Um die Migration aus afrikanischen Ländern zu verhindern hat die EU in den vergangenen Jahren Abkommen mit mehreren Staaten der Sahelzone getroffen. Diese Regierungen sollten in Verbindung mit Militärpräsenz aus der EU verhindern, dass Menschen aus diesen Staaten oder Durchreisende aus dem Süden weiter nach Norden kommen. Im Niger war die Nordgrenze zu Libyen und Algerien praktisch eine Außengrenze der EU geworden. Die Wege nach Norden wurden innerhalb des Landes gesperrt – auch für Reisegruppen innerhalb des Landes-, so dass die Menschen allein Umwege durch die Wüste suchten und im Notfall in der Wüste verdursteten.

Diese Politik führte zu einer Militarisierung der Region und zu einer Stärkung von islamistischen Milizen. Nach dem Putsch im Niger zeigte sich das grandiose Scheitern dieser EU-Politik. Die EU und ihre Truppen wurden aus Mali und dem Niger vertrieben.

Gelernt hat die EU daraus nichts: Jetzt versucht sie dasselbe mit Ägypten. Die EU will laut NZZ ein Abkommen mit Kairo unterzeichnen, um die Migrationsströme über das Mittelmeer einzudämmen. Das Regime von Abdelfatah al-Sisi gelte Brüssel als verlässlicher Partner. Die katastrophale Menschenrechtslage in Ägypten spiele in den Gesprächen mit der EU keine Rolle.

Die „Linke“-Bundestagsfraktion weist in einer Kleinen Anfrage darauf hin, dass bereits 2022 die EU angekündigt hatte, Ägyptens Küstenwache mit Material zu versorgen und dafür 80 Mio. Euro bereitzustellen. Das verlautbarte Ziel der Kommission für das neue Abkommen sei es, die Tätigkeiten von Schmugglern einzuschränken. Auch die Bundesregierung führe ihre bilaterale Kooperation mit Ägypten im Migrationsbereich fort, sowohl in Sachen Sicherheits- und Polizeikooperation als auch Lieferung von Ausrüstungsgütern und Bereitstellung von Trainings für ägyptische Beamte.

In 22 Einzelfragen dröselt die Anfrage die Menschenrechtslage in Ägypten, die durch willkürliche Verhaftungen und Folter gekennzeichnet ist, auf. Außerdem beschreiben die Fragen die militärische Aufrüstung Ägyptens durch die EU und Deutschland.

Laut RND bemängeln unabhängige Organisationen wie Human Rights Watch (HRW) eine „brutale und systematische Unterdrückung“ von Kritikerinnen und Kritikern. Die autoritäre Regierung lasse sie willkürlich verhaften, die Opposition, eine unabhängige Justiz und freie Medien existierten kaum. „Ägyptische Sicherheitskräfte sind berüchtigt für ihre systematische Folter“, so Human Rights Watch.

Die EU ist also dabei, das nächste Land durch Unterstützung von Repression, durch Verfolgung von Asylsuchenden und eine einseitige militärische Ausrichtung in eine Krise zu treiben. Wie das voraussichtlich endet, kann man jetzt schon in Libyen, Mali, Niger, Tunesien oder Somalia sehen. [jdm]