung USA auf den Weg machen, fliehen vor den katastrophalen Lebensverhältnissen in ihrer Heimat.

Dabei müssen SüdamerikanerInnen in der Regel die 100 km des berüchtigten Darién Gap passieren. Das ist ein Dschungelgebiet in Kolumbien an der Grenze zu Panama. Die Panamericana, die Straße von der Südspitze Amerikas bis in den hohen Norden, ist hier unterbrochen. Bis vor 15 Jahren war dieser Dschungel deshalb eine beliebte Strecke für Abenteurer.

Wie der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages schreibt, durchquerten laut den Vereinten Nationen (VN) von Januar bis September 2023 mehr als 330.000 Migrantinnen und Migranten den Darién-Gap. Weiter heißt es im Papier des Wissenschaftlichen Dienstes: „Auf ihrem Weg durch den Darién-Gap sind die Migrantinnen und Migranten laut der Sprecherin des VN-Menschenrechtsbüros in Genf, Marta Hurtado, zahlreichen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Dazu zähle insbesondere sexuelle Gewalt. Darüber hinaus kommt es dort, so Hurtado, durch kriminelle Banden und bewaffnete Gruppen auch zu Morden, Verschwindenlassen, Menschenhandel, Raubüberfällen und Einschüchterungen. Neben diesen Gefahren besteht das Risiko, durch Tiere bzw. von durch Tiere übertragbaren Krankheiten getötet zu werden. Zudem haben die Menschen mit hohen Temperaturen und extremer Luftfeuchtigkeit, schlechtem Wetter (vor allem während der Regenzeit), Nahrungsmangel und Infektionen durch verunreinigtes Wasser zu kämpfen. Ferner befinden sich aufgrund der früheren bewaffneten Auseinandersetzung kolumbianischer Sicherheitskräfte mit Guerillas und Drogenkartellen Landminen im Darién-Dschungel.“

Die Ems-Zeitung druckte heute einen Bericht von einem Tobias Käufer ab, der sich – wie oft bei den zugekauften Reportagen der NOZ – als tendenziöser Bericht mit Falschaussagen entpuppt. Käufers Berichte sind zumeist von einem wahren Hass auf den linksgerichteten Präsidenten Brasiliens Lula gekennzeichnet.

In diesem Bericht macht er den kolumbianischen Präsidenten Gustavo Petro für die Verhältnisse im Darien Gap verantwortlich. Käufer schreibt: „Kolumbiens Regierung ist mit dem Problem überfordert, hat selbst genug damit zu tun, den Friedensprozess mit den bewaffneten Banden im eigenen Land zu organisieren. Der geschwächte Präsident Gustavo Petro hat inzwischen stark an Rückhalt in der Bevölkerung verloren, die Umfragewerte sind schlecht. Also flüchtet er sich in den Populismus. Sein neuestes Steckenpferd ist es, sich als Hamas-Versteher zu positionieren.“

Gustavo Petro wurde am 7. August 2022 vereidigt. Berichte über die Zustände im Darién Gap gibt es aber seit spätestens 2015. Käufer blendet in seiner Agitation gegen den ersten linksgerichteten Präsidenten die Vorgeschichte aus, um so die wahren Verantwortlichen zu entlasten. Für den Agitator gegen die Linksentwicklungen in Südamerika und Fan des neuen Präsidenten Argentiniens, Milei, der ein großer Bewunderer Trumps ist, gibt es einen weiteren Schuldigen. Den findet er in der Regierung Venezuelas. Die Menschen sind auf der „Flucht vor einem sozialistisch-autokratischen Regime, das sich seit fast einem Vierteljahrhundert an der Macht hält und bis heute acht Millionen Menschen zum Verlassen ihres Heimatlandes getrieben hat.“

Seit 2011 versuchen die USA Venezuela mit Sanktionen zu destabilisieren. Als sich 2015 in Venezuela eine Versorgungskrise abzeichnete, verschärften die USA unter ihrem Präsidenten Obama die Sanktionen und versuchten sogar durch einen eigenen Putsch-Präsidenten, Juan Guaidó, die Regierung zu stürzen. Die US-Sanktionen haben Venezuela vom internationalen Geldverkehr praktisch abgeschnitten. Europa und rechtsgerichtete Nachbarstaaten machten dabei mit, so dass Venezuela nicht einmal mehr das Öl verkaufen konnte. Das führte zu einer Massenarmut in Venezuela und zu dem Anstieg der Migration aus Venezuela.

Bei America 21 ist zu lesen, dass der kolumbianische Präsident Gustavo Petro bei der 78. UN-Generalversammlung darauf hingewiesen hatte, dass circa 60 Prozent der Migrant:innen, die den Darien-Urwald überqueren, aus Venezuela kommen. Ein Grund dafür sei die gegen Venezuela verhängte Wirtschaftsblockade. Petro schlug daher vor, die Sanktionen gegen Venezuela aufzuheben. Würden sie aufrechterhalten, hätten sie für die USA einen "Bumerang-Effekt", da die Migrationsströme von Venezuela in die USA zunehmen würden. [jdm]

Ein Vergleich

Die Stadt Papenburg, die Samtgemeinde Dörpen und die Gemeinde Sustrum sind zusammen 363,15 km² groß. Hier leben 57.667 Menschen. Der Gaza-Streifen ist 360 km² groß. Hier leben etwa 2 Millionen Menschen.

Man stelle sich vor, von Papenburg aus hätten Terroristen Raketen nach Ihrhove geschossen und in Völlen Menschen verschleppt. Man stelle sich vor, Papenburg würde flächendeckend von Ostfriesland und von Surwold aus bombardiert und alle Bewohner müssten in die SG Dörpen und nach Sustrum fliehen. Man stelle sich vor, es gäbe Korridore, wie z. B. die Oldenburger Straße durch Aschendorfermoor, die für wenige Stunden nicht beschossen werden, damit die Flüchtlinge nach Dörpen fliehen können.

