„Ein unbefriedigender Status Quo ist eine Alternative zur Eskalation“

Johannes Varwick, (Foto: Ralf John)

Am Freitag, 30.09.2022, brachte der Deutschlandfunk ein Interview mit Johannes Varwick, Professor für Internationale Beziehungen und europäische Politik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Anlass waren die Dekrete mit denen die Donbassrepubliken zu russischem Territorium gemacht werden.

Varwick plädiert dafür, endlich durch Verhandlungen einen Ausweg aus dem Krieg zu finden. Der eifernde Reporter konnte es anscheinend nur schwer ertragen, dass Varwick unabhängig davon, ob Russland das Völkerrecht bricht oder nicht, darauf beharrte, dass man die reale Situation wahrnehmen müsse, ohne diese als Recht anzuerkennen, um einen Ausweg aus dem Krieg zu finden. "Wir müssen kompromissfähig sein, sonst werden wir diesen Krieg nicht einfrieren können. ... Ein unbefriedigender Status Quo ist eine Alternative zur Eskalation." Die Alternative zu einer Verhandlungslösung sei eine Eskalation, die nicht im Interesse der Deutschlands sein könne und auch nicht im Interesse der Menschen in der Ukraine. Die Eskalation könne im Atomkrieg münden, was keiner wolle.

Ähnlich hatte sich Angela Merkel am Dienstagabend bei einer Rede vor der Bundeskanzler-Kohl-Stiftung geäußert. Sie verpackte ihre Empfehlung laut einem Bericht von NTV vom 28.09.2022 in ein Lob von Helmut Kohl: "Sie denke, Kohl würde heute 'alles daran setzen, die Souveränität und die Integrität der Ukraine zu schützen und wiederherzustellen', sagt Merkel. Zugleich habe er in derartigen Fragen von Krieg und Frieden nie 'den Tag danach' aus dem Blick verloren. Auf heute übertragen würde Kohl 'parallel immer auch das im Moment so Undenkbare, schier Unvorstellbare mitdenken - nämlich wie so etwas wie Beziehungen zu und mit Russland wieder entwickelt werden können', sagt Merkel. Und beides natürlich niemals in einem deutschen Alleingang. ... Man sollte seine (Putins) Worte ernst nehmen', habe sie gesagt. Angesichts der jüngsten Entwicklung wolle sie das ergänzen: 'Worte ernst zu nehmen, sie nicht von vornherein damit abzutun, sie seien nur ein Bluff, sondern sich ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen, das ist beileibe kein Zeichen von Schwäche oder Beschwichtigung, sondern ein Ausweis politischer Klugheit - einer Klugheit, die dazu beiträgt, Handlungsspielräume zu erhalten oder, mindestens so wichtig, sogar neue zu erarbeiten.' [jdm, Foto von Ralf John/Wikipedia]

Für immer ein (offenes) Geheimnis

Derzeit weiß niemand, wer die Anschläge auf die russischen Erdgaspipelines in Auftrag gegeben bzw. durchgeführt hat. Die Beschuldigungen der polnischen und ukrainischen Regierung, Russland habe seine eigenen Pipelines zerstört, haben keine innere Logik. Russland hatte noch vor zehn Tagen für die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 geworben.

Angesichts der mageren Ergebnisse von Scholz’ Betteltour bei den Diktaturen des Nahen Ostens war es nicht gänzlich unwahrscheinlich, dass die russischen Gaslieferungen wieder einen Verhandlungsdraht zwischen Deutschland und Russland hätten schaffen können. Für Deutschland wird es mit dem Gasmangel jetzt ernst. Die Hintertür einer Einigung mit Russland ist erst einmal verschüttet.

Biden hatte im Februar 2022 beim Besuch von Scholz laut Rheinischer Post-Online gesagt: „Wenn Russland tatsächlich die Ukraine angreift, Panzer und Truppen über die Grenze marschierten, ‚dann wird es Nord Stream nicht mehr weiter geben’. Dies habe er mit Scholz vereinbart. ‚Ich kann ihnen versprechen, wir werden das so handhaben’, sagt der US-Präsident.“

Der polnische EU-Abgeordnete Radosław Sikorski, ein ehemaliger Außenminister und keineswegs unbedeutend, hat sich wohl verplappert, als er auf Twitter zu einem Foto von aufsteigendem Gas in der Ostsee schrieb „Thank you USA“, und damit die USA als Täter beschrieb. Nun weiß Sikorski wahrscheinlich auch nicht mehr als andere.

Der Spiegel berichtete, die Bundesregierung sei bereits vor Wochen vom US-Geheimdienst CIA vor möglichen Anschlägen auf Gaspipelines in der Ostsee gewarnt worden. Wir alle wissen, dass eine Warnung der CIA immer eher ein Versprechen ist, dass sie etwas plant.

Man könnte darauf gespannt sein, mit welchen „Werten“ die USA diesen Terroranschlag rechtfertigen würden, aber die Information über die Hintergründe werden wir erst erfahren, wenn vielleicht in 30 Jahren die entsprechenden CIA-Akten von der Geheimhaltung befreit werden. Vorher wird niemand etwas erfahren. [jdm]

Wer den Krieg nicht versteht, ist unfähig zum Frieden

Ulrich Scholz

Diesmal erinnert der Ex-Soldat Ulrich Scholz an den Satz von Clausewitz, den alle Militärakademien lehren: Krieg ist die Fortführung der Politik mit anderen Mitteln. Das sollte man bedenken und daraus Schlüsse ziehen.

Der moderne Krieg ist kein Duell. Panzerhaubitze 2000 gegen russische Artillerie-Systeme oder US-amerikanische Stinger gegen russische KA 52 (Kampfhubschrauber) und SU 25 (Jagdbomber) mögen simple Geister faszinieren, sie werden nie begreifen, was Krieg tatsächlich ist.  Krieg ist der Einsatz von militärischen Fähigkeiten zu Land, zu Wasser, in der Luft, im Cyber-Space und vor allem an der Informationsfront, um politische Ziele durchzusetzen. Den Krieg mag man gewinnen. Der Frieden, den man eventuell erreicht, ist ein Friedhofsfrieden. Mehr in seinem Blogbeitrag "Wer den Krieg nicht versteht, ist unfähig zum Frieden". [jdm]

Gefahr des Atomkriegs erhöht – Bundesregierung steckt den Kopf in den Sand

Putin sagte in seiner Rede, in der er die Teilmobilmachung bekannt gab, auch: „Es geht auch um nukleare Erpressung. Ich spreche … auch von den Äußerungen einiger hochrangiger Vertreter führender Nato-Länder über die Möglichkeit und Zulässigkeit des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen – Atomwaffen – gegen Russland. Denjenigen, die solche Behauptungen über Russland aufstellen, möchte ich in Erinnerung rufen, dass auch unser Land über verschiedene Militärmittel verfügt, von denen einige Komponenten fortschrittlicher sind als die der Nato-Länder. Wenn die territoriale Integrität unseres Landes bedroht ist, werden wir natürlich alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um Russland und unser Volk zu verteidigen. Dies ist kein Bluff.“

Laut der Ems-Zeitung sieht sich die Bundesregierung „nicht zu einer Neueinschätzung der atomaren Bedrohungslage veranlasst.“ Die USA sehen das anders und haben „schwere Konsequenzen“ angekündigt.

Es wird also jetzt ernsthaft über einen Atomkrieg gesprochen, wobei die Bundesregierung sich einfach taub stellt und einfach behauptet „Wird schon nicht so schlimm.“

Dabei hat die Nato schon seit Jahren ihre Atomwaffenstrategie umgestellt von der einfachen Abschreckungsformel, dass der Einsatz von Atomwaffen die Vernichtung beider Kontrahenten bedeutet, hin zu der Entwicklung von taktischen Atomwaffen. Darum ging es im Kern auch bei den Auseinandersetzungen um die Pershing-Raketen in den 70er/80er Jahren. Damals konnte diese Entwicklung aufgehalten werden.

Aber seit ca. 10 Jahren hat die Nato Atomwaffen in Dienst gestellt, die einen begrenzten Atomschlag möglich machen sollen. Dabei geht es nicht darum, dass sie weniger zerstörerisch sind, sondern schneller beim Gegner einschlagen, bevor dieser reagieren kann.

NTV berichtete im Oktober 2020 von geheimen Nato-Übungen, in denen genau dieser Atomwaffeneinsatz geprobt wurde. NTV schrieb: „Die deutsche Luftwaffe trainiert mit Nato-Partnern die Verteidigung des Bündnisgebiets mit Atomwaffen. So hat dpa-Informationen zufolge in dieser Woche eine geheime Bündnisübung mit dem Namen "Steadfast Noon" begonnen. Dabei wird unter anderem der Einsatz von Jagdbombern trainiert, die im Kriegsfall mit Nuklearwaffen bestückt werden könnten. Ein Schauplatz der Übung ist in diesem Jahr der Fliegerhorst Nörvenich in Nordrhein-Westfalen. Er gilt als möglicher Ausweichstandort für die taktischen US-Atomwaffen vom Typ B61, die nach offiziell unbestätigten Angaben im rheinland-pfälzischen Büchel lagern.“

NTV resümierte 2020: „Militärexperten rechnen damit, dass es nun zu einem neuen Rüstungswettlauf kommen könnte. Die USA arbeiten so bereits an einem neuen mobilen bodengestützten Mittelstreckensystem, das in Zeiten des INF-Vertrags illegal gewesen wäre. Es soll nach derzeitiger Planung ausschließlich konventionelle - das heißt nicht-atomare - Sprengköpfe transportieren. Ob es dabei bleibt, ist allerdings unklar.“

Bundeskanzler Scholz spricht bei der russischen Teilmobilmachung von einem „Akt der Verzweiflung“ und wertet sie als Zeichen der Schwäche. In seinem Pressestatement in New York redet Scholz von dem Ukrainekrieg in einer Floskelsprache, als ob es um irgendein untergeordnetes Problem auf dieser Welt gehe.

Angesichts der Kenntnis der Nato-Strategie, die sich auf den taktischen Einsatz von Atomwaffen stützt, und den massiven Waffenlieferungen an die Ukraine und der von den USA gesteuerten Kriegsführung der ukrainischen Armee, könnte ein „verzweifelter“ und „schwacher“ Präsident Putin wirklich auf die Idee kommen, selbst Atomwaffen einzusetzen. Oder ist Scholz so locker drauf, weil er weiß, dass die Nato die Atomwaffen zuerst einsetzen möchte? Da nicht zu glauben ist, dass Scholz ein solches Verbrechen plant, bleibt nur die andere Variante: Unverantwortliche Dummheit.

Der Sanktionskrieg gegen Russland zerstört nur unsere Wirtschaftskraft; die weitere Befeuerung des Ukrainekriegs kann uns ins atomare Inferno stürzen. Um dies zu verhindern, müssen sofort Verhandlungen aufgenommen werden, dürfen keine Waffen mehr geliefert werden und muss es zu einer Sicherheitspartnerschaft mit Russland kommen. Das sind angesichts der atomaren Bedrohung Mindestforderungen. [jdm]

Österreichische Zeitung beschreibt Weg zum Ukrainekrieg – die dortigen Grünen wollen das zensieren

Das Magazin ÖSTERREICH SICHER erscheint viermal pro Jahr als Printausgabe und "geht gratis an 250.000 Haushalte in Österreich, an alle Dienststellen der Polizei und des Bundesheeres, an Führungskräfte, an alle Bürgermeister der Gemeinden in ganz Österreich sowie Landesregierungen und liegt bei Partnern der Aktion 'Gemeinsam.Sicher' zur Entnahme auf. Die Ausgaben von ÖSTERREICH SICHER kann man auf der Webseite im PDF-Format durchblättern und auch downloaden", aber die aktuelle Ausgabe ist nicht zu finden. Warum?

Weil dort ein Artikel "Das üble Spiel der Großmächte - Die Welt als Königsgambit - Der Ukraine-Krieg ist die Geschichte eines vermeidbaren Krieges" erschienen ist. Der Artikel beschreibt, wie es zu dem Ukrainekrieg gekommen ist und welche Rolle die USA dabei spielen. Der Artikel vergleicht den Ukrainekonflikt mit einem Königsgambit, wobei das Schachbrett die Weltpolitik ist und Europa ganz sicher keinen König auf dem Schachbrett darstellt, sondern eine untergeordnete Figur, die im Interesse der USA geopfert wird.

Außerdem enthält der Artikel eine Chronologie, wie es zum Ukrainekrieg kam. Der Artikel spricht pessimistisch von einer unumkehrbaren Pattsituation, enthält aber am Ende doch einige Lösungsoptionen für den Krieg, die aus bisherigen Krisensituationen abgeleitet werden.

Für die österreichischen Grünen war eine öffentlich geäußerte Meinung, die der EU-Nato-Erzählung vom Krieg für "Freedom and Democracy" widerspricht, nicht erträglich. Die grüne Abgeordnete des österreichischen Nationalrats, Eva Blimlinger, startete eine Anfrage an den Innenminister, ob er die einzelnen Aussagen des Artikels auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft habe und überhaupt, wie so ein Artikel in einer staatlich finanzierten Zeitung erscheinen kann. Man darf gespannt sein, ob der Innenminister den Mut aufbringt, den Wahrheitsgehalt der Aussagen zu bestätigen. Schon Carl von Ossietzky, der als Folge seines Martyriums im KZ Esterwegen verstorben ist, konnte ein Lied von der Zensur durch die Kriegstreiber singen. Wer den Krieg will, mag sich nicht mit anderen Sichtweisen auseinandersetzen. [jdm]

Kundgebung zum Antikriegstag in Esterwegen

Stefan Eikens

Bei der heutigen Mahnveranstaltung des DGB auf der KZ-Begräbnisstätte Esterwegen zum Antikriegstag stellte Stefan Eikens, der Vorsitzende des DGB Kreisverbands Nördliches Emsland fest, dass mit dem kriegerischen Überfall Russlands auf die Ukraine der Krieg in Europa zurück sei und mit ihm seien Tod, Zerstörung und Elend zurück gekehrt. Der DGB fordere, dass die Waffen überall wieder schweigen müssten. Die Sicherheitsordnung liege in Trümmern und die Fortführung des Krieges durch Russland eskaliere die Situation.

Gerold Siemer

Diese Situation erfordere neue Antworten, die nicht in einer weiteren Militarisierung der Politik und in einem neuen Rüstungswettlauf bestehen könnten. Vielmehr müssten Abrüstung und eine Ächtung aller Atomwaffen, sowie eine kooperative Außen- und Sicherheitspolitik die Antwort sein.

