Angehörige leisten unbezahlte Pflege im Wert von 206 Milliarden Euro

Pflegende Angehörige in Deutschland leisten weit mehr als nur private Fürsorge. Laut einer Studie der Hochschule Zittau/Görlitz hätten die informellen Pflegeleistungen im Jahr 2023 – wären sie von angelernten Pflegehilfskräften erbracht worden – einen Wert von rund 206 Milliarden Euro gehabt.

Laut Statistischem Bundesamt wurden im Dezember 2023 etwa 86 Prozent (4,9 Millionen Menschen) der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt, überwiegend durch Angehörige. Wer die Abschaffung des Pflegegrads 1 befürworte, übersehe nicht nur den aktuellen gesellschaftlichen Wert und das Engagement der pflegenden Angehörigen, sondern ignoriere auch die zukünftigen Herausforderungen, sagte Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK. „Mit dem demografischen Wandel, insbesondere dem Eintritt der Babyboomer-Generation ins Pflegealter, und dem anhaltenden Fachkräftemangel in der professionellen Pflege wird der Bedarf an pflegenden Angehörigen massiv steigen.“

Der Sozialverband VdK fordert eine deutliche Stärkung und Anerkennung pflegender Angehöriger ebenso wie verbindliche und nachhaltige Lösungen zur Absicherung der Pflegeversicherung. Dazu gehöre, dass Angehörige entlastet würden — finanziell, institutionell und durch bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Der Verband setzt sich zudem für eine einheitliche Pflegeversicherung ein, in die alle Bürgerinnen und Bürger einzahlen und die alle Einkommensarten berücksichtigt.

Das RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung hat ein theoretisches Einsparpotenzial von rund 1,8 Milliarden Euro jährlich errechnet, sollten alle Pflegebedürftigen im Pflegegrad 1 sämtliche ihnen zustehenden Leistungen in Anspruch nehmen. In der Realität lagen die Ausgaben 2024 laut GKV (Gesetzliche Krankenversicherung)-Spitzenverband jedoch bei nur 640 Millionen Euro, da viele Pflegebedürftige die ihnen zustehenden Leistungen nicht oder nicht vollständig in Anspruch nahmen. Diese Zahlen belegen nach Ansicht des VdK, dass die Erwartungen an Einsparungen bei einer Abschaffung des Pflegegrads 1 zu hoch gegriffen sind.

Die Studie „Der monetäre Wert der Pflegeleistungen von An- und Zugehörigen in Deutschland“ von Prof. Dr. Andreas Hoff, Prof. Dr. Steffi Höse, Prof. Dr. Martin Knoll und Prof. Dr. Notburga Ott steht auf der Website des GAT Institut für Gesundheit, Altern, Arbeit und Technik an der Hochschule Zittau/Görlitz (HSZG) zum Download bereit. [PM/jdm]

An Erbärmlichkeit nicht zu toppen: Der Bürgergeldbeschluss der Großverdiener

Da saßen bei der Pressekonferenz drei GroßverdienerInnen (Söder, Bas, Klingbeil) und ein Millionär (Merz), die alle ihre horrenden Bezüge direkt vom Staat bekommen und erzählten mit wichtigen Minen, wie sie beabsichtigen, die ärmsten Bürger zu drangsalieren, um dem Staat etwas Geld zu sparen. Die zwei SPDler haben damit deutlich gemacht, dass auch sie bereit sind, den Sozialstaat mit Füßen zu treten.

Der einzige Trost bei diesem trostlosen Auftritt ist, dass die beschlossenen Maßnahmen nicht die großen Auswirkungen haben werden, wie sie da verkündet wurden. Und zweitens wird das Bundesverfassungsgericht die schlimmste der neuen Regeln - die Totalkürzung von Leistungen – aller Voraussicht nach wegen Verfassungswidrigkeit wieder canceln.

Nach einem versäumten Termin beim Jobcenter sollen 33 % der Leistungen gekürzt werden, nach einem zweiten versäumten Termin ein weiteres Drittel und beim dritten versäumten Termin sollen alle Leistungen gestrichen werden. Dieser Beschluss zeigt wieder einmal, dass diese Bundesregierung keinerlei Respekt vor unserer Verfassung hat und das Grundgesetz nur zur Kenntnis nimmt, wenn es Wege sucht, es zu umgehen.

Wie Merz mit der gespielt entschlossenen Stimme vortrug, dass in Zukunft der Antragsteller von Bürgergeld zu einem Gespräch eingeladen werde und einen Vertrag über gegenseitige Pflichten unterschreiben müsse, zeigt schon, dass er gar nicht weiß, worüber er redet. Diesen Vertrag gibt es schon seit der Einführung von Hartz IV und ist eine der sinnlosesten bürokratischen Prozeduren.

Die Sanktionen sollen nach dem Willen der vier Großverdiener schon nach dem ersten versäumten Termin verhängt werden. Das wird zu vielen Klagen von verzweifelten Menschen  führen, weil ein Termin immer versäumt werden kann. Mitteilungen an das Jobcenter über Hindernisgründe (Krankheit, usw.) sind in Zehntausenden von Fällen nicht möglich, weil die Jobcenter nicht erreichbar sind, weil die Hotlines nicht zuständig sind, weil keine E-Mails mehr möglich sind, weil Mitarbeiter telefonisch nicht erreichbar sind und alle Leistungsbezieher auf das elektronische Portal verwiesen werden, was ganz eigene Tücken mit sich bringt. Im Emsland gibt es diese Probleme der Erreichbarkeit allerdings nicht, weil sich die Jobcenter bei den Gemeindeverwaltungen befinden.

Die meisten Antragsteller nehmen ihre Termine sowieso wahr; es handelt sich also nicht um das Massenphänomen, von dem Merz und Bas schwafeln. Schlimm ist aber, dass diese Sanktionen vor allem diejenigen treffen, die sowieso schwer gebeutelt sind.

Das Bürgergeld ist nämlich gar nicht die Absicherung für arbeitslose Menschen, sondern die Hilfe für alle möglichen Problemlagen. Von den 5,4 Mio. Leistungsempfängern sind rund 1,6 Millionen Kinder und Jugendliche. 2,2 Millionen Menschen stehen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, weil sie zum Beispiel zur Schule gehen, ein Studium absolvieren, Angehörige pflegen oder sich um kleine Kinder (689.379 Personen) kümmern. 781.000 arbeiten bereits, verdienen aber nicht genug, um ohne zusätzliche Hilfe klarzukommen. Davon haben 265.000 einen Minijob, 65.000 sind selbstständig. Bleiben 1,7 Millionen Bürgergeldempfänger übrig, die nicht arbeiten. 950.000, also 56 Prozent, davon sind Deutsche, 750.000, also 44 Prozent, sind Ausländer. Die größte Gruppe unter den Ausländern machen Ukrainer aus (168.961), dann kommen Syrer (123.573), Menschen aus anderen Staaten der EU (113.845) und mit einigem Abstand Afghanen (38.930).

Zwei Drittel der Arbeitslosen in der Grundsicherung haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Und sie haben nicht nur dieses Handicap. Viele haben psychische oder körperliche Erkrankungen, die es ihnen unmöglich machen, einen Arbeitsplatz zu ergattern und ihn auch zu behalten, aber sie sind noch nicht als erwerbsunfähig anerkannt. Denn dafür gilt allein das Kriterium, ob jemand in der Lage ist, drei Stunden am Tag zu arbeiten.

Bei dem Beschluss von Söder, Merz, Bas und Klingbeil handelt es sich also um einen Feldzug gegen Kranke, Behinderte und Kinder von armen Menschen. Die Sanktionierung einer Mutter, die ihren Termin versäumt hat, sanktioniert auch deren Kinder, die von dem gemeinsamen Familieneinkommen leben.

Was Merz und Bas mit wichtigen Minen verkündeten, ist an Erbärmlichkeit nicht mehr zu toppen. Die Umbenennung des Bürgergeldes in „Grundsicherung“, die Merz sich als großes Verdienst anrechnet, ist natürlich nichts als Wortgeklingel. Bevor die Leistung von Rot-Grün in „Bürgergeld“ umgetauft wurde, hieß das ALG II offiziell „Leistungen nach dem Gesetz über die Grundsicherung für Arbeitssuchende“. Da hat die CDU ja den ganz großen Coup gelandet. [jdm]

Online – Vortragsreihe für Eltern und Interessierte „Hinschauen, Verstehen, Schützen – Prävention für Familien“

Jugendliche wachsen heute mit vielen neuen Trends und Herausforderungen auf. Vapes, Liquids und Cannabis sind nur ein Teil dieser Trends. Für Erwachsene sind diese Themen und die damit verbundenen Risiken vielfach unbekannt.

Die Online-Vortragsreihe möchte Orientierung geben, Wissen vermitteln und Austausch ermöglichen. Fachleute aus Suchtprävention, Jugendschutz und Gleichstellung geben Einblicke, beantworten Fragen und zeigen, wie Kinder und Jugendliche besser begleitet und geschützt werden können.

Diese Fortbildungsreihe wird vom Jugendschutz der Stadt Lingen und dem Fachbereich Jugend des Landkreises Emsland in Kooperation mit der Diakonie Emsland Bentheim, dem Caritasverband Emsland, dem Kinderschutzbund Emsland-Mitte und der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Lingen organisiert und durchgeführt. Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldeschluss ist zwei Tage vor dem jeweiligen Veranstaltungstermin. Anmeldung unter https://lingen.de/Vortragsreihe.
Folgende Themen werden angeboten:

  • 29.10.2025, 19:00 - 20:30 Uhr: Vapes (Referentinnen: Kirsten Krüger & Claudia Kothe, Diakonie Emsland Bentheim)
  • 5.11.2025, 19:00 - 20:30 Uhr: Görke & Liquids (Referentin: Victoria Renemann, Caritas Emsland)
  • 12.11.2025, 19:00 - 20:30 Uhr: Cannabis (Referentinnen: Claudia Kothe & Maria Theisling, Diakonie Emsland Bentheim)
  • 6.11.2025, 19:00 - 20:30 Uhr: Sicher feiern - Sexualisierte Gewalt, Alkohol, KO-Tropfen (Referentinnen: Katrin Warstatt, Stadt Lingen & Dr. Julia Siebert, Kinderschutzbund Emsland-Mitte) [Landkreis Emsland]

Das Wort „Gerechtigkeit“ als Waffe der Reichen

Täglich kommen Meldungen, wie viele Milliarden Euro wieder für neue Waffensysteme ausgegeben werden sollen, wie viele Milliarden in die Ukraine gehen, um den Krieg auf Teufel komm raus zu verlängern. Die Milliarden aus dem Sonderschuldenprogramm für Infrastruktur gehen auch zum großen Teil in militärische Infrastruktur.

Weitere Milliarden haben die Dobrindts und Spahns, die Experten aus jetzigen und früheren Bundesregierungen wie Andreas Scheuer für sinnlose Verkehrsprojekte, sinnlose, allen Haushaltsregeln trotzende, aber guten Freunden nützliche, Anschaffungen ausgegeben.

Alle diese Politiker wie Merz, Dobrindt, Pistorius, aber auch die derzeitige Arbeitsministerin Bärbel Bas oder Vizekanzler Lars Klingbeil haben eines gemeinsam: Sie sind persönlich Großverdiener – wenn sie nicht gerade Millionäre wie Merz sind – und bekommen ihre Supervergütungen direkt vom Staat bezahlt.

Und jetzt ist allen diesen Großverdienern aufgefallen, dass es in unserem Land ungerecht zugeht. Ungerecht finden sie es nicht, dass ihre horrenden Politikergagen fast ausschließlich von den Steuern der Arbeiterklasse bezahlt werden. Denn die Vermögenden zahlen so gut wie keine Steuern.