Man stelle sich die Samtgemeindeverwaltung Dörpen vor, wie sie die Flüchtlinge versorgt. Man stelle sich vor, das Marienkrankenhaus Papenburg sei durch Beschuss vollkommen zerstört, weil Terroristen zuvor unter dem Krankenhaus ein Waffenlager angelegt hätten. Man stelle sich vor, niemand könne über die Grenze nach Lathen oder in die Niederlande ausweichen. Unvorstellbar. [jdm]

Appell des UN-Generalsekretärs zu Gaza

UN-Offizielle beschreiben die humanitäre Lage der 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen nach fast zwei Monaten Krieg als „apokalyptisch“. Wie mehrere Medien berichten, fordert UN-Generalsekretär António Guterres die Mitglieder des Weltsicherheitsrats auf, darauf zu drängen, eine humanitäre Katastrophe im Gaza zu verhindern: „Ich wiederhole meinen Aufruf, dass ein humanitärer Waffenstillstand ausgerufen werden muss.“ Er verurteilte das von der Hamas begangene Massaker in Israel am 7. Oktober und schilderte dann die derzeitigen Lebensbedingungen im Gaza­strei­fen, wo das Gesundheitssystem kollabiert: „Nirgendwo in Gaza ist es sicher.

Wie die Berliner Zeitung berichtet, sind bei den israelischen Angriffen auf den Gazastreifen nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums seitdem mehr als 16.200 Menschen in Gaza getötet worden. Unabhängig ließe sich diese Angabe gegenwärtig nicht überprüfen. Die UN und Beobachter hätten aber darauf hingewiesen, dass sich die Zahlen der Behörde in der Vergangenheit als insgesamt glaubwürdig herausgestellt hätten.

In einem an den UN-Sicherheitsrat adressierten Brief zum Gazakrieg beruft sich Guterres auf Artikel 99 der UN-Charta. Dieser ermöglicht es dem Generalsekretär, eine Sitzung des Sicherheitsrats einzuberufen und vor ihm sprechen, ohne dass er dazu von einem Mitgliedstaat eingeladen werden muss. Üblicherweise entscheiden die Mitglieder des Sicherheitsrats selbst über ihre Tagesordnung. [jdm]

20.000 Menschen setzten in Berlin ein starkes Zeichen für Friedenswille und gegen Kriegstüchtigkeit

Friedensdemo am 25.11.2023 in Berlin

Bei nass-kalten Wetter haben sich am Samstag laut Angeben der Organisatoren 20.000 Menschen zur bundesweiten Demonstration „Nein zu Kriegen – Rüstungswahnsinn stoppen – Zukunft friedlich und gerecht gestalten“ vor dem Brandenburger Tor versammelt.

Die Veranstalter machten zu Beginn der Demonstration noch einmal klar: „Rassismus, Antisemitismus, Faschismus und alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit lehnen wir ab. Deshalb gibt es keine Zusammenarbeit mit der AfD und anderen rechtsextremen Kräften. Entsprechende Äußerungen oder das Zeigen einschlägiger Symbole haben auf der Kundgebung und Demonstration keinen Platz. Das Zeigen von Nationalfahnen ist unerwünscht. Ebenso bitten wir auf Parteifahnen zu verzichten.“

Zu den zahlreichen RednerInnen vor dem Brandenburger Tor gehören Reiner Braun, Mitinitiator und Urgestein der Friedenbewegung, Sahra Wagenknecht und Gabriele Krone-Schmalz.

„Wenn es nach Pistorius geht, sollen wir Deutschen das Kriegshandwerk wieder beherrschen. Das versteht er unter der geforderten Kriegstüchtigkeit“, erklärte Wagenknecht. Sie warf der Ampelregierung vor, regelrecht kriegssüchtig zu sein. „Was ist aus der deutschen Friedenspolitik aus der Zeit von Willy Brandt bloß geworden“, fragt sie in die Menge.

Die Menschen wollen grundsätzlich keine Kriege, darum müssen sie durch Lügen davon überzeugt werden, zitierte Wagenknecht Julian Assange in ihrer Rede. „Propaganda beherrschen sie alle“, meinte Krone-Schmalz in ihrer, „nicht nur Russland“.

Unsere Demokratie werde nicht in der Ukraine verteidigt, genauso wenig wie damals am Hindukusch, führte Gabriele Krone-Schmalz weiter aus. Demokratie müsse innerhalb der Landesgrenzen verteidigt werden.

Die bundesdeutsche Presse hatte die Demonstration im Vorfeld totgeschwiegen. Dennoch kamen so viele zu dieser Demonstration. Der Tagesschau passt eine Domonstration gegen die Kriegspolitik der Regierung nicht und sie spricht deshalb von der "so genannten" Friedensbewegung. Trend der Berichterstattung der anderen Medien ist wieder einmal der Versuch, den Veranstaltern eine Rechtsoffenheit anzudichten, obwohl bei dieser Demo noch nicht einmal Versuche der Rechten zu verzeichnen waren, sich hinein zu drängen.

