Flightradar24: GPS-Ausfall bei von der Leyens Bulgarien-Flug hat es nicht gegeben

Flightradar Screenshot von X vom 1.09.2025
Screenshot von Flightradar24-Post auf X

Nur eine kleine Notiz dazu, wie die Europäische Kommission die Wahrheit umgeht und stattdessen Fake-News zu Propagandazwecken verbreitet: Sie hat behauptet, dass Russland gezielt eine Störsender-Attacke auf ein Flugzeug mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ausführen ließ und beruft sich auf bulgarische Behörden. „Wir können bestätigen, dass es GPS-Jamming gab“, sagte eine Sprecherin der Europäischen Kommission in Brüssel über den Vorfall am Sonntag in Bulgarien.

Der schwedische Trackingdienst Flightradar24 widerspricht und erklärte auf X: "Das vom Flugzeug gesendete Transpondersignal enthält einen NIC-Wert. Der NIC-Wert codiert die Qualität und Konsistenz der vom Flugzeug empfangenen Navigationsdaten. Flightradar24 verwendet diese NIC-Werte, um die GPS-Störungskarte unter https://flightradar24.com/data/gps-jamming zu erstellen. Der Flug mit Ursula von der Leyen an Bord übertrug vom Start bis zur Landung einen guten NIC-Wert. In den Medien wird über GPS-Störungen berichtet, die das Flugzeug mit Ursula von der Leyen an Bord auf dem Weg nach Plovdiv in Bulgarien beeinträchtigt haben sollen. Einige Berichte behaupten, dass das Flugzeug eine Stunde lang in einer Warteschleife war. Das können wir aus unseren Daten ableiten.
- Der Flug sollte 1 Stunde und 48 Minuten dauern. Er dauerte 1 Stunde und 57 Minuten.
- Der Transponder des Flugzeugs meldete vom Start bis zur Landung eine gute GPS-Signalqualität." [jdm]

Bauernkrieg vor 500 Jahren: Schutz von Gemeingut vor räuberischer Aneignung heute immer noch ein Thema

Im September 1525 fanden die letzten Gefechte im Deutschen Bauernkrieg statt. Zu diesem Zeitpunkt vor 500 Jahren hatte es schon ein halbes Jahrhundert Auseinandersetzungen zwischen den Fürsten und der Kirche darüber gegeben, dass sich die Kirche immer mehr Macht und Geld angeeignet hatte.

In den 1500er Jahren wurden die zum großen Teil leibeigenen Bauern aus diesen Auseinandersetzungen ermutigt, die Autorität der Kirche und darüber hinaus auch der adeligen Obrigkeit in Frage zu stellen. In Südwestdeutschland, vor allem in Schwaben, bildete sich die Bundschuhbewegung. Bauern organisierten sich heimlich in Bruderschaften und planten den Aufstand. Eine ihrer Gründer und Anführer war Joß Fritz. Er lernte als Landsknecht die Welt kennen und wollte sich nach seiner Rückkehr nicht mehr mit der Unterdrückung und Ausbeutung der armen Landbevölkerung, vor allem der Bauern, abfinden. Dass die Not der Landbevölkerung groß gewesen sein muss, lässt sich auch daraus ableiten, dass ein Plan bestand, dass eine Bettlergruppe mit 2000 Bettlern die Einnahme der Stadt Rosen vornehmen sollte.

Bei Versammlungen einigten sich die Bundschuhmitglieder auf 14 Artikel. Darin forderten sie, dass „niemand mehr einen anderen Herrn als Gott, den Kaiser und den Papst anerkennen“ solle, die Zuständigkeit örtlicher nichtkirchlicher Gerichte, eine Höchstgrenze für Zinszahlungen und dass Fisch- und Vogelfang, Holz, Wald und Weide allen gemeinsam zur Verfügung stehen müssten.

Diese Bauernbewegung wurde von den Fürsten niedergeschlagen, aber nachdem Martin Luther 1517 seine 99 Thesen veröffentlicht hatte und 1520 seine Denkschrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ veröffentlicht hatte, kam es erneut zu Zusammenschlüssen der Bauern. Während Luther vor allem die Freiheit des Menschen vor Gott im Sinne hatte, interpretierten die Armen diesen Satz ganz anders.

In Oberschwaben, Württemberg, Franken, Sachsen und Thüringen wurde die Realteilung angewandt, die bei gleich bleibender Gesamtproduktionsfläche zu immer kleineren Höfen führte. Gleichzeitig gab es in vielen Landesteilen einen starken Leidensdruck durch die Leibeigenschaft. Nicht in allen Fällen ging es nur um die wirtschaftliche Misere. Es gab auch wohlhabende Bauern, die die Tatsache, dass sie den Landesherrn in ganz persönlichen Dingen, wie der Heirat, um Erlaubnis fragen mussten, für demütigend hielten.  Und alle wollten nicht mehr ertragen, wie sich die Landesherren – bei denen es sich auch mal um Städte als Lehnsherren handeln konnte – den Bauern ihre herkömmlichen Rechte raubten, sich Allgemeingut unter den Nagel rissen und dafür das Recht vollkommen willkürlich zu ihren Gunsten auslegten.

1524 bildeten sich Bruderschaften der Bauern und der Armen der Städte, die den Aufstand vorbereiteten. Sie bildeten „Haufen“, also militärische Einheiten, und forderten mit militärischer Gewalt mehr Rechte. Die Landesherren gaben anfangs nach, aber nur um im Hintergrund die eigene Militärmacht aufzubauen und Allianzen mit anderen Landesherren zu schmieden. Der Schwäbische Bund war eine dieser Allianzen, die dann schließlich 1525 die Bauernhaufen besiegten. In Thüringen bekamen die Bauernhaufen vom Reformator Thomas Müntzer theologische Unterstützung. Luther dagegen unterschied genau zwischen weltlichem und geistlichem Bereich, da er mit der Reformation die Veränderung der Kirche und nicht Veränderung der weltlichen Ordnung erreichen wollte. In einem Pamphlet wandte er sich „wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern […] man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss.“ Die Thüringer Bauernhaufen erlitten schließlich in einem erbärmlichen Gemetzel in Frankenhausen ihre entscheidende Niederlage.

Die Gewalt der Bauernhaufen bestand anfangs nur aus Gewalt gegen Sachen. So nahmen sie sich das Recht heraus, zu fischen und im Wald zu jagen und eigneten sich die überreichen Vorräte der Klöster an. Sie waren auch nicht auf Krieg aus, denn die Bauern hatten daheim ihr Land zu bestellen und sich um ihre Familien zu kümmern. Das schwächte sie auch militärisch, während die Fürstenheere von den Reichtümern, die die Fürsten sich zusammengeraubt hatten, bezahlt werden konnten.

Politische Grundlage des Bauernkriegs 1524/1525 waren die 12 Artikel, die ähnliche Forderungen wie die der Bundschuhbewegung 20 Jahre früher, enthielt. Außerdem gaben sich die Bruderschaften mit der Bundesordnung eine Art Verfassung, die auch für ihre Dörfer galt bzw. gelten sollte. Die 12 Artikel wurden dank des Buchdrucks rasch und preisgünstig vervielfältigt und verbreiteten sich schnell, so dass sich fast alle Aufständischen darauf bezogen.

Eine zentrale Forderung der Bauern ist heute noch aktuell. Sie forderten, dass die natürlichen Ressourcen, wie Wald, Flüsse und das Wiesenland wieder in die Hand der Allgemeinheit gelangen müsse, wie das auch früher der Fall gewesen war. Die Fürsten hatten die Almende, das Wild und den Wald einfach zu ihrem Besitz erklärt und die Bauern von diesem Gemeinbesitz enteignet.