Sie finden immer neue Gruppen zwischen denen sie „Gerechtigkeit“ herstellen wollen. So finden sie es ungerecht, dass Rentner eine Rente bekommen und dass dafür junge Menschen in die Rentenkasse einzahlen müssen. Sie finden es nicht etwa ungerecht, dass viele Menschen für ihre Arbeit nur einen Mindestlohn bekommen, sondern dass Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, fast soviel Geld bekommen, wie die anderen Ärmsten.

Sie finden es ungerecht, wenn Pflegebedürftige, die noch mit wenig Hilfe auskommen können, von der Pflegekasse eine kleine Hilfe bekommen. Sie wollen den Pflegegrad 1 abschaffen, weil dieses Geld den Schwerpflegebedürftigen fehlen würde. Gut – man könnte auch die Großverdiener in die Pflegekasse einzahlen lassen, aber das kommt natürlich nicht in Frage.

200 Milliarden € fehlen der Staatskasse, weil die großen Steuersünder nicht verfolgt werden, aber diese Bundesregierung macht einen Riesenbohei um die wenigen, denen eventuell das Bürgergeld nicht in der Höhe zustehen würde. Jeder weiß, dass es hier nur um einige hundert Millionen gehen würde, nicht um 200.000 mal 1 Million €.

Wenn Merz und Konsorten über Gerechtigkeit reden, geht es ihnen immer nur darum, eine benachteiligte Gruppe gegen eine andere auszuspielen: die Jugend gegen die Rentner;  die Schwerpflegedürftigen gegen die Leichtpflegebedürftigen; die Kranken gegen die „Beitragszahler“, die Arbeitenden gegen die Arbeitslosen. Und alle fallen darauf herein: Den Arbeitenden fällt nicht auf, dass ihre Aufregung über Zahlungen an Arbeitslose morgen auf sie zurückfällt, wenn ihr Konzern sie „freigesetzt“ hat. Den gesunden Beitragszahlern fällt nicht auf, dass sie sich morgen ärgern, wenn sie ihre Medikamente selbst zahlen müssen – ausgerechnet, wo sie wegen der Krankheit weniger Geld haben.

Gegen dieses dumme Geschwätz von der „Gerechtigkeit“ hilft nur Solidarität gegen die Konzerne und ihre bestens verdienenden Politiker. Frieden und eine Heranziehung der Konzerne und Superreichen an der Finanzierung des Sozialstaates würden diesen retten. Das Geschwätz von der „Gerechtigkeit“ ist nur eine Waffe der Reichen und Kriegstreiber gegen die Arbeiterklasse. [jdm]

Greenpeace fordert: Milliardäre besteuern, Klima retten

Cover Report Club der Superreichen

„Stiftung Familienunternehmen“: Der Name ist geschickt gewählt – er klingt nach Mittelstand, nach Tradition, nach über Generationen geführten kleinen oder mittelgroßen Betrieben. In Wahrheit aber steht die Stiftung für ein elitäres  Netzwerk, das vor allem die Interessen der Reichsten vertritt. 

Hinter verschlossenen Türen nutzen sie ihre Macht, um politische Entscheidungen in Berlin und Brüssel im Sinne ihrer Konzerne zu beeinflussen – auf Kosten von Klimaschutz und Steuergerechtigkeit. Wer dazugehört, zählte bislang  zu den am strengsten gehüteten Geheimnissen der Stiftung und ihres politischen Ablegers, der „Stiftung Familienunternehmen und Politik“. 

Greenpeace hat monatelang recherchiert, Gespräche mit Insider:innen geführt und Einblicke in interne Dokumente der Stiftung erhalten. Das Ergebnis: eine Liste mit 258 Familien und Konzernen, die dem Netzwerk der Stiftung zugeordnet werden können. Darunter die Reichsten der Reichen Deutschlands, die gerne außerhalb des Rampenlichts bleiben. Besonders brisant, wenn auch kaum verwunderlich: Fast 90 Prozent der identifizierten Unternehmen stammen aus besonders klimakritischen Wirtschaftszweigen, darunter Chemie, Automobilbau, Lebensmitteleinzelhandel oder dem Transportwesen. Hier geht es zum Report über die Stiftung Familienunternehmen und hier geht es zum Panorama-Beitrag zur Lobby für Superreiche.

Milliardäre heizen nach Ansicht von Greenpeace die Klimakrise durch ihren exzessiven Lebensstil und klimaschädliche Investitionen massiv an. Doch sie tragen kaum zum Gemeinwohl bei. Denn was viele gar nicht wissen: Superreiche zahlen inzwischen nur halb so hohe Steuern und Abgaben wie die meisten Menschen – dank vieler Steuerprivilegien. Dadurch fehlen in den öffentlichen Kassen jedes Jahr viele Milliarden, zum Beispiel für die Sanierung von Schulen oder einen funktionierenden Bus- und Bahnverkehr. Den Preis für die Privilegien der Milliardäre zahlen lau Greenpeace alle Bürger..

Dabei sei genug Geld da. Denn Deutschland ist das Land mit den drittmeisten Superreichen weltweit. Eine ökologische Milliardärssteuer sorge dafür, dass Klimaschutz gerecht finanziert werden könne. Diejenigen mit dem größten CO2-Fußabdruck und Reichtum würden endlich in die Verantwortung genommen, ihren fairen Beitrag zu leisten.

Gemeinsam mit anderen Organisationen, wie Oxfam, dem Netzwerk Steuergerechtigkeit, Taxmenow, der AWO, GEW, Attac, Gemeingut in BürgerInnenhand und anderenb fordert Greenpeace Bundesfinanzminister Lars Klingbeil von der SPD auf, eine Milliardärssteuer zur Finanzierung von Klimaschutz einzuführen. Eine Steuer von 2 Prozent auf hohe Vermögen ab 100 Millionen Euro würde Einnahmen von bis zu 200 Milliarden Euro bis 2030 erzielen. Geld, das dringend für den Klimaschutz und eine gerechte Zukunft gebraucht werde. In einem Interview in der heutigen NOZ spricht sich der Satiriker Marc-Uwe Kling ebenfalls für eine Reichensteuer aus.

Den Appell an Finanzminister Lars Klingbeil können Sie hier unterzeichnen. [PM Greenpeace/jdm]

Berlin und Stuttgart am 3. Oktober 2025 – Bundesweite Friedensdemonstrationen gegen Kriege und Hochrüstung

Der Vorbereitungskreis „Nie wieder kriegstüchtig! Stehen wir auf für Frieden!“ ruft zu Friedensdemonstrationen gegen Kriege und Hochrüstung am 3. Oktober 2025 in Berlin und Stuttgart auf. Das Bündnis ist entstanden aus der Initiative „Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder!“ und einem Aktionsbündnis innerhalb der Friedensbewegung, dem u.a. DFG-VK, IPPNW, Netzwerk Friedenskooperative, Ohne Rüstung Leben und pax christi beteiligt sind. Es wird eine bundesweite große Demonstration zeitgleich – um 13:00 Uhr – an zwei Orten in Berlin und Stuttgart durchführen, die die Friedensbewegung in ihrer Breite repräsentiert.

Die Liste der mehr als 100 Organisationen und Initiativen kann hier eingesehen werden: https://frieden-und-zukunft.de/erstunterstuetzer-fuer-die-bundesweite-demo-in-berlin-und-stuttgart-am-3-10-2025/

Bei den Kundgebungen kommen Rednerinnen und Redner zu Wort, die sich für den Stopp des Hochrüstungskurses und für Abrüstung einsetzen, sowie für den Erhalt des Sozialstaates, für, Klimaschutz und globale Gerechtigkeit.

Das Bündnis stellt folgende Forderungen auf, die bei den Kundgebungen thematisiert werden sollen:

  • Gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland. Entschlossenen Einsatz für ein Europa ohne Mittelstreckenwaffen.
  • Nein zur Wehrpflicht.
  • Stopp der Militarisierung der Gesellschaft. Keine Unterordnung von Gesundheitswesen, Bildung und Wissenschaft unter Kriegstüchtigkeit.
  • Asyl für Menschen, die sich dem Krieg verweigern und von Krieg bedroht sind.
  • Diplomatisches Engagement für ein schnelles Ende der Kriege in Europa und im Nahen und Mittleren Osten.
  • Die Bundesregierung darf sich nicht weiter mitschuldig machen an einer von immer mehr Staaten und Organisationen als Völkermord klassifizierten Kriegsführung im Gazastreifen. Sie muss alles tun, damit der Krieg, die Vertreibung der Palästinenserinnen und Palästinenser und der Einsatz von Hunger als Waffe umgehend beendet werden. [Pressenza]

DGB beklagt weltweite Kriege, lässt aber klaren Anti-Kriegs-Kurs vermissen

Plakat des DGB Aschendorf-Hümmlimg zum Antikriegstag 2025

Der Kreisverband Nördliches Emsland des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) lädt zu einer Gedenkveranstaltung mit anschließender Kranzniederlegung auf der Begräbnisstätte Esterwegen (Friedhof Bockhorst, An der B 401) am 7. September 2025 um 18.00 Uhr ein.

Nach der Begrüßungsrede von Andreas Kuper, Vorsitzender DGB Kreisverband Nördliches Emsland, werden in diesem Jahr Schüler*innen des Mariengymnasiums Papenburg eine Rede mit Diskussionsbeiträgen halten. Die musikalische Begleitung kommt von Dita & Patrick.

Zum Antikriegstag am 1. September 2025 hat der DGB-Bundesvorstand eine Erklärung veröffentlicht. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften fordern darin die Bundesregierung anlässlich des Antikriegstages am 1. September dazu auf, sicherzustellen, dass zusätzliche Rüstungsausgaben nicht zu Lasten des Sozialhaushalts, der Ausgaben für Bildung und Forschung und von Investitionen in öffentliche und soziale Infrastruktur gehen. Der Aufruf nennt die NATO-Zielvorgabe von fünf Prozent des BIP für die Aufrüstung völlig überhöht und fordert mehr Diplomatie und Abrüstungsinitiativen.

Aber obwohl der Aufruf die Kriege in der Welt beklagt, unterstützt er grundsätzlich die weitere Aufrüstung Deutschlands. Der DGB übernimmt im Aufruf die Vernebelungstaktik der Bundesregierung und nennt als Grund für die Notwendigkeit einer Aufrüstung die "unmittelbare militärische Bedrohung durch Russland" und den "autokratischen Staatskapitalismus Chinas und den Big-Tech-Radikalkapitalismus US-amerikanischer Prägung". Dafür, dass eine militärische Bedrohung durch Russland besteht, gibt es keine Anhaltspunkte, außer dem, dass Russland sagt, es werde auch atomar zurückschlagen, wenn es sich von der Nato in seiner Existenz bedroht fühle. China, das noch kein Land angegriffen oder kolonialisiert hat, spielt auf der internationalen Bühne gegenwärtig eine bedeutende Rolle als Friedensmacht. Obwohl in diesem Land viermal so viel Menschen wie in den USA leben, hat es nur ein Drittel der Militärausgaben der USA. Und China bedroht nicht die USA oder gar Europa, aber US- und EU-Kriegsschiffe kreisen im Südchinesischen Meer.

Die USA waren zusammen mit den europäischen, vor allem deutschen Unterstützern, hauptverantwortlich für die Entwicklung hin zum Ukrainekrieg. Aber aktuell spielt die USA bei den Bemühungen um ein Ende des Ukrainekriegs eher eine gute Rolle, ganz im Gegenteil zur deutschen Regierung, die alle Friedensbemühungen nach Kräften torpediert.

Die Initiative "Sagt Nein! Gewerkschafter:innen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden" kritisiert die Rolle der DGB-Gewerkschaften. Statt sich gegen den Kriegskurs zu stellen, ruft der DGB in seinem Aufruf zum Antikriegstag zur Aufrüstung auf.