Andere Berichte versuchen das Anliegen der Friedensdemonstration mit der Antisemitismuskeule zu erschlagen, obwohl sich Sahra Wagenknecht in ihrer Rede eindeutig äußerte: „Wir alle waren am 7. Oktober entsetzt und schockiert über die furchtbaren Massaker der islamistischen Hamas, über die Morde an unschuldigen Zivilisten, an Frauen und an Kindern. Nichts, kein Unrecht dieser Welt, rechtfertigt solche Verbrechen.“ Deutschland habe die Verantwortung, das Existenzrecht Israels ohne Wenn und Aber zu verteidigen. Aber für die Unterstützung für Israels rücksichtslose Kriegsführung gibt es keine Rechtfertigung. [jdm/Pressenza]

Erfolgreich für eine allseitige Verschlechterung durch echte Teamarbeit

Wie hat man sich das Morgen-Briefing in einem beliebigen deutschen Bundesministerium vorzustellen? Der Bundesminister kommt in den Besprechungsraum und die Staatssekretäre, Abteilungsleiter und persönlichen Referenten schauen ihm erwartungsvoll entgegen. „Hallo liebe Freunde, was können wir heute verschlechtern, um unsere Lobbyisten zu erfreuen?“ läutet der Minister die kreative Runde ein.

Im Gesundheitsministerium berichtet eine Abteilungsleiterin, dass die Hausarztversorgung und vor allem die Facharztversorgung schon sehr lückenhaft seien. Aber Sorgen machen die Krankenhäuser, von denen es in den meisten Regionen noch ausreichend gibt. „Jetzt wollten wir durch den staatlichen Online-Atlas für Leistungen und Behandlungsqualität der Krankenhäuser kleine Krankenhäuser schlecht reden, damit man sie dann leichter schließen kann. Aber beim Krankenhaustransparenzgesetz ist uns ja der Bundesrat in die Quere gekommen“, verteidigt die Abteilungsleiterin ihr Scheitern. Aber Gesundheitsminister Lauterbach zeigt volles Verständnis: „Das ist zwar blöd, aber über die Krankenhausfinanzierung hungern wir die kleinen Krankenhäuser schon aus. 1000 Krankenhäusern sollte das mindestens das Leben kosten.“

Im Bundesverteidigungsministerium prahlt der eine Staatssekretär damit, dass man durch die permanente Ausweitung der Nato ja schon den Krieg Russland gegen Ukraine geschaffen habe. Und die ersten Kriegsschiffe kreuzten ja auch schon im südchinesischen Meer herum. Das seien viel versprechende Ansätze auf dem Weg zum nächsten Weltkrieg. Widerspruch kommt von einem Unterabteilungsleiter, der kritisiert, dass der Krieg in der Ukraine auf der Stelle trete und sich in der Welt überall die Stimmen mehrten, es müsse endlich verhandelt werden. Das bringt den bis dahin versonnen über seine Beliebtheitswerte beim letzten Politbarometer lächelnden Boris Pistorius um seine gute Laune: “Das sind alles verdammte Weicheier. Wir müssen endlich kriegstüchtig werden! Und das gilt auch für die verdammten Ukrainer. Die sollen endlich kämpfen. Was kann schöner sein als der Tod auf dem Felde der Ehre!? Schicken wir den Weicheiern noch mal 1,3 Milliarden Euro.“ Dann brummelt er noch was von Luftabwehrsystemen vom Typ Iris T-SLM und Artilleriemunition, aber der Mann vom Beschaffungswesen ist schon unterwegs, um das Geld vom Lindner zu holen, bevor der das eventuell der Familienministerin für ihre Kindergrundsicherung geben kann.

Im Familienministerium war man vor kurzem auch etwas unglücklich. Ein Sechstel der Kinder in Deutschland lebte ja schon in Armut. Wo wollte man da noch etwas verschlechtern. Doch dann war man froh über die Hilfe von der Grünen Partei. Die Kindergrundsicherung war hier das Stichwort. Endlich konnte man das in die Jahre gekommene und bewährte Kindergeld angreifen. „Juchhu“, jubelten die Fachleute im Ministerium. „Damit kommen wir auf der Hitliste der Verschlechterungen ganz nach oben.“ Das Kindergeld wurde umbenannt in Kindergarantiebetrag und der Regelsatz für Kinder beim Bürgergeld heißt jetzt Kinderzusatzbetrag. Und weil in Zukunft alles völlig unbürokratisch laufen soll, weiß jetzt keiner, wer wofür zuständig ist. Und für die Umstellung braucht man jede Menge neue Vorschriften und Verordnungen. Das sichert Arbeitsplätze im Ministerium. „Und das Schönste“, verkündet der Pressesprecher, „weil der Kinderzusatzbetrag jetzt angeblich das Bürgergeld nicht vermindern darf, glauben die Menschen, die Bürgergeldbezieher hätten mehr Geld. Da können alle wieder richtig hetzen. Dabei haben wir die Beträge fast vollständig auf das alte Niveau angepasst.“