Heute stellen wir fest, dass immer mehr Allgemeinbesitz durch die neoliberale Ordnung in die Hände Weniger gelangt. Öffentliche Infrastruktur, staatliche Einrichtungen, Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge, sogar das Wasser, werden in die Hände weniger Kapitalisten übergeben. Dieser Prozess nennt sich Privatisierung. Die Rechtfertigung dafür hat ähnlich religiöse Aufladungen wie die Enteignung durch die Fürsten. Gaben sich die Fürsten damals als Handlanger Gottes aus, so beten die neoliberalen Privatisierer heute den Markt an, der ähnlich einem allmächtigen Gott alles richtig macht und sich nicht irren kann. Wer eine Verfassung möchte, die das Zusammenleben der Menschen sozial gestaltet, setzt sich in den Augen der Marktanbeter ins Unrecht, weil er sich gegen eine unfehlbare Ordnung des Marktes setzt. [jdm]

Gedenkstätte Esterwegen: Ausstellungseröffnung am Sonntag, den 7. September

Einladung der Gedenkstätte Esterwegen
Links das Cover des Begleitbands zur Ausstellung zeigt Schaulustige mit Fahrrädern vor dem Kriegsgefangenenlager Wietzendorf im Jahr 1941. (Foto: Stiftung niedersächsische Gedenkstätten)

Die Ausstellung „…auf deutschem Boden für die ganze Welt“ - Niedersachsen im Nationalsozialismus ermöglicht neue Perspektiven auf die Ereignisse während der Jahre 1933 bis 1945 in dem nordwestlichen Bundesland. Mit dem besonderen Fokus auf Niedersachsen und seinen historischen Orten werden dabei die lokalen und regionalen Bezüge zu weltumspannenden Ereignissen deutlich.

Dr. Elke Gryglewski, Geschäftsführerin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten und Leiterin der Gedenkstätte Bergen-Belsen, eröffnet zusammen mit Dr. David Reinicke, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, die Ausstellung in der Gedenkstätte Esterwegen am Sonntag, 7. September, um 15 Uhr.

Ein multiperspektivischer Ansatz ermöglicht es, die Geschehnisse aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und die komplexe Entwicklung der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik zu verstehen. Multiperspektivisch bedeutet dabei, dass Täterinnen, Täter, Opfer sowie Zuschauerinnen und Zuschauer in den Blick genommen werden, um sich mit ihren jeweiligen Motivlagen und Handlungsspielräumen auseinanderzusetzen. Wichtige Schwerpunkte sind zudem die individuellen Schicksale und die Selbstbehauptung von Betroffenen sowie die Handlungsspielräume der „Volksgenossinnen und -genossen“.

Von der frühen Phase des NS-Regimes bis hin zur systematischen Massenvernichtung beleuchten die Ausstellung und der entsprechende Begleitband die fortschreitende Radikalisierung, zeigen aber auch Momente des Widerstands und der Menschlichkeit.

Die Wanderausstellung ist bis zum 14. Dezember in der Gedenkstätte Esterwegen zu sehen. Der Eintritt ist frei. Der Begleitband ist im Buch-Shop der Gedenkstätte Esterwegen für 18 Euro erhältlich. [PM]

Die Linke zu Fegebanks Wehrpflichtsforderung: Keine Emanzipation, sondern Kriegsverklärung

Hamburgs zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank fordert eine Grundgesetzänderung hin zur Wehrpflicht für Männer und Frauen. Für Fegebank sei es nicht mit ihrem „Verständnis von Gleichstellung vereinbar, die Wehrpflicht nur für Männer wieder einzuführen“.

Dazu Hila Latifi, Fachsprecherin für Feminismus der Fraktion Die Linke in der Hamburger Bürgerschaft „Wer Wehrpflicht als feministische Errungenschaft darstellt, betreibt nicht Emanzipation, sondern gefährliche Kriegsverklärung. Feminismus heißt nicht, für alle gleichermaßen den Marschbefehl – sondern für alle das Recht auf Frieden. Es ist absurd, dass ausgerechnet eine grüne Umwelt-Politikerin den Krieg wieder in die Mitte der Gesellschaft tragen will – und das auch noch als Gleichberechtigung verkauft.“ [HM, erstveröffenticht auf gruenealternative.de/forum-d]

BSW erinnert an den Genozid an den Eziden

Der Landesverband Niedersachsen des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erinnert in einer Pressemitteilung an den Morgen des 3. Augusts 2014, als Kämpfer der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) die Sindschar-Region überfielen. In den folgenden Tagen führten die IS-Terroristen einen systematischen Vernichtungsfeldzug gegen die jesidische Bevölkerung durch.

Ziel war nicht weniger als die vollständige Auslöschung einer religiösen Minderheit. Über 5.000 Menschen wurden brutal ermordet, unzählige Frauen und Mädchen wurden Opfer grausamer sexualisierter Gewalt. Tausende Ezidinnen und Eziden gelten bis heute als vermisst, vor allem Frauen und Kinder, die verschleppt, versklavt oder ermordet wurden. Mehr als 7.000 Frauen und Mädchen wurden entführt, als Sexsklavinnen verkauft und systematisch missbraucht. Jungen unter zwölf Jahren wurden als Kindersoldaten rekrutiert. Von über 400 bekannten Massengräbern konnten bisher nur wenige vollständig exhumiert werden.

Elf Jahre nach dem Genozid sind die Wunden noch immer tief und unheilbar. Mehr als 200.000 Überlebende leben unter prekären Bedingungen in Lagern, ohne Aussicht auf Rückkehr, Sicherheit oder ein würdevolles Leben. „Die Welt schaute zu, als wir sterben mussten. Jetzt schaut sie weg, während unsere Kinder in Trümmern leben und unsere Peiniger noch immer frei sind “, sagt eine Überlebende aus Shingal.

Im Jahr 2016 stufte die UNO die Verbrechen an den Eziden als Völkermord ein. Auch der Deutsche Bundestag erkannte diesen 2023 offiziell an. Doch diese Verantwortung wird zunehmend verdrängt. Jüngst wurde eine ezidische Familie mit mehreren Kindern aus Deutschland in den Irak abgeschoben, obwohl ein Gericht zuvor gegen die Abschiebung entschieden hatte.

Solche Vorgänge zeigen nach Ansicht des BSW, wie leicht grundlegende Rechte unter Druck geraten können, wenn politische Stimmungslagen über rechtsstaatliche Prinzipien gestellt werden. Die betroffenen Menschen landeten in überfüllten Lagern, ohne Schutz, ohne Perspektive und oft ohne medizinische oder psychologische Versorgung.

Gedenken dürfe nicht nur Erinnerung sein. Es müsse Verantwortung für Gerechtigkeit, für Menschlichkeit, für Schutz und Perspektive bedeuten. Gerechtigkeit entstehe nicht durch Worte, sondern durch konsequentes Handeln. Die Verbrechen von 2014 dürften nicht in Vergessenheit geraten und die Überlebenden dürften nicht erneut zu Opfern gemacht werden. [jdm]

Was Sinn macht

Krankheit ist die gesunde Reaktion, an der Norm zu zweifeln - Adolf Muschg, Schweizer Schriftsteller und Dichter

Prolog

„Das macht Sinn“ und „das macht keinen Sinn“, wie oft hören wir diese beide Sätze und benutzen sie auch immer wieder selbst. Eigentlich müssten wir sie jedes Mal ergänzen mit „für mich“. Ansonsten würden wir nämlich für 8,1 Milliarden Menschen sprechen. Diese scheinbare Semantik kann sehr schwer wiegen, wenn dahinter dogmatische Einstellungen stehen, die mit Macht verbunden sind. Sie machen nämlich jede Kritik an Aussagen und Handlungen, die auf diese Weise als alternativlos alimentiert werden sollen, mundtot und führen allzu oft zur Diffamierung des Andersdenkenden. Als Beispiele seien die Auseinandersetzungen um die Corona-Politik genannt oder um die Frage, ob die Unterstützung von Krieg in der Ukraine und im Palästina-Konflikt legitim sei. Diese scheinbar abgehobenen Beispiele für die Sinnfrage - abgehoben deswegen, weil sie im politischen gestellt werden – haben meines Erachtens nach einen direkten Bezug zu der Sinnfrage, vor die jeder einzelne immer wieder persönlich steht. Sie stellt sich meistens unbewusst und findet gleichzeitig in verschiedenen Sphären statt, die unzertrennbar miteinander verbunden sind. Das gilt für alle Menschen in der Gesellschaft, insbesondere für unsere Kinder. Über mangelnde Sinnfindung bei Kindern habe ich in meinem Buch „Menschenführung“ geschrieben und folgendes Modell benutzt.