Am 01. September, dem weltweiten Antikriegstag, treffen sich Profiteure des Todes und Kriegsgewinnler bei Champagner und Canapés zur weiteren Planung ihrer Kriege im Maritim-Hotel am Düsseldorfer Flughafen bei einer vom Handelsblatt organisierten Konferenz. Die Gewerkschafterinitiative stellt dazu fest: "So ´feiert´ der Militärisch Industrielle Digitale Komplex auf seine ganz eigene und perverse Art den Antikriegstag… und mittendrin dabei: Jürgen Kerner, zweiter Vorsitzender der IG Metall… Freundliche Nachfragen, was er da zu suchen hat, hat der Kollege Kerner bisher unbeantwortet gelassen. Böses der/dem, die/der Böses dabei denkt…! während die konkreten Kriegsvorbereitungen der Regierung mit der Vorbereitung der Wiedereinführung des Kriegsdienstes, einem ´Nationalen Sicherheitsrat´ und der Eröffnung Europas größter Munitionsfabrik in Unterlüß in hohem Tempo weiter voran gehen." [jdm]

Wehrpflichtige und Munition für die Kriegsverlängerung und neue Kriege

Heute in der Tagesschau gab es acht Minuten Kriegspropaganda, denn vom Berichten kann man angesichts der völlig einseitigen Darstellung nicht sprechen.

Zur Wehrpflicht wurden nur zwei Alternativen dargestellt. Breit wurde mit Soldatenstatements für die Wehrpflicht geworben, für die Variante freiwilliger Wehrdienst wurde nur ein Kurzstatement eines Schülersprechers eingeblendet. Die echte Alternative, dass wir keine Aufrüstung der Bundeswehr brauchen, wurde nicht erwähnt.

Dann kam eine Rührstory über den Bundeswehrausbilder, der vor dem Einsatz in Litauen eine Rede an seine Soldaten hält, der von seiner Berufung zum Soldaten spricht und dessen Frau dann erzählen darf, wie schwer das Soldatenleben und das Soldatenfrauenleben ist. Dass deutsche Soldaten in Litauen an der Grenze zu Russland nichts verloren haben, stand gar nicht zur Debatte. Vergessen ist, was der ehemalige Nato-Chef Wörner am 17. Mai 1990 in Brüssel sagte: „Schon der Fakt, dass wir bereit sind, die NATO-Streitkräfte nicht hinter den Grenzen der BRD zu stationieren, gibt der Sowjetunion feste Sicherheitsgarantien.“ Heute wird dies von der Nato einfach so interpretiert, damit habe man nur gemeint, dass im Osten Deutschlands, der ehemaligen DDR, keine Nato-Truppen stationiert werden. Für Russland ist die Stationierung von Nato-Truppen direkt an seinen Grenzen dagegen eine Bedrohung, auf die das Land schon zwei Jahrzehnte hingewiesen hat.

Und für diese Bedrohung Russlands sollen junge Deutsche, wenn sich nicht genug Freiwillige finden - was bereits absehbar ist - zwangsweise rekrutiert werden.

Für all diese Kriegsplanungen dreht die Nato den Spieß um und behauptet eine Bedrohung durch Russland. Und das trotz einer zehnfachen Überlegenheit der Nato in allen Waffengattungen außer bei den Atomwaffen, wo bisher Parität besteht. Der Nato-Chef Rutte begründete heute die Aufrüstung auch damit, dass er sich von China bedroht fühle. Dabei schwimmen nicht chinesische Kriegsschiffe in der Nord- und Ostsee, sondern deutsche und andere Nato-Kriegsschiffe vor China.

Wem das Ganze dient, konnte man heute bei der Eröffnung einer Munitionsfabrik von Rheinmetall in Unterlüß sehen, wo der Kriegsminister von dem großen „Bedarf“ an Artilleriemunition sprach. Die ganze Wirtschaft Deutschlands geht durch die Kriegs- und Konfrontationspolitik zu Grunde, aber der Kriegsminister sieht keinen Bedarf für neue Wohnungen, Erhalt von Arbeitsplätzen, eine vernünftige Infrastruktur und bessere Schulen, sondern einen „Bedarf“ an Tötungsmitteln. Neue Arbeitsplätze werden mit dem Geld der Steuerzahler und den Schulden, die die jungen Menschen abzahlen werden, nur in der Kriegsindustrie geschaffen. Zehntausende Arbeitsplätze gehen in der Autoindustrie verloren, aber 500 Arbeitplätze werden für Artilleriemunition geschaffen.

Mit guten Verdienstmöglichkeiten sollen die jungen Menschen dazu gebracht werden, zu lernen, wie man andere tötet und sich selbst töten zu lassen. Aber Merz will „umfangreiche Reformen des Sozialstaats“, also Abbau von sozialer Sicherheit in allen Bereichen. Soldaten sollen schöne Wohnungen bekommen, aber einen sozialen Wohnungsbau für alle wird es nicht geben.

Die, die vom Rüstungs- und Kriegskurs profitieren, konnte man in der Tagesschau sehen: die Maßanzugträger, wie sie sich beim Rundgang durch das neue Werk in Unterlüß filmen lassen, wie sie sich wichtig geben und sich ob ihrer Coups, mit denen sie die Menschen betrügen, gegenseitig ins Gesicht grinsen. Sollten diese Kriegspolitiker, Soldaten und Rüstungsindustriellen es nicht vorher schaffen, Europa im Atomkrieg von der Landkarte zu tilgen, werden sie für ihre Skrupellosigkeit, mit der sie Europa in das Elend führen, von zukünftigen Generationen verflucht werden. [jdm]

Nur ein Drittel der befragten IGBCE-Mitglieder glaubt es bis zur Rente zu schaffen

"Die Rente ist sicher." Dieser berühmte Satz des damaligen Arbeitsministers Norbert Blüm hat sich mittlerweile überholt, zumindest wenn es nach dem Großteil der IGBCE-Mitglieder geht. Mit Sorge blicken sie auf die gesetzliche Rente - zeigt das Ergebnis einer großen Mitgliederumfrage.

Die Industriebeschäftigten in den Branchen der IGBCE haben das Vertrauen in das staatliche Rentensystem verloren. Vier von fünf Befragten (83 Prozent) gehen davon aus, dass ihre gesetzliche Altersvorsorge im Ruhestand nicht ausreichen wird, den eigenen Lebensstandard zu sichern. Gleichzeitig hält es angesichts stetig wachsender Arbeitsbelastung nicht einmal jede und jeder Dritte für denkbar, ihrer oder seiner Arbeit überhaupt bis zum Erreichen des regulären Renteneintritts nachgehen zu können.

Das sind zwei zentrale Ergebnisse einer aktuellen IGBCE-Umfrage unter ihren Mitgliedern. An ihr haben sich mehr als 4600 Personen aus allen Branchen im Organisationsbereich der zweitgrößten Industriegewerkschaft beteiligt – vor allem aus Chemie-, Pharma-, Energie-, Kunststoff- und Kautschukindustrie. Die Ergebnisse sind damit aussagekräftig und valide mit Blick auf die Gewerkschaftsmitglieder und die Industriebeschäftigten insgesamt.

„Wenn nicht einmal die arbeitende Mitte, die im Kern unser Rentensystem finanziert, im Ruhestand von ihrer gesetzlichen Altersversorgung leben kann, sollte das in der Politik alle Alarmglocken läuten lassen“, sagt der Vorsitzende der IGBCE, Michael Vassiliadis. „Wir brauchen Reformen, die das System als Ganzes endlich nachhaltig stärken – und keine neuen Debatten über eine weitere Verlängerung der Lebensarbeitszeit“, forderte Vassiliadis. „Wer von der Rente mit 70 Jahren fabuliert, der oder dem empfehle ich ein Praktikum am Chemie-Cracker, im Kautschuk-Mischsaal oder am Glasofen.“

In der Umfrage gaben lediglich 32 Prozent an, in ihrem Job („voll und ganz“ oder „eher ja“) bis zum Erreichen des regulären Renteneintrittsalters arbeiten zu können. Im Bereich der Produktion waren es sogar nur 21 Prozent. Oft sind es psychische oder körperliche Gründe, die dies verhindern. Fast 34 Prozent der Befragten gaben sogar an, dass sie es sowohl körperlich als auch psychisch nicht bis zur Rente schaffen werden („eher nein“ oder „auf keinen Fall“). In der Produktion war es fast jede und jeder Zweite (48 Prozent).

Zwar unterstützt eine überwältigende Mehrheit von 90 Prozent den Vorstoß der Bundesarbeitsministerin, das System zu einer Erwerbstätigenversicherung umzubauen, in die dann auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete einzahlen würden. Gut 70 Prozent halten es allerdings gleichzeitig für unrealistisch, dass es auch dazu kommt.

Allerdings fordern gleichzeitig 43 Prozent den Ausbau der Aktienrente. Vermutlich spielt hier die Kampagne der Gewerkschaft für die so genannte „zweite Säule“ der Altersvorsorge, die Betriebsrente, die die IGBCE in allen großen Branchen ihres Organisationsbereichs tariflich durchgesetzt hat, eine Rolle. Die Gewerkschaftsleitung unterstützt die Pläne für die Aktienrente. [jdm]

Meyer-Kreuzfahrtschiff in Wismar: Subunternehmen hebeln Arbeitsrecht aus

Auf der Meyer Werft in Wismar wird für den Disney-Konzern gerade eines der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt fertig gebaut. Für den Innenausbau des Schiffes hat die Werft einen Werkvertrag mit der Firma NIT geschlossen. NIT hat wiederum dafür die litauische Firma Maviga Pro beauftragt. Diese wiederum rekrutierte ausländische Arbeitskräfte, die über drei bis vier Ländergrenzen hinweg vermittelt werden. So nutzen Subunternehmer Schlupflöcher und missbrauchen die Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union, berichtet der NDR. [HM/erstveröffentlicht auf gruenealternative.de/forum-d]

Freiberufler-Pensionsfonds in Deutschland verlieren Geld bei riskanten Immobiliengeschäften

Für alle, die den Geschichten von Friedrich Merz, seinem Adlatus Carsten Linnemann und den übrigen Rentenexperten vom Schlage der FDP-Besondersexperten, eines Lars Klingbeils, einer Sozialministerin Bärbel Bas oder den so genannten Wirtschaftsweisen über die Vorteile einer Aktienrente glauben, sei ein Blick auf die aktuellen Probleme der deutschen Pensionsfonds empfohlen.

Die Bayerische Versorgungskammer ist zwar eine Behörde, aber verwaltet die öffentliche Zusatzversorgungskasse des Öffentlichen Dienstes, aber auch 12 Pensionsfonds von Freiberufler-Rentenkassen, wie Anwältinnen, Schornsteinfegern oder Orchestermusikern. Diese Pensionsfonds und auch die anderen der 90 Pensionsfonds in Deutschland arbeiten wie ganz normale Anlagefonds. Mit ihren erwirtschafteten Renditen sollen die Renten der Mitglieder gezahlt werden. Ziel war in der Regel eine Rendite von mindestens 4%.

Angesichts der Niedrigzinsen der letzten Jahre kamen manche Fondsmanager auf die Idee, riskante Anlageformen zu nutzen. Jetzt wurde offenbar, dass viele dieser Anlagen zu riskant waren und das angelegte Geld verloren ist. Die Bayrische Versicherungskammer verlor viel Geld bei Investitionen in US-Immobilien.

Auch ein Pensionsfonds für Zahnärzte in Schleswig-Holstein hat ein solches Problem. Im Ergebnis bedeutet das für die versicherten Mitglieder eventuell Beitragserhöhungen, Aussetzen von Rentenerhöhungen oder sogar Rentensenkungen. [jdm]

Gesundheitsminister wollen Leistungen der Pflegeversicherung kürzen – Arbeitgeber: Pflegegrad 1 abschaffen

Das Geld für den Krieg, den Kriegsminister Pistorius und die Nato-Kriegsstrategen für 2029 voraussagen, muss irgendwo herkommen. Da bietet sich doch die Pflegeversicherung an. Denn dass Pflegebedürftige auf die Barrikaden steigen, ist wohl auszuschließen.