Im Verkehrsministerium herrscht dagegen eine ruhige Atmosphäre, hat man doch schon eine jahrzehntelange Erfahrung bei der Verschlechterung der Verhältnisse. Tiefensee, Ramsauer, Dobrindt, Scheuer und jetzt Wissing: Im Ministerium ist man stolz auf diese Ahnenreihe von unfähigen Ministern. Tiefensee hatte den Börsengang der Deutschen Bahn vorangetrieben und den DB-Vorständen wunderschöne Bonuszahlungen bewilligt. Ramsauer hatte die wunderbar gescheiterten Projekte Ausländermaut, die Großbaustelle Stuttgart 21 und den Flughafen Berlin Brandenburg mit ausgeheckt; wer kann Größeres leisten? Dobrindt beförderte auch die Ausländermaut und vertuschte so gut er konnte den VW-Abgasskandal. Leider war er nur kurz im Amt, so dass seine Leistungen durch Andreas Scheuers Agieren vergessen wurden. Scheuer konnte die Ausländermaut endlich zu dem Finanzdebakel bringen, das auch in der Öffentlichkeit gewürdigt wurde. Scheuer gelangen auch kleine Dinge, wie z. B. 2020, als eine Novellierung der Straßenverkehrs-Ordnung so schlampig gemacht wurde, dass sie sogar wieder außer Kraft gesetzt werden musste. Dem jetzigen Verkehrsminister Volker Wissing gelingt es, die Modernisierung der Bahn so zu steuern, dass sie daran zu Grunde geht. Die Bahnstrecken müssen erneuert werden und international üblich ist es, diese Erneuerung laufend durchzuführen. Volker Wissing hat aber herausgefunden, wie es mehr Ärger für die Bahnkunden gibt. Es werden Strecken ganz still gelegt, dann wird daran herumgebaut bzw. ganz neu gebaut. Und wenn  sich dann die Verkehrsströme neue Wege suchen, kann man damit sogar neue Autobahnen begründen. Und wenn keiner mehr an die stillgelegte Bahnstrecke denkt, wird sie wieder eröffnet. Und alles läuft dort super, weil es erst mal kaum Kunden gibt. Weil hier wahre Profis an der allseitigen Verschlechterung arbeiten, ist das morgendliche Meeting im Verkehrsministerium schon fast langweilig.

Das Bundeswirtschaftsministerium ist allerdings auch nicht untätig. Durch den Boykott billigen russischen Erdgases hat man die Energiekosten ordentlich erhöht. Die Deindustrialisierung schreitet voran und die Inflation ist auch gut gelungen. Bei dem Brückenstrompreis für energieintensive Industrien hätte Bundeswirtschaftsminister Habeck fast einen Fehler gemacht und die Subventionen an Fortschritte bei der Umstellung auf erneuerbare Energien gebunden. Aber glücklicherweise haben seine MinisterkollegInnen geholfen und  stattdessen eine Subvention für alle Industriebetriebe ohne Bedingungen daraus gemacht. Und für den Bürger wird es keine verlängerten Energiepreissubventionen mehr geben.

Trotz dieser unbestreitbaren Verschlechterungen zeigte sich der Bundesminister im Morgenbriefing unwirsch. Er hätte gern eine Verschlechterung, die man nur mit ihm in Verbindung bringt. Der Chef der Bundesnetzagentur Klaus Müller hat einen netten Vorschlag für seinen Chef. „Robert, ich hab da eine Idee. Die Deutsche Post bringt ihre Briefe immer noch nach ein bis zwei Tagen zum Empfänger. Das ließe sich ganz einfach verschlechtern, wenn wir das Postgesetz ändern.“ Robert Habeck weiß, dass auf seine Zuarbeiter aus der grünen Partei Verlass ist: „Au fein, dann kommen die Briefe jetzt erst nach drei oder vier Tagen. Jetzt muss die Post nur noch Extrapreise für schnellere Briefe einführen, dann haben wir die Kacke am Dampfen“. Müller kann Habeck da beruhigen: „Klar, Robert. Das ist schon in der Mache!“ Und so endet auch das Morgenmeeting im Bundeswirtschaftsministerium in voller Harmonie. [jdm]

Über die unerträgliche „Hit-Parade“ der Völkermorde

Was Völkermord ist, wird nicht immer einmütig festgestellt. Täter und ihre Freunde sehen das in der Regel anders, als ihre Opfer und deren Freunde. Ulrich Scholz meint, das Leid und der Horror auf der einen Seite und die Gefühllosigkeit von Menschen auf der anderen, könne man kann nicht vergleichen. Was man vergleichen könne, sei die Arroganz und Gefühllosigkeit der Verantwortlichen, der Politiker und ihrer Steigbügelhalter, die meinen, sie hätten ein moralisches Recht für ihr Tun.

Immer mehr Menschen begreifen das und gehen auf die Straße, wie jetzt während der Gewalt in Palästina. Friedensbewegungen in Israel und Palästina sind mit internationaler Unterstützung seit Jahren in diesem Geist aktiv. In seinem neuen Blogbeitrag schreibt Ulrich Scholz, autoritäre Systeme zu verändern sei fast unmöglich. In einer Demokratie könne man Scharfmacher und Dumme abwählen. Für Israel und uns gebe es Hoffnung. [jdm]

Diskussion mit Wahrheitsanspruch?

Robert Habecks Rede zu Israel und Antisemitismus bekam von der deutschen Presse Bewertungen wie staatsmännisch und historisch. Die stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Karin Prien, meint, es sei „ein starker, notwendiger Auftritt“.

Habeck hatte in der Rede neben dem Aufruf, sich gegen Antisemitismus zu positionieren, insbesondere von den Muslimen in Deutschland verlangt, „sich klipp und klar vom Antisemitismus distanzieren, um nicht ihren eigenen Anspruch auf Toleranz zu unterlaufen“.

Der frühere Vorsitzende Richter am 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs und Autor des Standard-Kommentars zum Strafgesetzbuch Thomas Fischer hat in einer Kolumne im Spiegel Kultur die Rede Habecks im Einzelnen mit seinem juristischen Sezierwerkzeug auseinander genommen und kommt zum Schluss: “Der Ansatz des Ministers zur rhetorischen Verteilung, Zubilligung und Verwirkung von Ansprüchen auf Schutz und Toleranz erweist sich als stinknormale Variante des moralverbrämten Rassismus.“

Die Idee, dass jeder, der nicht regierungsamtliche Politik vertritt, mehr noch, wer sich nicht aktiv dazu bekennt und von anderslautenden Meinungen distanziert, aus der Volksgemeinschaft der „Guten“ ausgeschlossen werden darf, hat sich mittlerweile durchgesetzt. Solche Andersdenkende haben in der öffentlichen Diskussion nichts mehr zu suchen; wer sich mit ihnen abgibt, wird selbst zum Paria.

