Die EWE nimmt derzeit in der Grundversorgung für 1 kWh Strom 53,88 Cent (bis 64 kWh), bzw. 37,87 Cent (ab 65 kWh). Die Herstellung von Strom kostete vor Beginn der Erdgasverknappung (Quelle):

  • Wind (Onshore) rund 6 Cent/kWh
  • Wind (Offshore) rund 10 Cent/kWh
  • Photovoltaik (Kleinanlage) rund 7 Cent/kWh
  • Photovoltaik (Großkraftwerk) rund 5 Cent/kWh
  • Kernenergie rund 8 Cent/kWh
  • Braunkohle rund 6 Cent/kWh
  • Steinkohle rund 10 Cent/kWh
  • Erdgas rund 10 Cent/kWh

Diese Kosten machen 40% des Endpreises aus, es kommen 40% Steuern und Abgaben hinzu, sowie 20 % für Transport und Netzkosten, so dass z. B. der Offshore-Windstrom letztlich 25 Cent kostet.

Außer bei Gas haben sich die Herstellungskosten kaum geändert. Strom aus Erdgas macht nur ca. 5 % des gesamten Stroms aus. Woher kommen denn dann die hohen Stromkosten?

Das liegt an der sogenannten Merit-Order an den Strombörsen, die einmal eingeführt wurde, um Ökostrom attraktiv zu machen. Der Strom wird in der Reihenfolge der zusätzlichen Herstellungskosten (Grenzkosten) der Kraftwerksbetreiber ins Netz eingespeist – so lange, bis der momentane Bedarf gedeckt ist. Zuerst sind dies Wind- und Solar-Kraft, dann kommen Kernenergie und Braunkohle und als Letztes kommt Gas, da hier die Zusatzkosten am höchsten sind. Das ist vernünftig und nachvollziehbar.

Die Merit Order besagt aber, dass sich der Preis für den gesamten Strom stets nach dem Kraftwerk richtet, das als letztes zugeschaltet wurde; also dem Kraftwerk, das die höchsten Kosten hat. Und dies sind so gut wie immer Gaskraftwerke. Der gesamte Strom wird also zum Grenzkostenpreis der Gaskraftwerke verkauft – auch der eigentlich viel preiswertere Strom aus regenerativen Energien und die großen Grundlastmengen, die aus Braunkohle und Kernenergie erzeugt werden.

Da Frankreich Probleme mit den Atomkraftwerken hat und die Wasserkraftwerke zu wenig Wasser hatten, wurde in letzter Zeit mehr Gas als üblich für die Stromerzeugung gebraucht. Immer noch wenig, aber es reicht, um über die Merit-Order den Strompreis in ungeahnte Höhen zu treiben. Die Stromproduzenten, auch Kohle- und Atomstromproduzenten, verdienen daran richtig gut, aber der Staat auch.

Den Strompreisdeckel, der ab Januar eingeführt werden soll, würde man gar nicht brauchen, wenn die Merit-Order (vorübergehend) abgeschafft würde oder wenn der Gaspreis aus der Merit-Order-Regel herausgenommen würde und die Erzeuger von Strom aus Erdgas über eine Umlage ihre Kosten ersetzt bekämen.

Dann gäbe es die Übergewinne der Stromkonzerne nicht, der Staat würde die übermäßigen Steuern aus dem Stromverkauf nicht einnehmen und der Strompreis bliebe auf dem jetzigen Niveau. Der Strompreisdeckel lässt den Konzernen ihre Krisengewinne, indem der Staat einen Teil der erhöhten Stromkosten der Bürger übernimmt und an die Konzerne ausschüttet. Der Strompreisdeckel hilft den Stromkunden nur zum Teil, weil er nur für einen Basisbedarf gilt. Außerdem bekommt der Millionär in seiner Villa die staatliche Hilfe für die 80 % seines hohen Verbrauchs, so wie der Niedrigverdiener für die 80 % seines niedrigen Verbrauchs. Letzterem treibt der Preis von 40 Cent bis zum Deckel schon den Angstschweiß auf die Stirn.

Land & Forst berichtete gestern, dass die Strompreise auf den Spotmärkten zum Teil dramatisch gesunken seien. Dies ist aber wohl eine kurze Episode, weil es nur kurzfristig ein Überangebot an Gas gab, die Versorgungsprobleme bei Gas aber nicht gelöst sind. [jdm]