Die Pflege-Versicherten müssten sich erstmals seit Einführung der Pflegeversicherung vor 30 Jahren auch auf eine Kürzung von Leistungen einstellen, schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Es gibt keine Denkverbote“, habe Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) Anfang Juli nach der konstituierenden Sitzung der im schwarz-roten Koalitionsvertrag vereinbarten Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflegereform gesagt. Man müsse prüfen, welche Leistungen zu hohen Kostensteigerungen führten und welche tatsächlich effizient seien. „Wir müssen uns ehrlich machen, welche Leistungen wir brauchen, welche wir gern haben wollen und welche vielleicht auch verzichtbar sind“, fügte die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) hinzu.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) plädiert unter anderem dafür, dass Pflegebedürftige im ersten Jahr nach der Feststellung eines Pflegegrads nur geringfügige Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten. Neben dieser Karenzzeit wird vorgeschlagen, den Pflegegrad 1 mit dem monatlichen „Entlastungsbetrag“ von 131 Euro komplett zu streichen.

Das bedeutet, dass ein Patient mit Schlaganfallfolgen aus dem Krankenhaus ohne Hilfe durch die Pflegeversicherung entlassen werden würde. Denn direkt nach der Feststellung der Pflegebedürftigkeit soll es ja kaum Leistungen geben. Die Idee, dass reiche Menschen nur nicht wissen, wie arme Menschen leben, und deshalb auf komische Gedanken kommen, kann man komplett vergessen. Auch Arbeitgeber können sich vorstellen, dass Pflegebedürftige Hilfe brauchen, aber es ist ihnen nur komplett scheißegal.

Die Leistungen der Pflegeversicherung für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 konzentrieren sich darauf, die Selbstständigkeit der Betroffenen durch frühzeitige Hilfestellungen möglichst lange zu erhalten und ihnen den Verbleib in der vertrauten häuslichen Umgebung zu ermöglichen. Sie können auch Entlastungsleistungen in Höhe von 131 € in Anspruch nehmen. Damit kann beispielsweise Unterstützung durch einen Pflegedienst beim Duschen oder Baden in Anspruch genommen werden Es gibt Hilfen zur Anpassung des Wohnumfeldes und Fortbildungen für die Pflegeleistenden aus der Familie.

Das Institut der deutschen Wirtschaft klagte in einem Gutachten vollkommen sinnentleert darüber, dass bei der Zahlung des Pflegegeldes nach Pflegegrad 2 nicht gewährleistet sei, dass die Pflege, die der Empfänger mit dem Geld erwerbe, den Qualitätsstandards einer professionellen Pflege entspreche. Mit dem Pflegegeld sollen Privatpersonen aus dem Umfeld des Pflegebedürftigen, also Familienangehörige oder Nachbarn und Freunde, für die Pflege rekrutiert werden. Natürlich entspricht ihre Pflege nicht professionellen Ansprüchen. Aber wenn das ausreicht, wird auf sehr kostengünstige Weise ein Pflegeproblem gelöst. Das DIW hat aber tatsächlich nicht die Verbesserung der Pflege im Blick, sondern sucht ausschließlich nach “Einsparpotentialen“. Es schlägt deshalb vor, Pflegeleistungen von einer finanziellen Bedürftigkeit abhängig zu machen. Dabei werden alle Pflegebedürftigen und ihre Familien wieder zu Sozialhilfeempfängern (auch wenn das dann anders heißen sollte) wie vor der Einführung der Pflegeversicherung. Dabei sollte die Pflegeversicherung genau davon unabhängiger machen. Und dabei wissen wir, dass die Mehrheit der Heimpflegebedürftigen schon heute auf Sozialhilfe angewiesen sind.

Es ist nicht so, dass die Pflegeversicherung wirklich funktioniert. Zum Beispiel fehlen der Pflegeversicherung die über 5 Mrd. €, die der Bund noch an sie zurückzahlen muss. Auch über neue Formen der Hilfe darf ruhig nachgedacht werden. Aber den Politikern, die derzeit über die Pflegeversicherung reden, und den Arbeitgebern geht es nur um Kürzungen zugunsten eines militarisierten Staatshaushaltes. [jdm]

Aktualisiertes Wohnraumversorgungskonzept: Sozialverband Emsland fordert Konsequenzen

Wohnraumversorgungskonzept 2025

Der Landkreis Emsland hat das Wohnraumversorgungskonzept aus dem Jahr 2021 für 14 Kommunen im Kreisgebiet aktualisiert. Dies sind alle Kommunen mit Ausnahme der Städte Lingen (Ems), Meppen, Papenburg und Haren (Ems) sowie der Samtgemeinde Spelle, die ein eigenes Konzept haben. „Unsere Zielsetzung war es, nach weiteren vier Jahren neue Entwicklungen und die zentralen Rahmenbedingungen, die sich daraus für den Wohnungsmarkt ergeben, zu beleuchten und die wesentlichen Handlungsbedarfe daraus abzuleiten“, erläutert Landrat Marc-André Burgdorf die Motivation für die Fortschreibung des Konzepts.

Der Landkreis hatte das erste Wohnraumversorgungskonzept für die Städte, Einheits- und Samtgemeinden des Emslandes erstellen lassen, die nicht über ein solches verfügten. Damit wurde einer gesetzlichen Pflicht Genüge getan. Aber aus diesem Konzept ist kaum eine Konsequenz im Emsland zu erkennen.

In einer Stellungnahme des Sozialverbands Emsland wird darauf hingewiesen, dass das Emsland im Jahr 2024 niedersachsenweit den dritten Platz bei der Anzahl wohnungsloser Menschen belegte.

Das aktualisierte Konzept zeigt, dass insgesamt ein Wohnraumbedarf da ist, der nicht gedeckt ist. Es werden Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern gebraucht. Zusätzlich besteht ein großer Bedarf an Wohnungen für Menschen mit sehr wenig Einkommen. In der Samtgemeinde Dörpen beträgt der Anteil einkommenschwacher Haushalte 14,9 %.

Gleichzeitig stellt das Konzept fest, dass es immer weniger Sozialwohnungen gibt und dieser Wert auch noch weiter sinkt, weil laufend Wohnungen aus der Sozialbindung fallen. Für geförderte Sozialwohnungen müssen nur für einen bestimmten Zeitraum Regeln zur Miethöhe eingehalten werden. Ist dieser Zeitraum vorbei, entfällt die Sozialbindung und es können marktübliche Mieten verlangt werden. In der Samtgemeinde Dörpen gibt es seit 2023 keine einzige Sozialwohnung.

Im Emsland vertrauen die Kommunen fast ausschließlich auf den Neubau von Eigenheimen, den sie mit verschiedenen Methoden fördern. Außerdem gibt es privaten Mietwohnungsbau.

Beide Entwicklungen können aber nicht bewirken, dass die Mieten für die Wohnungen erschwinglich bleiben. Die von der öffentlichen Hand übernommenen Mietkosten für Grundsicherungsempfänger und Bürgergeldempfänger werden von den Vermietern als Untergrenze für die Miethöhe betrachtet. Alle anderen Wohnungen sind entsprechend teurer.

Dem kann nach Ansicht des Sozialverbands vor allem durch die Gründung kommunaler Wohnungsbaugenossenschaften entgegen gewirkt werden. In Rhede seien hierfür mit einer Bürgergenossenschaft bereits erste Voraussetzungen geschaffen worden. „In anderen Kommunen wurde das zwar diskutiert, politisch aber oft nicht gewollt“, bedauert die SoVD-Kreisvorsitzende Kötter. Eine Wohnungsbaugesellschaft auf Kreisebene könnte zudem gerade den finanzschwächeren Gemeinden helfen.

Im Konzept wird dies auch vorgeschlagen: „Der Kreis der im geförderten Wohnungsbau tätigen Gesellschaften sollte sich durch die Gründung neuer und die Erweiterung bestehender Wohnungsunternehmen vergrößern, damit der Mangel an Investoren im geförderten Wohnungsbau abgebaut werden kann.  Sollten keine der genannten Empfehlungen umsetzbar sein, wäre die Gründung einer kommunalen Entwicklungs- bzw. Wohnungsbaugesellschaft zu prüfen.“

Öffentliche Wohnungsbaugesellschaften und auch gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften unterliegen nicht dem Renditezwang. Sie könnten die Mieten auf Dauer günstig halten, weil die Mieten nur die Kosten decken müssten und keine Profite bringen müssten.

Solche Gesellschaften bestimmten bis in die 1990er Jahre den Mietwohnungsmarkt. Erst die Abschaffung der Steuerprivilegien für gemeinnützige Wohnungsunternehmen 1990 durch die Regierung Helmut Kohl hat den sozialen Wohnungsbau zerstört. Das, was sich seitdem „Sozialer Wohnungsbau“ nennt, ist nur eine Subventionierung der Wohnungsbaukonzerne. Auch die Zahlung des Wohngelds ist letztlich nur als Subventionierung der Vermieter zu betrachten, da das Wohngeld nicht den formalen Empfängern zugute kommt. Denn diese reichen das Geld an die Vermieter weiter, um die Miete überhaupt zahlen zu können.

Die Investition für den öffentlichen Wohnungsbau bedeutet nicht nur die Entschärfung eines sozialen Problems. Sie würde sich für die Kommunen und den Bund auch finanziell rechnen, weil ein Angebot von günstigen Wohnungen die Mietpreise insgesamt senken würden. Die Wohnungskosten für Grundsicherungs- und Bürgergeldempfänger würden damit sinken. Und auch die Wohngeldzahlungen würden sinken. Und über die folgende Senkung des allgemeinen Mietniveaus käme diese Investition allen Mietern zugute.

Auch der Deutsche Mieterbund stellte in seinen Forderungen zur letzten Bundestagswahl fest: "Bezahlbare Mietwohnungen werden in erster Linie von kommunalen Unternehmen, Genossenschaften oder anderen
gemeinwohlorientierten Akteuren, z. B. kirchlichen Organisationen, gebaut. Als mögliche Träger einer neuen Gemeinnützigkeit sind sie alle durch gezielte Steuerbefreiungen, vergünstigte Bereitstellung öffentlicher Grundstücke für Wohnungsbauvorhaben und Investitionszulagen zu fördern. Der Bestand an öffentlichen Wohnungen, das heißt Wohnungen im Eigentum von Bund, Ländern und Kommunen, muss deutlich erhöht werden, um im Mietwohnungsmarkt ein dauerhaft preisgebundenes und bezahlbares Segment zu etablieren." [jdm]

Repair Café in Lathen

Mitte Juli fand im Heimathaus Lathen eine Informationsveranstaltung zum Thema "Repair-Café" statt. Der Zeitpunkt war wegen der Sommerferien und der allgemeinen Urlaubszeit offenbar schlecht gewählt, so dass nur wenige Interessierte da waren. Die berichteten aber von weiteren Freiwilligen, die gerne teilgenommen hätten, jedoch momentan im Urlaub waren.

Deshalb wurde beschlossen, einen weiteren Info-Abend anzusetzen. Dieser soll am Donnerstag, den 21. August um 19.30 Uhr im Heimathaus in der Kirchstr. 4 in Lathen stattfinden. Hier kann sich jeder Interessierte unverbindlich informieren. Unter dem Motto "Reparieren statt Wegwerfen" werden an diesem Abend Freiwillige gesucht, die sich unentgeltlich, ehrenamtlich im Repair Café zur Verfügung stellen und defekte Artikel, die gebracht werden, versuchen zu reparieren.

Dafür werden Menschen gesucht, die sich auskennen mit Kleidung, Textilien, elektrischen Geräten, Möbeln und sonstigen Gegenständen aus Holz. Wer Interesse hat, ist eingeladen. Falls jemand vorab Fragen hat, wendet er sich an Hans Hermann Bode unter Tel. 05933-923109. [jdm]

Merz will Schutzrecht bei befristeten Arbeitsverträgen abschaffen

Die Bundesregierung plant eine Rentenreform, um neue Anreize für einen längeren Verbleib älterer Menschen im Berufsleben zu schaffen. Das nennt sich Aktivrente. Wir haben bereits kritisiert, dass eine Gewöhnung einsetzen soll, die dann irgendwann die allgemeine Einführung der Rente ab 70 ermöglicht. Nebenbei hat das Drängen auf längere Arbeit den Nebeneffekt, dass das niedrige Rentenniveau durch den Zuverdienst nicht mehr so schmerzt.