Der Hauptredner der Kundgebung war Gerold Siemer, der Sprecher des Amnesty International Bezirks Bremen Weser-Ems. Er begann seine Rede damit, dass der Ort der Veranstaltung Mahnung genug sein müsse. Der Antikriegstag erinnere an den Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen am 1.09.1939, der den Beginn des 2. Weltkriegs markiere. Dieser habe unzählige Menschenleben gekostet. Es sei unfassbar, dass heute wieder Krieg in Europa herrsche. Neben dem Ukrainekrieg gebe es derzeit weltweit 30 weitere, so genannte vergessene, Kriege und kriegerische Konfliktherde, die jeder einzeln Leid, Furcht, Elend und Tod bedeuteten.

Kranzniederlegeung am Von Ossietzky-Mahnmal

Im Ukrainekrieg seien bis heute schon etwa 100.000 Menschen auf beiden Seiten gestorben, darunter viele Zivilisten und Kinder. Viele seien auf der Flucht vor dem Kriegsgeschehen. Russland greife auch Schulen, Kindergärten, Kliniken und Wohngebiete an. Die Verantwortlichen gehörten vor Gericht gestellt. Der Krieg sei auch eine Menschenrechtskrise, weil in Russland verschärft gegen Kriegsgegner vorgegangen werde. Er verwies auf die Verurteilung von Aleksandra Skochilemko, die in einem Supermarkt in St. Petersburg Preisschilder durch Antikriegsinformationen ersetzt habe. Er bat die Kundgebungsteilnehmer um ihre Unterschrift unter ein Protestschreiben an die St. Petersburger Staatsanwaltschaft. Es sei beileibe nicht so, dass alle Menschen in Russland mit dem Krieg gegen die Ukraine einverstanden seien.

Nach seiner Rede gab es aus dem Publikum Proteste gegen seine Rede, weil er die Entwicklung zum Krieg einseitig dargestellt habe und auch weil er die Menschenrechtslage in der Ukraine nicht beschrieben habe. Siemer verteidigte sich damit, dass er angesichts beschränkter Zeit "sehr viel" ausgelassen habe, aber nicht drei Stunden Redezeit habe.

Die Veranstaltung, die in bewährter Weise von dem Duo Rita und Paul musikalisch begleitet wurde, endete mit einer Kranzniederlegung und dem gemeinsamen Singen des Moorsoldateniedes. [jdm]

Aufruf und Veranstaltung des DGB zum Antikriegstag 2022

Der DGB-Aufruf zum Antikriegstag 2022 steht unter dem Motto: "Für den Frieden! Gegen einen neuen Rüstungswettlauf! Die Waffen müssen endlich schweigen!"

Im Aufruf mahnt der DGB an, dass sich die Sicherheitsdebatte in der Folge des Ukraine-Kriegs immer stärker auf den Einsatz militärischer Mittel der Friedenssicherung verenge. Der DGB möchte mit den Aktionen und Kundgebungen am diesjährigen Antikriegstag vor einer weiteren Militarisierung der Debatte warnen. "Der Ukraine-Krieg darf uns nicht zu dem Irrglauben verleiten, Frieden ließe sich mit Waffen schaffen. Hinzu kommt, dass jeder Euro, der zusätzlich für Aufrüstung ausgegeben wird, an anderer Stelle zu fehlen droht."

Der DGB setzt sich für eine europäische und internationale Friedensordnung ein, die auf den Menschenrechten und den Prinzipien der Freiheit, der Selbstbestimmung und der sozialen Gerechtigkeit beruht.

Er fordert eine kooperativ ausgerichtete Sicherheitspolitik, die weit über militärische Friedenssicherung hinausgeht. Zivile Instrumente der Diplomatie, der Entwicklungszusammenarbeit und einer fairen Handelspolitik, der humanitären Hilfe und der Konfliktprävention, müssten deutlich aufgewertet werden.

Der DGB wendet sich gegen einen neuen weltweiten Rüstungswettlauf. Gerade der Ukraine-Krieg zeige, wie wichtig es sei, am Ziel einer weltweit kontrollierten Abrüstung festzuhalten. Die Festlegung der Bundesregierung, den deutschen Rüstungshaushalt dauerhaft auf das Zwei-Prozent-Ziel der NATO oder darüber hinaus aufzustocken, lehne er entschieden ab. Außerdem fordert der DGB die Bundesregierung auf, mit dem angekündigten Rüstungsexportkontrollgesetz umgehend für eine deutliche Beschränkung von Waffenexporten zu sorgen.

Atomwaffen müssten weltweit geächtet werden. Alle Nuklearmächte modernisieren derzeit ihre Atomwaffenarsenale. Die Bundesregierung wird aufgefordert, an dem im Koalitionsvertrag formulierten Ziel eines atomwaffenfreien Deutschlands festzuhalten, aus der nuklearen Teilhabe auszusteigen und die Lagerung von Atomwaffen in unserem Land zu beenden. Das bedeute auch, dass Deutschland dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten müsse.

Der DGB Kreisverband Nördliches Emsland veranstaltet zum Antikriegstag eine Mahnveranstaltung am Sonntag, den 4. September um 18 Uhr auf der Begräbnisstätte Esterwegen. [jdm]

Wahlprüfsteine der VVN/BdA zur Landtagswahl

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Landesvereinigung Niedersachsen (VVN/BdA) hat zur Landtagswahl am 9. Oktober 2022 Wahlprüfsteine erarbeitet und an die kandidierenden Parteien geschickt.

Die Pflege der KZ-Gedenkstätten ist verbesserungswürdig, wie hier die KZ-Begräbnisstätte Esterwegen 2020

Die beiden ersten Forderungen der VVN/BdA betrifft ein Anliegen, dem sich Hallo-Wippingen mit seinen Berichten über die KZ-Begräbnisstätte Esterwegen an der B401 immer wieder widmet. Die VVN/BdA fordert die Erstellung einer landesweiten Bestandsaufnahme der Gräber und Gedenksteine der ausländischen Opfer des Hitlerfaschismus und ein gemeinsam mit den Kommunen erarbeitetes Konzept zur dauerhaften Betreuung und Pflege dieser Anlagen.

Viele Mahn- und Gedenkstätten würden von lokalen Initiativen erhalten. Das Land müsse diese Initiativen unterstützen, um deren Forschungs- und Rechercheergebnisse zu sichern.

Weiter fordert der Verband, den 8. Mai, den Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus, zum Feiertag zu erklären. Plätze und Straßen dürften nicht mehr nach Naziverbrechern benannt werden. Die drei Regionalbüros zur mobilen Beratung gegen Rechts müssten um entsprechende Einrichtungen in allen größeren Städten ergänzt werden.

Der Truppenübungsplatz Bergen solle geschlossen werden und in ein UNESCO-Biosphärengebiet umgewandelt werden. Das Land Niedersachsen dürfe sich nicht an der Nato-Übung Defender 2022 durch Bereitstellung von Infrastruktur beteiligen.

Die NSU-Verbrechen hätten gezeigt, dass der Verfassungsschutz unfähig sei, die Bürger vor dem Naziterror zu schützen,. Es sei im Gegenteil Teil von rechten Strukturen in Verwaltung und Polizei. Der Verfassungsschutz müsse abgeschafft werden.

Weitere Forderungen betreffen einzelne Gedenkstätten. Außerdem gibt es Forderungen zur Friedenspolitik, zur Flüchtlingspolitik und zum Erhalt demokratischer Rechte.

Die Grünen haben in ihrer Antwort eine weitgehende Unterstützung vieler Einzelforderungen signalisiert. Die Forderung zur Auflösung des Verfassungsschutzes und zur Friedensicherung werden von den Grünen aber nicht unterstützt. Die Piratenpartei unterstützt alle Forderungen, aber nicht diejenigen zur Friedenspolitik. Die CDU wendet sich in ihrer Antwort pauschal gegen Gewalt und Extremismus, verteidigt aber Verfassungsschutz, Berufsverbote und militärische Einrichtungen und Maßnahmen. Die Linke erklärt pauschal, dass sie die Forderungen unterstütze ohne auf einzelne Forderungen genauer einzugehen. Von der SPD und der FDP fehlt bisher eine Antwort. [jdm]

Ukraine-Krieg oder schon 3. Weltkrieg? – 5/5 Angriff auf China – Welche friedlichen Perspektiven gibt es?

In einem fünfteiligen Essay versuchen wir darzustellen, worum es im Ukraine-Krieg derzeit geht und dass wir uns vielleicht schon im 3. Weltkrieg befinden. Im ersten Teil hatten wir beschrieben, dass die Situation nicht mit 1914 vergleichbar ist, weil die multinationalen Konzerne nicht mehr im Rahmen der Nationalstaaten miteinender konkurrieren. Im zweiten Teil beschrieben wir, wie die Übernahme der ehemaligen Ostblock-Staaten und der Umbau der Wirtschaftspolitik in den westlichen Staaten den Kapitalismus stabilisierten. Im dritten Teil stellten wir die Kriege der letzten 25 Jahre dar und Chinas Versuche, einer wirtschaftlichen und politischen Isolierung entgegen zu arbeiten. Im vierten Teil ging es um die Konfrontation mit Russland.

Das eigentliche Ziel hinter der Konfrontation mit Russland ist die Niederringung Chinas. Hier arbeiten die USA schon länger mit einer Sanktionsstrategie, die das Klima vergiftet. Mit militärischen Provokationen wird ebenfalls versucht, Spannungen zu erzeugen. Deutschland hat schon im August 2021 die Fregatte Bayern in das Südchinesische Meer geschickt.

Die USA haben als Haupthebel die Insel Taiwan auserkoren. Regelmäßig berichtet unsere Presse von einer angeblichen Verletzung der Flugüberwachungszone Taiwans durch chinesische Flugzeuge. Flugüberwachungszonen werden von Staaten einseitig definiert, um frühzeitig über Militärflugzeuge in ihrem Hoheitsgebiet Bescheid zu wissen. Sie haben keinerlei völkerrechtliche Relevanz. Die taiwanesische Zone ragt bis weit in das Festland Chinas hinein. Demnach verletzt jeder innerchinesische Flug über Chinas Provinzen an der Küste die Flugüberwachungszone Taiwans, was völkerrechtlich Humbug ist. Als Beleg für die Aggressivität Chinas wird diese sinnlose Behauptung aber immer wieder neu aufgestellt und von der westlichen Presse unkritisch berichtet.

Taiwan wird von China als untrennbarer Teil des Landes betrachtet. Umgekehrt hat die taiwanesische Kuomintang-Regierung sich als alleinige Regierung Chinas betrachtet und auf der Einheit von Taiwan und Chinas Festland bestanden. Völkerrechtlich wurde 1971 die Volksrepublik als UN-Mitglied anerkannt und Taiwan aus der UNO ausgeschlossen. Angesichts der Realitäten hat Taiwan den Anspruch ganz China zu vertreten aufgegeben.

Für China ist die Koexistenz mit Taiwan auch mit seinem anderen gesellschaftlichen und politischen System möglich. Das sieht übrigens auch die größte Oppositionspartei Taiwans so. Taiwan und China sind wirtschaftlich und auch personell verflochten. Taiwanesen werden von China als Staatsbürger Chinas angesehen. Diese Rechte nutzen viele Taiwanesen für ihre persönlichen Beziehungen und für ihre Geschäfte.

Anstatt diese Koexistenz, wie sie heute besteht, zu erhalten, versuchen die USA Taiwan zu ihrer Aufmarschbasis analog zum Vorgehen in der Ukraine zu machen.

Aktuell warnen die USA täglich vor einem Überfall Chinas auf Taiwan. Der Besuch von Nancy Pelosi, der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, sollte an der Ein-China-Politik rütteln und Unsicherheit erzeugen. Es handelte sich nur um eine diplomatische Verletzung des Völkerrechts, war aber geeignet zu provozieren. Als Taiwanese sollte man sich angesichts des großen Freundes USA vielleicht schon heute eine Auswanderungsmöglichkeit suchen. Denn die Warnungen der USA vor dem Krieg sollten realistischer als Versprechen der USA gelesen werden, so lange zu provozieren, bis China sich ihnen militärisch entgegen stellt. Es ist zu hoffen, dass die chinesische Regierung kaltblütiger als die russische Regierung bleibt.

Dr. Dimitrios Patelis, Philosophieprofessor an der Technischen Universität Kreta, spricht angesichts dieser Entwicklungen davon, dass wir uns seit dem Überfall auf Jugoslawien bereits in einem Dritten Weltkrieg befinden (Beilage zu Marxistische Blätter 4/2022). Es seien fast alle Staaten der Erde beteiligt. Nur dass dieser Weltkrieg sich nicht in einer kurzen Phase von wenigen Jahren ereignet, sondern sich über Jahrzehnte hinzieht. Aber die Zahl der Opfer und die Brutalität dieses Krieges sind nicht geringer.

Wer glaubt, der Krieg sei zu Ende, wenn der Westen seine unipolare Welt erschaffen habe, kennt den Kapitalismus nicht. Er wird weiter wachsen müssen, egal auf wessen Kosten. Professor Patelis antwortet auf die Frage, ob wir angesichts dieser düsteren Prognose nicht in einer Sackgasse steckten, mit einem „ja, aber“. Zu diesem ganzen militärischen Wahnsinn käme ja noch die ökologische und Klimakatastrophe hinzu. Dennoch zeige die Geschichte, dass mit „jeder neuen Welle von Weltkriegen, in denen sich die Widersprüche des Weltkapitalismus entluden, auch immer neue Wellen revolutionärer Prozesse … heranreiften. … Es ist zu erwarten, dass die Zuspitzung der Situation, die Verschlechterung der Lebensverhältnisse von den Bevölkerungsmassen in verschiedenen Regionen der Welt nicht unendlich lange hingenommen wird, sondern dass ihr Widerstand dagegen wachsen muss und wird.“

Patelis’ Hoffnung wäre also eine „klassische“ Hoffnung auf eine demokratische Revolution der Opfer imperialistischer Politik.