Wir erleben gerade die dritte Welle, in der ein solcher Wahrheitsanspruch von den Regierenden und den Schreibern in der Mainstreampresse postuliert wird. Gegner der mittlerweile allgemein als vielfach falsch betrachteten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Epidemie wurden fälschlich als Coronaleugner bezeichnet, als Querdenker und Verschwörungstheoretiker. In der zweiten Welle wurden Gegner der Aufrüstungs- und Eskalationspolitik im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg als Putinfreunde beschimpft und sie wurden eines gestörten Demokratieverständnisses geziehen. Jetzt werden die Menschen, die es nicht mit ansehen können, wie im Gazastreifen die Menschen zu Tausenden im Rahmen der Kriegführung der Israelis getötet werden, pauschal zu Antisemiten erklärt.

In allen drei Wellen ist kennzeichnend, dass von Regierungsseite und der Mainstreampresse mit Strafe der Ausgrenzung (und bei Künstlern und Autoren mit Entzug von Auftrittsmöglichkeiten) verboten wird, über die Vorgeschichte zu sprechen, bzw. die verkündeten Gewissheiten anzuzweifeln.

Aktuell befinden die Menschen, die glauben, die israelische Seite zeige eine Überreaktion, sich weltweit durchaus nicht in der Minderheit. Und in anderen Ländern, einschließlich Israel, wird durchaus darüber diskutiert, wie der Konflikt anders gelöst werden kann. Nicht alle gutwilligen Menschen auf der Welt sind einig mit der deutschen Außenministerin und Kriegs-Aficionada Baerbock, die einen Waffenstillstand im Gaza ablehnt.

Thomas Fischer nimmt in einer weiteren Kolumne zum Vorwurf des Antisemitismus gegen ihn Stellung und schreibt: „Antiislamismus in Deutschland hat (fast) nicht die Spur mit Islamkritik, Islamkenntnis oder Religion zu tun, ebenso wie Antisemitismus keine ernst zu nehmende theoretische, philosophische oder gar religiöse Meinung ist, sondern schlicht Rassismus. Aufs Konkrete bezogen: Juden in Deutschland (oder der weiten Welt) dafür verantwortlich zu machen, was eine jeweils aktuelle Regierung des Staats Israel tut oder nicht tut, ist abwegig. Muslime in Deutschland (oder in der weiten Welt) dafür verantwortlich zu machen, was irgendwelche Regierungen oder vermeintlich gottbefohlene Milizen tun oder nicht tun, ist ebenso abwegig.“ [jdm]

Asylverfahren ins Ausland verlagern – Ein übler Scherz

Die Partei der Christen (CDU), die grüne Partei der ehemaligen Friedens- und heute Waffenfreunde und des Umweltschutzes und die liberale Partei der Freiheit des Geldes– egal -  drei der neoliberalen Parteien Deutschlands haben sich gemeinsam für Asylverfahren außerhalb Deutschlands ausgesprochen.

Aber noch am 1. November zitierte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, die gesagt haben soll: „Mich verwundert schon, dass sich die Union als christliche-konservative Partei so leicht damit tut, Lösungen zu vertreten, die nicht dem EU-Recht entsprechen und das Recht auf Asyl faktisch aushebeln sollen.“

So schnell kann sich die Politik einer Partei drehen – da kommt man als Bürger gar nicht mehr mit.

Und dabei ist die Idee scheinbar genial: Wer flüchten will, soll in einem Migrationszentrum in seiner Heimat einen Antrag auf Asyl stellen. Der Asylantrag wegen Gefahr für Leib und Leben wird genehmigt und schon kann der Mensch ausreisen.

Das hätten die USA eigentlich auch schon mit den Deutschen in Nazi-Deutschland machen können – dann hätten Thomas Mann, Lion Feuchtwanger, Albert Einstein oder Marlene Dietrich nicht so Holter die Polter aus Deutschland ausreisen müssen, sondern in aller Ruhe zusammen mit dem US-Asylbescheid ausreisen können. Und die ganzen von den Nazis verfolgten Gewerkschafter, die jüdischen Schriftsteller und demokratischen Politiker: ein solches Migrationszentrum hätte ihnen bestimmt geholfen. Zumindest für viele Juden auf der Flucht hatten die USA so etwas Ähnliches eingerichtet. Ende 1938 standen etwa 125.000 Menschen vor den US-Konsulaten an, um eines der 27.000 Visa zu erhalten, die im Rahmen der damaligen Quotenregelung an Einwanderer vergeben wurden. Bis Juni 1939 stieg die Zahl der Bewerber auf über 300.000. Die meisten von ihnen wurden abgelehnt. Die, die Visa erhielten, wurden von den Nazis aber zuvor ihres ganzen Besitzes beraubt, die anderen wurden von den Nazis ihres Lebens beraubt.

Solche Migrationszentren werden in Myanmar sicher auch super funktionieren. Wie clever die Bundesregierung ihren ehemaligen Mitarbeitern in Afghanistan zur Ausreise nach Deutschland verhilft, kann nur mit Hochachtung anerkannt werden.

Der RND-Artikel zitiert auch einen so genannten Migrationsforscher Gerald Knaus. „Gerade alle die, die Bauchweh haben bei dem Gedanken, die Asylverfahren in Drittstaaten zu machen, muss man immer daran erinnern, was wir jetzt haben: Wir haben jetzt seit über sechs Jahren eine unmenschliche, unmoralische, intensive Kooperation mit Libyen, wo Menschen zurückgebracht werden, auch finanziert von der EU.“

Wenn das die Alternative ist, hat er natürlich recht: Die Unmenschlichkeit besteht für ihn darin, dass man Menschen in unmenschliche Verhältnisse zurück bringt. Sein unmenschlicher Vorschlag ist deshalb, sie lieber gleich da lassen.

