Oberverwaltungsgericht: Bundesregierung muss Sofortmaßnahmen für Klimaschutz im Verkehr und bei Gebäuden ergreifen

Der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg hat Klagen der Deutschen Umwelthilfe und des BUND stattgegeben und die Bundesregierung verurteilt, ein Sofortprogramm nach § 8 Klimaschutzgesetz zu beschließen, das die Einhaltung der im Klimaschutzgesetz genannten Jahresemissionsmengen der Sektoren Gebäude und Verkehr für die Jahre 2024 bis 2030 sicherstellt.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland – BUND e.V. war der Auffassung, dass die Bundesregierung verpflichtet ist, die Klimaziele bis 2030 einzuhalten. Trotz der Pflicht legte die Bundesregierung keine wirksamen Programme vor, um die Klimaschutzlücke zu schließen. Der BUND hatte daher mit der beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Anfang 2023 eingereichten Klage den Beschluss von Sofortprogrammen verlangt, wie sie das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) vorsieht (Paragraf 8). Diese Sofortprogramme müssten Maßnahmen zur Einhaltung der jährlichen Sektorziele beinhalten. Eine vorherige Aufforderung des BUND, ein wirksames Sofortprogramm vorzulegen, ließ die Bundesregierung ungenutzt verstreichen.

Das Gericht stellte fest, dass das Umweltbundesamt für die Sektoren Verkehr und Gebäude für die Jahre 2021 und 2022 Überschreitungen der zulässigen Jahresemissionsmengen festgestellt habe. Die Bundesregierung habe dann über die zu ergreifenden Maßnahmen im betroffenen Sektor oder in anderen Sektoren oder über sektorübergreifende Maßnahmen zu beraten und diese „schnellstmöglich“ zu beschließen. Die für die Sektoren zuständigen Bundesministerien hätten im Juli 2022 solche Sofortprogramme vorgelegt, aber ein Beschluss der Bundesregierung über diese Programme blieb aus.

Stattdessen beschloss die Bundesregierung am 4. Oktober 2023 das Klimaschutzprogramm 2023. Der 11. Senat hat festgestellt, dass das beschlossene Klimaschutzprogramm 2023 nicht die Anforderungen an ein Sofortprogramm erfüllt. Es überprüft anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtberechnung, ob die Klimaschutzziele bis 2030 erreicht werden. Ein Sofortprogramm muss dem gegenüber kurzfristig wirksame Maßnahmen enthalten, die die Einhaltung der im Klimaschutzgesetz ausgewiesenen Jahresemissionsmengen für die folgenden Jahre im jeweiligen Sektor sicherstellen.

Antje von Broock, BUND-Geschäftsführerin, freute sich: „Das Gericht hat dem Klimaschutz den Rücken gestärkt. Das klimapolitische Versagen der Bundesregierung ist gesetzeswidrig." Die Deutsche Umwelthilfe erklärte auf ihrer Homepage: "Dieses Urteil ist der richterliche Doppel-Wumms für den Klimaschutz und eine Ohrfeige für die Bundesregierung und ihre katastrophale Klimapolitik. Sie muss jetzt wirksame Sofortmaßnahmen ergreifen."

Das Gericht hat die Revision zugelassen. Nach einem Bericht des RBB will die Bundesregierung juristisch gegen das Klimaschutz-Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vorgehen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing habe das dem ARD-Hauptstadtstudio bestätigt. Die Revision hat aufschiebende Wirkung. Der Klägeranwalt Remo Klinger erwarte aber bei einer Revision auch vor dem Bundesverwaltungsgericht einen Erfolg. [jdm]

Mail-Aktion gegen Greenwashing der EU für die Atomkraft

Taxonomie retten - Mailingaktion von ausgestrahlt

Voraussichtlich Anfang Juli wird das EU-Parlament abstimmen über den Entwurf der EU-Taxonomie, der Investitionen in Atomkraft und fossiles Gas als „klimafreundlich“ deklarieren will. Es besteht die Gefahr, dass Investitionen in diese Untergangstechnologien die Energiewende weiter ausbremsen. Viele Parlamentarier haben bereits angekündigt, dagegen stimmen zu wollen. Es fehlen nur noch weniger als 100 Stimmen für eine Ablehnungsmehrheit.