Modell Sinn

Es ist eine Binsenweisheit, dass Sinn nicht von außen kommt, sondern jeder Mensch für seine Sinngebung zuständig ist. Die offenbart sich in drei miteinander verbundenen Phänomenen. Erstens, in der Dominanz des Dinglichen in unserem Leben. Dazu gehört ein unbeirrbarer Glaube an die Wissenschaften und an die Wahrheit der Zahlen. Die lügen bekanntlich nicht. Zweitens, in dem wenig ausgeprägten Misstrauen gegenüber dogmatischem Denken. Richtig und Falsch gibt es nur in der Mathematik. Alles andere ist Ansichtssache. Und Drittens, im fehlenden Glauben an eine transzendentale Kraft, die jedem Menschen innewohnt und die ihn über sich hinauswachsen lässt. –

Das Modell soll dazu dienen, die sinngebenden Sphären deutlich zu machen und noch mehr, auf deren Schieflage in unserer Gesellschaft hinzuweisen, in der ich die Hauptursache für unmenschliche Entscheidungen sehe. Das sind solche, die die Würde des Menschen verletzen, indem sie ihn verdinglichen und damit krank machen und im schlimmsten Fall umbringen (Stichworte: Human Resources, Burnouts, innere Kündigung, verhaltensauffällige Kinder und Erwachsene, Krieg als Mittel der Politik u.a.).

Intelligenz ohne Zweifel ist dumm

Befürworter und Gegner in einem Interessenkonflikt argumentieren mit wissenschaftlichen Erkenntnissen. Beide Seiten führen Statistiken ins Feld. Sie sind Zahlen-Modelle, die suggerieren sollen, dass sie ein Abbild der Realität sind. Im Bereich der Technik ist das realitätsgetreue Anfertigen von Modellen statthaft und nützlich. Maschinen wie Flugzeuge sind komplexe Systeme. Komponenten und deren Zusammenwirken sind bekannt. Ein realitätsechter Nachbau im Modell ist möglich und aus unterschiedlichsten Gründen wünschenswert. Der Nachbau menschlicher Intelligenz mit dem Anspruch auf deren Perfektionierung (Stichwort: Künstliche Intelligenz) muss wegen der Kompliziertheit des Menschen als biologisches, fühlendes, denkendes und spirituelles Lebewesen bezweifelt werden. Was ihr fehlt, ist die Geisteshaltung des Zweifelns. Die sollte man nicht noch so versierten Programmierern überlassen. Täte man es, wäre der Manipulation Tür und Tor geöffnet.

Beide Phänomene, die Verdinglichung alles Menschlichen und Geist ohne den Zweifel, würden nicht nur jede menschliche Lösung von Aufgaben und Konflikten verhindern, sondern letztlich auch Sinngebung zu einem erfüllten Leben unmöglich machen. Die Lösung sehe ich in der Hinwendung zum dritten Phänomen. Es ist die Erkenntnis, dass der Mensch mehr ist als ein biologisches Wesen mit einem intelligenten Hirn. Was das Mehr ist, entzieht sich jeder wissenschaftlichen Betrachtung und entfaltet dennoch eine Kraft, die Angst nehmen kann, Mut macht und gerade in der Not Menschen über alle Differenzen zusammenbringt.

Die größte Kraft im Universum

Vor einigen Jahren hatte ich auf einer Autobahnraststätte ein bemerkenswertes Erlebnis. Ich hatte gerade eingeparkt, als aus dem Auto neben mir ein Mann und eine Frau gesetzten Alters ausstiegen. Anstatt in Richtung Eingang zu gehen, trafen sie sich vor der Motorhaube und nahmen sich in den Arm. Für einige Sekunden sahen sie sich wortlos in die Augen. Dann fasten sie sich bei der Hand und gingen in die Raststätte. Ein anderes Paar, dass sich anschickte, in ihren Wagen zu steigen, hatte die Szene ebenfalls mitbekommen. Die Frau sagte: „Schau mal, ist das nicht wunderbar?!“ Der Mann brummelte so etwas wie: „Muss Liebe schön sein“. Dann stiegen sie ein und fuhren davon. Die Frau wie der Mann hatten mir aus der Seele gesprochen.

Ich bin überzeugt davon, dass zum Menschsein die Sphäre der Seele gehört und dass sie der Ursprung dessen ist, was wir Liebe nennen. Ihre Existenz ist weder messbar noch wissenschaftlich nachweisbar. Man kann das Wirken ihrer universellen Kraft nur erfahren. Es ist unerheblich, aus welcher Quelle ein Mensch diese Kraft schöpft, ob über die persönliche Erfahrung des Lieben und geliebt Werdens oder über den Glauben an Gott oder über spirituelle Naturverbundenheit oder über leuchtende Persönlichkeiten der Geschichte wie Gandhi oder Martin Luther King. Wichtig allein ist, dass Menschen, besonders in Notzeiten, wieder lernen, auf diese Kraft zu vertrauen. Das bedeutet, über alle Lager-Mentalität hinweg den anderen mit Achtsamkeit begegnen, dessen Ängste ernst nehmen und vor allem ihn bildlich und wörtlich in den Arm nehmen. In einer solchen Solidarität wären Infrage stellen und Diskurs möglich, die zu einem gesunden Weg aus jeder Krise führen könnten. „Wer nicht liebt, der lebt nicht“, schrieb der US-amerikanische Professor der Pädagogik, Leonardo Buscaglia, in seinem Buch „Liebe“. Ich möchte ergänzen, der wird krank. So gesehen ist die Einbeziehung der größten Kraft im Universum in sein Leben der beste Schutz vor Krankheit. Sie würde nämlich den Geist dazu bringen, die krank machende Dominanz des Dinglichen zu beenden. Die Sphären der Sinngebung wären in Harmonie. Oder wie der griechische Philosoph Aristoteles sinngemäß gesagt hat: Glücklich ist der, der in Allem sein eigenes Maß findet. [Ulrich Scholz/erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Bundestagspräsidentin verweigert die Arbeit

In Genf findet aktuell die Weltkonferenz der Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten statt. Während der Rede der Präsidentin des russischen Föderationsrats in der Generaldebatte hat Bundestagspräsidentin Julia Klöckner gemeinsam mit weiteren Amtskolleginnen und -kollegen aus EU-Staaten demonstrativ den Saal verlassen. Dies ist laut Bundestagspräsidentin Julia Klöckner als Protest gegen den "barbarischen Angriffskrieg gegen die Ukraine" zu verstehen. "Den zynischen Versuchen der russischen Delegation Geschichtsklitterung und eine Täter-Opfer-Umkehr zu betreiben, schenken wir keine Aufmerksamkeit."

EU-ParlamentspräsidentInnen reisen alle für teures Geld an, um den ParlamentspräsidentInnen, deren Reden ihnen nicht gefallen, nicht zuzuhören. Da fragt man sich doch, wozu die ganze Veranstaltung dienen soll.

Der Veranstalter der Versammlung, die Interparlamentarische Union (IPU) wurde 1889 gegründet als internationale Vereinigung von Parlamenten, mit dem Ziel der Sicherung des Friedens, der Förderung des Demokratieverständnisses in allen Teilen der Welt und der Wahrung der Menschenrechte. 2023 hatte die IPU 180 Mitgliedsstaaten. Sie hat Beobachterstatus bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen.