Eine andere Hoffnung auf eine friedliche Zukunft vertreten Wissenschaftler, die das Wachstum und den Zwang zum Wachstum als Ursache von Krieg und Umweltzerstörung betrachten. Sie wollen das Wachstum direkt angehen und beenden. Hierfür gibt es dann nicht nur politische Forderungen (Revolution), sondern durch Stärkung lokaler Strukturen und Versorgungskreisläufe, Bestandserhalt und einer De-Globalisierung soll jeder sich in die Veränderung einbringen. Vertreter einer solchen Perspektive, der Postwachstumsökonomie, ist Prof. Dr. Niko Paech. Diese Wirtschaft soll ohne Wachstum des Bruttoinlandsprodukts über stabile, wenngleich mit einem vergleichsweise reduzierten Konsumniveau einhergehende Versorgungsstrukturen verfügen. Die Schonung natürlicher Ressourcen geht einher mit einer Verminderung der Kriegsgefahr. [jdm]

Ukraine-Krieg oder schon 3. Weltkrieg? – 4/5 Russland ausschalten, um China zu treffen

In einem fünfteiligen Essay versuchen wir darzustellen, worum es im Ukraine-Krieg derzeit geht und dass wir uns vielleicht schon im 3. Weltkrieg befinden. Im ersten Teil hatten wir beschrieben, dass die Situation nicht mit 1914 vergleichbar ist, weil die multinationalen Konzerne nicht mehr im Rahmen der Nationalstaaten miteinender konkurrieren. Im zweiten Teil beschrieben wir, wie die Übernahme der ehemaligen Ostblock-Staaten und der Umbau der Wirtschaftspolitik in den westlichen Staaten den Kapitalismus stabilisierten. Im dritten Teil stellten wir die Kriege der letzten 25 Jahre dar und Chinas Versuche, einer wirtschaftlichen und politischen Isolierung entgegen zu arbeiten

China gibt durch seine Wirtschaftskraft anderen Staaten des Südens die Möglichkeit, sich dem Zugriff der Nato-Staaten zu entziehen. Deshalb wird China als Gegner gesehen. Russland spielt in diesem Kampf des Westens gegen China eine besondere Rolle.

Der russische Präsident Jelzin und seine Freunde haben sich in den 1990ern bei der Liquidierung des Sozialismus in Russland von den USA beraten lassen und die Schocktherapie in Russland angewendet. Manager öffentlicher russischer Unternehmen sollten alles privatisieren, darunter die Energiekonzerne Gasprom und Yukos, und viele weitere Unternehmen zu Geld machen. Das, was von den USA als Demokratie verkauft wurde, war eine große Enteignung der russischen Menschen. Einzelne russische Manager eigneten sich die Unternehmen mit Korruption und westlichen Krediten an. Statt Demokratie entwickelte sich die Oligarchie. Zum Ausverkauf an westliche Firmen kam es dann aber nicht mehr. Präsident Wladimir Putin nutzte seine staatliche Macht dazu, die Oligarchen zu bremsen und sie gewissen Spielregeln, man könnte auch sagen, dem Recht, zu unterwerfen. So konnte Russland seine wirtschaftliche Talfahrt zumindest stoppen.

Russlands Oligarchen waren mit ihrer Existenz als Ausbeuter der Rohstoffe des Landes eigentlich zufrieden. Putins Konsolidierungspolitik machte das Land nach dem Chaos durch den vom Westen beratenen Jelzin sicherer. Russland glaubte, jetzt ein guter Partner für den Westen und speziell für die EU sein zu können, wie Putins Rede am 25.09.2001 vor dem Bundestag zeigte. Aber für die USA waren Kooperationen Russlands mit der EU aus einem doppelten Grund nicht erwünscht. Erstens wollte man verhindern, dass mit dem technologischen Potential der EU und der Rohstoffbasis Russlands, ein Konkurrent zu den USA geschaffen würde. Und seit mindestens zehn Jahren wollen die USA Russland am besten wie Jugoslawien in Einzelteile zerlegen, um direkt an Chinas Grenzen vorstoßen zu können. Die Angebote Putins, auf dem Weltwirtschaftsforum und bei anderen Gelegenheiten wiederholt, wurden stets ausgeschlagen.

Für den Kampf gegen Russland spielte die Ukraine in den Planspielen der USA eine besondere Rolle. George Friedman, ist der Chef von Strategic Forecasting Inc. (abgekürzt Stratfor), ein führender privater US-Think Tank, der u.a. Analysen zur Geopolitik erstellt. Während einer Pressekonferenz beim Chicago Council on Global Affairs (2015) legte er die US-amerikanische globale Strategie besonders auch in Bezug auf Europa und Deutschland sehr klar und deutlich offen. Und er sagte, welche Rolle die Ukraine für die USA spielt, um eine Zusammenarbeit von Deutschland und Russland zu verhindern. Der Plan ist aufgegangen.

2014 wurde in der Ukraine der Maidan-Putsch inszeniert. Und damit wurde für Russland endgültig deutlich, dass eine Partnerschaft von der Nato nicht gewünscht war. Die Ukraine drohte zum Aufmarschgebiet der Nato zu werden. Nato-Atomraketen direkt an den Grenzen zu Russland wurden greifbare Realität. Zudem war der Zugang Russlands zum Schwarzen Meer gefährdet.

Die ideologische Basis von Putins Partei unterschied sich kaum von der Ideologie der konservativen und liberalen Parteien im Westen. Seine Angebote zur Partnerschaft wurden aber von diesen westlichen „Bruder“-Parteien zurückgewiesen. Die russische Politik musste diesen Widerspruch erklären können. Als Verteidiger der Marktwirtschaft und der Durchsetzung des Kapitalismus in Russland stand Putins Regierungspartei als Erklärungsmuster nur die Ideologie zur Verfügung, die bei imperialistischen Auseinandersetzungen stets zu Hand ist: der Nationalismus. Auch innerhalb der EU sehen wir diese Tendenzen, Benachteiligungen im Rahmen der EU nicht als Ausfluss der kapitalistischen Ausbeutungsmechanismen zu deuten, sondern als Benachteiligung der eigenen „Nation“.

Die Ukraine war bis 2014 noch ein mehrheitlich russlandfreundliches Land und wurde von den, von den USA finanzierten und gepushten, Putschregierungen ebenfalls durch Rückgriff auf nationalistische Propaganda in Frontstellung gegen Russland gebracht. Das Land wurde dadurch gespalten; die Ostprovinzen (der Donbass) erklärten sich für selbständig; die ukrainische Regierung führte gegen ihre östlichen Landesteile einen siebenjährigen Krieg mit ca. 14.000 Toten. Von der Propaganda der ukrainischen Regierungen und Parteien wurde der Nazi und Hitlerpartner Bandera zum geschichtlichen Helden der Ukraine aufgebaut.

Russland erklärte zwar seine Solidarität mit dem Donbass, hatte aber gleichzeitig Sorge wegen der dort verbreiteten Nostalgie für die Sowjetunion. Russland nahm es letztlich hin, dass das Minsker Abkommen von der Ukraine vollkommen ignoriert wurde. Die Krim wurde in die russische Föderation aufgenommen, um den Zugang zum Schwarzen Meer zu sichern. Die so genannte Krim-Annektion ist nicht mehr und nicht weniger völkerrechtswidrig, wie die Abtrennung des Kosovo von Serbien, die mit Nato-Bomben durchgesetzt wurde. Auf der Krim hat sich die Bevölkerung aber in einer Volksabstimmung eindeutig dafür ausgesprochen.

Die Ukraine wurde seit 2014 – obwohl nicht in der Nato – von den USA militärisch ausgerüstet und an die Strukturen der Nato angepasst. Das westliche Sanktionsregime der Jahre seit 2014 hat das Klima zu Russland ständig weiter vergiftet. Wer sich zurück erinnert, wie entspannt die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland davor gestaltet war, muss daran verzweifeln, wie ohne offensichtlichen Grund die Beziehungen zu Russland auf Betreiben der USA ständig verschlechtert wurden. Mit dieser äußeren Spannung waren auch Reaktionen innerhalb der beteiligten Staaten verbunden. In Russland wurde die klerikal-nationalistische Haltung immer mehr zur beherrschenden Ideologie. Die Ukraine ist heute eine neoliberale Diktatur, die die faschistischen Kollaborateure der Deutschen im 2. Weltkrieg zum Vorbild erhebt. Wirtschaftlich werden beide Staaten von einer Gruppe von unermesslich reichen Oligarchen beherrscht.

Das Russland diese Situation dadurch „entspannt“ hat, dass es in die Ukraine einmarschierte, war ein Fehler, den viele – auch der Autor dieser Zeilen – Putin nicht so schnell zugetraut hätten. Es hätte noch weitere Chancen gegeben, die westliche Konfrontationspolitik zurück zu drängen. Die Situation war für Russland militärisch noch nicht so bedrohlich, wie sie es heute ist. Es scheint so zu sein, dass jemand, der sich einer nationalistischen, chauvinistischen Ideologie bedient, um seine Ziele zu erreichen, schließlich selbst dieser Ideologie aufsitzt und glaubt, zuschlagen zu müssen.

Im Westen ist die Feindschaft mit Russland zur Staatsdoktrin geworden; wer nicht in das Kriegsgeheul mit einstimmt, wird zum Outsider bestimmt. Das gilt sogar für den neoliberalen Vorkämpfer gegen den deutschen Sozialstaat, Gerhard Schröder.

Da Russland ein wichtiger Rohstofflieferant ist und als Atommacht auch militärisch trotz der begrenzten Ressourcen ein Riese ist, spielt es in der Expansionsstrategie des Westens eine große Rolle als eine Sperre, die man überwinden muss. [jdm] Fünfter Teil: Angriff auf China - Welche friedlichen Perspektiven gibt es?

Ukraine-Krieg oder schon 3. Weltkrieg? – 3/5 Eine Kette von Kriegen seit 1992

In einem fünfteiligen Essay versuchen wir darzustellen, worum es im Ukraine-Krieg derzeit geht und dass wir uns vielleicht schon im 3. Weltkrieg befinden. Im ersten Teil hatten wir beschrieben, dass die Situation nicht mit 1914 vergleichbar ist, weil die multinationalen Konzerne nicht mehr im Rahmen der Nationalstaaten miteinender konkurrieren. Im zweiten Teil beschrieben wir, wie die Übernahme der ehemaligen Ostblock-Staaten und der Umbau der Wirtschaftspolitik in den westlichen Staaten den Kapitalismus stabilisierten.

Die wirtschaftliche Einverleibung der ehemals sozialistischen Staaten und die neoliberale Ausrichtung der westlichen Staaten an einem unbeschränkten Markt mit Sozialabbau und Privatisierungen hatten den Westen vor einer Wirtschaftskrise gerettet. Hier waren jetzt Grenzen erreicht, doch das ständige Wachstum war weiter erforderlich. Die Globalisierung dieses freien Marktes mit Exportüberschüssen gegenüber abhängigen Staaten sollte das ewige Wachstum garantieren.

Umso empfindlicher reagierte der Westen auf jeden Versuch, sich der Ausbeutung zu entziehen. In Jugoslawien mit seinem Selbstverwaltungssozialismus war die Wirtschaftskrise auch angekommen und sie führte zu Auseinandersetzungen zwischen den Teilrepubliken. Die Nato nutzte diese Situation in den 1990er Jahren, um in Jugoslawien einen Testballon starten zu lassen, ob es dem Westen möglich ist, einfach einen Staat nach seinen Wünschen zu gestalten. Deutschland erkannte die Unabhängigkeit Kroatiens sofort an (was genauso rechtswidrig war, wie die Anerkennung der Unabhängigkeit des Donbass in der Ukraine durch Russland) und leitete damit die Zerschlagung Jugoslawiens ein. Die Nato und auch Deutschland scheuten nicht vor dem ersten kriegerischen Überfall in Europa nach 1945 zurück.

Seit 2001 wurden im Nahen Osten alle Länder, die sich aus der Abhängigkeit des Westens erheben wollten, unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung mit Krieg oder mit Regime-Changes überzogen. Um den widerständigen Iran zu schädigen, wurde der Irak unter Saddam Hussein von den USA für einen Krieg gegen den Iran aufgerüstet. Im zweiten Schritt wurde der Irak selbst zerstört.

Bei den so genannten Farbrevolutionen in Libyen, Ägypten, Syrien und Tunesien, wo sich demokratische Bewegungen für Veränderungen im Land einsetzten, wurden diese von den USA und wechselnden Koalitionen von Nato-Staaten mit geheimdienstlichen Mitteln durch gewalttätige Gruppen instrumentalisiert, um Vorwände für militärische Interventionen zu schaffen. Diese brachten für die Bevölkerungen nur Enttäuschungen, noch reaktionärere Regime und Kriege. Unter dem Vorwand Demokratie und Wohlstand zu bringen, zerbombte die westliche „Gemeinschaft“ ein Land nach dem anderen, um deren Wirtschaft und Bodenschätze übernehmen zu können.

Die Unabhängigkeit, nach der diese Länder gestrebt hatten, war nicht immer eine, die den Menschen ein besseres Leben gebracht hätte, sondern meist hätte sie nur der einheimischen Bourgeoisie geholfen. Aber dieses Streben stand dem Expansionsdrang des Westens im Weg, deshalb musste es bekämpft werden. Demokratische Bewegungen in der Welt haben keine Chancen mehr, weil die westlichen Staaten jede dieser Bewegungen sofort für ihre Interessen instrumentalisieren.

Die Kriegsführung der Nato hat sich analog zur Wirtschaftsentwicklung verändert. Alle Kriege des Westens waren multinational, auch im Jemen herrscht derzeit kein Bürgerkrieg, sondern neben Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Iran, sind Ägypten und die Nato-Staaten, auch Deutschland, zumindest mit Waffenlieferungen beteiligt. Die Kriege wurden mit Hilfe von Technik industrialisiert und zum Teil ferngesteuert. Eine Arbeitsteilung zwischen Aufklärern, Drohnenführern am Joystick, und von der IT gesteuerten Soldaten vor Ort war selbstverständlich. Zum Teil waren die Soldaten Söldner von Privatarmeen. Im Irak ganz aktiv war die US-Söldnertruppe Academi, die damals noch Blackwater USA hieß. Aktuell gibt es beim Minusma-Einsatz der Deutschen in Mali Auseinandersetzungen mit der dortigen Regierung, weil privat angeheuerte Sicherheitskräfte aus der Elfenbeinküste den Minusma-Soldaten zuarbeiteten und nicht offiziell als Soldaten angemeldet wurden.

Der Krieg selbst ist ein Riesengeschäft. Das, was früher als „militärisch-industrieller Komplex“ bezeichnet wurde, ist mittlerweile in den USA deutlich erkennbar als der Teil des Staates, der den Reststaat in der Hand hat, nicht umgekehrt.

Die Hoffnung, Libyen, Syrien und Afghanistan als Rohstofflieferanten vereinnahmen zu können, hat sich den Nato-Staaten nicht erfüllt. Man hat nur erreicht, dass diese Länder als „Failed States“ vollständig ruiniert sind, was den Westen aber nicht weiter stört. Im Gegenteil: Afghanistan wird durch fortgesetzte Sanktionen der USA an einer Erholung vom 30jährigen Krieg gehindert. In Libyen werden die Clans weiter aufeinander gehetzt. Syrien wird von allen Seiten weiter als Kriegsschauplatz benutzt. Die US-Armee ist trotz Beschlüssen des irakischen Parlamentes, das Land zu verlassen, immer noch dort.