Ab dem 1. Januar 2026 soll es Rentner*innen möglich sein, bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei zur gesetzlichen Rente hinzuzuverdienen. Und es ist vorgesehen, ein Vorbeschäftigungsverbot aufzuheben, das angeblich ein Beschäftigungsverbot für Rentner*innen sei.

Bei Maischberger hat Friedrich Merz im Juli gesagt, „Wir wollen denjenigen, die noch arbeitsfähig sind und die gerne weiterarbeiten wollen, eine Möglichkeit geben, das zu tun. Es gibt ein Vorbeschäftigungsverbot: Sie dürfen, wenn Sie in Rente gehen, im selben Betrieb nicht weiterarbeiten – selbst für 530 Euro im Monat nicht. Das ist doch grober Unfug.“

Grober Unfug ist das, was Merz hier sagte. Das "Vorbeschäftigungsverbot" bezieht sich im deutschen Arbeitsrecht auf die Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz), welche die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages verbietet, wenn bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestand. Das ist eine der nur mäßig wirksamen Regelungen, die die Ausbeutung durch befristete Kettenverträge verhindern sollen.

Merz bzw. die Bundesregierung versucht hier unter dem Deckmantel einer "Rentenreform" nebenbei ein Arbeitsschutzrecht abzuservieren. Tatsächlich kann jeder Rentner bei seinem Betrieb weiterarbeiten; dem steht nichts entgegen. Es ist sogar möglich, den Renteneintritt zu verschieben und so weitere Rentenansprüche aufzubauen, wenn man möchte. [jdm]

VdK prüft Musterklagen gegen Bundesregierung wegen Zweckentfremdung von Beitragsgeldern der Pflegeversicherung

Verena Bentele, Bildnachweis: Susie Knoll
VdK-Präsidentin Verena Bentele, Bildnachweis: Susie Knoll

Während der Corona-Pandemie verpflichteten mehrere Bundesgesetze die Pflegeversicherung zu Leistungen, die eigentlich nicht zum Aufgabenbereich der Pflegekasse gehörten. Das waren zum Beispiel Coronatests oder Coronaprämien für Pflegekräfte, die aus dem Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung finanziert wurden.

Damit wurden die Beiträge der Versicherten zweckentfremdet. Der Bund ist deshalb verpflichtet, diese 13,1 Mrd. € der Pflegeversicherung zu erstatten. Der Bund hat aber bis September 2024 nur 5,5 Mrd. € zurückgezahlt und heute sind noch 5,2 Milliarden Euro offen. In einem rechtswissenschaftlichen Gutachten vom September 2024 kommt Prof. Dr. Dagmar Felix von der Universität Hamburg zu dem Ergebnis, dass ein Zugriff auf Sozialversicherungsbeiträge verwehrt ist, wenn diese zur Finanzierung des allgemeinen Staatshaushalts verwendet würden. Eine Klage der Beitragszahler vor den Sozialgerichten hält sie für möglich.

Die Pflegeversicherung ist 2024 trotz gerade erhöhter Beiträge in die roten Zahlen gesackt; eine erste Pflegekasse ist zahlungsunfähig. Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) hat im März 2025 bestätigt, dass der Antrag einer Pflegekasse eingegangen sei, „der die Bewilligung einer Finanzhilfe bis einschließlich Dezember 2025 umfasst“.

Die Bundesregierung hat gerade beschlossen, dass der sozialen Pflegeversicherung in diesem und im kommenden Jahr je ein Darlehen in Höhe von 0,5 und 1,5 Milliarden Euro zukommen soll. Und um vorzutäuschen, sie tue etwas, hat sie eine Bund-Länder-Kommission eingerichtet, die über eine Finanzreform beraten soll. Also statt 5,5 Mrd € Schulden zurückzuzahlen, möchten Merz und Klingbeil der Pflegeversicherung ein Darlehen andrehen.

Verena Bentele, die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland e.V. ist der Meinung, dass die Bundesregierung die Rückzahlung konsequent verweigert, weil sie Spardruck auf die Pflegeversicherung ausüben möchte. Das wäre klar abzulehnen.

„Der Haushaltsentwurf 2026 von Finanzminister Klingbeil verschärft die chronische Unterfinanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung. Statt im kommenden Haushaltsjahr lediglich ein zinsfreies Darlehen in Höhe von zwei  Milliarden Euro bereitzustellen und großzügige Bundeszuschüsse auszuschließen, fordere ich die Bundesregierung auf, erst einmal ihre Schulden bei den Pflegekassen zu begleichen. Wir prüfen derzeit Musterklagen von VdK-Mitgliedern, da sich die Bundesregierung konsequent weigert, ihre Verpflichtungen gegenüber den Pflegekassen zu erfüllen.“ [jdm/Bildnachweis: Susie Knoll]

Die Herrschaften wünschen, dass länger gearbeitet werde

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche hat gefordert, die Deutschen mussten mehr und länger arbeiten. Dabei stellte sie wieder alle längst widerlegten Behauptungen auf, die von neoliberaler Seite seit eh und je kommen. Im Mai hatte Merz längere Arbeitszeiten gefordert. Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der selbst über eine äußerst bescheidene Arbeitsbiografie verfügt (1 Jahr bei einer Bank als Volkswirt), ist der Meinung, dass alle anderen zu wenig arbeiten.

Für Reiche sind die Rentenversicherung und die Krankenversicherung wegen der geringen Arbeitsleistung überlastet. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte vor einer Erhöhung des Rentenalters. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel verwies erneut darauf, dass gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie die Mütterrente aus Steuergeldern und nicht aus der Rentenkasse bezahlt werden müssten Außerdem müsse auf der Einnahmeseite der Rentenversicherung mehr reinkommen.

Sogar der stellvertretende Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA) Christian Bäumler kritisierte Reiches Aussagen: „Wer als Wirtschaftsministerin nicht realisiert, dass Deutschland eine hohe Teilzeitquote und damit eine niedrige durchschnittliche Jahresarbeitszeit hat, ist eine Fehlbesetzung“. Damit dürfte er auch Friedrich Merz als eine Fehlbesetzung für das Kanzleramt qualifiziert haben. [jdm]

Vorschlag für Boomer-Soli soll solidarische Rente schwächen

Das Institut der deutschen Wirtschaft weiß, dass das Rentensystem durch Belastung mit versicherungsfremden, weil gesamtstaatlichen, Ausgaben wie der Mütterrente und geringen Löhnen ausgehöhlt wird, wie der DGB kritisiert. Aber es empfiehlt einfach eine Umverteilung unter den Rentnern, um angeblich den Kleinstrentnern zu helfen. Das Institut nennt das Boomer-Soli.

Im DIW-Vorschlag sollen alle Boomer einen 10%-Abschlag auf die Rente zahlen. Rentner gelten in dem Vorschlag schon ab 1000 € als so reich, dass sie zahlen sollen. Dass Geld soll dann umverteilt werden auf die Rentner, die noch weniger haben.

Wem hilft es? Den Rentnern jedenfalls nicht. Aber dem Staat, der die Niedrigrentenbezieher bisher über die „Grundsicherung im Alter und bei Behinderung“ unterstützen muss. Er muss dann weniger zahlen. Das ist schön für den Finanzminister, der dann wieder ein paar Euro für die Hochrüstung über hat.

Geradezu witzig ist es, dass das DIW nur die „Alterseinkommen“ einbeziehen will, die Einbeziehung von Renditen aus Kapitalvermögen nur im Nachsatz als möglich, aber auch schwierig bezeichnet. Die Ems-Zeitung zitiert DIW-Präsident Marcel Fratzscher, der im Deutschlandfunk gesagt habe, es gehe nur um die Renditen privater Altersvorsorge, Vermögen sollten nicht zusätzlich besteuert werden.

Denn Reiche sind für Solidarität grundsätzlich nicht zu haben. Sie haben genug damit zu tun, ihre Yachten, Villen und Hochzeiten zu pflegen und zu organisieren.

Nun ist aber sogar Gitta Connemann gegen einen Boomer-Soli. Sie sagte, der „Boomer-Soli“ raube den Menschen Verlässlichkeit. Wer in die Rente eintrete, dem könne man nicht so über Nacht sagen, man nehme ihm davon zehn Prozent weg.

Das ist richtig, doch es geht nicht nur um dieses Vertrauen in staatliches Handeln. Der Boomer-Soli ist vor allem verfassungsrechtlich bedenklich, egal ob er über eine Umverteilung von Rentenanwartschaften oder als Sonderabgabe auf sämtliche Alterseinkünfte verwirklicht wird.

Das eigentliche Ziel des DIW-Vorschlags ist nicht, wirklich einen Beitrag zur Verbesserung der Situation von Kleinrentenbeziehern zu schaffen. Durch denunziatorisches Zeigen auf die angeblich gut situierten Boomer sollen die jungen Rentenbeitragszahler gegen die Rentner aufgehetzt werden, damit sie erst gar nicht auf den Gedanken kommen, die Situation der Rentenversicherung ließe sich durch eine angemessene Beteiligung der Kapitalbesitzer und Vermögenden verbessern.

Das deutsche Rentensystem ist als Umlageversicherung ein solidarisches System. Der DIW-Vorschlag will dieses System unterlaufen, indem er einzelne Versichertengruppen diffamiert. Ähnliche Versuche gibt es in der Krankenversicherung immer wieder, wenn einzelne Gruppen von Versicherten, wie Sportler, Raucher oder Übergewichtige als Kostentreiber denunziert werden. Bei der Arbeitslosenversicherung haben wir uns alle schon fast daran gewöhnt, dass die Arbeitslosen selbst schuld sein sollen, wenn der Versicherungsfall eintritt. [jdm]

Land lässt Kommunen im Regen stehen – Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) kritisiert Ausgabenpolitik der rot-grünen Landesregierung

Zu einer umfassenden Neuorientierung ihrer Ausgabenpolitik hat das BSW Niedersachsen (Bündnis Sarah Wagenknecht) die rot-grüne Landesregierung in Hannover aufgefordert. Die aus dem Sonderfonds des Bundes stammenden zusätzlichen 9,4 Milliarden Euro dürften im Landeshaushalt 2026 nicht für den Ausbau der militärischen Infrastruktur in Häfen, Kasernen, Flugplätzen, Straßen und Brücken ausgegeben werden. 

Olger Onken., BSW landesvorsitzender Niedersachsen
Holger Onken

Vielmehr müsse das Geld in voller Höhe den notleidenden Kommunen in Niedersachsen zur Verfügung stehen, sagte BSW-Landesvorsitzender Holger Onken (Oldenburg). Bislang plane die Landesregierung, lediglich 60 Prozent der zusätzlichen Gelder aus Berlin an die Kommunen in Niedersachsen weiterzureichen. Niedersachsen bleibe damit unter den 13 Flächenländern das Schlusslicht mit dem niedrigsten kommunalen Finanzausgleich pro Kopf. Die Folge seien landauf, landab unausgeglichene kommunale Haushalte.

Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und soziale kommunale Dienstleistungen seien chronisch unterfinanziert. Die Zahl der Krankenhäuser mit aktuellen Finanzierungsproblemen steige weiter. Insolvenzen kleiner Kliniken in der ländlichen Versorgung seien inzwischen an der Tagesordnung. Die Krankenhausreform belaste Städte und Kreise in Niedersachsen allein in diesem Jahr mit rund 600 Millionen Euro. Die Kommunen übernähmen, so BSW-Co-Landesvorsitzender Thorsten Renken (Westerstede), die Funktion von Ausfallbürgen des Landes. Renken: „Die kommunale Selbstverwaltung ist ein Verfassungsrecht, welches die Landesregierung in Niedersachsen gerade mit Füßen tritt.“

Die Leidtragenden seien neben den Patienten die Mitarbeiter der Einrichtungen. Sie würden ausgebeutet, seien oftmals unterbezahlt und litten wegen Personalmangel unter anhaltenden Überforderungen, erklärte Renken weiter.