Wie die UN wurde mit der IPU ein Gremium geschaffen, auf dem sich alle Staaten weltweit treffen, um Wege zur Friedensschaffung und Friedenserhalt zu finden. Wenn man aber zu einer Versammlung geht, um anderen nicht zuzuhören, ist der Sinn verfehlt.

Die markigen Worte von Klöckner zeigen, wie pervers die politische Denkweise der EU-Staaten bzw. des politischen Westens geworden ist. Es gibt die offizielle Weigerung, nach Wegen zum Frieden zu suchen. Stattdessen rüstet der politische Westen weiter auf, obwohl er jetzt schon über die weltweit größten Waffenarsenale verfügt. Statt nach Wegen zum Frieden zu suchen, werden Kriege in allen Teilen der Welt mit Waffenlieferungen angeheizt.

Wenn Klöckner ihre Weigerung zuzuhören, damit begründet, "Das Recht des Stärkeren darf sich nicht durchsetzen. Wir stehen weiterhin klar an der Seite der Ukraine.“ ist das schlichtweg gelogen. Es geht ihr darum, dass der Westen sich als stärker erweisen soll und sich mit militärischen Mitteln durchsetzen soll. Der Bundestag sollte Klöckner wegen ihrer Arbeitsverweigerung die weitere Teilnahme an Weltkonferenzen der Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten verbieten. Dafür, dass sie einen lauen Tag in Genf verbringt, ist das Reisegeld, das wir BürgerInnen zahlen müssen, zu schlecht angelegt. [jdm]

Aktionskomitee für ein DIZ Emslandlager e.V. will eigene Geschichte als Teil der Erinnerungskultur festhalten

Seit seiner Vereinsgründung 1981 leistet das Aktionskomitee für ein DIZ Emslandlager e.V., Gedenk-, Erinnerungs- und Bildungsarbeit. Es ging und geht darum, die Geschichte der Emslandlager 1933 bis 1945 aufzuarbeiten und an diejenigen zu erinnern, die ausgegrenzt, verfolgt, inhaftiert und ermordet wurden. In diesem Wirken hat auch der Verein seine eigene Geschichte geschrieben.

„Grabe wo du stehst“ - Unter diesem Motto begannen vor rund 50 Jahren Menschen aus der Zivilgesellschaft – von ehemaligen Häftlingen der Emslandlager über politische (Jugend-)Gruppen bis hin zu kirchlichen Gruppen – der regionalen Vergangenheit ins Auge zu blicken und sich zu fragen: Was ist hier eigentlich passiert? Vor genau 40 Jahren erreichten diese Menschen einen wichtigen Erfolg: die Eröffnung des Dokumentations- und Informationszentrums (DIZ) Emslandlager in Papenburg.

Dieser Prozess war weder geradlinig noch einfach. Seit seiner Gründung ist der Verein mit Widerständen konfrontiert, und diese Widerstände hörten auch mit der Eröffnung des DIZ 1985 nicht auf. Diejenigen, die einst mit den Zeuginnen und Zeugen der Zeit, den Überlebenden der Emslandlager, für deren Sichtbarkeit kämpften, sind mit diesen Kämpfen selbst zu Zeuginnen und Zeugen der Zeit geworden – zu Zeitzeuginnen und Zeitzeugen der Aufarbeitung.

Auch für diese Zeitzeuginnen und Zeitzeugen gilt, was einst für die ehemaligen Häftlinge galt: Eines Tages werden sie ihre Geschichten nicht mehr erzählen können. Und deshalb hat sich das Aktionskomitee entschlossen, auch diese Geschichten zu dokumentieren und damit für nachfolgende Generationen festzuhalten. Es gilt nach Ansicht des Vereins festzuhalten, dass Gedenk- und Erinnerungskultur keine Selbstverständlichkeiten sind und nicht immer „alle schon dafür waren“.

Der Verein möchte mit einer „Pilot-Studie“ erste, altersbedingt besonders dringende Interviews führen, so z.B. mit dem heute in Erlangen lebenden langjährigen ersten Vorsitzenden Prof. Dr. Werner Boldt, der vor kurzem seinen 90. Geburtstag feiern konnte.

Ein solches Projekt sei nicht im Alltagsgeschäft zu realisieren Das Aktionskomitee konnte aber zwei erfahrene und qualifizierte Personen für dieses Vorhaben gewinnen, eine für die Erstellung eines Fragenkatalogs und die Durchführung der Interviews, eine für die Aufzeichnung der Interviews mit eigener Bild- und Tontechnik. Neben den für sie anfallenden Honorarkosten entstehen natürlich auch Sachkosten für Reisen und für Sachmittel.

Um dieses Vorhaben realisieren zu können, bitten das Aktionskomitee um finanzielle Unterstützung durch eine Spende unter Angabe des Spendenzwecks „Menschen des Aktionskomitees“ auf das Vereinskonto des AK DIZ Emslandlager e.V. bei der Volksbank Papenburg (Ostfriesische Volksbank), IBAN DE46 2859 0075 2135 6106 00, BIC GENODEF1LER.

Weitere Infos erteilt Ben Gattermann, Vorstandsmitglied, unter ben.gattermann@outlook.de. [PM/jdm]

Mikis Theodorakis vor 100 Jahren geboren

Mikis Theodorakis 2004
Mikis Theodorakis 2004

Vor 100 Jahren, am 29. Juli 1925, wurde Mikis Theodorakis auf Chios geboren. Bei seiner Beerdigung (gestorben am 2. September 2021 in Athen) begleiteten Zehntausende seinen Sarg.

Theodorakis ist vielen Menschen in Deutschland nur bekannt als Komponist des Sirtaki in „Alexis Sorbas“. Dabei ist sein Leben ein vielfältiges und kämpferisches gewesen. Er war Dichter, Komponist und Politiker und ein echter Volksheld.

Youtube Canto General

Viele seiner mehr 1000 symphonischen Kompositionen und Lieder hatten ausgesprochen politische Themen. Dass seine Musik gerade auch deutsche Hörer trotz der unverkennbar griechischen Komponente beeindruckt, führte Theodorakis auf seine musikalische Ausbildung am Konservatorium Athen, das in deutscher Musiktradition stand, zurück. Am bekanntesten sind seine Vertonungen von Pablo NerudasCanto General“ (Allgemeiner Gesang), einem Gedichtzyklus des chilenischen Dichters Pablo Neruda über den Kampf Lateinamerikas gegen den Kolonialismus.

Youtube Mauthausen-Kantate

Von dem griechischen Dichter Iakovos Kambanellis, eines Überlebenden des Konzentrationslagers Mauthausen, hat Theodorakis vier Gedichte unter dem Namen „Mauthausen-Kantate“ vertont.

Schon während der Besetzung Griechenlands durch die deutschen, italienischen und bulgarischen Faschisten kämpfte Theodorakis gegen die Besatzer, danach gegen die englischen und amerikanischen Besatzer, die im griechischen Bürgerkrieg die rechtsgerichteten, monarchistischen Kräfte, die schon mit den Nazis kollaboriert hatten, unterstützten.

Von den Nazis erstmals als 18jähriger verhaftet und gefoltert, wurde er im Bürgerkrieg und danach von den rechten Regierungen mehrfach verhaftet, gefoltert und einmal lebendig begraben. 1967, nach der Machtübernahme des Militärs, wird Theodorakis in Griechenland verhaftet – während die Mauthausen-Kantate in London aufgeführt wird. Seine Musik wird von der Junta verboten. Er durfte auf internationalen Druck (u. a. sagte Charles Aznavour eine Tournee durch Griechenland aus Protest ab) ausreisen und lebte bis 1974 im Pariser Exil. Nach der Rückkehr wurde er mehrfach Parlamentsabgeordneter und sogar Minister. [jdm/Foto Guy Wagner, freie Lizenz]

Friedensbotschaft der H&M-Betriebsräte

Auf der bundesweiten Betriebsräteversammung der Textilhandelskette Hennes & Mauritz (H&M) am 26.6.2025 verabschiedeten die Teilnehmer eine Resolution, in der sie sich gegen die Aufrüstungslogik aussprechen. Auf der Verdi-Homepage wird diese Resolution nicht dokumentiert, aber Damiano-Cosimo Quinto, Verhandlungsführer der ver.di-Bundestarifkommission zur Fortsetzung des Digitalisierungstarifvertrages mit H&M, trägt die Resolution voll mit: „Als Betriebsrat und Gewerkschafter habe auch ich mich klar positioniert: Aufrüstung, Kriege und Völkermorde werden von oben organisiert und ideologisch bemäntelt, deshalb muss der Frieden von unten durchgesetzt werden. Kolleg*innen schießen nicht aufeinander, sondern sprechen miteinander, und zwar über alle Grenzen hinweg. Das nennt sich Internationale Solidarität.