Der Westen hat sein Ziel, die Wirtschaft entsprechend der technologischen Möglichkeiten weiter zu expandieren, nicht aufgegeben. Als größtes Hindernis für das unendliche Wachstum, haben die Nato und die USA China als „strategischen Rivalen“ erkannt. Das Ziel der USA ist es, China als Konkurrenten auszuschalten und eine unipolare (monopolare) Weltordnung zu schaffen. Und die EU-Staaten in der Nato haben sich dieses Ziel auf ihrem letzten Gipfel in Spanien auch zu Eigen gemacht.

China wurde als der alternative Pol der Nato ausgemacht, dem man mit aller Macht diese Position streitig machen muss. Eine friedliche Koexistenz ist dem Westen nicht möglich, weil  der westliche Kapitalismus zum Überleben die permanente Ausdehnung, das unendliche Wachstum, braucht.

China ist hier in einer anderen Position und bietet die Kooperation an, was es mit der Road and Belt-Initiative (Neue Seidenstraßen-Initiative) auch praktiziert. China ist zwar Teil des kapitalistischen Weltmarktes und unterliegt auch den Zwängen des Kapitalismus. Aber im Inneren hat es sich auch viele Prinzipien des Sozialismus bewahrt. Dazu gehören die weiter geltende Vergesellschaftung des Bodens und der Bodenschätze. Der Staat hat das Primat über die Wirtschaft behalten und kann gesellschaftlich erarbeiteten Reichtum auch nach gesellschaftlich erwünschten Vorgaben oder schlicht den Vorgaben der Regierung in bestimmte Bereiche lenken, wie z. B. in das Programm zur Bekämpfung der Armut, in die Entwicklung von benachteiligten Regionen des Landes oder in die Infrastruktur. Im Westen scheitern solche Projekte immer wieder an dem Primat des Profites, dem Shareholder-Value.

Chinas Angebote zur Kooperation werden von vielen Staaten angenommen, um sich selbst dadurch Handlungsspielraum gegenüber den USA und dem industrialisierten Norden zu erarbeiten. Die Zusammenarbeit solcher unterschiedlicher Staaten, wie Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (BRICS-Staaten) ist nur möglich, weil das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten gilt und den Staaten freier Handlungsspielraum geschaffen werden soll.

Die Road and Belt-Initiative ist keine caritative Einrichtung Chinas, sondern eine langfristige wirtschaftliche Kooperation mit all seinen Schwierigkeiten. Der Grundsatz der Nichteinmischung führte bei verschiedenen Projekten z. B. in Myanmar, aber auch in Brasilien dazu, dass die Infrastrukturprojekte von der dort unterdrückten Bevölkerung als Kumpanei mit den Machthabern betrachtet wurde, oder in anderen Einzelfällen zur Teilhabe an der örtlichen Korruption. Das führte dort zu einem schlechten Ansehen Chinas. In Afrika ist Chinas Ansehen dagegen sehr gestiegen, gerade weil die Projekte nicht mit ausbeuterischen Auflagen wie beim IWF üblich, versehen sind. Grundsätzlich problematisch ist, dass die Kooperation Chinas auch auf Wachstum setzt. Angesichts einer endlichen Erde und angesichts von Klimakatastrophe, der Krise der Gesundheitssysteme und der Übernutzung von begrenzten Ressourcen ist dies auf Dauer keine Lösung. Aber die Staaten des globalen Südens verweisen in diesem Zusammenhang auf ihren generellen Nachholbedarf. Positiv wiederum ist, dass China bei den Projekten auf die neueste Technik setzt, um negativ wirkende Technikschritte zu überspringen.

China, für das diese Kooperationen angesichts der Drohungen der Nato überlebenswichtig sind, ist aus Sicht des Westens doppelt gefährlich: China wird als Konkurrent betrachtet und es hilft anderen Ländern etwas Unabhängigkeit gegenüber den USA und Westeuropa zu bekommen bzw. zu bewahren.

Dass sich die Staaten des Südens die Formen ihrer Ausbeutung nicht mehr von den US-dominierten Organisationen Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) vorschreiben lassen müssen, gefällt den Weltkonzernen und somit den USA und der EU nicht. [jdm] Zur Folge 4 "Russland ausschalten, um China zu treffen

Ukraine-Krieg oder schon 3. Weltkrieg? – 2/5 Zusammenbruch des Sozialismus im Ostblock und Privatisierungen im Inneren als Rettungsanker

Photo courtesy of National Nuclear Security Administration / Nevada Field Office
Atombombentest 1954.

In einem fünfteiligen Essay versuchen wir darzustellen, worum es im Ukraine-Krieg derzeit geht und dass wir uns vielleicht schon im 3. Weltkrieg befinden. Im Ersten Teil hatten wir beschrieben, dass die Situation nicht mit 1914 vergleichbar ist, weil die multinationalen Konzerne nicht mehr im Rahmen der Nationalstaaten miteinender konkurrieren, sondern aufgrund der technischen Entwicklung in der Lage wären, die Welt zu beherrschen und das auch brauchen. Der Kapitalismus braucht das permanente Wachstum, das an Grenzen gestoßen ist.

Beginnend mit der Ölkrise der 1970er Jahre zeichnete sich in den 1980er Jahren eine weltweite Wirtschaftskrise ab, die ausgelöst wurde, weil der kapitalistische Markt stagnierte. Typische Zeichen waren ein Preisverfall, Firmenpleiten und Rückgang des Exports.

Der Zusammenbruch der sozialistischen Staaten bot dem Westen dann aber unverhofft die Möglichkeit, aus dieser Krise heraus zu kommen. Ein riesiger Markt eröffnete sich im ehemaligen Ostblock. Alles was diese Länder an Produktionsmitteln hatten, wurde eingestampft und durch eigene Technik ersetzt. Ein riesiges Heer an billigen Arbeitskräften und die Rohstoffreserven standen zur Ausbeutung bereit.

Diese Zeit ist aber vorbei und das Wachstum gen Osten beendet. Die westlichen ehemaligen Ostblockstaaten sind mittlerweile eingemeindet. Russland hat sich wirtschaftlich stabilisiert und stand nicht mehr ohne weiteres für die grenzenlose Ausbeutung bereit. Vielmehr hatte sich hier – zunächst mit Hilfe des Westens – eine eigene Oligarchie entwickelt, die die Ressourcenausbeutung des Landes selbst betrieb, ohne das Land wirklich wirtschaftlich zu entwickeln. Jetzt gibt es für die westlichen Oligarchen einen Widerspruch zwischen den Möglichkeiten, die der technische Fortschritt böte, und den tatsächlichen Expansionsmöglichkeiten.

Eine zweite Möglichkeit, der Krise zu entkommen, eröffneten sich die Konzerne, indem sie zunächst in ihrem eigenen Herrschaftsgebiet expandierten. Dazu diente die neoliberale Doktrin, die den Markt als die Instanz betrachtet, die quasi alles automatisch richtig lenkt. Der Staat sollte sich aus allem heraushalten. In Deutschland wurde mit den Hartz IV-Gesetzen die Arbeiterschaft entmachtet, indem ein riesiger Billiglohnsektor geschaffen wurde und die Macht der Gewerkschaften zu Lohnverhandlungen deutlich verringert wurde. Die öffentliche Daseinsvorsorge wurde dem Zugriff der Konzerne durch Privatisierungen freigegeben. Sogar in den USA, wo schon immer Privateigentum vor Staatseigentum ging, fand man mit der Privatisierung des Strafvollzugs und militärischen Teilfunktionen noch Bereiche, die von den Konzernen übernommen worden sind.

In Deutschland war die Deutsche Post eines der ersten Opfer dieser Politik. Die Privatisierung der Bundesbahn blieb auf halber Strecke stehen, weil die Bahnchefs den Bahnbetrieb schon für die Vorbereitung des Verkaufs an der Börse auf profitable Bereiche reduzierten, was aber angesichts der gesellschaftlichen Funktion der Bahn zuviel Unruhe im Wahlvolk brachte. Aber aufgegeben haben die Privatisierer nicht: die FDP betreibt mit Unterstützung der Grünen in der jetzigen Bundesregierung die Trennung von Netz- und Bahnbetrieb; in Berlin betreiben die Grünen im Senat die Privatisierung der S-Bahn.

Die kommunalen Wohnungen wurden in den letzten 30 Jahren – zu zum Teil nur durch Korruption erklärbaren, unterirdisch niedrigen Preisen –an die neuen Immobilienkonzerne verscherbelt. Der größte „deutsche“ Immobilienkonzern Vonovia gehört dabei folgenden Anteilseignern (in der Reihenfolge der Anteile): Norges Bank Investment Management,10,8%; APG Asset Management NV, 3,90%; The Vanguard Group, Inc., 3,04%; Fidelity Management & Research Co. LLC, 2,42%; BlackRock Advisors (UK) Ltd., 2,14%; BlackRock Fund Advisors, 1,70%; FIL Investment Advisors (UK) Ltd., ,36%; MFS International (UK) Ltd., 1,29%; DWS Investments (UK) Ltd., 1,23%, Deka Investment GmbH, 1,20%.

Aktuell ist auch das Gesundheitswesen im Blickfeld der Privatisierer: Nach der Übernahme des US-Gesundheitskonzerns One Medical durch Amazon warnen Kinder- und Jugendärzte vor einem Einstieg von Beteiligungsfirmen in die deutsche Gesundheitsversorgung. „Wir haben die Sorge, dass das zu uns rüberschwappt, dass sich Investoren etwa über Medizinische Versorgungszentren (MVZ) breitmachen wollen und die ärztliche Versorgung an sich reißen“, sagte Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), laut einer Meldung der Ems-Zeitung vom 29.07.2022. Alle Bundesländer, auch Niedersachsen, haben Zentralisierungspläne für ihre Krankenhauslandschaften. Dabei werden im zweiten Schritt einerseits zentralisierte Krankenhäuser direkt verkauft, wie das Uni-Klinikum Gießen/Marburg. Andererseits kaufen sich die Konzerne die stillgelegten Krankenhäuser für billiges Geld, um dort nur die hochpreisigen Bereiche der Medizin ohne die Grundversorgung zu betreiben.

Die Versuche, die Rente durch eine private kapitalgedeckte Rentenversicherung zu ersetzen, sind in Deutschland mit den Stichworten Riester- und Rürup-Rente umrühmlich verbunden. Der vor allem von der FDP betriebene Versuch der Privatisierung der Pflegeversicherung mit einem ebenso unrühmlichen Namen: Pflege-Bahr. In dieses Kapitel gehören auch die Abschaffung von Leistungen der Krankenversicherung bei der Zahnversorgung, Augenversorgung und durch Eigenbeteiligungen, womit sich neue Geschäftsfelder für die Versicherungskonzerne eröffneten.

Die Welle der Privatisierungen von Wasserwerken ist abgeebbt, weil die Städte schon sehr schnell gemerkt haben, dass sie praktisch ihre Seele verkauft haben bzw. hätten. Die Stadt Papenburg hat ihre beiden Schwimmbäder verkauft und will sie jetzt – nachdem sie zuletzt mehr geschlossen, als geöffnet waren – zurück kaufen. Über den Rückkaufpreis wird die Öffentlichkeit natürlich nicht informiert.

Schweden merkt zurzeit, dass die Privatisierung des Schulsystems mit sehr vielen Problemen behaftet ist; das Schulsystem wird nicht billiger, aber die Spaltung der Gesellschaft wird gewaltig angeschoben.

Diese Liste von Privatisierungsvorhaben ließe sich beliebig lange fortsetzen. Aber für den Expansionsdrang der Konzerne sind diese „internen“ Expansionsmöglichkeiten nicht ausreichend. Die Konzerne brauchen die unbeschränkte weitere Ausdehnung auf dem Weltmarkt.

Die verschiedenen Freihandelsverträge dienten ebenso diesem Ziel der Expansion. Aber manche Staaten verweigern sich diesen Verträgen. Oder schließen untereinander solche Verträge, was den westlichen internationalen globalisierten Konzernen nicht gefällt, weil sich hier Konkurrenz bilden kann. Um hier das Heft in der Hand zu behalten, wurden die USA, die Nato und einzelne westliche Länder, vor allem Deutschland, Frankreich und Großbritannien, nach außen immer aggressiver. Obwohl mit der Auflösung des Warschauer Paktes die Nato ihren Gegner verloren hatte, rüstete sie seit Ende der 1990er Jahre stetig und kräftig auf. Der Weg in den 3. Weltkrieg wurde bereitet. [jdm/ Photo courtesy of National Nuclear Security Administration / Nevada Field Office]. Zum dritten Teil: Eine Kette von Kriegen seit 1992

Ukraine-Krieg oder schon 3. Weltkrieg? – 1/5 Nicht mit 1914 vergleichbar

Atombombentest Bikini Atoll am 26 März 1954.

Der griechische Philosoph Dimitrios Patelis spricht davon, dass wir uns schon im 3. Weltkrieg befinden. Die Regierungen der Nato erklären, es gehe nur um den Kampf gegen das Böse in Person von Putin und die Verteidigung des Opfers, der Ukraine. Andere Zusammenhänge gebe es nicht. Manche wiederum vergleichen die Situation mit der von 1914, als die imperialistischen Mächte sich gegenseitig im 1. Weltkrieg an die Kehle gingen. In einem fünfteiligen Essay versuchen wir darzustellen, worum es im Ukraine-Krieg derzeit geht.

Die von den Regierungen der USA, der EU- und Nato-Staaten und deren Medien kampagnenhaft verbreitete Deutung des Krieges lautet, die Ukraine, ein unschuldiger Staat, der auf gutem Weg zu seiner Unabhängigkeit und seiner Souveränität war und dafür seine eigenen Bündnisse suchte und seine Verteidigungsfähigkeiten aufbauen wollte, wurde plötzlich von einem brutalen Aggressor überfallen. Seitdem herrsche Blutvergießen.

Eine andere Deutung einer Minderheit ist, es gebe einen Krieg zwischen imperialistischen Mächten wie 1914. Man verurteilt diesen Krieg, weil man als Pazifist gegen Krieg ist. Vor 100 Jahren war die Arbeiterbewegung gegen die Kriege zwischen Deutschland und den anderen Mächten, weil die Arbeiterklasse mit dem Konkurrenzkampf der Konzerne des Kapitals nicht zu tun habe.

Diese heutige Minderheitsmeinung trennt sich wiederum in zwei Gruppen. Die erste lehnt einfach den Krieg Ukraine-Russland ab und befasst sich nicht weiter mit den Ursachen. Sie lehnt aber Waffenlieferungen ab, weil diese den Krieg weiter entfachen.