Thorsten Renken, BSW landesvorsitzender Niedersachsen

Wenn das Land - wie angekündigt - mehr soziale Verantwortung übernehmen wolle, müssten gewaltige Summen in den Ausbau von Kitas, Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen fließen. Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) überzeuge bislang nur mit leeren Sprechblasen. Thorsten Renken: „Olaf Lies entpuppt sich einmal mehr als Ankündigungspolitiker, auf dessen Worte kaum Taten folgen. Wer Teile des Infrastrukturprogramms für militärische Zwecke ausgibt, handelt sogar verantwortungslos und gefährdet mit dieser Fehlsteuerung die soziale Sicherheit und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.“ Den Kommunen würden immer mehr fachfremde Ausgaben übertragen, ohne für einen finanziellen Ausgleich zu sorgen.

Es werde höchste Zeit, an den Schulen in Niedersachsen deutlich mehr Lehrer zu beschäftigen, als in der mittelfristigen Planung vorgesehen sei. Der Lehrerberuf werde zunehmend unattraktiver, da Pädagogen mit befristeten Stellen abgespeist und ihnen sichere berufliche Perspektiven vorenthalten würden. So werde der Lehrermangel verschärft, kritisierte Holger Onken eine viel zu geringe Investitionsbereitschaft der Landesregierung in den Bildungsbereich. [jdm,/PM]

Ab diesem Einkommen gilt man als reich

IW-Kurzbericht Mittelschicht

Zur Mittelschicht gehört, wer als Single ein Nettoeinkommen von mindestens 1.850 Euro im Monat hat. Das zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Ab 5.780 Euro gelten Singles als einkommensreich.

Die meisten Menschen in Deutschland zählen sich zur Mittelschicht. Doch wer gehört wirklich dazu, wenn von der Mittelschicht die Rede ist?

Ein wichtiges Maß bei der Bewertung von Einkommen ist das Median-Einkommen. Das liegt bei Alleinlebenden bei 2312 € im Monat. Das bedeutet, die Hälfte aller Alleinlebenden hat mehr Einkommen und die andere Hälfte hat weniger. Das Median-Einkommen bei kinderlosen Paaren beträgt 3462 € Netto (eine Hälfte hat mehr, die andere weniger). Das Median-Einkommen ist nicht das Durchschnittseinkommen, dass häufig genannt wird, aber durch die Verzerrung durch Super-Einkommen die Realität nicht richtig, weil zu hoch, abbildet.

Ein Alleinlebender musste nach dieser Studie ein monatliches Nettoeinkommen zwischen 1.850 Euro und 3.470 Euro erzielen, um zur (Einkommens-)Mittelschicht im engen Sinne zu gehören. Für ein Paar mit zwei Kindern unter 14 Jahren lagen die Einkommensgrenzen zwischen 3.880 Euro und 7.280 Euro. Insgesamt zählten im Jahr 2022 knapp 48 Prozent – also ungefähr jeder Zweite zur eng definierten Einkommensmittelschicht.

Dass eine Familie mit vier Personen nicht das vierfache Einkommen eines Singles braucht, um zur Mitte zu gehören, liegt an der sogenannten Bedarfsgewichtung: So brauchen etwa Kinder weniger Geld als Erwachsene und nicht jedes Familienmitglied wäscht mit der eigenen Waschmaschine.

Zur Mittelschicht gehört eine Person nach IW-Definition, wenn ihr bedarfsgewichtetes Haushaltsnettoeinkommen zwischen 80 Prozent und 150 Prozent des mittleren Einkommens (Median) liegt. Das IW hat damit schon eine sehr große Gruppe als Mitte zusammengefasst, denn bei Alleinlebenden liegt zwischen 1850 € und 3470 € schon eine sehr breite Spanne. Wer 1850 € hat und eine der heutigen hohen Mieten zahlen muss, muss schon genau rechnen, um über die Runden zu kommen. Bei 3470 € sieht die Sache schon ganz anders aus.

Wer mehr als 250 Prozent des Medians im Monat zur Verfügung hat, zählt zur Gruppe der relativ Einkommensreichen: Für Singles gilt das ab mindestens 5.780 Euro, insgesamt gehören nur rund vier Prozent der Menschen in Deutschland zu dieser Oberschicht.

Zum Einkommensrechner IW 2025
Einkommensrechner 2025

Dass nur vier Prozent der Bevölkerung „reich“ sind, deckt sich laut Studie nicht mit der Wahrnehmung der Menschen in Deutschland. Frühere Befragungen zeigen, dass der geschätzte Anteil einkommensreicher Menschen bei 25 Prozent liegt. „Reich sind in der eigenen Wahrnehmung zumeist die anderen“, sagt Studienautorin Judith Niehues. „Dass man als Paar ohne Kinder mit einem gemeinsamen Einkommen von über 8.670 Euro zu den einkommensreichsten vier Prozent der Bevölkerung zählt, überrascht viele.“

Wenn Sie wissen wollen, wie hoch Ihr Haushaltsnettoeinkommen sich im Vergleich darstellt, können Sie Ihr Einkommen und die Zahl der Haushaltsangehörigen in den Einkommensrechner 2025 auf der IW-Seite eingeben. [jdm]

IMI-Studie Militärausgaben und Sozialabbau – Rüstung statt Rente – Kanonen statt Butter

 IMI-Studie Militärausgaben und Sozialabbau 06/2025

Das beim NATO-Gipfel in Den Haag am 25. Juni 2025 beschlossene neue militärische Ausgabenziel von 5% des Bruttoinlandsproduktes wird zu irrwitzigen Steigerungen der Rüstungsausgaben führen. Aus diesem Grund hat sich die Informationsstelle Militarisierung e. V. entschlossen, die IMI-Studie „Militärausgaben und Sozialabbau“ zu aktualisieren und um die Zahlen für die künftige deutsche Haushaltsplanung zu ergänzen.

Die Kurzstudie fasst diverse Artikel der letzten Jahre zur Entwicklung der Rüstungsausgaben zusammen und ergänzt sie um die Aspekte des jüngsten deutschen Rüstungs- und Schuldenpaketes sowie um die Auswirkungen der im Juni 2025 beschlossenen Erhöhung des NATO-Ausgabenziels auf 5% des Bruttoinlandsproduktes (BIP).

Sie kommt zu dem Ergebnis, dass von einer kaputtgesparten Bundeswehr keine Rede sein kann (Anstieg der offiziellen Militärausgaben von 32,5 Mrd. Euro 2014 auf 50,4 Mrd. Euro 2022). Die im März 2025 beschlossene weitgehende Aussetzung der Schuldenbremse soll laut aktueller Finanzplanung eine weitere Erhöhung des Militärhaushaltes im Kernhaushalt auf 152 Mrd. Euro im Jahr 2029 ermöglichen (plus weitere Mittel für Infrastruktur, Waffenlieferungen usw.).

Kurzfristig sollen diese immensen Summen zwar über zusätzliche Schulden aufgebracht, mittel- bis langfristig aber aus dem Haushalt finanziert werden. Vor diesem Hintergrund bereitet derzeit eine asoziale Kanonen-statt-Butter-Rhetorik noch drastischere Sozialkürzungen vor. Hier geht es zur vollständigen Studie. [jdm]

Träger der Kitas in den Samtgemeinden Lathen und Dörpen schließen sich zu Trägerverband zusammen

Am Donnerstag, dem 03.07.2025 um 19.30 Uhr findet die nächste Sitzung des Wippinger Gemeinderates im Heimathaus statt.

Auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung stehen die Zustimmung zum Haushaltsplan der Kindertagesstätte, die Diskussion über den Katholischen Kirchengemeindeverband Kindertagesstätten Dörpen/Lathen und die Verschiebung der Sanierung der Bücherei, weil noch nicht genügend Spenden und Zuschüsse gesammelt werden konnten.

Die Zustimmung zuum Haushaltsplan der Kita gilt als Formsache, weil der Haushaltsplan geprüft wurde und somit die Kostenzuschüsse der Gemeinde feststehen.

Die Gründung eines Kita-Trägerverbandes hat zur Folge, dass es die Gemeinde bei den Fragen zur Kindertagesstätte nicht mehr allein mit der Kirchengemeinde zu tun hat, sondern mit diesem Trägerverband. Bisher wurden die finanziellen Angelegenheiten der Kindertagesstätte von dem/der ehrenamtlich tätigen Rendanten/Rendantin der Kirchengemeinde erledigt. Die RendantIn ist die KassenwartIn der Kirchengemeinde. In der Vergangenheit führte Hermann Jansen lange die Geschäfte des Kindergartens, aktuell ist Franziska Düthmann dafür zuständig. In der Beschlussvorlage der Gemeinde zum Kita-Haushalt steht "Frau Düthmann hat ein aufschlussreiches Zahlenwerk vorgelegt". Das hört sich nach mehr an, als dem Kassenbericht eines durchschnittlichen Vereins. Die Aufsicht über die Kita lag bei dem Pfarrer und Kirchenvorstand.

Sowohl die finanzielle Verantwortung als auch die Personalverantwortlichkeit sind angesichts des Wachstums der Einrichtung ehrenamtlich kaum noch zu leisten. Dieses Problem haben auch die anderen kirchlichen Kindertagesstätten. Deshalb hat das Bistum die Gründung eines Trägerverbandes für die Kindertagesstätten angeregt (siehe Präsentation). Der Trägerverband wird mit einer Geschäftsstelle ausgestattet, die diese Arbeiten leisten kann. Die Hoffnung ist, dass sich daraus eine Professionalisierung in der Leitung der Kitas ergibt. Die Kosten für die Geschäftsstelle sollen für die einzelnen Gemeinden durch den Zusammenschluss überschaubar bleiben. [jdm]

Prostituiertenschutzgesetz oder Freierbestrafung?

Für die einen ist es Sexarbeit, andere sprechen von Zwangsprostitution. Prostitution als Form der Unterdrückung der Frau wurde in der Vergangenheit häufig unter moralischen Aspekten verhandelt. Den Prostituierten wurden unter Verweis auf den unmoralischen Lebenswandel alle Rechte geraubt; die Freier konnten mit dem Kauf von Frauen sogar noch angeben.

Um Frauen aus der Illegalität zu helfen und um ihnen Rechte zu verschaffen gilt in Deutschland seit 2017 das Prostituiertenschutzgesetz, das zum Ziel hatte, durch die Anerkennung der Prostitution als Sexarbeit Schutzrechte und den Zugang zur Sozialversicherung zu schaffen.

In Schweden hat man eine ganz andere Richtung eingeschlagen. Auch hier wollte man die rechtlose Stellung der Frauen nicht noch durch staatliche Repression verschlechtern. Aber die Prostitution wurde dennoch nicht als normale Arbeit betrachtet. Das "Nordische Modell" besteht aus dem 1999 verabschiedeten Gesetz über die Freierbestrafung und der vollständigen Entkriminalisierung der Frauen.

Viele Selbsthilfegruppen in Deutschland, wie Kassandra e. V., unterstützen das deutsche Modell. Der Verein Sisters e. V. dagegen ist überzeugt, dass die Realität ganz anders aussieht und die Freiwilligkeit nur bei etwa 10 % der Frauen gegeben ist. 90 % der Frauen seien aus Zwangslagen heraus in der Prostituition gelandet. Dazu zählen neben den Menschenhändlerringen finanzielle Zwangslagen und massive Gewalt- und Missbrauchserfahrungen. Das deutsche Modell stütze die Menschenhändler, die sich nach außen als gesetzestreue Bordellbetreiber inszenieren könnten, aber die die Frauen durch Gewalt und wirtschaftlichen Druck fest unter Kontrolle hätten.