Hier ist die Resolution im Wortlaut:
Wir stehen hier zusammen als Betriebsräte und ver.di-aktive Betriebsräte um eine Friedensbotschaft zu senden, denn genau das liegt in unserer Geschichte als Betriebsräte in diesem Land. Entstanden sind wir am Ende des Ersten Weltkriegs, als nach 4 Jahren des Schlachtens man keine weiteren Menschenleben mehr opfern wollte und das Regime, das dafür verantwortlich war, hinwegfegt wurde.

Wir waren aber am Ende nicht stark genug und es folgten Faschismus und erneuter Weltkrieg. Das darf nie wieder passieren, das war unser Credo.

Und dennoch haben wir haben alle immer wieder Genozide miterleben müssen, wie unsere Eltern und Großeltern vor uns. Viele von uns sind alt genug um sich an die Genozide in Ruanda, in Bosnien, in  Myanmar, an den Jesiden zu erinnern oder aktuell an den Palästinensern in Gaza. Wie schlimm ist es, dass wir in unserer kurzen Lebenszeit schon so viele Genozide miterleben mussten!

Heute finden wir uns wieder in einer Situation, in der das Aufrüsten wie vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg die Oberhand gewinnt und zunehmend an die Stelle des Friedens tritt. Wir beobachten, dass dies weitgehend unwidersprochen geschieht. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Stimme erheben, und zwar gegen jeden Krieg, egal ob er in der Ukraine, in Russland, in Israel, in Palästina, in Libanon, in Syrien, in Afghanistan oder jüngst zwischen Indien und Pakistan, im Sudan, im Kongo, in Somalia und im Iran herrscht. Diese Aufzählung kann erschreckenderweise nicht abschließend sein.

Wir Betriebsräte vereinen Menschen unterschiedlichster Kulturen, Herkunft, Religionen, Weltanschauungen, sexueller Orientierungen, unterschiedlichster Geschlechter, weil wir die einzige Institution in jedem einzelnen Betrieb sind, die demokratisch gewählt wurde.

Was im Kleinen gelingt, muss im Großen möglich sein. Deshalb schauen wir hin und erwarten, dass niemand mehr wegschaut. [jdm]

Kommunen entmündigt: Warum Fördermittel unsere Demokratie gefährden

Die Fachzeitschrift Kommunal berichtete kürzlich über die niedersächsische Gemeinde Grasleben, der das Land die zugesagte Förderung für einen Minispielplatz wegen vermeintlicher Formfehler in der Ausschreibung strich. Die Gemeinde klagte dagegen. Daraufhin hat das zuständige Amt für regionale Landesentwicklung den Widerspruchsbescheid zugunsten der Kommune überraschend angepasst und die Sanktionierung aufgehoben.

Auch der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) unterstützte diese Sichtweise. Präsident Dr. Marco Trips bezeichnete den Fall Grasleben als „exemplarisch für die Überregulierung in Förderprozessen“ und forderte stattdessen eine solide kommunale Grundfinanzierung.

Der Chefredakteur der Fachzeitschrift Kommunal schreibt in einem Leitartikel, Kommunen würden entmündigt und die Fördermittel gefährdeten unsere Demokratie. Starke Kommunen seien der beste Schutz gegen Extremismus und Politikverdrossenheit. Doch statt Vertrauen gebe es Fördertöpfe.

Artikel 28 Grundgesetz garantiere kommunale Selbstverwaltung. In der Realität sei sie ein Placebo. Die Macht liege bei Bund und Ländern, die Kommunen dürfen Danke sagen – oder klagen.

Wer kommunale Selbstverwaltung stärken wolle, müsse Schluss machen mit Gießkannen-Förderpolitik und den Kommunen direkte Anteile an Steuereinnahmen garantieren. Damit werde Planungssicherheit geschaffen und Verantwortung vor Ort ermöglicht.

Demokratie lebe vom Mitmachen. Und das beginne in den Kommunen. Wer sie weiter wie Bittsteller behandele, säge an den Grundfesten unseres Staates. Der Staat der Zukunft sei dezentral. Oder er sei Vergangenheit.

Kommunal berichtet auch über den bayrischen Ort Traitsching, der sich statt in Fördermittel-Bürokratie zu verheddern, einfach drauflos gebaut habe. Denn wegen des Verzichts auf die staatlichen Zuschüsse sei man frei von den strengen Auflagen gewesen. Und so konnte die Gemeinde das Freibad günstiger und größer bauen.

Ursprünglich waren die Fördermittel ein Weg der Umverteilung zwischen reichen und armen Gemeinden. So konnte die Lebensqualität in strukturschwachen Gebieten und  Gemeinden dem allgemeinen Niveau angeglichen werden.

Verbunden war damit allerdings von Anfang an ein Hineinregieren der Fördermittelgeber in die Angelegenheiten der Gemeinden. Als in Wippingen 1965 die Mehrzweckhalle geplant wurde, konnten vom Land Niedersachsen keine Zuschüsse eingeworben werden. Ein Kredit wollte man aber auch nicht aufnehmen und so wurde beschlossen, den 1. Bauabschnitt ohne Landeszuschüsse in Angriff zu nehmen und mit den weiteren Bauabschnitten zu warten, bis dafür Zuschüsse bereitgestellt würden. Später beim II. Bauabschnitt wurde der Gemeinde vom Niedersächsischen Sozialministerium dann vorgehalten, man habe ohne offizielle Genehmigung des Landes bereits gebaut.

Auch wer die Gestaltung des öffentlichen Raums in vielen Gemeinden betrachtet, stellt fest, dass sie häufig dem entspricht, was das Amt für regionale Landesentwicklung für eine ortsübliche Gestaltung und damit für förderfähig hält. Wenn Bürgermeister gefragt werden, hätte man dies und das nicht anders gestalten können, lautet die finale Antwort, dass es dafür keine Fördergelder gegeben hätte.

Eine Alternative zu diesen Gängelungen der Gemeinden wäre es, wenn die Gemeinden das Geld direkt zur freien Verfügung erhielten. Ein Ausgleich zwischen finanzstarken und finanzschwachen Gemeinden könnte über die allgemeinen Umlagen erfolgen, die es auch jetzt schon gibt. [jdm]

Land lässt Kommunen im Regen stehen – Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) kritisiert Ausgabenpolitik der rot-grünen Landesregierung

Zu einer umfassenden Neuorientierung ihrer Ausgabenpolitik hat das BSW Niedersachsen (Bündnis Sarah Wagenknecht) die rot-grüne Landesregierung in Hannover aufgefordert. Die aus dem Sonderfonds des Bundes stammenden zusätzlichen 9,4 Milliarden Euro dürften im Landeshaushalt 2026 nicht für den Ausbau der militärischen Infrastruktur in Häfen, Kasernen, Flugplätzen, Straßen und Brücken ausgegeben werden. 

Olger Onken., BSW landesvorsitzender Niedersachsen
Holger Onken

Vielmehr müsse das Geld in voller Höhe den notleidenden Kommunen in Niedersachsen zur Verfügung stehen, sagte BSW-Landesvorsitzender Holger Onken (Oldenburg). Bislang plane die Landesregierung, lediglich 60 Prozent der zusätzlichen Gelder aus Berlin an die Kommunen in Niedersachsen weiterzureichen. Niedersachsen bleibe damit unter den 13 Flächenländern das Schlusslicht mit dem niedrigsten kommunalen Finanzausgleich pro Kopf. Die Folge seien landauf, landab unausgeglichene kommunale Haushalte.

Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und soziale kommunale Dienstleistungen seien chronisch unterfinanziert. Die Zahl der Krankenhäuser mit aktuellen Finanzierungsproblemen steige weiter. Insolvenzen kleiner Kliniken in der ländlichen Versorgung seien inzwischen an der Tagesordnung. Die Krankenhausreform belaste Städte und Kreise in Niedersachsen allein in diesem Jahr mit rund 600 Millionen Euro. Die Kommunen übernähmen, so BSW-Co-Landesvorsitzender Thorsten Renken (Westerstede), die Funktion von Ausfallbürgen des Landes. Renken: „Die kommunale Selbstverwaltung ist ein Verfassungsrecht, welches die Landesregierung in Niedersachsen gerade mit Füßen tritt.“

Die Leidtragenden seien neben den Patienten die Mitarbeiter der Einrichtungen. Sie würden ausgebeutet, seien oftmals unterbezahlt und litten wegen Personalmangel unter anhaltenden Überforderungen, erklärte Renken weiter.

Thorsten Renken, BSW landesvorsitzender Niedersachsen

Wenn das Land - wie angekündigt - mehr soziale Verantwortung übernehmen wolle, müssten gewaltige Summen in den Ausbau von Kitas, Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen fließen. Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) überzeuge bislang nur mit leeren Sprechblasen. Thorsten Renken: „Olaf Lies entpuppt sich einmal mehr als Ankündigungspolitiker, auf dessen Worte kaum Taten folgen. Wer Teile des Infrastrukturprogramms für militärische Zwecke ausgibt, handelt sogar verantwortungslos und gefährdet mit dieser Fehlsteuerung die soziale Sicherheit und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.“ Den Kommunen würden immer mehr fachfremde Ausgaben übertragen, ohne für einen finanziellen Ausgleich zu sorgen.

Es werde höchste Zeit, an den Schulen in Niedersachsen deutlich mehr Lehrer zu beschäftigen, als in der mittelfristigen Planung vorgesehen sei. Der Lehrerberuf werde zunehmend unattraktiver, da Pädagogen mit befristeten Stellen abgespeist und ihnen sichere berufliche Perspektiven vorenthalten würden. So werde der Lehrermangel verschärft, kritisierte Holger Onken eine viel zu geringe Investitionsbereitschaft der Landesregierung in den Bildungsbereich. [jdm,/PM]

Vor 200 Jahren fand die letzte öffentliche Hinrichtung im Amt Lingen statt

Das Leben der jungen Anna Gesina Fenslage, die 1807 mit zweiundzwanzig Jahren als letzte Verurteilte öffentlich in Meppen hingerichtet worden ist, hat die Meppenerin Margret Koers vor einigen Jahren in ihrem Buch „Hexenschwert“ beschrieben.

1685, vor 340 Jahren fand die letzte Hinrichtung auf dem Galgenberg in Aschendorf statt. Auf dem Galgenberg hatten seit 1449, als hier die Anführer des Aschendorfer Bauernaufstandes hingerichtet wurde, immer wieder Hinrichtungen stattgefunden. Von 1539 bis 1543 wurden 22 Personen der Hexerei angeklagt. Der Rentmeister des Aschendorfer Gerichtes (Burg Nienhaus) rechnete 1543 44 Emder Gulden für den Scharfrichter ab, der 11 Zauberinnen hingerichtet hatte.

Auch die letzte Hingerichtete auf dem Galgenberg war eine Frau: Christine Wilmes wurde wegen Kindsmord hingerichtet. Sie war von ihrem eigenen Vater geschwängert worden und hatte die Leiche des Kindes unter dem Fußboden vergraben.

Vor genau 200 Jahren wurde Gerhard Kruis nach einem langwierigen Strafverfahren zum Tode durch Enthauptung verurteilt. An ihm fand im Jahre 1825 die letzte öffentliche Hinrichtung im Amt Lingen statt.

Gerhard Kruis, genannt Knapp Gerd, hatte auf dem Weg von Holland, wo er als Hollandgänger in der Heuernte Geld verdient hatte, einen alten Nachbarn Gerhard Heinrich Langeborg erschlagen und diesem das erarbeitete Geld geraubt. Ein Beitrag im Blog des Emslandmuseums Lingen beschreibt die soziale Lage von Gerhard Kruis und die Rolle der Hollandgängerei. Knapp Gerd hatte als Heuermann finanzielle Probleme und hatte gehofft, sich durch den Hollandgang aus der Klemme zu helfen. Aber Langeborg hatte ihm die Stelle, die Knapp Gerd schon seit Jahren ansteuerte, vor der Nase weggeschnappt, so dass Kruis zwei Wochen mit Arbeitssuche vergeuden musste und zudem noch einen schlechter bezahlten Job annehmen musste.

Kruis hatte sich zuvor nie etwas zu schulden kommen lassen. Seine Täterschaft wurde praktisch sofort ermittelt und das geraubte Geld wurde in seinem Haus gefunden. Kruis gab freimütig ein Geständnis ab. Die Richter erkannten auf  Totschlag und anschließendem Raub. Darauf stand die Todesstrafe. Der Heimatverein Lingen berichtet, dass die Richter darauf verzichteten, ihn wegen Raubmord zu verurteilen, weil der dann durch Rädern hingerichtet worden wäre. So konnte er durch das Schwert sterben. Ein Gnadengesuch des Strafverteidigers beim König von Hannover zur Umwandlung in eine Gefängnisstrafe wurde abgelehnt. Die Beamten des Königs hielten das Urteil des Osnabrücker Gerichtes schon so für recht wohlwollend.

Am Dienstag, den 19. Juli 1825 wurde Gerhard Kruis vor dem Lingener Rathaus das Urteil verlesen, danach wurde er im Wagen zur Richtstätte auf dem Gierenberg im Laxtener Feld gefahren, wo bereits viele Schaulustige warteten. Die Knechte des 58jährigen Scharfrichters der Landdrostei Osnabrück, Johann Gottfried Friedrichs, banden Kruis auf den Richtstuhl fest und entblößten seinen Hals und seine Schulter. Dann schlug der Scharfrichter mit dem Schwert zu. Das Honorar betrug 1 Taler, 20 Gutegroschen und 5 Pfennige. Die Leiche von Kruis wurde am Richtplatz auf dem Gierenberg vergraben. [jdm]

Zusätzliche Kurzführungen in der Sommerzeit

Auch dieses Jahr gibt es in der Ferienzeit zusätzliche Kurzführungen auf dem Außengelände der Gedenkstätte Esterwegen. Die Führungen von ca. 1 Stunde finden draußen auf dem ehemaligen Lagergelände statt. Im Anschluss können Sie selbstständig die Ausstellungsräume in der Gedenkstätte erkunden.

Die Gedenkstätte Esterwegen ist ein europäischer Gedenkort, der an alle 15 Emslandlager und ihre Opfer erinnert. Wir möchten Ihnen gerne zeigen, wie die heutige Landschaftsgestaltung die Spuren des früheren Lagers in eine moderne Formensprache übersetzt hat. Dazu gibt es Erläuterungen zum Leben in der Haft, zur Zwangsarbeit und zu Einzelschicksalen von Häftlingen und Gefangenen.

Termine: Mittwoch, 23. Juli um 15 Uhr, Mittwoch, 30. Juli um 15 Uhr, Mittwoch, 6. August um 15 Uhr, Mittwoch, 13. August um 15 Uhr.

Die kostenfreie Teilnahme ist nach telefonischer Anmeldung unter 05955 – 988 950 oder per Email (info@gedenkstaette-esterwegen.de) möglich.

Konmmt jetzt das Gesetz gegen Einschüchterungsklagen?