Die Dicke Bertha 1914 vor Lüttich - Der Mörser war auf dem Kruppschen Schießplatz im Emsland getestet worden

Und die zweite Minderheitsmeinung stellt sich auf die Seite des Angegriffenen, also die Ukraine, und will der Ukraine mit allen Mittel helfen, auch mit Waffen. Aus dieser Richtung stammen die neuen Waffenexperten wie Anton Hofreiter von den Grünen, die sich jetzt als astreine Kriegstreiber etabliert haben. Schon 1914 ließen sich große Teile der Sozialdemokraten und der Gewerkschaftsbewegung in ihren jeweiligen Ländern für die Kriegsziele einspannen, indem sie ihr Land jeweils als Opfer des anderen Aggressors sahen.

Der Vergleich mit der Situation von 1914 ist aber nicht ausreichend. Wir haben es heute nicht mit verschiedenen gleich starken Mächten zu tun, die sich um einen größeren Anteil an den Reichtümern der Erde balgen. Damals waren die nationalen Märkte an ihre Grenzen gekommen und konnten sich nicht mehr entwickeln. Es ging den Mächten darum, ihre nationalen Märkte zu erweitern und das ging nur um den Preis, die Konkurrenten militärisch zu schlagen, um deren Geschäftsgebiete zu übernehmen und eigene Waren zu exportieren und Produktionsstätten zu installieren. Dass allein durch die Zerstörungen des Krieges neue Nachfrage erzeugt wurde, war ein erwünschter Nebeneffekt.

Heute haben wir wegen der technologischen Entwicklung eine andere Situation. Die Industriemonopole sind universal angelegt. Mit Hilfe der Kommunikationstechnologie, Weltraumtechnik, Bio- und Nano-Technologie wären diese Konzerne in der Lage, sich unendlich auszudehnen und sämtliche wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Produktionsprozesse unter ihrer Leitung zu übernehmen. Die Konzerne gehören zwar schwerpunktmäßig Anteilseignern aus den USA und der EU, aber es sind ebenso institutionelle Besitzer aus allen Ländern der Erde, auch aus Russland, China, Südamerika und dem Nahen Osten vertreten.

Schlagzeile The Guardian: Enthüllt: Die "schwindelerregenden" Gewinne des Ölsektors von 3 Milliarden Dollar pro Tag in den letzten 50 Jahren

Die USA und die Nato-Staaten haben sich die Interessen der oligarchischen Unternehmen zu Eigen gemacht; man könnte auch sagen, die Oligarchen bestimmen die Politik dieser Länder. „The Guardian“ berichtete am 21.07.2022, dass eine Analyse auf Daten der Weltbank basierend festgestellt hat, dass die Ölindustrie in den letzten 50 Jahren täglich (!) 2,8 Milliarden Dollar an Reingewinn erbracht hat. "Es geht um eine riesige Menge Geld", sagte einer der Autoren. "Mit all diesem Geld kann man jeden Politiker und jedes System kaufen, und ich glaube, das ist auch geschehen. Es schützt [die Produzenten] vor politischer Einmischung, die ihre Aktivitäten einschränken könnte".

Stellvertretend für die multinationalen Konzerne, die die Herrschaft über die Welt antreten wollen, sehen sich die westlichen Staaten unter Führung der USA als den einzigen Pol in der Welt, der für dessen Leitung bestimmt ist. Diese Führung ist ihnen in Teilgebieten der Erde auch jeweils schon gut gelungen. Ideologisch abgesichert wird dieser Herrschaftsanspruch durch die neoliberale Doktrin, dass der Markt allein alles regeln könne. Hinzu kommen ein amerikanisches Sendungsbewusstsein als von Gott erwählte Nation und die Instrumentalisierung der westlichen einseitigen Vorstellungen von Demokratie und Menschenrechten. Demokratie und Menschenrechte erschöpfen sich in formaler Einhaltung von Wahlen und formaler Gleichbehandlung von Menschen unabhängig von Geschlecht oder ethnischer Zugehörigkeit. Die Rechte auf Gesundheitsvorsorge, auf Teilhabe an den geschaffenen Werten in der Produktion als Arbeitnehmer oder auf eine öffentliche Daseinsvorsorge sind in diesem Menschenrechtskanon nicht vorgesehen.

Die weltweite Herrschaft der Konzerne ist schon weit gediehen; Microsoft, Google, Facebook und Amazon und ähnlich strukturierte Konzerne wie Netflix oder Eventim beherrschen die Kultur zum großen Teil. Die Presseorgane und Kulturinstitutionen passen sich deren Stil der Verwertung von Kultur an.

Die Organisation der Produktion wird von der Kommunikationstechnologie bestimmt. Tesla, Uber und die anderen Konzerne der so genannten Sharing Economy verändern das Arbeitsleben. Die Arbeiter, die die Werte erzeugen, haben kaum noch Einfluss auf die Arbeitsbedingungen. Gewerkschaftsrechte werden weltweit abgebaut; in Deutschland hat zuletzt die Vorgängerregierung (Große Koalition) den Konzernen das Gewerkschaftseinheitsgesetz geschenkt, das eine bürokratisierte Gewerkschaftsbewegung vor kämpferischen Mitgliedern und Konkurrenten schützt. Und die Zeitungen und Sender der mittlerweile multinationalen Pressekonzerne haben diese Gesetzesänderung einhellig unterstützt, genau wie sie sich während der Corona-Epidemie einhellig zu Sprechern der Regierungspolitik gemacht haben und genauso, wie sie jetzt einhellig die Sanktionspolitik der Regierung unterstützen und –wiederum – kampagnenartig mit Forderungen nach Waffenlieferungen den Krieg in der Ukraine befeuern. Auch hier hat sich die nicht monopolisierte Presse, wie z. B. ARD und ZDF, dem Vorbild der Konzernpresse angeschlossen.

Diese Monopole werden weltweit von einer Finanzoligarchie mit Hilfe von neuen Kapitalformen und Krediten gesteuert. Die „deutschen“ Konzerne gehören auch längst nicht mehr einzelnen Großaktionären, ganz zu schweigen von einzelnen Unternehmerpersönlichkeiten, sondern Finanzkonzernen und Schattenbanken, wie BlackRock, Vanguard, State Street & Co., Dimensional Fund, T. Rowe Price, Perkins usw., die Oligopole darstellen. Diese Oligopole sind selten Einzel-Mehrheitseigner von Konzernen, sondern haben nur einige Prozente der Anteile; sie stellen in ihrer Gesamtheit aber die Mehrheit und bestimmen das Geschäft. Regionale und persönliche Gegebenheiten spielen keine Rolle mehr, sondern gehandelt wird nur nach überzogenen Renditeerwartungen.

Und so müsste es nach den zugrunde liegenden Triebfedern des Kapitalismus einfach weiter gehen. Aber hier stößt das Kapital an Grenzen, die es nicht akzeptieren kann. Es wird mit den vorhandenen Produktionskapazitäten mehr produziert, als verkauft werden kann. Die Ware wird somit wertlos. Das führt im Kapitalismus zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch.

Demnächst 2. Folge: Zwei Rettungsanker [jdm/Foto Wikipedia gemeinfrei Hermann Rex (gest. 1937), Photo courtesy of National Nuclear Security Administration / Nevada Field Office]

Vor 65 Jahren verkaufte Krupp an den Bund

Bunker prägen die Landschaft im Schießgebiet

Am 1. August ist es 65 Jahre her, dass die Firma Friedrich Krupp in Essen ihr 1877 eingerichtetes Schießplatzgelände in den damaligen Landkreisen Meppen und Aschendorf-Hümmling einschließlich der sieben Gutshöfe und des Moorgutes Ramsloh mit bebauten und unbebauten Grundstücken, sowie totem und lebenden Inventar, also auch die Kruppschen Häuser in Meppen, für 37 Millionen DM an die Bundeswehr verkaufte. Der Bundesminister der Verteidigung hatte zuvor am 3. Juli 1957 die Errichtung der „Erprobungsstelle für Waffen und Munition Meppen“ angeordnet.

Der ehemals Kruppsche Schießplatz wurde dann in drei Betriebe aufgegliedert: die eigentliche E-Stelle der Bundeswehr, die Wirtschaftsbetriebe Meppen mit den Gutshöfen und die Oberförsterei Sprakelerheide.

Obwohl erst mit den Pariser Verträgen vom 5. Mai 1955 die Bundesrepublik die volle Souveränität erlangt hatte – was auch die Errichtung einer Armee erlaubte – wurde schon am 3.11.1953 bei einer Besprechung über die Emslanderschließung durch einen Vertreter des Bundeskanzleramtes mitgeteilt, dass eine Freigabe von Teilen des Schießplatzgeländes nicht in Frage komme, weil man beabsichtige, den Schießplatz wieder zu nutzen.

Zu dem Zeitpunkt durfte Deutschland noch überhaupt keine Armee aufstellen. Frankreich hatte den Vertrag über eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft abgelehnt.

Um die Zustimmung der örtlichen Bevölkerung zu bekommen und zu erhalten, investierten die Bundeswehr bzw. der Bund einiges in die Infrastruktur des Emslandes. Vor allem Meppen profitierte von Zuschüssen zur Turnhalle, zum Freibad, zu den Gymnasien und zu Kindergärten.

Auch Wippingen profitierte: Es entstand 1962 die Kreisstraße 114 von Wippingen nach Werpeloh. Zuvor verbanden die Dörfer nur einige Sandwege. Autos fuhren bis dahin über Börger nach Werpeloh und Sögel. [jdm]

Militärische Abschreckung heißt, mit seinem Selbstmord drohen

Um die Demokratie und Unabhängigkeit, sowie ungehinderten Zugang zu den Rohstoff-Regionen und sichere Handelswege zu bewahren und vor Bedrohungen zu schützen, agiert eine Regierung in allen klassischen Handlungsfeldern der Politik, der Diplomatie, der Wirtschaft, der Kultur, der zwischenmenschlichen Beziehungen und nicht zuletzt der militärischen Gewaltanwendung. Begriffe wie Verteidigung und Abschreckung sind letztendlich Drohungen der Gewaltanwendung, die auch ein Interessenkontrahent für sich gleichermaßen in Anspruch nehmen wird. Wenn das Drohungsritual funktioniert, wird der Konflikt friedlich ausgehen. Wenn nicht, gibt es Krieg, der zu der Verwüstung von Ländern mit millionenfachen Opfern führen und im schlimmsten Fall sogar den Untergang der Menschheit zur Folge haben.

Ulrich Scholz wirft die Frage auf, ob die vielen zivilen Opfer, die ein solcher Krieg kosten würde, eine Abschreckungspolitik nicht schon aus ethischen Gründen verbieten. Scholz beschreibt anhand von einigen Fakten das Chaos, das ein Krieg in Europa auslösen würde. Mehr bei Ulrichs Newsletter... . [jdm]

Nato will Chinas Erfolge militärisch bekämpfen

Der Nordatlantik-Pakt, kurz Nato genannt, nennt sich selbst ein "Verteidigungsbündnis". Wieso dieser Pakt seine Schiffe und Kriegsflugzeuge in Asien kreuzen und fliegen lässt, statt im Nordatlantik, ist ein Rätsel. Auf ihrem Gipfel in Madrid hat sie China als "systemische Herausforderung" bezeichnet. Der Begriff "systemischer Rivale" wurde vermieden. China erzeuge strategische Abhängigkeiten in nicht-militärischen Bereichen. Klar muss man - meint die NATO - dagegen militärisch vorgehen.

Auf dem G7-Gipfel hatte Biden ein weltweites Infrastrukturprogramm verkündet. Die westlichen Staaten kopieren damit das "Neue-Seidenstraßen"-Programm Chinas, das für viele Staaten eine gute Alternative zu den unterdrückenden "Hilfe"-Strategien des Weltwährungsfonds und der Welthandelsorganisation, sowie der westlichen Staaten darstellt, weil es nicht in die Partnerländer hineinregiert und nicht verlangt, dass diese Länder sich den neoliberalen Forderungen nach Privatisierung und schutzloser Auslieferung an den Weltmarkt unterwerfen. Man darf gespannt sein, wie die westlichen Staaten auch ihr jetzt verkündetes Infrastrukturprogramm nutzen, um die Unterwerfung der restlichen Welt zu verstärken.

Die NATO-Staaten und die Mainstreampresse der EU hatten die verstärkte Konfrontationlinie im letzten Monat mit erneuerten Vorwürfen an China wegen angeblicher Unterdrückung der Uiguren in der Provinz Xinjiang vorbereitet. In einem Interview des VW-Rechtsvorstands Manfred Döss mit der Neuen Zürcher Zeitung stellt dieser fest: "Ich kann für das Werk in Urumtschi sagen, dass uns keine Hinweise vorliegen, dass Zwang auf die Werktätigen ausgeübt wird". Der Grünen-Europaparlamentarier Bütikofer, ein notorischer Rufer nach Sanktionen gegen China, hatte den VW-Konzern aufgefordert, sich aus China zurückzuziehen. [jdm]

Amerikas Krieg

Ulrich Scholz

Der ehemalige Luftwaffenoffizier und NATO-Planer Ulrich Scholz versucht in seinem neuesten Blogeintrag klarzustellen, dass nicht die Ukraine Krieg gegen Russland führt, sondern die USA. Es sei eben kein Stellvertreter-Krieg, wie Experten immer wieder behaupteten, in dem die Ukrainer durch Militärhilfe in die Lage versetzt werden, die russischen Invasoren zu besiegen, sondern eine direkte militärische Konfrontation zwischen Amerika und Russland.

Interessant ist, dass Scholz diese Aussage vor allem auf militärische Argumente stützt. Eine Analyse der militärischen Fähigkeiten Russlands und der Ukraine, sowie des bisherigen Kriegsverlaufs lasse deutlich die Handschrift der USA erkennen. Die Ukrainer hätten trotz massiver Militärhilfe aus dem Westen keine Chance, diesen Krieg gegen Russland zu gewinnen. Sie seien lediglich das Schwert, das die blutige Arbeit verrichten solle. Das Hirn seien Amerikaner. Hier geht es zum vollständigen Artikel auf Ulrichs Newsletter... . [jdm]

G7-Staaten: Mit Sanktionen in die Klima- und Hungerkatastrophe

UNICEF sammelt Geld für die Opfer des Erdbebens in Afghanistan, um den Menschen, die sich in einer katastrophalen Lage befinden, zu helfen. Das Land wird nach 30 Jahren Krieg von einem autoritären Regime regiert, was die Situation nicht besser macht. Zur Hungersnotregion wurde das Land jetzt nicht durch das Erdbeben, sondern dazu haben die USA das Land durch ihre Wirtschaftssanktionen gemacht. Die USA erkennen die Taliban-Regierung nicht an, haben die Devisenreserven des Landes beschlagnahmt (sprich geklaut) und verhindern mit Sanktionen gegen jeden, der mit dem Land wirtschaftlich verkehrt, dass das Land mit dem Ausland Handel treiben kann und seine Wirtschaft wieder aufbauen kann. Und auch das, was erlaubt ist, wird von potentiellen Handelspartnern nicht gemacht, aus Angst eine Regel der USA zu übertreten und somit selbst Sanktionsopfer zu werden.