Sisters e. V. macht sich für eine Übernahme des Nordischen Modells stark. In Schweden habe sich dadurch, dass sich der Freier in einer illegalen Position befinde, das Verhalten der Männer gegenüber den Prostituierten verändert. In Deutschland hingegen glaubten die Männer und auch die betroffenen Frauen, dass sie durch die Bezahlung frei über den Körper der Frau verfügen könnten (siehe Interview Junge Welt). Auch die Zeitschrift Emma spricht sich schon lange für die Freierbestrafung aus, weil der Kauf von Frauen ein Verbrechen sei. Für die CDU/CSU ist Prostitution eine Menschenrechts-Verletzung. Sie hatte die Absicht, die Freierbestrafung auch in Deutschland einzuführen. Dem stehen gewerkschaftliche und linksliberale Kreise entgegen, die argumentieren, die Zwangsprostitution sei ohnehin verboten und das Prostituiertenschutzgesetz sorge für gute Arbeitsbedingungen.

Der Bayrische Rundfunk hat in einem Bericht aus Nürnberg diese beiden Positionen in einem Filmbeitrag dargestellt. [jdm]

Bundesweite Schwerpunktaktion in der Baubranche gegen Schwarzarbeit

Foto: Hauptzollamt Osnabrück

Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Hauptzollamtes Osnabrück hat am 16. Juni 2025 im Rahmen einer bundesweiten Schwerpunktprüfung Baustellen auf die Einhaltung sozialversicherungsrechtlichen Pflichten und des Mindestlohns überprüft. Auch die Aufdeckung illegaler Beschäftigung, Scheinselbstständigkeit und von. Leistungsbetrug war Ziel.

50 Zöllnerinnen und Zöllner waren in den Regionen Osnabrück, Emsland, Nordhorn, Vechta sowie Diepholz unterwegs und haben 156 Personen nach ihren Beschäftigungsverhältnissen befragt. Zwölf der angetroffenen ausländischen Arbeitnehmer verfügten allerdings nicht über eine gültige Arbeitserlaubnis. Gegen diese Personen sind Strafverfahren wegen Verdachts des illegalen Aufenthalts eingeleitet worden. Über die weiteren aufenthaltsrechtlichen Folgen entscheidet die zuständige Ausländerbehörde. Zudem ist ein weiteres Strafverfahren gegen einen angetroffenen Arbeitnehmer wegen des Verdachts der Urkundenfälschung eingeleitet worden.

Daneben stellten die Ermittler nach vorläufigen Ergebnissen noch 39 Sachverhalte fest, die weitere Prüfungen erfordern. Konkret handelt es sich dabei in drei Fällen um Anhaltspunkte, dass die Betriebe nicht den vorgeschriebenen Mindestlohn zahlen. In zwei Fällen ermittelt das Hauptzollamt wegen Sozialleistungsbetrugs. Darüber hinaus besteht in 26 Fällen der Verdacht, dass gegen sozialversicherungsrechtliche Meldepflichten verstoßen wurde und in acht Fällen, dass eine Beschäftigung von Ausländern ohne erforderliche Arbeitsgenehmigung erfolgt.

Um die Rechtsverstöße zu verifizieren und zu ahnden, werden weitere Prüfungs- und Ermittlungsmaßnahmen insbesondere bei den Arbeitgebern durchgeführt. [PM/ Bild Hauptzollamt Osnabrück]

SPD-Manifest könnte eine Chance sein, den Weg zum großen europäischen Krieg zu stoppen

In einem Manifest haben etwa 100 SPD-Mitglieder und SPD-nahe Politiker und Wissenschaftler gefordert, die Friedenssicherung durch Rüstungskontrolle und Verständigungspolitik zu erreichen. Zu den Initiatoren gehört Rolf Mützenich, der noch bis Februar dieses Jahres Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion war. Ein weiterer prominenter Name ist der von Ralf Stegner, der bis 2021 SPD-Fraktionsvorsitzender in Schleswig-holsteinischen Landtag war. Beide sind derzeit Bundestagsabgeordnete.

Das Manifest fordert die möglichst schnelle Beendigung des Tötens und Sterbens in der Ukraine durch eine Intensivierung der diplomatischen Anstrengungen aller europäischen Staaten. Die Unterstützung der Ukraine müsse mit den berechtigten Interessen aller in Europa an Sicherheit und Stabilität verknüpft werden. Auf dieser Grundlage müsse man ins Gespräch mit Russland zu kommen, auch über eine von allen getragene und von allen respektierte Friedens- und Sicherheitsordnung für Europa.

Das Manifest fordert einen Stopp des Rüstungswettlaufs. Europäische Sicherheitspolitik dürfe sich nicht am Prinzip der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung orientieren. Für eine auf Jahre festgelegte Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf 3,5 oder 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gebe es keine sicherheitspolitische Begründung.

Eine am BIP orientierte Prozentzahl der Ausgaben für militärische Zwecke festzulegen, sei irrational. Man brauche dringend mehr finanzielle Mittel für Investitionen in Armutsbekämpfung, für Klimaschutz und gegen die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, von denen in allen Ländern Menschen mit geringen Einkommen überdurchschnittlich betroffen seien.

Die Stationierung von weitreichenden, hyperschnellen US-Raketen-Systemen in Deutschland würde unser Land zum Angriffsziel der ersten Stunde machen.

Die Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung nach Art. 6 des Atomwaffensperrvertrags müsse erneuert werden. Gleichzeitig gelte es auf die Erneuerung des 2026 auslaufenden New Start-Vertrags zur Verringerung strategischer Waffen und auf neue Verhandlungen über Rüstungsbegrenzung, Rüstungskontrolle, vertrauensbildende Maßnahmen sowie Diplomatie und Abrüstung in Europa zu drängen.

Die Unterzeichner drängen auf die schrittweise Rückkehr zur Entspannung der Beziehungen und einer Zusammenarbeit mit Russland sowie die Berücksichtigung der Bedürfnisse des Globalen Südens insbesondere auch zur Bekämpfung der gemeinsamen Bedrohung durch die Klimaveränderungen. Deutschland und die EU dürften sich nicht an einer militärischen Eskalation in Süd-Ost-Asien beteiligen.

Es gab schon öfter Initiativen von SPD-Mitgliedern für Abrüstung, die versuchten, die Partei Willy Brandts an deren große Rolle in der Entspannungspolitik zu erinnern.

In den Jahren 2019 bis 2021 – also vor dem Ukrainekrieg - versuchten SPD-Mitglieder ihre Partei dazu zu bringen, sich gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen auszusprechen. Die USA hatten bis 2021 in Afghanistan unzählige Menschen mit Drohnen gezielt ermordet. Diese Initiative blieb erfolglos.

Einige der jetzigen Unterzeichner unterstützten auch schon die Initiativen von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht.

Welchem Konformitätsdruck die Abgeordneten in der SPD ausgesetzt sind, zeigt sich daran, dass Mützenich und Stegner erst jetzt, wo sie nicht mehr im Zentrum der entscheidenden Gremien der Partei stehen, für eine Friedenspolitik aussprechen. Vorher haben sie sich zwar auch für Diplomatie und gegen die Lieferung von schweren Angriffswaffen in die Ukraine ausgesprochen, aber wesentlich verhaltener.

Ein prominentes Opfer solchen Parteidrucks gab es schon 1914, als Karl Liebknecht sich bei der Abstimmung über die damaligen Kriegskredite der Fraktionsdisziplin beugte.

Der Druck auf die Unterzeichner des Manifestes ist heute auch wieder immens. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Sebastian Fiedler, zeigte sich "irritiert, verstört und verärgert", dass „sogar von Zusammenarbeit mit Russland die Rede, also mit einem Kriegsverbrecher“ sei. Der Chef-Pöbler der CDU, Roderich Kiesewetter, findet das Manifest "ungeheuerlich" und sagte, damit liefere man die Ukraine "der Vernichtungsabsicht Russlands" aus.

Matthias Miersch, der als so genannter Vertreter der SPD-Linken den Posten des Fraktionsvorsitzenden bekommen hat, kommentiert mit einer Lüge: Diplomatie bleibe zwar oberstes Gebot, "aber wir müssen auch ehrlich sagen: Viele Gesprächsangebote - auch von Bundeskanzler Olaf Scholz - sind ausgeschlagen worden. Wladimir Putin lässt bislang nicht mit sich reden."

Tatsächlich hat es von Deutschland und der EU keine Gesprächsangebote gegeben, sondern nur Maximalforderungen, die mit Sanktionen gekoppelt waren. Aber dass die Kriegsverlängerer mit redlichen Argumenten arbeiten, haben wir seit 2022 auch noch nicht erlebt.

Und genau das ist der eigentliche Inhalt des SPD-Manifestes: Die Kriegsgefahr ist real gestiegen und das Geld, das für die Rüstungssteigerung ausgegeben wird, fehlt an allen Enden. Beenden kann man diese Politik nur, indem man verhandelt und dabei die Interessen aller Seiten berücksichtigt werden.

Das SPD-Manifest braucht Unterstützung von den Bürgern, damit es nicht einfach eine weitere folgenlose Wortmeldung bleibt. Die Kriegspolitiker aller Parteien müssen mit den einfachen, logischen und verständlichen Forderungen des Manifestes konfrontiert werden. und Lügen á la Miersch und Kiesewetter und Konsorten darf man ihnen nicht weiter durchgehen lassen. [jdm]

Integreat-App seit einem Jahr im Einsatz – Positive Bilanz

Der Landkreis Emsland ist eine von insgesamt 133 Partnerkommunen in Deutschland, die die Integreat-App bereitstellen. Diese digitale Plattform soll Neuzugezogenen sowie ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern Unterstützung im Alltag sein. Haupt- und Ehrenamtliche aus der Migrationsarbeit können die App für ihre Arbeit nutzen.

Hinter der Integreat-App steht ein redaktionelles Team von mehreren Personen aus unterschiedlichen Fachbereichen. Die App bündelt die für eine Integration relevanten Informationen und nennt Anlaufstellen und Ansprechpartner im Landkreis Emsland. Ziel ist, dass sich Menschen, die noch fremd sind, orientieren und schnell zurechtfinden können und sich dadurch Teilhabemöglichkeiten erschließen.

Die App bietet niedrigschwelligen, mehrsprachigen und kostenfreien Zugang zu wichtigen Themen wie Wohnen, Gesundheitsversorgung und Arbeit. Dies und weitere nützliche Hinweise und Tipps zum Leben und Alltag im Emsland, Ansprechpartnern von Behörden und Kontaktdaten von u. a. lokalen Beratungsstellen, Sprachkursträgern und Vereinen haben dazu geführt, dass die App innerhalb eines Jahres knapp 78.000 und damit im Schnitt 214 Mal am Tag aufgerufen wurde.

Im Landkreis Emsland ist die Integreat-App derzeit in den Sprachen Arabisch, Bulgarisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Kurmanji, Niederländisch, Persisch, Polnisch, Rumänisch, Russisch, Spanisch, Türkisch, Ukrainisch und Vietnamesisch verfügbar. Die Statistik zeigt, dass neben Deutsch die am häufigsten aufgerufenen Sprachen Persisch und Arabisch sind. „Das macht deutlich, dass eine Sammlung von Informationen in der Muttersprache für die erste Orientierung zum Leben im Emsland von Bedeutung ist“, erläutert die zuständige Sozialdezernentin Dr. Sigrid Kraujuttis.

Aber die Integreat-App unterstützt nicht nur Zugewanderte, sondern auch Haupt- und Ehrenamtliche in der Migrationsarbeit: „Allgemeine Fragen lassen sich zügig über bereits in der App verfügbare Informationen beantworten. Beratungsstellen können auf diese Weise entlastet werden“, sagt Kraujuttis.

