Titelseite des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25.02.1803

Amt Meppen, Fürstbistum Münster, Schloss Clemenswerth, Herzog Arenberg und Königreich Hannover sind Begriffe und Orte, die die Geschichte des Emslandes prägen. Und irgendwie haben die Franzosen auch noch damit zu tun.

Vor genau 220 Jahren, am 25.02.1803 wurde im Alten Rathaus in Regensburg mit dem letzten Gesetz des Heiligen Römischen Reiches beschlossen, dass das Emsland zum Herzogtum Arenberg-Meppen wurde. Das Gesetz hieß „Hauptschluss der außerordentlichen Reichsdeputation“ oder besser bekannt als Reichdeputationshauptschluss.

Was war passiert? Das Gebiet des heutigen Deutschlands bestand aus einer großen Zahl von Fürstentümern, Fürstbistümern, (kirchlichen) Hochstiften, Grafschaften, Reichsstädten, Reichsabteien, Herzogtümern. Manche waren direkt dem Kaiser unterstellt, also „reichsunmittelbar“, andere unterstanden wiederum einem König, Herzog oder Kurfürsten.

Frankreich hatte sich nach der Revolution die Gebiete links des Rheins in den eigenen Staat einverleibt. Um sich nicht vollends bei allen Mächtigen Europas Feinde zu schaffen, hatte Napoleon in verschiedenen Friedensverträgen für die linksrheinischen Fürsten eine Entschädigung zugestanden. Woher nehmen? Am besten stehlen!

In den Verhandlungen zum Reichsdeputationshauptschluss einigten sich die Fürsten und Frankreich darauf, die kirchlichen Besitzungen zu enteignen und diese Ländereien zur Entschädigung zu verwenden (Säkularisation=Enteignung von kirchlichen Besitztümern). Das mittlere und nördliche Emsland (Amt Meppen) gehörte zum Fürstbistum Münster, dessen Fürstbischöfe in Sögel das Jagdschloss Clemenswerth betrieben. Das Fürstbistum hörte auf, zu existieren. Der Herzog von Arenberg hatte sein Herzogtum Arenberg in der Eifel verloren. Als Ersatz bekam er das vormalige Amt Meppen zugesprochen, das damit zum Herzogtum Arenberg-Meppen wurde. Zu diesem neu geschaffenen Gebilde gehörten auch noch das Vest Recklinghausen und Dülmen.

Der Herzog war nicht glücklich über dieses Moor- und Sandgebiet, aber in der Not frisst der Teufel Fliegen. Obwohl der Herzog Gut-Freund mit Frankreich war, wurde das Gebiet 1810 von Frankreich annektiert. Aber 1815 haben die Fürsten Europas in den „Befreiungskriegen“ Napoleon endgültig bezwungen und auf dem Wiener Kongress wurde die alte Ordnung, aber ohne die Fürstbischöfe, festgezurrt. Der Herzog von Arenberg konnte sein neues Herzogtum behalten. Aber es gab keine reichunmittelbaren Gebiete mehr. Die Kleinstaaterei wurde insofern etwas gemildert. Viele früheren „Herrscher“ waren nur noch Standesherren und keine souveränen Staatenlenker mehr. Arenberg-Meppen gehörte jetzt zum Königreich Hannover. Bis 1875 hatte der Herzog dennoch weiter erhebliche Vorrechte in Justiz und Verwaltung.

Die Kirche scheint als Verlierer des Reichdeputationshauptschlusses dazustehen, weil sie nicht nur ihre weltliche Macht verloren hatte, sondern auch viele Klöster und andere Liegenschaften enteignet wurden. Regeln, wonach z. B.  die Steuern eines bestimmten Dorfes oder Gebietes einem Kloster zustehen, waren nicht mehr gültig. Die Kirchenangestellten waren in den Staatskirchen der Fürstentümer Beamte, die vom Staat bezahlt wurden. Der Reichdeputationshauptschlusses sah vor, dass die Kirchen einen Ausgleich erhalten und der Staat sich verpflichtete, künftig teilweise für die Gehälter der Geistlichen aufzukommen, und zwar ohne zeitliche Begrenzung. Und diesen Ausgleich bekommen die Kirchen heute noch – zusätzlich zu der Kirchensteuer, die als Eigeneinnahmen gelten. Schon die Weimarer Verfassung sah ein Ende der Zahlungen vor. Das wurde nie umgesetzt. Und heute diskutiert man immer noch darüber, ob der Staat wirklich immer noch die Kirche „entschädigen“ muss.

Der Reichsdeputationshauptschluss war zwar im Eigentlichen nur ein Verhandeln der Mächtigen Europas um Macht und Besitz, bei dem auch mächtig viel Bestechungsgelder in die Taschen des französischen Außenministers Talleyrand flossen. Als positive Folge dieses Prozesses kam es aber zu einer weitgehenden Trennung von Kirche und Staat in Mitteleuropa.

Der Herzog als Standesherr war im ständigen Clinch mit seinen emsländischen Untertanen, die nicht mehr einsahen, Hand- und Spanndienste zu verrichten. Es kam zu Auseinandersetzungen um den Besitz von Land, den die Bauern als Teil ihrer Marken verstanden, der Herzog aber als sein Eigentum. Bei der Markenteilung vergrößerte der Herzog den Grundbesitz durch Ankauf von Markenland.

Positiv wirkten sich die Aufpflanzungsmaßnahmen der herzoglichen Verwaltung aus. Während die Bauern den Raubbau an der Natur durch Plaggendüngung und Überweidung fortführten, konnte es sich die herzogliche Verwaltung leisten, ihre Gebiete durch Aufforstung aufzuwerten.

Heute gehören die Ländereien der gemeinnützigen Arenberg-Meppen GmbH, die wiederum der gemeinnützigen Arenberg-Stiftung gehört. Der Stiftungsrat ist den Angehörigen der Arenberg-Familie vorbehalten. [jdm]