Als das Umweltinstitut München e. V. 2017 öffentlich über den massiven Pestizideinsatz im Südtiroler Apfelanbau berichteten, wollte es aufklären – nicht vor Gericht landen. Doch genau das geschah: Die Kritiker wurden verklagt und mussten sich fünf Jahre im so genannten Südtiroler Pestizidprozess dagegen wehren. Geendet ist der Prozess mit Freispruch und Verfahrenseinstellungen.

Bei dem Prozess handelte es sich um einen klassischen SLAPP (strategic lawsuit against public participation), also eine strategische Klage gegen öffentliche Beteiligung. Bei solchen Klagen oder auch nur der Androhung davon geht es den Klagenden nicht in erster Linie darum, vor Gericht Recht zu bekommen, vielmehr sollen kritische Stimmen zum Schweigen gebracht werden: Kritiker:innen sollen unter dem psychologischen und finanziellen Druck der drohenden Klage einknicken und ihre Kritik zurückziehen. So bedrohen SLAPPs nicht nur diejenigen, die direkt davon betroffen sind, sondern greifen auch demokratische Grundprinzipien wie Informations- und Meinungsfreiheit an. Weil diese Form des Rechtsmissbrauchs in den letzten Jahren in Europa zunehmend Schule gemacht hat, gründete sich die Coalition against SLAPPsin Europe (CASE). Diese Initiative hatte Erfolg: Letztes Jahr verabschiedete das EU-Parlament eine europäische Anti-SLAPP-Richtlinie.

Diese Richtlinie gilt allerdings nicht unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der EU, sondern muss von den einzelnen Ländern in nationales Recht überführt werden – mit einem gewissen Spielraum bei der konkreten Ausgestaltung.

Nun hat Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) einen Entwurf für das Gesetz vorgelegt. „Kritische Berichterstattung, wissenschaftliches und zivilgesellschaftliches Engagement sind für unsere Demokratie elementar. Wir dürfen nicht zulassen, dass solche Stimmen mit missbräuchlichen Klagen unterdrückt werden – nur weil sie Einzelnen nicht passen“, so die Justizministerin.

Das Umweltinstitut wertet dies als Erfolg der Anti-SLAPP-Kampagne. Wenn der Entwurf Kabinett und Bundestag passiert, gäbe es in Deutschland erstmals einen verbindlichen rechtlichen Schutz vor SLAPPs. [jdm]

Rede von Heidi Reichinnek in der Generaldebatte des Bundestags

Heidi Reichinnek bei ihrer Bundestagsrede am 09.07.2025

Wer die Tagesschau gesehen hat, könnte den Eindruck bekommen, die Opposition gegen die Bundesregierung käme nur von rechts und als ob die Debatte nur ein Streitgespräch zwischen Alice Weidel und Friedrich Merz gewesen sei.

Dabei hat die Fraktionsvorsitzende der Linken, Heidi Reichinnek, eine hervorragende Rede gehalten und mit ihrer Schnellsprechweise eine sehr umfassende Kritik der Regierungspolitik liefern können. Mehr in der Aufzeichnung des Bundestags-Livestreams. Dort können übrigens alle Reden des Tages angeschaut werden. [jdm]

Nachtrag vom 10.07.2025: Die NOZ/Ems-Zeitung verzichtet in ihrem Bericht über die Bundestagsdebatte (Übernahme von dpa) komplett darauf, zu erwähnen, dass es außer CDU und AFD noch andere Parteien im Bundestag gibt.

Mission Creep – Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt

„Nur die Toten haben das Ende des Krieges gesehen.“ (Platon, griechischer Philosoph, 427 v. Chr. – 348/347 v. Chr.)

Ulrich Scholz

Was die Ursachen des Ukrainekrieges sind, darüber könnte man trefflich diskutieren. Sicher ist, dass die Ukraine angegriffen wurde und das Recht hat, sich zu verteidigen. Sie verteidigt sich jetzt schon über drei Jahre. Hunderttausende ukrainischer und russischer Soldaten haben ihr Leben verloren, und ein Ende des Schlachtens ist nicht abzusehen.

Bemühungen, wie die des US-Präsidenten Trump, die Kontrahenten an den Verhandlungstisch zu bekommen, scheitern vordergründig an der Unvereinbarkeit ihrer Interessen. Die Ukraine besteht auf die Wiederherstellung ihrer staatlichen Integrität unter Herausgabe der von Russland annektierten Krim und den besetzten Gebieten in der Ostukraine. Russland fordert eine neutrale Ukraine, die auf eine Mitgliedschaft in der NATO verzichtet. Entsprechend dieser politischen Interessen lautete der Auftrag (Engl.: Mission) an die Militärs beider Länder. Der russische Einmarsch sollte Druck auf die ukrainische Regierung ausüben, um sie an den Verhandlungstisch zu bringen. Der Auftrag der ukrainische Armee lautete Landesverteidigung, das heißt, den Vormarsch der Russen stoppen und die besetzten Gebiete wieder befreien.

Die massive militärische Unterstützung der Ukrainer durch die NATO-Länder führte auf beiden Seiten zu einem sogenannten „Mission Creep“, zu einer schleichenden Ausweitung des Auftrages der Militärs. Dem ukrainischen Militär gelang es, dem anfänglichen russischen Vormarsch nicht nur Einhalt zu gebieten, sondern sogar in die Offensive zu gehen. Als Beispiele seien hier die Kursk-Offensive und Drohnenangriffe im russischen Hinterland genannt. Die russische Seite reagierte mit Eskalation. In der Ostukraine ging ihre Armee in die Offensive bei gleichzeitiger massiver Ausweitung des Luftkrieges gegen Ziele in der gesamten Ukraine. Das führte zu einer Alles/Oder Nichts Haltung bei den Verantwortlichen in Kiew und Moskau. Ein Endsieg wurde propagiert.

Anstatt dass die Politik den Krieg mit Augenmaß benutzt, um Interessen zu wahren, bestimmte nunmehr der Krieg die Politik. Darin besteht die Gefährlichkeit des „Mission Creep“. Die anfänglich formulierten politischen Ziele, die nur über den Verhandlungsweg erreicht werden können, wenn es ein friedliches Miteinander nach dem Waffengang geben soll, werden dem Wahn eines Endsiegs geopfert. Der Krieg wird verlängert und es sterben noch mehr Menschen. Der damit einhergehende Hass zwischen den Völkern verhindert für Generationen eine Aussöhnung und der Grundstein für den nächsten Krieg wird gelegt. Wie solche Endsiege aussehen, zeigen Kriege der Neuzeit.

Als im ersten Weltkrieg der Angriff der deutschen Heere auf Frankreich durch die Niederlande und Belgien zum Erliegen kam (Schlieffenplan), war dem Generalstab in Berlin bewusst, dass nun ein blutiger Grabenkrieg folgen würde. Die Politik hätte übernehmen und den Krieg beenden müssen. Ein schwacher Kaiser und ein vom Endsieg beseeltes Militär verhinderten es. Das jahrelange gegenseitige Abschlachten endete mit dem Endsieg der Alliierten. Der aufgestaute Hass bei den Völkern der Sieger machte jedoch eine Aussöhnung unmöglich. Stattdessen veranlasste er deren Politiker, den Verlierer Deutschland mit dem Friedensdiktat von Versailles zu belegen. Das trug dazu bei, dass die Nazis in Deutschland an die Macht kamen, die in der Folge ein ganzes Volk, trotz der Millionen von Opfer, die der letzte Krieg gekostet hatte, für den nächsten Weltkrieg begeistern konnten. Auch der endete mit einem Endsieg der Alliierten. Dieses Mal wollte man es richtig machen. Die verantwortlichen Politiker setzten auf Versöhnung. Sie waren erfolgreich, wie der Einigungsprozess West-Europas nach dem Krieg zeigte. Das Happy-End der Aussöhnung mit den Ländern Osteuropas begann 25 Jahre später mit der Neuen Ostpolitik Willi Brandts. Wie sich in den Folgejahren zeigte, verhinderte sie ein „Mission-Creep“ in den dritten Weltkrieg.