Ausgestrahlt bietet auf ihrer Homepage eine Mailing-Aktion an. In wenigen Minuten können Sie Ihre*n EU-Abgeordnete*n per E-Mail auffordern, gegen die Aufnahme von Atomkraft und fossilem Gas in die Taxonomie zu stimmen. [jdm]

Landwirtschaftsministerin Klöckner verweigert sich dem Moorschutz

Von den 1,8 Mio. ha Mooren in Deutschland sind etwa 92% entwässert, nur 2 % der Moore sind in einem natürlichen, nassen Zustand. Die entwässerten Moore sind verantwortlich für 5,7 % der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland. Die Pflanzenfasern im Torf der ausgetrockneten Moore vermodern an der Luft und setzen CO2 frei. Ein Wiedervernässen könnte den Prozess stoppen.

Das ist schon länger bekannt und angesichts der Größenordnung für den Klimaschutz keine Kleinigkeit. Die Bundesregierung hatte deshalb im Koalitionsvertrag eine „Moorschutzstrategie“ beschlossen; in den vor allem im Norden befindlichen Bundesländern mit besonders vielen Mooren existierten viele landwirtschaftliche Flächen auf Mooren, die sich wiedervernässen ließen. Das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium teilten Anfang des Monats mit, dass sie sich nicht auf eine Strategie einigen konnten.

Ein Sprecher des BMU teilt auf unsere Anfrage hierzu mündlich mit, dass ein Vorschlag dieses Ministeriums mit den beteiligten Verbänden und in der Bundesregierung abgestimmt worden sei, wobei das Landwirtschaftsministerium (BMEL) allerdings dem Vorschlag nicht zugestimmt habe. Dabei sei nicht deutlich geworden, welche Vorstellungen das BMEL selber habe. Offensichtlich blockiert das Landwirtschaftsministerium eine Einigung zum Moorschutz. Das BMU wird deshalb die eigene Strategie Anfang September 2021 veröffentlichen und hofft auf eine Einigung nach der Bundestagswahl.

Um den Treibhausgasausstoß der Moorböden bis 2030 um mindestens 5 Millionen Tonnen zu senken, sollte laut BMU-Vorschlag die Landwirtschaft freiwillig den Wasserspiegel unter Äckern und Wiesen in Mooren anheben. Weil sich die Flächen dann nicht mehr wie gewohnt nutzen lassen, sollten die Bauern dafür Geld vom Staat bekommen. Für den Naturschutzbund war das zwar zu wenig, aber „besser als nichts“.

Es ist nicht so, dass sich die wiedervernässten Flächen überhaupt nicht mehr landwirtschaftlich nutzen lassen. Die Nutzung bei hohen, flurnahen Wasserständen heißt Paludikultur (Quelle ab Seite 20). Das ist eine vollkommen andere Form der Bewirtschaftung und verlangt neue Investitionen der Bauern, die ihnen natürlich entweder durch Zuschüsse direkt vom Staat oder über entsprechende Produktpreise ermöglicht werden müssten. Moorpflanzen, wie Schilf, Rohr oder Torfmoose haben wegen der schwierigen Lebensverhältnisse im Moor ganz besondere Eigenschaften, die sie für die Baustoffindustrie oder den Gartenbau interessant machen. Reet als traditionelles Material für die Dächer ist bekannt, aber auch Schilf ist ein nachwachsender Rohstoff für Bedachung und Dämmung mittels Schilfplatten. Torfmoose können geerntet werden und als Ersatz für Torf in Gartenerde verwendet werden. Auch eine energetische Verwertung von Biomasse ist möglich. In einem Papier vom Wuppertal-Institut zum Klimaschutzplan (ab Seite 271) wird auch gefordert, dass die Paludikultur analog zur Förderung von Öko-Landwirtschaft mit einem Weiterbildungsprogramm zur Moorbewirtschaftung auf allen Ebenen von Allgemeinbildenden Schulen über Berufsschulen bis zu den Universitäten begleitet wird.