Sanktionen treffen nur in seltenen Ausnahmefällen diejenigen, die offiziell Ziel der Maßnahmen sind. Opfer sind immer die armen Menschen in den jeweiligen Ländern, nie die reichen und herrschenden Kreise.

Auch die Sanktionen gegen Russland, die der Westen verhängt hat, haben bisher in keiner Weise dazu beigetragen, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Die Wirtschaft Russlands hat sich als viel resistenter erwiesen, als es sich die westlichen Regierungen erhofft haben. Die nicht mit der NATO assoziierten Staaten machen bei den Sanktionen nicht mit, so dass Russlands Wirtschaft sich zum Teil sogar unabhängiger von westlichen Einflüssen machen konnte und neue Handelspartner gefunden hat. Der Westen hat heute nicht mehr die wirtschaftliche Macht, den Ländern der Welt ein Verhalten zu diktieren - schon gar nicht einem so großen Staat wie Russland.

Opfer dieser Sanktionen sind aber weltweit die Menschen, die von ihren normalen Arbeitseinkommen leben müssen.

Russland hat seine Erdgaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 gedrosselt. Gazprom hatte Siemens-Turbinen zur Reparatur nach Kanada geschickt und jetzt lässt im Rahmen der Sanktionen Kanada die Turbinen nicht nach Russland verschiffen. Wenn Habeck davon spricht, Russlands Gründe seien vorgeschoben, dann ist das falsch. Hier hat der Westen Russland eine Grube gegraben und ist selbst hineingefallen. Deutschlands Gasversorgung ist jetzt gefährdet. Die arbeitenden Bürger werden durch höhere Preise dafür bluten. Und für die Armen in unserem Land wird die Heizung nicht mehr bezahlbar. Für die Sippe der Berufspolitiker in Berlin und für die Aktionäre der Rüstungs-, Energie-, Lebensmittel- und Düngemittelkonzerne, ist dies kein Problem. Sie können leicht dazu aufrufen, für den Krieg zu frieren. ("Gold gab ich für Eisen" war der entsprechende Werbespruch im 1. Weltkrieg)

Und diese Selbstschädigung durch die Sanktionen gilt noch für viele weitere Bereiche: Die Abwertung des Rubels durch den Ausschluss aus dem Swift-Zahlungssystem konnte Russland nach wenigen Tagen schon wieder abfedern. Die Umstellung auf Zahlungen in Rubel hat allein schon einen Kursgewinn für den Rubel gebracht. Aber auch, dass die Senkung der Ölimporte nach Westeuropa durch größere Lieferungen z. B. an Indien aufgefangen wurden, hat dazu beigetragen. Europa bezieht das russische Öl jetzt wesentlich teurer über Indien.

Aluminium, Nickel, Kobalt und andere Metalle sind lebenswichtig für die Autoindustrie. Es kommt zum großen Teil aus Russland. Stahlnägel für die Palettenindustrie kommen auch nur aus Russland. Der fehlt es zudem an Holz. Und es fehlen auch die 10 Mio Paletten, die direkt von Russland importiert wurden. Und es fehlen die 9,55 Mio Paletten aus Polen und dem Baltikum, das auf Holz aus Russland angewiesen ist.

Düngemittel aus Russland und Weißrussland fehlt jetzt auch. China und Russland haben zudem ihrerseits den Düngemittelexport eingestellt, um angesichts der drohenden Nahrungsmittelverknappung ihre eigene Landwirtschaft vorrangig zu bedienen. Die Düngemittelpreise sind deshalb explodiert und die westlichen Düngemittelkonzerne nutzen ihre neue Monopolstellung, um mit prächtigen Preisaufschlägen die Gewinne in die Höhe zu treiben. Ergebnis: Bauern müssen mehr zahlen, die Lebensmittelpreise steigen dann noch mal extra kräftig und die Landwirtschaft in den armen Ländern des Südens fährt Missernten ein, weil sie Düngemittel schlicht nicht bezahlen kann. Die westlichen Sanktionen bewirken somit millionenfaches Hungersterben in der Welt.

Die Stilllegung des Öltransportes per Pipeline aus Russland wirkt wie ein direktes Unterstützungsprogramm für die griechischen Großreeder, die russisches Öl jetzt über die Meere schippern. Das Öl wird dadurch teurer mit den genannten Folgen für die arbeitenden Menschen, die diese höheren Preise zahlen müssen bzw. sie eben nicht mehr zahlen können.

Als Kompensation der fehlenden Energieträger plädiert die westliche Politikerkaste für mehr Energie aus Kohlekraftwerken und aus Atomkraftwerken. Abgesehen davon, dass damit die Energie für Mobilität und Heizung nicht kompensiert werden kann, ist damit auch die Hoffnung auf einen Stopp der Klimaerwärmung hinfällig.

Die Chefs der G7-Staaten, die sich jetzt in einem Schloss treffen und sich dabei weiträumig mit einem beispiellosen Polizeiaufgebot und dem Aussetzen demokratischer Regeln vor dem niederen demonstrierenden Volk schützen lassen und die Natovertreter, die sich in Spanien mit einem ebensolchen Aussetzen demokratischer Rechte vor ihrem Volk schützen lassen, fahren die Welt so oder so oder doppelt an die Wand: Hungersnöte und Klimakatastrophe werden voraussichtlich durch den atomaren Winter des Atomkriegs beendet werden - wenn, ja wenn der Westen nicht endlich die Waffenlieferungen in die Ukraine einstellt und Verhandlungen für einen Frieden beginnt. [jdm]

Frieden und Gerechtigkeit

Die UN-Studiengruppe „Wissenschaft und Ethik des Glücks“, deren Mitglieder renommierte WissenschaftlerInnen und hohe Politiker sind, tagte am 6./7. Juni in Rom/Vatikanstadt. Resultat ist ein entschiedener Appell für einen „Verhandlungsfrieden“ und sofortigen Stopp der Waffenhandlungen. Die FriedensforscherInnen gehen davon aus, dass am Ende eines nicht endenden Krieges in der Ukraine dieselben Kompromisse stehen werden, die schon am Anfang im Raum standen. Dann aber nach noch mehr Zerstörung und Tod.

Außerdem widerlegen die Expertinnen faktisch die vier zentralen Behauptungen, mit denen eine Fortführung des Krieges gerechtfertigt und Verhandlungen verweigert werden. Auf der Homepage von "Emma" können Sie den leicht gekürzten Originaltext ihres Appells an die direkt und indirekt Kriegsführenden lesen.

Auf Change.org können Sie den von Emma initiierten Appell an Bundeskanzler Scholz, die Eskalationsspirale zu durchbrechen und den Krieg nicht durch Waffenlieferungen an die Ukraine zu eskalieren, weiterhin unterstützen. [jdm]

Sonderausstellung „Dimensionen eines Verbrechens. Sowjetische Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg“

Am 22. Juni 1941 überfällt das Deutsche Reich die Sowjetunion. Bis Kriegsende nimmt die Wehrmacht etwa 5,7 Millionen Angehörige der Roten Armee gefangen, mehr als drei Millionen sowjetische Kriegsgefangene kommen um.

Die zweisprachige Ausstellung des Museums Berlin-Karlshorst gastiert in der Gedenkstätte Esterwegen und will die Geschichte der sowjetischen Kriegsgefangenen einem breiten Publikum nahebringen. Die Wanderausstellung unter dem Titel „Dimensionen eines Verbrechens. Sowjetische Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg“ wird am Sonntag, 26. Juni, eröffnet und ist zu sehen bis zum 14. Dezember. Mehr dazu hier auf der Homepage der Gedenkstätte. [Landkreis Emsland]

Neue Linie der Nato im Ukraine-Krieg?

Screenshot Jens Stoltenberg bei Kultaeranta Talks

In einem Podiumsgespräch in der Reihe Kultaranta Talks des finnischen Präsidenten am 12.06.2022 äußerte sich Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (ab der 32. Minute) etwas anders als in der Vergangenheit zur Frage eines möglichen Friedens in der Ukraine.

Er sagte, der Frieden sei möglich, wenn erstens Russland den Krieg beende und zweitens, wenn die Ukraine den Krieg am Verhandlungstisch beende. Die Frage sei, welchen Preis die Ukraine bereit sei, zu zahlen. „Wie viel Territorium, wie viel Unabhängigkeit, wie viel Souveränität sind sie bereit, für den Frieden preiszugeben?“. Die Nato habe die Aufgabe, die Ukraine für diesen Prozess zu stärken. Die Nato werde aber, um eine Eskalation zu vermeiden. nicht in die Ukraine gehen.

Das hörte sich schon deutlich anders an, als die Äußerungen der Deutschen von der Leyen und Baerbock, die Russland besiegen wollen.

Hier zeigt sich womöglich eine gewisse Kriegsmüdigkeit im Westen. War anfangs plötzlich das ganze bürgerliche Lager kriegsbegeistert und bereit, die eigenen Lebensgrundlagen für den Moloch Krieg zu opfern, so ist jetzt Ernüchterung eingetreten, weil man langsam spürt, was es bedeutet, wenn der Staat sein Geld für Waffen statt soziale Sicherheit, Bildung und Infrastruktur ausgibt. Und abgesehen von den Nato-Staaten und ihren engsten Verbündeten gibt es weltweit keine Unterstützung für die Eskalationstrategie des Westens.

Aber auch das Verhalten der Ukraine passt nicht zu der medialen Heldenverehrung. Innerhalb der Ukraine sind die letzten Demokratiereste beseitigt worden, der Häuserkampf lässt sich nicht mehr als Heldenmut verkaufen, sondern wird erkannt als das, was der Krieg immer ist: Menschen sinnlos in den Tod zu schicken. Ukrainische freiwillige Soldaten fühlen sich im Stich gelassen und als Kanonenfutter gebraucht. Täglich sterben mindestens 100 ukrainische Soldaten einen sinnlosen Tod und auf der russischen Seite etwa ebenso viele.

Auch das Malen des bösen Russen als vergewaltigende Bestie hat nach der Enthüllung über die ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Lyudmyla Denisova einen Dämpfer bekommen. Sie beschrieb detailliert Gräuelgeschichten von Massenvergewaltigungen an Frauen und Kindern. In einem Fall erzählte sie, dass russische Soldaten einen einjährigen Jungen zu Tode vergewaltigt hätten. Weil sie so viele Details erzählte, wollten Journalisten mehr darüber erfahren und recherchierten – und stellten fest, dass alle Erzählungen ausgedacht waren. Denisova verteidigte sich damit, dass sie so militärische Unterstützung für die Ukraine organisiert habe. In Italien sei die Partei "Fünf Sterne" gegen Waffenlieferungen gewesen. Nach ihrer Rede vor dem Ausschuss für internationale Angelegenheiten im italienischen Parlament gab es Unterstützung für die Ukraine und ein Parteiführer sagte, dass er unter anderem die Lieferung von Waffen unterstützen würde.

Das ukrainische Parlament hat sie dennoch entlassen; nicht wegen dieser Gräuelgeschichten, sondern weil sie lieber im Westen herumtourte, als mit Russland und Weißrussland humanitäre Korridore und Gefangenenaustausche zu verhandeln. [jdm]

Politik ohne Gefühl ist Politik ohne Verstand

Ulrich Scholz

In dem neuesten Beitrag "Politik ohne Gefühl ist Politik ohne Verstand" beschäftigt sich Ulrich Scholz in seinem Blog damit, dass die Nachrichten keine Wahrheiten verbreiten, sondern Sichtweisen. Am Anfang jeder Argumentationskette über Ursachen von Kriegen steht die Unfähigkeit, den Feind „gefühlt“ wahrzunehmen. Mangelnde Empathie hat zum Krieg geführt, nicht der Interessenkonflikt selbst.

Der ehemalige Luftwaffenoffizier und NATO-Planer Ulrich Scholz ist heute Lehrer, Autor und Berater. Hier geht es zu seinem ganzen Artikel... . [jdm]

USA bereitet auf die Bestimmung des nächsten Feindes vor

Die USA spricht von einer immer aggressiver auftretenden Volksrepublik China. Dabei gibt es derzeit eher eine Politik der USA, die – analog zu ihrer Ukraine-Politik – China mit immer neuen Waffen, Stützpunkten und dezidiert chinafeindlichen Militärbündnissen auf die Pelle rückt. Derzeit wird Taiwan von den USA zu ihrem Flugzeugträger ausgebaut; dabei haben die USA eigentlich anerkannt, dass Taiwan ein Teil Chinas ist. Auch die Uno erkennt Taiwan als Teil Chinas an.

Die USA sehen ihre wirtschaftliche Vormachtstellung schwinden. Da kein Land der Welt ein Recht darauf hat, eine „Vormachtstellung“ zu besitzen, wäre dies eigentlich nicht schlimm. Aber im Kapitalismus mit seiner Logik, dass jeder, der nicht wächst, letztlich pleite geht, wird dieser Verlust von den USA als Bedrohung empfunden. Mit Hilfe ihrer Militärmacht versuchen sie, ihre Stellung zu halten.

Wenn China auf die Bedrohungen und Angriffe reagiert, wird von den USA darauf in bewährter Manier geantwortet. Die Partner Chinas werden bedroht, wie zuletzt die Salomonen. Chinas wirtschaftliche Erfolge und ihre Partnerschaften mit vielen Staaten Asiens und Afrikas werden als kolonialistisch und imperialistisch denunziert. Der Begriff „Imperialismus“ wird von dem größten Imperium der Erde jetzt einfach umgedreht. Dabei hat China mit dem Programm der „Neuen Seidenstraße“ (chinesische Bezeichnung „Ein Gürtel, eine Straße“) ein Partnerschaftsprogramm mit vielen Staaten entwickelt, das sich deutlich von der „Entwicklungshilfe“ der westlichen Staaten unterscheidet. Die westliche Entwicklungshilfe hat über Jahrzehnte die Empfängerstaaten gedemütigt, indem für die Zusage von Hilfen die Staaten zur Aufgabe von Souveränitätsrechten, vor allem ihrer Schutzrechte für die heimische Wirtschaft, gezwungen wurden. Entwicklungshilfe entpuppte sich zumeist als Förderung einer korrupten Elite und Förderung für die Industrie der Industriestaaten.