Die Afrikanische Union hat schon 2018 die Einrichtung von Migrationszentren abgelehnt. Aus dem einfachen Grund: Sie haben nichts mit dem Recht auf Asyl zu tun, sondern dienen ausschließlich dazu – neben ihrer Propagandafunktion – in den afrikanischen Ländern dringend gebrauchte Fachkräfte abzuwerben. Warum sollten sich die Länder – sofern sie nicht von, von der EU korrumpierten, Staatschefs regiert werden - dies antun?

Wenn die EU Menschen einreisen lassen will, soll sie ein transparentes Einwanderungsrecht einführen. Und es unterlassen, durch kolonialistisch geprägte wirtschaftliche Beziehungen die südlichen Länder im Status des billigen Rohstofflieferanten zu halten.

Die Steuerung der Einwanderung mit dem Asylrecht zu vermengen ist unredlich. Es handelt sich um zwei verschiedene Dinge. Weil es kein nennenswertes legales Einwanderungsrecht gibt, versuchen viele Menschen ihr Ziel über einen Asylantrag zu erreichen.

Dass das für unser Land nicht funktioniert ist offensichtlich. Wir brauchen also beides: ein Einwanderungsrecht und ein Asylrecht.  Die untaugliche Antwort der jetzigen Politik der EU und Deutschlands ist es, das eine nicht zu tun (Einwanderungsregelungen) und das andere nicht mehr zu tun (Asylrecht). Die Asylverfahren ins Ausland zu verlagern, ist einfach die menschenrechtliche Bankrotterklärung Deutschlands. [jdm]

UN-Generalversammlung: 187 verurteilen Embargo gegen Kuba – Die USA wieder einmal isoliert

Bis 1959, als die kubanische Revolution die Herrschaft des Diktators General Fulgencio Batista beendete, galt Kuba als das große Kasino und Bordell der USA. Sofort führte die Revolutionsregierung eine Landreform in Kuba durch und verstaatlichte die von den US-Kolonisatoren zusammengerafften Vermögenswerte. Prompt forderten die USA eine sofortige angemessene und effektive Entschädigung. Die von Kuba angebotene Entschädigung (basierend auf einer 20-jährigen Anleihe mit einem Zinssatz von 4,5 % auf den geschätzten Wert) wurde von den US-Investoren als unzureichend abgelehnt.

Jede einzelne Enteignung von US-amerikanischem Eigentum (z. B. Großgrundbesitz), beantwortete die US-Regierung mit Gegenmaßnahmen. Im Juli 1960 reduzierten die USA die Importquote für kubanischen Zucker auf 700.000 Tonnen. Davor wurden jährlich 3,2 Millionen Tonnen in die USA exportiert. Danach folgten Beschränkungen der Ausfuhr von Waren aus den USA bis zum totalen Exportverbot nach Kuba 1960. 1962 erfolgten weitere Handelsbeschränkungen, 1963 Reisebeschränkungen. 1963 wurde kubanisches Kapital in den Vereinigten Staaten eingefroren, eine bis heute beliebte Methode der USA, das Geld von anderen Staaten zu stehlen (zuletzt haben die USA durch den Diebstahl der in den USA gelagerten afghanischen Devisen die Versorgungskrise in Afghanistan ausgelöst).

Unter dem US-Präsidenten Jimmy Carter wurden 1977 mehrere der Sanktionen aufgehoben bzw. wurden nicht erneuert. Aber diese Phase wurde durch den extrem rechts gerichteten Präsidenten Ronald Reagan wieder beendet.

Bis dahin war die Sanktionspolitik gegen Kuba sozusagen eine binationale Angelegenheit, in die die USA zweitweise die ihnen damals hörige Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) mit einbezog.

1996 gab es mit dem als Helms-Burton-Act bekannten Cuban Liberty and Democracy Solidarity Act (Gesetz über die Solidarität zu Freiheit und Demokratie in Kuba) eine neue Qualität. Denn dieses Gesetz maßte sich an, ausländische Unternehmen, die Geschäfte mit Kuba machen, zu bestrafen. Denn ihnen wird verboten, in den USA zu handeln. Begründung für diese Restriktionen waren, dass diese Unternehmen Handel mit gestohlenem US-Eigentum treiben würden und deshalb vom US-Handel ausgeschlossen werden sollten. Dieses Gesetz funktionierte nur, weil die USA zu der Zeit in vielen Bereichen ein Monopol hatten und Unternehmen auf der ganzen Welt sich genau überlegen mussten, ob sie sich den Handel mit Kuba leisten konnten. Denn es konnte ja geschehen, dass für die eigene Produktion eine Komponente aus den USA bezogen werden musste, von dem direkten Handel mit den Endprodukten in den USA ganz zu schweigen. Die EU lehnt dieses Gesetz ab, da ihrer Meinung nach die USA anderen Nationen diktierten, wie sie Handel treiben sollten.

Das bei der Revolution völlig arme Land wurde durch die Verhinderung von normalen Wirtschaftsbeziehungen zum Land vor der Haustür und zum Teil auch den von den USA abhängigen direkten Nachbarn in seiner Entwicklung nachhaltig gestört. Nur durch die Solidarität der Sowjetunion, die z. B. die Zuckerernte des Landes abkaufte, konnte das Land sich so positiv entwickeln. Heute beeindruckt das Land durch eine hoch entwickelte pharmazeutische Industrie und eine medizinische Versorgung der Bevölkerung, von der US-Bürger nur träumen können.

