Der Benediktiner Notker Wolf warnte heute in einem Interview mit dem Deutschlandfunk davor, dass die Gesellschaft in der Corona-Krise unmenschlich werde, ohne es zu bemerken.
„Wenn ich nicht einmal mehr im Freien auf einer Bank ein
Buch lesen darf, dann muss ich sagen: hier sind Grenzen überschritten…“, betont
der Benediktiner und macht sich Sorgen, „dass man diese Beschneidung der
menschlichen, der individuellen und demokratischen Freiheiten soweit treibt.“
Hier werde möglicherweise übers Ziel hinaus geschossen.
Solidarität zeige sich nicht nur in der richtigen Befolgung der
Schutzmaßnahmen. Es sei aber auch wichtig, nicht nur angstvoll an Sicherheit zu
denken und dabei Gefahr zu laufen, unmenschlich zu werden ohne es zu bemerken. Zentrale
ethische Werte blieben auf der Strecke, so zum Beispiel der Wunsch nach einem
menschenwürdigen Tod.
Aber es gelte auch die fatalen Folgen zu bedenken, die der
jetzige Lockdown weit über die Grenzen Deutschlands hinaus habe. Millionen von
Menschen verlören ihre Arbeit und ihren Lebensunterhalt.
„Im Moment denken wir nur an uns. Vielleicht sind wir noch
ein bisschen solidarisch, wenn wir Betten nach Italien liefern oder von dort
ein paar Kranke aufnehmen bei uns zur Behandlung. Aber ich denke auch an die
Flüchtlingslager. Was passiert dort? Wer denkt noch ein bisschen weiter: an die
Kriege?“
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat kürzlich einen weltweiten Waffenstillstand gefordert. Papst Franziskus, der Weltkirchenrat und andere schlossen sich dem Appell an. Sie forderten zudem die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen, durch die Länder wie Syrien oder der Iran das Virus nicht wirkungsvoll bekämpfen könnten. Bei Politikern fänden solche Aufrufe aber bislang kaum Gehör, bedauert Notker Wolf: Kriege seien mindestens ebenso tödlich wie das Corona-Virus. [jdm / Quelle DLF]