Chinas Neue Seidenstraße setzt dagegen auf eine Unterstützung des Ausbaus der Infrastruktur, wobei Chinas Interesse, seine Handelswege zu diversifizieren, ganz offen genannt wird. Dabei werden die Partnerstaaten in keiner Weise gedrängt, politische Zugeständnisse zu machen. Als die EU Griechenland zum Ausverkauf von staatlichem Besitz zwang, nutzte China die Chance und kaufte z. B. den Hafen Piräus bei Athen. In diesem Hafen war bisher außer Personenverkehr nicht viel los; seit dem Kauf durch China hat sich der Güterumschlag verzehnfacht. Der Hafen ist jetzt der größte Containerumschlagplatz im Mittelmeer. Ob die Projekte der Neuen Seidenstraße in jedem Fall ein Gewinn für das jeweilige Land sind, sei dahin gestellt; aber viele Regierungen der betroffenen Länder sind der Auffassung.

Die USA versuchen China – wie vorher Russland – durch eine Sanktionspolitik zu schwächen. Das ist zwar angesichts der wirtschaftlichen Macht Chinas aussichtslos, aber es werden dadurch Spannungen aufgebaut, die sich dann irgendwann in einer militärischen Auseinandersetzung – sprich in einem Krieg – entladen. Die USA versuchen in diese zerstörerische Politik ihre abhängigen Staaten, insbesondere die Natostaaten, mit einzubeziehen.

Als probates Mittel hierzu bietet sich die „Menschenrechtspolitik“ an. Dazu gehört die immer wieder erneuerte Erzählung, der wertebasierte Westen sei der Hort der Freiheit, der Demokratie und der Menschenrechte. Wie wenig dieses Selbstbild mit der Wirklichkeit übereinstimmt, kann man daran erkennen, dass z. B. in den USA die weltweit höchste Zahl an Gefängnisinsassen (derzeit 2.068.000 Personen) von Freiheit und Menschenrechten nicht viel spüren, dass die USA mit einer Luftbrücke Babymilchpulver einführen mussten, weil die eine Fabrik wegen Verunreinigungen die Produktion einstellte, dass von 1999 bis März 2021 fast 841.000 Menschen in den USA an einer Drogenüberdosis verstorben sind. Der größte Teil von ihnen war von Schmerzmitteln abhängig geworden, die zuvor nach aggressiver Werbung durch die Pharmaindustrie verschrieben worden waren. Die Gefangenen von Guantanamo, die Verfolgung von Julian Assange, die Tausende, die durch US-Drohnen in aller Welt ermordet wurden, die Tatsache, dass nur Millionäre mit Unterstützung von Milliardären Präsident werden können, dass ganze Bevölkerungssegmente von den Wahlen ausgeschlossen werden und dass es in den Betrieben praktisch keine kodifizierten Arbeiterrechte gibt, bringen die Lautsprecher des Westens nicht ins Grübeln.

Nein, die Menschenrechte in den USA sind kein Thema, sondern die Politik Chinas in dem Autonomen Gebiet Xinjiang. Die Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet besuchte Ende Mai sechs Tage lang China. Sie war dazu von den westlichen Staaten gedrängt worden, weil man sich erhoffte, so China an den Pranger stellen zu können. Als sie dann da war, wurde sie von denselben Staaten dafür kritisiert, dass sie da war. Denn es zeichnete sich ab, dass die westlichen Hassprediger ihrer eigenen Propaganda auf den Leim gegangen waren.

Bachelet lobte Chinas Erfolge in der Armutsbekämpfung. „Die Linderung der Armut sowie die Beseitigung extremer Armut, zehn Jahre vor dem Zieldatum, sind enorme Errungenschaften Chinas", so die UN-Hochkommissarin. Bachelet besuchte mehrere Städte in Xinjiang und sprach mit Menschen aus allen Gesellschaftsschichten wie ethnischen Minderheiten um sich über die Verhältnisse zu informieren.

Um dies zu torpedieren, wurden zeitgleich von westlichen Medien die „Xinjiang Police Files“ veröffentlicht, eine Sammlung von Fotos und Dokumenten, die zeigen sollen, wie Uiguren in der Volksrepublik China unterdrückt werden. Das Material stammt von Adrian Zenz, der das Material von einem anonymen Hacker haben will. Zenz wird zumeist als Anthropologe bezeichnet. Er ist ein evangelikaler Pseudowissenschaftler, der von antikommunistischen US-Think-Tanks und von Bibelschulen bezahlt wird. Er war ein einziges Mal 2007 als Tourist in Xinjiang. Seine „Berichte“ über Völkermord wurden in der Vergangenheit immer wieder als Phantasieberichte bzw. Fälschungen entlarvt.

Richtig ist, dass Xinjiang eine sehr arme Provinz mit muslimischer Bevölkerung ist. Von Völkermord kann allein deshalb keine Rede sein, weil die Zahl der Uiguren überproportional gestiegen ist. Wegen des Minderheitenstatus´der Volksgruppe, galt für die Uiguren die Ein-Kind-Politik nicht. Die Provinz an der Grenze zu Afghanistan wurde in den letzten 20 Jahren von islamistischen Gruppen mit Unterstützung der USA infiltriert und wurde ein Schauplatz von extremistischen Attentaten. Opfer dieser Attentate waren Mehrheitschinesen. Die chinesische Regierung erkannte, dass ein Nährboden des Extremismus die Armut und mangelnde Bildung der Provinzbewohner war. Die direkte Extremismusbekämpfung wurde deshalb mit einem Entwicklungsprogramm für Xinjiang verbunden. Dass die einzelnen Maßnahmen nicht immer klug waren, dass auch nicht-rechtsstaatliches Handeln vorkam, bestreitet niemand, auch die chinesischen Medien nicht. Das kann aber in keiner Weise den Vorwurf des Völkermordes rechtfertigen, der wider besseres Wissen von den USA und ihren Vertretern in Europa erhoben wird.

Ziel dieser Kampagne ist es, die Menschen in den USA und Europa auf einen Krieg gegen China vorzubreiten. Dieser Krieg soll wie im Fall der Ukraine als Stellvertreterkrieg inszeniert werden. Ständige Grenzverletzungen sollen militärische Zwischenfälle provozieren, so wie der Flug eines australischen Aufklärungsflugzeuges am 26. Mai in von China beanspruchten Gebieten. Ein chinesisches Militärflugzeug drängte das australische Militärflugzeug ab. Ähnliche Provokationen gehen ständig von amerikanischen Kriegsschiffen aus. Für China ist das Meer vor seiner Haustür besonders wichtig, weil die von hier ausgehenden Handelswege sehr leicht militärisch blockiert werden können. Die ständige Drohung der USA, genau dafür zu sorgen und die Insel Taiwan aufzurüsten, bis sie zu einer Bedrohung für China wird, wird untermauert von einer Nadelstichpolitik mit Sanktionen.

In Europa und besonders in Deutschland, dass wirtschaftlich vom Handel mit China stark abhängig ist, ist es schwierig, die Menschen ohne Weiteres dafür zu gewinnen, die eigene Wirtschaft jetzt auch noch durch eine Konfrontation mit China in den Abgrund zu treiben. Die Greuelgeschichten über China sollen hier die Bereitschaft erzeugen. Und wie üblich stehen die Grünen bereit, jedes Schauermärchen im Interesse der US-amerikanischen Kriegspolitik zu verbreiten. Für die Außenministerin Annalena Baerbock sind die Adrian-Zenz-Papiere „Enthüllungen“ und sie verlangt von Peking transparente Aufklärung. Der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer forderte, wirtschaftliche Interessen klar zu reduzieren. Deutsche Firmen wie BASF oder VW sollten sich aus China zurückziehen. VW hat allerdings schon mitgeteilt, dass es hier nicht mitmachen wird. Volkswagen hat anscheinend nicht die Absicht, wegen der Grünen-Forderungen nach Sanktionen gegen alle Konkurrenten der USA, den Geschäftsbetrieb einzustellen. [jdm]

Krieg, eine Beleidigung menschlicher Intelligenz

Ulrich Scholz

Den folgenden Text stellte uns Ulrich Scholz zur Verfügung. Oberstleutnant a. D. Scholz ist ehemaliger Berufssoldat und sagt von sich, er flog im 1. Drittel seiner Berufslaufbahn Phantome und Tornados, im 2. Drittel plante er Kriege, im 3. Drittel verstand er Kriege und jetzt versuche er herauszukriegen, warum wir Kriege führen und wie wir dies ändern können. In der NOZ wurde er am 29.03.2022 zum Ukraine-Krieg interviewt. Der Text wurde auch auf "Ulrichs Newsletter" veröffentlicht.

Krieg ist kein Naturereignis, sondern wird von Menschen gemacht. Die finden immer wieder „gute“ Gründe, ihn zu führen. Bei der Ursachenfindung und Schuldzuweisung betrachtet man die Abfolge der Ereignisse auf einem Zeitstrahl, an dessen Anfang die Aggression des anderen steht. Der andere wird auf dem Zeitstrahl noch weiter zurückgehen und auf Aggressionen des Konflikt-Gegners verweisen bzw. auf historische Rechtfertigungen zurückgreifen. Der Gewinner eines Waffenganges ist ein Gewinner auf Zeit. Die Niederlage wird dem Verlierer Grund geben, bei der nächsten Gelegenheit wieder zu den Waffen zu greifen, um seiner Sache endgültig zum Sieg zu verhelfen.

Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern läuft seit 1948 nach diesem Muster ab, und es ist kein Ende abzusehen. Hitler hat das „Versailler Diktat“ von 1919 genauso benutzt, um das deutsche Volk kriegswillig zu machen. Die lineare Logik eines „perpetuum bellum“ (nie endenden Krieges) wurde zwischen 1939 und 1945 durch einen totalen Krieg unterbrochen, an dessen Ende die physische und psychische Widerstandskraft des deutschen Volkes nachhaltig gebrochen war. Der Ukraine-Krieg ist dabei, auf diese Logik einzuschwenken. Er wird mit Unterbrechungen endlos weitergehen, es sei denn, er wird in einem totalen Krieg enden. Damit wird der Einsatz von Nuklearwaffen wahrscheinlich. Dessen Nachhaltigkeit wäre nicht nur das Ende aller Kriege zwischen Russland und der Ukraine, sondern das Ende von Europa, wenn nicht sogar das Ende allen Lebens auf der Erde.

Auf einen „perpetuum bellum“ einzusteigen, der zu jeder Zeit in den letzten Krieg aller Kriege enden kann, ist einfach dumm. Es gibt eine dritte, eine intelligente, Option. Den Krieg vermeiden und wenn er ausgebrochen ist, so schnell wie möglich beenden. Warum Krieg unser aller Feind ist und nicht „der böse andere“, daran sollen folgende Bilder und provozierenden Texte erinnern. [Ulrich Scholz/jdm]

Freier Welthandel und Regeln sind was für Nostalgiker: Die Nato macht einfach neue Regeln

In der Nato geht die Auseinandersetzung weiter zwischen den Falken, die den Konflikt ohne Rücksicht auf Verluste eskalieren wollen und denjenigen, die die eigenen Verluste und Risiken zumindest begrenzen wollen. Deeskalieren möchte aber anscheinend niemand.

Die Aussagen der SPD, dass es eine NATO-Absprache gebe, keine westlichen Kampf- und Schützenpanzer an die Ukraine zu liefern, um eine Provokation Moskaus vermeiden, wurde von den Falken in der CDU empört aufgenommen. Dabei hat sich gerade gestern ein Hoffnungsträger der Union, Markus Söder, ganz anders geäußert. Laut dem T-Online-Portal hat CSU-Chef Markus Söder einzelnen Grünen im Umgang mit Russlands Krieg gegen die Ukraine Scharfmacherei vorgeworfen. "Da wird sich bei Einzelnen regelrecht in eine kriegerische Eskalation hineingeredet", habe der bayerische Ministerpräsident dem Magazin "Stern" gesagt. "Anton Hofreiter war früher ein Ostermarschierer, und heute tritt er auf wie ein Repräsentant einer Rüstungsfirma. Das Einzige, was ihn noch unterscheidet von einem echten Militaristen, ist vielleicht der Haarschnitt." Diese neue Form von "Begeisterung für Waffen und Krieg" lasse viele Deutsche verunsichert zurück.

Die frühere deutsche Kriegsministerin und jetzige Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen lässt ihre Phantasie beim Ausdenken neuer Sanktionen gegen Russland von den USA anregen. Die USA hatte bereits die in den USA liegenden Währungsreserven von Venezuela und zuletzt von Afghanistan einfach beschlagnahmt und nach eigenem Gusto ausgegeben. Von der Leyen hat in Davos bei den versammelten Rüstungs- und Konzernbossen der Welt einen Bankraub vorgeschlagen: Sie möchte die in der EU eingefrorenen Währungsreserven Russlands der Ukraine zur Verfügung stellen.

Das wiederum trifft auf Widerstand von einzelnen EU-Staaten und Wirtschaftswissenschaftlern, wie Nicolas Véron und dem Experten für Financial Crimes Compliance, Joshua Kirschenbaum. Sie führten aus, diese Idee stehe auf dünnem rechtlichem Boden. Bei den Reserven der Bank von Russland handele es sich um öffentliche Gelder, die unter die Staatenimmunität fielen. Und der Westen beschwört doch so gern die regelbasierte Ordnung. Da passe es nicht, wenn man sich so gar nicht an die Regeln halte. Und Finanzminister Christian Lindner sagte zum Thema Beschlagnahme von Oligarchenvermögen "In unserer Verfassung gibt es Garantien für Privatvermögen."

Das Herz eines Kapitalisten kann eine Enteignung eines anderen Kapitalisten einfach nicht ertragen. Unter einem Krieg haben gefälligst die arbeitenden Menschen zu leiden, und auf keinen Fall die Oligarchen und Monopolisten egal von welcher Seite.

Und auch Nato-Generalsekretär Stoltenberg hatte auf dem Wirtschaftsforum in Davos eine neue Idee: "Der Schutz unserer Werte ist wichtiger als Profit". Und das vor den Profiteuren der Welt. Aber gemach: Er meinte es nicht wirklich so. Eigentlich sagte er, unsere Werte können wir zur Seite schieben, wenn wir einen Konkurrenten treffen können. Stoltenbergs Worten zufolge geht es dabei auch um China. Das autoritäre Regime teile die Werte der Nato-Staaten nicht. Und deshalb soll der freie Welthandel bei Rohstoffen und Energie, sowie bei der ausländischen Kontrolle über kritische Infrastruktur wie den Mobilfunkstandard 5G und den Export von Technologien für künstliche Intelligenz ausgesetzt werden. Wer die Diskussion über die Freihandelsabkommen TTIP und CETA noch im Kopf hat, oder die Angriffe gegen China, weil es angeblich "unfair" seine Produkte schütze, reibt sich doch jetzt die Augen, wie wenig die westlichen "Werte" zählen, wenn es gerade nicht passt.