Die Sowjetunion gibt es aber seit 1991 nicht mehr und so musste sich Kuba allein gegen die weiter bestehende Feindschaft der USA weiterentwickeln. Das Helms-Burton-Gesetz beschreibt nicht nur das Embargo gegen Kuba, sondern detailliert sogar, wie eine kubanische Regierung nach dem Sturz der sozialistischen Regierung aussehen soll. Zwar gab es einige Lockerungen des Embargos seit der Regierungszeit Obamas, aber das Gesetz und das Embargo bestehen weiter.

Seit 31 Jahren bringt Kuba jedes Jahr einen Antrag in die Generalversammlung der Vereinten Nationen ein, mit dem die Blockade verurteilt und ihre bedingungslose Beendigung gefordert wird. Und immer hat die Vollversammlung diesen Antrag mehrheitlich unterstützt. In diesem Jahr wurde die völkermörderische US-amerikanische Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade gegen das kubanische Volk erneut von den Vereinten Nationen abgelehnt. 187 Länder stimmten am 2.11.2023 für ihre Beendigung; zwei Länder, die USA, das blockiert und tötet und Israel, waren dagegen, und ein Land, die Ukraine, enthielt sich. [jdm]

Lehre aus Westfälischem Frieden: Verhandlungen lohnen sich immer

Die Ems-Zeitung hatte heute eine ganze Seite dem Gedenken an den Westfälischen Frieden von 1648, der den 30-jährigen Krieg beendete, gewidmet. Der Artikel erinnerte aber eigentlich nur an das Gedenken an diesen Termin vor 75 Jahren und 25 Jahren. Das Thema wurde somit mehr als gesellschaftliches Ereignis, denn als Nachdenken über ein historisches Ereignis behandelt. Schon vor 75 Jahren und auch vor 25 Jahren wurde salbungsvoll über den Frieden als abstrakten und für jedermann positiven Begriff gesprochen und nicht über die Bedingungen von Frieden. Dabei wäre die Erinnerung an den eigentlichen Termin vor 375 Jahren viel lehrreicher.

Die Kriege im Europa des Mittelalters waren keine langwierigen Kriege, sondern meist trafen sich die beiden Seiten auf dem Schlachtfeld, wo dann eine Entscheidungsschlacht stattfand, wenn nicht im Vorfeld schon durch Verhandlungen beider Seiten eine andere Lösung gefunden wurde. Die Bevölkerung wurde durch die Versorgung der durchziehenden Truppen und durch Plünderungen auf dem Weg zur Schlacht in Mitleidenschaft gezogen, aber Verheerungen ganzer Landstriche waren eher die Ausnahmen.

In der Neuzeit nahmen die Kriege andere Formen an. Es ging nicht mehr nur um die Herrschaftsansprüche rivalisierender Herrscherhäuser, sondern auch um die Bedingungen der Herrschaftsausübung und um das Leben der Menschen in den Herrschaftsbereichen. Bei den Bauernkriegen als Folge von wirtschaftlichen Veränderungen und des veränderten Denkens der Menschen durch die Reformation handelte es sich um Aufstände, die von den Herrschern gemeinsam trotz ihrer Rivalitäten niedergeschlagen wurden.

Eine andere Folge der Reformation war der dreißigjährige Krieg, der anders als früher, das Land, in dem er statt fand, nachhaltig zerstörte und unzählige Menschenleben forderte. Auch dem hartnäckigsten Krieger wurde klar, dass ein Ende kommen musste, weil der Krieg keinem Herrscher mehr einen Nutzen brachte. Dennoch wollte niemand kapitulieren, sondern suchte in der Situation seine Interessen zu retten.

Die größte Lehre aus dem Westfälischen Frieden ist bis heute, dass Friedensverhandlungen auch bei völlig konträren Ansichten eine Chance auf Frieden bieten. Dabei mussten die Verhandlungsführer auch lernen, dass sich viele Kriegsteilnehmer an einen Tisch setzen mussten. Die einfache Verhandlung von zwei Herrscherhäusern war angesichts der Situation nicht mehr möglich, sondern es mussten viele verschiedene Interessen vieler Seiten verhandelt werden.

Sich an einen Tisch zu setzen, war am Anfang der Verhandlungen auch nicht möglich, weshalb man sich auf zwei Orte einigte: Osnabrück und Münster, zwischen denen Boten hin- und her pendelten.

Im Laufe der Verhandlungen merkte man, dass es keinen Sinn ergibt, die Gegenseite zu beleidigen oder durch Schweigen die Verhandlungen unmöglich zu machen. Es musste eine Sprache gefunden werden, in der man sondieren konnte, ohne seine eigenen Interessen vorzeitig preis zu geben. Die Sprache der Diplomatie entstand. Und es entstanden Rituale der Diplomatie, die das Miteinanderumgehen auch ermöglichten, wenn keine offensichtlichen Gemeinsamkeiten vorhanden waren.

Heute auf der Titelseite der Ems-Zeitung steht "EU will baldige Friedenskonferenz" - eine sicher richtige Forderung. Man fragt sich nur, warum die EU diese Friedenskonferenz für einen Konflikt im Nahen Osten, an dem sie unmittelbar nicht beteiligt ist, fordert, aber bei dem Ukrainekrieg jede Möglichkeit für den Beginn von Verhandlungen bestreitet und eine solche Perspektive torpediert.

Bei den Friedenstagen in Osnabrück und in Münster wurde laut NOZ zwar über die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten gesprochen. Die Quintessenz war aber wohl: "Und wenn gemeinsames Singen auch keinen Frieden bringt, so stiftet es doch Gemeinschaft im Streben nach Frieden. Die Friedenstage in Münster und Osnabrück haben das vorbildlich erreicht: Gemeinschaft zu schaffen." Es ging also um die Schaffung eines wohligen Gemeinschaftsgefühls. Und das ist eine klassische Reaktion von Kriegsländern, um die Bevölkerung auf Kriegskurs zu halten.