Dass sie einen deutlichen praktischen Nutzen hat, zeigen diese Beispiele: So fragte eine Lehrerin für eine junge geflüchtete Ukrainerin nach Kontakt- und Anschlussmöglichkeiten in Meppen. Auch Nachfragen, wie und wo ausländische Bildungsabschlüsse anerkannt werden können oder wo eine ausländische Fachkraft seinen Führerschein umschreiben lassen kann, erreichten die Koordinierungsstelle Migration und Teilhabe mit Sitz im Meppener Kreishaus. Die Antworten waren immer in der Integreat-App zu finden.

Die Integreat-App ist im Google-Play-Store und App-Store von Apple verfügbar. Weitere Informationen über die App sind bei der Koordinierungsstelle für Migration und Teilhabe, Ansprechpartnerin Stephanie Abdel-Naby, unter der E-Mail-Adresse integration@emsland.de erhältlich. [jdm/Landkreis Emsland]

Infrastrukturfonds: keine zusätzlichen Mittel, außer für Aufrüstung

Wenn ein Minister notwendige Ausgaben über Darlehen aus dem Infrastrukturfonds bezahlen möchte, wird sein normaler Etat um die entsprechende Summe gekürzt. Mit anderen Worten, Ausgaben des normalen Etats werden über den Infrastrukturfonds finanziert bzw. es wird kein zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt. Der Tagesspiegel spricht hier von einem "Haushaltstrick: Keine Zusätzlichkeit der Investitionen".

Die Ankündigung von Merz, dass mit dem Infrastrukturfonds zusätzliche Mittel zur Verbesserung der Infrastruktur bereitgestellt werden sollen, hat sich damit schon erledigt.

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 19. Mai 2025 liegt ihr ein Rundschreiben von Finanzstaatssekretär Steffen Meyer an die Fachressorts und obersten Bundesbehörden vor, in dem es heiße, dass die Fachministerien Projekte, die die Ausgaben gegenüber der bisherigen Planung erhöhen oder die Einnahmen verringern, in aller Regel nur dann in Angriff nehmen dürfen, wenn sie dafür an anderer Stelle innerhalb ihres jeweiligen Einzeletats gleich hohe Einsparungen vornehmen. Ziel müsse es sein, alle staatlichen Aufgaben auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen, hieß es in Regierungskreisen. Zudem müssten alle Ressorts in diesem Jahr 0,5 und 2026 zwei Prozent ihrer Stellen streichen. Die Sicherheitsbehörden seien davon ausgenommen.

Zwar geht aus dem Artikel der SZ nicht hervor, ob der Rüstungshaushalt auch davon betroffen ist, aber die Einschränkung bei der Vorgabe für die Stellenstreichungen deutet darauf hin, dass für die Kriegsausgaben diese Einschränkung nicht gelten soll.

Die Grünen hatten für ihre Zustimmung zur Grundgesetzänderung für die Sondervermögen festlegen lassen, dass Ausgaben aus dem Infrastrukturfonds nur getätigt werden dürfen, wenn im Kernhaushalt bereits angemessene Investitionen eingeplant sind.

Wir hatten deshalb eingeschätzt, „das ist nur ein Scheinkompromiss, denn im Kernhaushalt wird es immer irgendwelche Ausgaben für Schulen, Straßen usw. geben. Allein schon die nach Osten geplanten Militärstraßen dürften als Investitionen im Kernhaushalt auftauchen. Die Forderung der Grünen bedeutet also praktisch nichts“.

Und genauso kommt es: außer einer wahnwitzigen Aufrüstung und die damit verbundenen militärisch interessanten Maßnahmen wird es keine zusätzlichen Ausgaben für die Infrastruktur geben, also kein zusätzliches Geld für Krankenhäuser, Klimaschutz, Öffentlichen Nahverkehr, Bildung oder Wohnungsbau. Im Gegenteil: Die Ministerien werden verdonnert, diese dringend benötigten Ausgaben zu kürzen, weil dem Finanzminister schon angesichts der Zinsen für die beschlossenen "Sondervermögen" ganz schummerig wird. [jdm]

Gesetzentwurf der Linken gegen Mietwucher

Die Linken haben im Wahlkampf Tausende Nebenkostenabrechnungen gecheckt. Damit wollte die Partei konkret helfen, dass Mieter*innen Geld vom Vermieter zurückkriegen. Das führt die Partei mit einem zentralen Team, das Einsendungen prüfen kann, weiter.

Die Linke hatte vor der Wahl auch einen Gesetzentwurf gegen Wuchermieten angekündigt, denn durch ihren Mietwucherrechner seien 4.400 Fälle an die zuständigen örtlichen Behörden gemeldet worden. Den Gesetzentwurf hat die Fraktion der Linken letzte Woche im Bundestag eingebracht. Die Linke beantragte die Verschärfung des Mietwucherparagrafen, um endlich wirkungsvoll gegen überhöhte Mieten vorgehen zu können.

Mit ihrem „Mietwuchergesetz“ strebt die Fraktion Die Linke eine Änderung des Wirtschaftsstrafgesetzes an. Das als Ordnungswidrigkeitstatbestand ausgestaltete Verbot der Mietpreisüberhöhung im Paragrafen 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes sei in der Praxis weitgehend wirkungslos geworden. Hauptgrund dafür sei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sehr hohe Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen durch Vermietende stelle. Eine „Ausnutzung“ lasse sich in der Praxis deshalb kaum je nachweisen, wodurch Paragraf 5 faktisch weitgehend leerlaufe. Darüber hinaus sei der Bußgeldrahmen von maximal 50.000 Euro nicht mehr zeitgemäß.

Die Lösung sieht die Fraktion Die Linke in der Verschärfung des Paragrafen 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes. Das Erfordernis der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen soll kein Kriterium mehr sein, sondern nur Vorliegen eines geringen Angebots. Hierdurch würden die bestehenden Beweisprobleme erheblich entschärft. Darüber hinaus verlangt die Fraktion eine Erhöhung des Bußgeldrahmens auf 100.000 Euro.

Der Gesetzesvorschlag der Linken wurde nach der Debatte im Plenum zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen. [jdm]

Zwei Studien zum Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie – Modell für Paketdienste?

Im Mai 2020 mitten in der Corona-Pandemie gab es die Nachrichten über die Coronavirusinfektion von Schlachthofmitarbeitern u. a. bei Weidemark in Sögel. Zurückgeführt wurden die Masseninfektionen auf die Arbeitsbedingungen im Schlachthof, aber auch auf die Wohnbedingungen der Werkvertragsarbeiter.

Die öffentliche Diskussion führte zum Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch). Darin wurden ab 1.1.2021 Werkverträge und die Beschäftigung von Selbständigen in der Schlachtung und Zerlegung verboten und ab dem 1.04.2021 Leiharbeit verboten. Es gibt seitdem somit das Direktanstellungsgebot.

In einem Artikel vom 07.06.2020 zitierten wir die pessimistische Prophezeiung von Werner Rügemer, dass  die Fleischindustrie dieses jetzige Gesetz durch mehr Zeitverträge (Stichwort: sachgrundlose Befristung) und durch Umgehung des Mindestlohns mit einer Stücklohnpraxis umgehen werde.

Studie Fleischindustrie WSI 2025

Zwei Studien zu den Auswirkungen des GSA Fleisch haben eine zwar durchwachsene, aber durchaus positive Bilanz des Gesetzes gezogen. In der Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung „Neue Arbeitswelt in der Fleischindustrie? - Eine Bilanz der Veränderungen nach dem Arbeitsschutzkontrollgesetz“ von März 2025 stellen die Autoren Serife Erol und Thorsten Schulten fest, dass 46,7 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten in der Fleischindustrie im Niedriglohnsektor arbeiten. Noch einmal deutlich höher ist der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten unter den ausländischen Vollzeitkräften in der Fleischindustrie. Dieser lag 2022 bei 55 Prozent. Im Vergleich hierzu arbeiteten in der Gesamtwirtschaft 2022 knapp 16,5 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnsektor. Zwei Drittel der Beschäftigten in der Fleischindustrie arbeiten heute unter tariflosen Bedingungen  und erhalten somit lediglich den gesetzlichen Mindestlohn.

Obwohl sich somit die oben genannten pessimistischen Annahmen scheinbar bewahrheitet haben, hat sich dennoch Grundlegendes geändert. Da alle direkt beim Schlachtbetrieb angestellt sind, ist die Kontrolle der Arbeitszeiten einfacher möglich. Weil die Arbeitszeiten unter den Werkvertragsbedingungen kaum kontrollierbar waren, wurden Mindestlohnvorgaben einfach durch erhebliche Überschreitungen der Arbeitszeiten unterlaufen. Mit dem Inkrafttreten des Arbeitsschutzkontrollgesetzes (gehörte zum Paket der Gesetze zur Fleischindustrie) gehören überlange Arbeitszeiten in der Fleischindustrie in der Regel der Vergangenheit an. Die Studie zitiert eine Mitarbeiterin „jetzt habe ich ein Leben“.

Durch das Direktanstellungsgebot wurde mehr Transparenz in der Branche geschaffen, was die Kontrolle der Rechtsdurchsetzung erheblich erleichtert habe. Die Kontrollbehörden könnten nun die Einhaltung der Gesetze deutlich effektiver überwachen.

Allerdings müssten die Mitbestimmungsstrukturen in der Branche weiter gestärkt werden, weil die Kontrolle der Arbeitsbedingungen so allein durch den Staat erfolgen müsse, der damit überfordert sei. Das nach wie vor niedrige Lohnniveau führe zu einer großen Fluktuation bei den Beschäftigten, was die Mitbestimmungsstrukturen schwächt.

Studie Fleischindustrie HSI 2025

In einer zweiten Studie des Hugo-Sinsheimer-Instituts (ebenfalls Hans-Böckler-Stiftung) mit dem Titel „Durchsetzung von Arbeitsrecht - das Arbeitsschutzkontrollgesetz als Modell? - Verfassungs- und europarechtliche Fragen mit besonderer Berücksichtigung des Direktanstellungsgebots“ haben die AutorInnen Anneliese Kärcher und Manfred Walser abgeklopft, ob das GSA Fleisch und das Arbeitsschutzkontrollgesetz als Modell für andere Branchen herhalten können.

Sie kommen zu dem Schluss, dass verschiedene Einzelmaßnahmen, wie das Arbeitsschutzkontrollgesetz oder die im novellierten Postgesetz vorgesehenen Vorgaben zu Einschränkungen beim Transport schwerer Pakete zwar zu begrüßen seien, aber die Missstände, die in vielen Subunternehmen der Paketzustellung bestehen, nicht auflösten. Voraussetzung dafür, dass die Maßnahmen greifen können, ist das Direktanstellungsgebot  in Form einer Beschränkung / eines Verbots des Einsatzes von Subunternehmen und der Leiharbeit, weil die Intransparenz der Verhältnisse aufgebrochen werde. „Derjenige, der eine Dienstleistung oder ein Produkt auf dem Markt anbietet und die Art der Produktion bzw. Dienstleistungserbringung wesentlich mitbestimmt, hätte auch für die Einhaltung der Mindestarbeitsbedingungen einschließlich der Bedingungen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu sorgen. Auch für die Arbeitnehmer wäre stets klar, wer ihr Vertragsarbeitgeber ist und an wen sie sich zur Geltendmachung von Ansprüchen wenden müssen.“

Der Ausbau von Kontrollbehörden und deren Kapazitäten sei notwendig, jedoch kein milderes Mittel im Vergleich zu einem Direktanstellungsgebot. Der Gesetzgeber habe mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz in mehrerlei Hinsicht Neuland betreten, das sich als gewinnbringend erweise und geeignet sei, auf weitere Bereiche ausgedehnt zu werden.

Dass es mit dieser Bundesregierung, die gerade mit einer Verschärfung der Bedingungen des Bürgergeldes den Niedriglohnbereich wieder ausdehnen möchte, zu solchen Verbesserungen für den Paketdienst kommt, erscheint wenig wahrscheinlich. Die Linken-Fraktion im Bundestag hat 2023 einen solchen Antrag eingebracht, aber er wurde von den anderen Fraktionen des damaligen Bundestages abgeschmettert. [jdm]