Und die USA und die EU arbeiten jetzt an einer Preis-Obergrenze für Öl - von wegen Freier Markt!. Sie sorgen selbst dafür, dass der Markt verknappt wird und verlangen jetzt von den Lieferanten, sie preislich zu verschonen. Diese haben aber kein Interesse daran, dem reichen Westen hier Hilfe zu leisten. Zumal das Verhalten der Nato zu Problemen vor allem bei den armen Ländern führt. Was wiederum dem Westen egal ist. In Südafrika hat sich Scholz eine höfliche Abfuhr für den Wunsch nach Sanktionen gegen Russland geholt.

Fazit: Statt schnell in Verhandlungen für einen Frieden zu treten, eskalieren die Nato-Staaten an allen Enden, bringen alles durcheinander und glauben tatsächlich, die übrigen Staaten der Welt würden bei diesem Selbstmörderjob auch noch gern mitmachen. [jdm]

Energiepreistreiber stoppen

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Żaklin Nastić bestätigt: „Wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.“ Das heißt, Deutschland wäre dann Kriegspartei.

Ist es wirklich zu unserem Wohl, wenn die Bundesregierung, statt vehement auf Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien in der Ukraine zu drängen, nur die Forderungen der ukrainischen Regierung nach Waffenlieferungen erfüllt und so zu einer Eskalation des Krieges beiträgt? Das Leid der Menschen und die Opferzahlen in der Ukraine werden dadurch auf unabsehbare Zeit gesteigert.

Das 100-Milliarden-Euro-Rüstungspaket wird – zur Freude der Rüstungsindustrie – aus dem Ärmel geschüttelt, die Bundeswehr aufgerüstet. Und zugleich wird sich der Anteil der Armen in Deutschland, der in der Pandemie auf 13,4 Millionen Menschen angestiegen ist, weiter erhöhen.

Dafür werden auch die Sanktionen gegen Russland sorgen, denn sie gefährden Arbeitsplätze, Lieferketten und Absatzmärkte, Öl-, Gas- und andere Rohstoffimporte fallen weg, die gar nicht oder nur zu deutlich höheren Preisen ersetzt werden können.

Sahra Wagenknecht hat im Bundestag eine Rede gehalten, in der sie dazu auffordert, die Energiepreistreiber zu stoppen. [jdm/PM Aufstehen]

Hälfte der Wähler hat sich von Parteien abgewandt

Fast die Hälfte der Wähler in NRW ist nicht zur Wahl gegangen. Sie hat sich verabschiedet von einer Politik, von der sie nichts zu erwarten hat und die auf ihre Bedenken und Wünsche nicht eingeht. Politik und die halbe Bevölkerung gehen sich also gegenseitig aus dem Weg.

Politik: das ist für die Nichtwähler eine übergroße Koalition aller bürgerlichen Parteien, die statt sich für eine Friedenssicherung in Europa und die Verbesserung der Lebensverhältnisse einzusetzen, nur über Aufrüstungs- und Kriegspläne unter dem Aspekt diskutiert, ob diese den Profiten der Konzerne schaden oder nützen.

Die CDU, die Grünen und die FDP sind davon überzeugt, dass man die Wirtschaft ruhig gegen die Wand fahren darf. Dass schadet in ihren Augen nur den arbeitenden Menschen in diesem Land; die Konzerngewinne sind durch den Rüstungskurs gesichert. Die halbe SPD ist der Meinung, man müsse bei der Sanktionspolitik aufpassen, dass die soziale Ausgewogenheit nicht so weit verloren gehe, dass es Widerstände gegen die Nato-Kriegspolitik geben könne. Außerdem befürchtet ein Teil der SPD, es könne zu einer Eskalation kommen, die in einen atomaren Krieg Nato/Russland münden könne.

Der Kommentar von Marion Trimborn in der Ems-Zeitung (NOZ) am 10. Mai 22 ließ die Hoffnung aufkeimen, dass sich langsam wieder so etwas wie Realismus in der politischen Auseinandersetzung entwickele. Sie stellte fest, dass Putins Rede zum Tag des Siegs der Sowjetunion über Nazideutschland keine Rede der Eskalation war. Sie rief auf, die Realität anzuerkennen und seitens der Nato mit Russland über einen Frieden für die Ukraine zu verhandeln. Jetzt gebe es die Chance dazu.

Leider sind solche deeskalierenden Stimmen in der deutschen Medienlandschaft und in der deutschen Politik sehr selten. Das ganze Land – nein, fast jeder, der über die Medien verfügt und die politischen Schaltstellen besetzt – scheint mit aller Kraft den Frieden in Europa zerstören, die Ukraine zerstören und unseren Wohlstand zerstören zu wollen.

Waffenlieferungen befeuern den Krieg in der Ukraine, politische Unterstützung der Nato/EU bestärkt die ukrainische Regierung in ihrer Haltung des totalen Kriegs ohne Möglichkeiten für Verhandlungen auszunutzen. Die mediale Heldenverehrung für die ukrainischen Soldaten lässt keine Chance wahrzunehmen, dass auch diese Soldaten zum Krieg gezwungen werden, Kriegsgegner auch in der Ukraine verfolgt werden und politische Opposition im Land unterdrückt wird. Täglich neue Sanktionsforderungen kümmern sich einen Dreck darum, dass sie den arbeitenden Menschen in Russland, der Ukraine und den EU-Staaten wirtschaftlich den Boden unter den Füßen wegreißen. Den Politikern, den Aktionären der Rüstungsindustrie, der Energiekonzerne, der Lebensmittelkonzerne und der Düngemittelindustrie geht es dagegen blendend. Sie sind die Kriegsgewinner, die gern vom Verzicht sprechen, den die arbeitenden Menschen dann üben sollen.

Wer dabei nicht mit geschlossenen Augen mitmacht, sondern seine nächsten Schritte wenigstens noch abwägen will, wie das die Kriegsministerin Lambrecht macht, wird von der Kriegslobby und ihren Medien gnadenlos zerstört. Die deutsche Politik und auch die Medien, die jetzt alle eine Meinung haben, haben sich einen Dreck darum geschert, als Andreas Scheuer Milliardenbeträge veruntreute, aber wenn eine Ministerin beim Krieg-Eskalieren nicht so spurt, wie es das Rüstungskapital will, werden alle privaten Kleinigkeiten schmutzig verdreht an die Oberfläche geholt. Bei der so genannten Sylt-Affäre hat Lambrecht nichts Unrechtmäßiges begangen, nur hat sie einen Sohn, der ein bisschen angegeben hat.

Das ist privat? In diesen Kriegspropagandazeiten nicht mehr. So etwas kennt man schon aus den amerikanischen Wahlkämpfen; und die beiden Politikerinnen, die jetzt die Rüstungsschraube drehen wollen, wie Baerbock und Strack-Zimmermann, haben ihre politische Grundausbildung bei US-Think-Tanks und so genannten „atlantischen“ Vereinen erhalten. Der Spiegel ist mit seiner Geschichte, die anderen Kriegsminister hätten wegen eines Friseurtermins von Lambrecht warten müssen, auf ein unterirdisches Niveau abgesunken, das sogar die Bild oder die englische Sun nicht immer erreichen.

Bei Umfragen über die Lieferung von schweren Waffen oder über die Sanktionen, insbesondere Embargos von Öl- und Gaslieferungen aus Russland, spricht sich immer etwa die Hälfte der Befragten gegen diese aus. In der medialen Welt kommen diese Menschen überhaupt nicht vor. Hier wird einfach eine Einheitsmeinung propagandistisch durchgepaukt. Die Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen, sondern einen Kriegspropagandaartikel nach dem anderen, eine Propagandasendung nach der anderen ab.

Ein Film, der ukrainische Soldaten an der Front zum Donbassgebiet in den letzten Jahren begleitete, bekommt einen Medienpreis; ein Film der Donbass-Soldaten an der selben Front begleitete, bekommt eine Sendung, in der der Autor mit Hilfe von Fakes zum Lügner gestempelt wird.

Ein Deniz Yücel, der seinen PEN-Vorsitz dazu benutzt, für einen Luftkrieg durch die Nato zu werben, wird in den Medien als Held gefeiert; der PEN, der sich dagegen (zum Teil) gewehrt hat, wird als Honoratiorenvereinigung bespöttelt. Dass Yücel bei seinem Rücktritt den PEN ohne Anstand als Würstchenbude beschimpfte, passt zu einem Mann, der bei einer Zeitung des Springerverlags arbeitet, deren Medienprodukte das Braune nie ganz verdecken können. Dass die taz und fast alle Medien hier mitmachen, passt zur Zeit des Krieges, dem die Wahrheit bekanntermaßen als erstes zum Opfer fällt. [jdm]

Doppelte Standards

Die Salomonen sind eine kleine Inselgruppe im Südpazifik mit 670.000 Einwohnern ca. 12.000 km von den USA entfernt. Im April wollten die USA einen Militäreinsatz gegen die Salomonen nicht ausschließen und Australien sagt, man müsse sich „auf den Krieg vorbereiten“. Warum das? Die Salomonen haben ein Sicherheitsabkommen mit China abgeschlossen.

Nun wissen wir ja von unseren Politikern und den sich ständig versammelnden Nato-Chefs seit der Ukraine-Krise, in der sich Russland wegen eines potentiellen Nato-Beitritts der Ukraine bedroht sah, dass jedes Land das freie Recht hat, sich Militärbündnissen seiner Wahl anzuschließen. Das Recht ist laut Nato fast wichtiger als alle anderen Menschen- und Völkerrechte zusammen.

Wie kann es dann sein, dass die USA den Salomonen Krieg androhen, weil sich das Land einem Sicherheitsbündnis angeschlossen hat? Daniel Kritenbrink, Washingtons zuständiger Diplomat für Ostasien und den Pazifik, wollte jedenfalls die Anwendung von Gewalt nicht ausschließen, sollten es die Salomonen China erlauben, auf ihrem Gebiet eine Militärbasis zu errichten. Denn, das Abkommen, das Peking und Honiara geschlossen haben, habe „potenzielle regionale Sicherheitsauswirkungen“ für die USA und andere Verbündete, sagte Kritenbrink. Beim Besuch auf den Salomonen, habe die US-Delegation ihre Bedenken vorgebracht.

Nun liegen die Salomonen über 13.000 km von Washington entfernt und auch von der australischen Küste sind die Inseln 2000 km entfernt. Trotzdem fühlen sich Australien und die USA bedroht und wollen ein Militärbündnis mit Krieg verhindern.

Die Ukraine grenzt direkt an Russland. Von der Grenze bis Moskau sind es 500 km.

Dass die USA und die EU für sich ganz eigene Maßstäbe anlegen, ist weltweit bekannt. Zwar hat sich die Mehrheit der Staaten in der UN für eine Verurteilung des Angriffs von Russland auf die Ukraine ausgesprochen, weil ein kriegerischer Überfall nicht geduldet wird. Aber außer den USA, der EU, Australien und wenigen US-Vasallen mit ihren doppelten Standards haben sich keine Staaten dem Sanktionsregime gegen Russland angeschlossen. Denn die Welt weiß, dass die hehren moralischen Grundsätze von den USA und von Europa immer gerade so formuliert werden, wie es ihnen gerade am besten passt. [jdm]

Offener Brief an Kanzler Olaf Scholz

28 Intellektuelle und KünstlerInnen schreiben einen Offenen Brief an Kanzler Scholz. Sie befürworten seine Besonnenheit und warnen vor einem 3. Weltkrieg. Der vollständige Brief ist auf der Homepage von "EMMA" zu lesen, ebenso die Gesamtliste der ErstunterzeichnerInnen. Ab sofort kann jede und jeder (auf Change.org) unterzeichnen! Aktuell (01.05.2022/12.30 Uhr) haben über 110.000 Menschen den Aufruf unterschrieben.

Die Springerpresse, Focus und die Grünen reagierten auf diesen Aufruf, der sich in Ton und Inhalt sehr vorsichtig auf die Gefahr einer Eskalation des Kriegs bis zum Atomkrieg konzentriert, nicht mit einer Auseinandersetzung mit den Argumenten, sondern mit dem geifernden Moralismus (Sofa-Pazifismus, zynisch, usw.) und den üblichen russophoben Sterotypen von den vergewaltigenden Russen.

Wie traurig es mittlerweile um die Diskussionskultur in Deutschland bestellt ist, zeigt die Distanzierung des Instituts für Konfliktforschung in Marburg. Weil mit PD Dr. Johannes M. Becker, Politologe, ein ehem. Geschäftsführer des Zentrums für Konfliktforschung in Marburg zu den Erstunterzeichnern gehört, glaubte die Geschäftsführende Direktorin Prof. Dr. Susanne Buckley-Zistel, sie müsse sich vom Brief mit einer riesigen Ukraine-Fahne auf der Homepage vom Aufruf distanzieren. Der offene Brief stelle eine private Meinung dar. Das versteht jeder - aber die Angst der Direktorin, eine private Meinung eines ehemaligen Mitarbeiters könne ihrem Institut zum Nachteil gereichen, ist eine Angst unserer "neuen" Zeit. Vielleicht ist ihre Angst in einem Bundesland, in dem die Grünen mitregieren, ja auch berechtigt. [jdm]


 

Klaus von Dohnanyi

Klaus v. Dohnanyi ist zurzeit in den Medien stark präsent mit seinem Buch "Nationale Interessen". Die Interessen der USA beschreibt er sehr gut - die Europäer sollten ihre eigenen Interessen denen der USA nicht unterordnen, was zurzeit praktisch der Fall ist.

Dies ist alles nicht neu, aber dass es ein konservativer SPDler so schreibt, ist schon beachtenswert. Das liegt vielleicht auch an seinem Ansatz, der die kapitalistische Konkurrenz - die im Fall Ukraine zur Eskalation geführt hat - grundsätzlich nicht in Frage stellt, sondern im Gegenteil die europäischen - eigenen (nationalen) - Interessen in den Vordergrund stellt. Das ist nicht grundsätzlich friedensschaffend, in diesem Fall aber schon. Auf Telepolis wurde Dohnanyi zu seinem Buch und zum Ukraine-Krieg interviewt (3 Teile). Hier sind die Links: Dohnanyi-Interview Erster Teil, Zweiter Teil, Dritter Teil. [HM/jdm]