Diese Moorschutzstrategie betrifft nur die Flächen in Deutschland. Dass es klimapolitisch ein Unding ist, dass Deutschland zur Düngung seiner Ziergärten weiterhin Unmengen von Torf aus den baltischen Staaten einführt und durch die Importpolitik dort zur Vernichtung riesiger Moorgebiete beiträgt, wird von dieser Strategie nicht berührt. Die Entwicklung von torfreduzierten Gartenerden könnte die Importe zurückdrängen, hat aber nur am Rande mit der oben beschriebenen Moorschutzstrategie zu tun. [jdm/HM]

Klimaschutz und Klimaanpassung

Der Landkreis Emsland meldete in dieser Woche ein Projekt, dass dem Klimaschutz dient: Am 19. Juli präsentierte der Landrat des Emslandes, Marc-André Burgdorf, am Zentraldeponie-Standort in Wesuwe einen Förderbescheid des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in Höhe von 796.000 €. Mit der Förderung im Rahmen des Nationalen Investitionsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP II) soll ein wasserstoffbetriebenes Sperrmüllfahrzeug angeschafft werden, welches ab Herbst 2022 den Lingener und Emsbürener Sperrmüll einsammeln wird. Durch den Einsatz des CO2-neutralen Sperrmüllfahrzeugs können mehr als 30 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.

Kaskadenabsturz Nordradde (Foto Landkreis Emsland)

Ein zweites Projekt dient der Anpassung an die Klimafolgen und passt angesichts der Flutkatastrophe sehr gut: An der Nordradde im Bereich der Gemeinde Sögel haben Renaturierungsarbeiten begonnen. Der Kaskadenabsturz in der Nähe von Schloss Clemenswerth soll in den kommenden Wochen umgebaut und verlängert werden. „Damit soll nicht nur eine bessere Durchgängigkeit für Fische und andere Wassertiere erreicht werden, sondern der Nordradde auch die Chance gegeben werden, sich ökologisch zu entfalten“, sagt Landrat Marc-André Burgdorf. Beim Kaskadenabsturz handelt es sich um ein treppenartiges, massives Absturzbauwerk aus nacheinander angeordneten Betonfertigteilen.
Er soll nun vollständig abgebrochen werden und durch eine neue Trasse mit einer Länge von rund 732 m und eine Sohlgleite mit einer Länge von rund 50 m ersetzt werden. Für die Maßnahmenfläche wurde bereits im Sommer 2019 ein Bodengutachten erstellt. Die Gesamtkosten betragen rund 500.000 Euro, die zu 90 % durch das Land Niedersachsen gefördert werden. [Landkreis Emsland/jdm]

Am nächsten Samstag in Lingen: Atom und Kohle die rote Karte zeigen

Flyer für die Demo "Atom und Kohle die rote Karte zeigen" in Lingen am 26.10.2019

Weltweit werden Atomkraftwerke mit Brennelementen aus der Brennelementefabrik  von framatome (früher Areva NP) in Lingen betrieben. Diese Anlage ist nicht vom sogenannten Atomausstieg in Deutschland betroffen. Neben dieser Anlage gibt es in Lingen ein stillgelegtes AKW, ein Zwischenlager und ein AKW, das in Betrieb ist.

Also gibt es Gründe genug um in Lingen aktiv zu werden! Im Sommer dieses Jahres wurden während der Revisionsarbeiten im AKW gefährliche Risse im Verdampfersystem entdeckt. Die entdeckten Rohre wurden zwar verschlossen, es wurden aber nicht alle Rohre untersucht, wie es bei einem solchen Vorfall eigentlich notwendig wäre. (mehr …)

CO2-Steuer – keine gute Idee

Einzelne Stimmen der Schüler-Klima-Aktion „Fridays for Future“ haben sie gefordert und jetzt hat sich auch Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) dafür ausgesprochen: die CO2-Steuer. Der Verkehrsexperte Winfried Wolf sagt: Die Forderung geht in die falsche Richtung. Sie bringt nichts für das Klima, ist aber unsozial. (mehr …)