Wer sinnvoll des Westfälischen Friedens gedenken will, sollte sich in der Gegenwart für Friedensverhandlungen bei den Kriegen einsetzen, zu denen er selbst die Waffen liefert. Jedes andere Gedenken ist einfach hohl oder sogar friedensgefährdend. [jdm]

Webinar zu Alternativen zum Krieg in der Ukraine

Die Initiatoren einer Petition für die Unterstützung von Kriegsdienstverweigeren in Russland, der Ukraine und Belarus baten im Bundesaußenministerium um Unterstützung. Außenministerin Annalena Baerbock ließ ihren Referatsleiter Thomas Lenk antworten, der Schutz der Menschenrechte sei ein gemeinsames Anliegen der Ukraine und der Bundesregierung.

In der Ukraine gebe es das Recht auf Kriegsdienstverweigerung in vielfacher Form. "Der Bundesregierung liegen indes keine eigenen gesicherten Erkenntnisse zur tatsächlichen Handhabung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung durch die Ukraine vor." Das ist für die angeblich wertegeleitete Außenpolitik von Baerbock schon ein schwaches Bild. Laut Presseberichten werden Kriegsdienstverweigerer in der Ukraine zwangsrekrutiert. Viele Männer versuchen, legal oder illegal ins Ausland zu kommen, um sich dem Militär zu entziehen. Schon vor dem Krieg war Kriegsdienstverweigerung gesetzlich ausschließlich bei religiösen Gründen geregelt.

Webinar "Peace Calling" zu Alternativen denken. Frieden schaffen ohne Waffen

Die "Grüne Alternative", eine Grünen-kritische Organisation veranstaltet am 07.11.2023 ein Webinar "Peace Calling", auf dem Yurii Sheliazhenko, Geschäftsführer der Ukrainischen Pazifisten Bewegung, Olga Karach, Leiterin der Organisation Unser Haus (Belarus), Corinna Rüffer, MdB Fraktion Bündnis 90/Die Grünen; unter der Moderation von Dr. Margot Käßmann, Evangelisch-lutherische Theologin, über "Alternativen denken! Frieden schaffen ohne Waffen!" diskutieren werden. [jdm]

Ist die Frage nach den Ursachen Relativierung von Kriegsverbrechen?

Slavoj Zizek auf der Frankfurter Buchmesse 2023

"In dem Moment, in dem man akzeptiert, dass man nicht gleichzeitig für beide Seiten kämpfen kann - in dem Moment hat man seine Seele verloren", war ein Schlüsselsatz von Slavoj Žižeks Rede (mit deutscher Übersetzung auf Youtube) bei der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse. Er eröffnete seine Rede mit einer bedingungslosen Verurteilung der terroristischen Mordaktionen der Hamas. Seine weitere Rede verwendete er darauf, dass man trotz der Empörung über diese Morde, nicht die Analyse vergessen dürfe, warum es zu dieser Situation gekommen sei. Das genau diese Analyse nicht erwünscht war, zeigten die Reaktionen einiger Zuschauer, die aus Protest den Saal verließen.

Die Analyse bedeute laut Žižek nicht, dass die Morde der Hamas gerechtfertigt werden könnten, aber ursächlich sei doch die Geschichte der Palästinenser. "Die Palästinenser werden ganz klar nur als Problem behandelt, der Staat Israel bietet Ihnen keinerlei Hoffnung an, zeigt Ihnen keine Rolle, keine positive Rolle auf, in dem Staat in dem sie leben."

Ulrich Scholz

Ulrich Scholz kritisiert in seinem neuen Blogbeitrag die Heuchelei, wenn das Vorgehen in Gaza gegen Wohngebiete mit dem Kriegsvölkerrecht gerechtfertigt werde: Werden Waffen in prinzipiell geschützten Wohngebieten stationiert, verlieren die Wohngebiete ihren kriegsrechtlichen Schutz. In Gaza müsse man erkennen, dass das Kriegsrecht nicht passt. Wie in allen asymmetrischen Kriegen, in denen konventionelle Streitkräfte gegen Aufständische kämpfen, sei der Terror das Mittel des schwächeren nicht staatlich organisierten Gegners.

Es helfe nicht, die Gewalt eines Kontrahenten zu rechtfertigen, sondern nur die kompromisslose Verurteilung aller Gewalt. Das Einstehen für die Existenz des Staates Israel und das Anmahnen des Rechts der Palästinenser auf menschenwürdige Selbstbestimmung in einem souveränen Staat seien kein Widerspruch. [jdm]

Führungspersönlichkeiten braucht die Welt und keine Sheriffs

Ulrich Scholz

Der Hype, der nach den fürchterlichen Ereignissen in Palästina ausgebrochen ist, dient nicht dem Frieden, den die beiden Völker dringend brauchen, sondern gießt noch mehr Öl ins Feuer. Die Israelis werden militärisch die Oberhand behalten, aber zu welchem Preis? - Die nächste Runde der Gewalt wird nicht lange auf sich warten lassen. Sie wird noch schlimmer werden, ist zu befürchten.

Das ist nur durch eine kluge Friedenspolitik zu verhindern. Bei der Qualität der momentanen Verantwortlichen in der Region und der staatlichen Protegés der Konfliktparteien ist eine solche nicht zu erwarten. Der Ukraine-Konflikt lässt grüßen. Die Welt ist in den Händen von Sheriffs. Dabei bräuchte sie dringend Führungspersönlichkeiten. Mehr im neuen Blog-Beitrag von Ulrich Scholz ... [jdm]