Der ideologische Konflikt zwischen West und Ost hatte zu der Gründung der beiden Militärbündnisse NATO und Warschauer Pakt geführt. Deren Auftrag lautete hüben wie drüben: Verteidigung. Die strategisch angelegte nukleare Abschreckung verhinderte, dass ein kalter Krieg heiß wurde. Allen war bewusst: Wer zuerst schießt, stirbt als zweiter. Mit der Fähigkeit, auch taktische Atomwaffen mit begrenzter räumlicher Wirkung und großer Präzision einsetzen zu können, begannen in den 1980er Jahren Militärplaner Erstschlagsstrategien zu entwickeln. Aus der Verteidigungsstrategie wollte man in eine nukleare Kriegsführungsstrategie wechseln. Die SS20 der Sowjets und Pershing II und Cruise Missile auf NATO-Seite waren die dafür vorgesehenen Trägersysteme. Kluge Politiker in Ost und West und eine wache Öffentlichkeit gerade in Deutschland verhinderten den „Mission Creep“ und beendeten den Kalten Krieg, indem sie im Geiste Willi Brandts die große Wende herbeiführten. In der Folge löste Gorbatschow den Warschauer Pakt und die Sowjet Union auf. Die NATO blieb und damit die Latenz eines „Mission Creep“. Diese Geschichte soll hier nicht erzählt werden.

Das aktuelle Beispiel für den Wahnsinn, über einen militärischen Endsieg endlich Frieden zu schaffen, ist der schwelende Konflikt in Nahost, der jetzt zu einem Flächenbrand in der Region zu eskalieren droht. Israel, HAMAS und HISBOLLAH träumen seit Jahren von einem Endsieg. Sie werden ihn nicht bekommen, nur die Box der Pandora. Hass, Völkermord und noch mehr Kriege. Man mag militärisch einen Endsieg erreichen, den Frieden gewinnt man nicht. Das zeigt die Geschichte. - Was ist die Lösung? -

In der Bergpredigt gibt Jesus Christus die Antwort: Liebe nicht nur Deine Freunde, sondern auch Deine Feinde. Warum, darauf gibt Ben Kinglsey als Mahatma Gandhi in dem Spielfilm Gandhi die Antwort. Seine Verweigerung, gegen die britischen Besatzer den bewaffneten Kampf zu führen, begründete er mit dem Satz: „Warum soll ich sie für etwas töten, dessen wir alle schuldig sind?“ - Mangelnde Empathie ist die Schuld, die er meinte. Die Briten legten sie gegenüber den Indern an den Tag und die untereinander als Hindus, Moslems und Christen.

Empathie mit dem Konfliktgegner wird nicht alle Kriege verhindern können. Empathie ist aber unerlässlich, um sie so schnell wie möglich zu beenden. Das gebietet die ethische Pflicht, das Sterben und Leiden im Krieg zu beenden und gebietet die Vernunft, bei aller legitimen Interessenverfolgung ein friedliches Danach möglich zu machen. Politiker, die zur Empathie fähig sind, werden nicht zulassen, dass militärisch begründete Endsieg-Fantasien politisches Handeln bestimmen. Wie absurd ist das, wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt?! [Ulrich Scholz/erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

BRICS-Staaten für friedliche Streitbeilegung, größere Teilhabe des Südens und gegen Zollschranken

BRICS-LOGO

Am Sonntagabend verabschiedete der BRICS-Gipfel in Rio de Janeiro ein Abschlussdokument. 2009 gründeten Brasilien, Russland, Indien und China den Staatenverbund, der nach den Anfangsbuchstaben BRIC genannt wurde. Mit der Aufnahme Südafrikas im Jahr 2011 wurde daraus BRICS. Heute sind auch der Iran, Saudi-Arabien, Ägypten, Äthiopien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Indonesien Vollmitglieder. Auf der Konferenz in Rio wurden Belarus, Bolivien, Kasachstan, Kuba, Nigeria, Malaysia, Thailand, Vietnam, Uganda und Usbekistan als BRICS-Partnerländer begrüßt.

Die BRICS-Staaten fordern eine umfassende Reform der Vereinten Nationen, um eine gerechtere und repräsentativere internationale Ordnung zu schaffen. Dies schließt die Reform des Sicherheitsrates ein, um die Stimme des Globalen Südens zu stärken. Eine Reform des UN-Sicherheitsrates soll zur Erhöhung der Vertretung von Entwicklungsländern führen. Das Dokument betont die Verpflichtung zur Einhaltung der UN-Charta und zur Förderung von Multilateralismus.

Um gesundheitliche Ungleichheiten zu bekämpfen und den Zugang zu Gesundheitsdiensten zu verbessern wird die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als zentrale Autorität für internationale Gesundheitsfragen unterstützt.

Die Vertretung von Schwellen- und Entwicklungsländern (EMDE) im Internationalen Währungsfonds (IWF) müsse verbessert werden. Die BRICS-Staaten bekräftigen ihre Unterstützung für ein regelbasiertes, offenes und transparentes multilaterales Handelssystem, das von der Welthandelsorganisation (WTO) geleitet wird. Es müsse innerhalb der WTO ein funktionierendes Streitbeilegungssystem aufgebaut werden.

Die BRICS-Staaten betonen die Bedeutung von Diplomatie und Dialog zur Konfliktlösung und zur Förderung des Friedens. Sie unterstützen die Rolle regionaler Organisationen bei der Konfliktprävention.

Die BRICS-Staaten bekräftigen ihre Unterstützung für die Rechte des palästinensischen Volkes und fordern eine friedliche Lösung des Konflikts und fordern einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand im Gazastreifen. Humanitäre Hilfe in die besetzten Gebiete müsse zugelassen werden.

Die BRICS-Staaten äußern Besorgnis über die wachsenden Risiken von Konflikten und betonen die Notwendigkeit von Abrüstung und Rüstungskontrolle. Sie unterstützen die Schaffung von nuklearwaffenfreien Zonen und die Einhaltung internationaler Abrüstungsabkommen.

Die BRICS-Staaten haben die Strategie für die wirtschaftliche Partnerschaft bis 2030 begrüßt, die die Zusammenarbeit in Bereichen wie internationalem Handel und nachhaltiger Entwicklung fördern soll. Die Strategie zielt darauf ab, die Zusammenarbeit in den Bereichen multilaterales Handelssystem, digitale Wirtschaft und Finanzkooperation zu konsolidieren.

Die Neue Entwicklungsbank (NDB) wird als strategischer Akteur für die Entwicklung im Globalen Süden anerkannt und soll ihre Kapazitäten weiter ausbauen. Präsidentin Dilma Rousseff erhält volle Unterstützung für ihre Wiederernennung. Die Bank soll innovative Projekte zur Förderung nachhaltiger Entwicklung und zur Verringerung von Ungleichheiten unterstützen.

Kein Thema war die Einführung einer eigenen BRICS-Währung. Allerdings hatte sich Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva am Freitag auf der Jahrestagung der Neuen Entwicklungsbank (NDB) der BRICS-Staaten für eine gemeinsame Währung der BRICS-Staaten als Alternative zur Weltleitwährung Dollar ausgesprochen. [jdm/mit Nutzung von KI-Übersetzung]

Der Julian Assange von Deutschland: Hüseyin Doğru – EU-Bürokratie möchte Journalisten vernichten

Können Sie sich vorstellen, dass in Deutschland ein Journalist mit der Begründung, er habe, „systematisch falsche Informationen über politisch kontroverse Themen“ verbreitet, „mit der Absicht, unter seinem überwiegend deutschen Zielpublikum ethnische, politische und religiöse Zwietracht zu säen,“ Berufsverbot bekommt, seine Konten gesperrt werden, niemand ihn anstellen darf, auch das Konto seiner schwangeren Frau gesperrt wird und sogar die Krankenversicherung ihn und seine Frau rausschmeißt?

Können Sie sich vorstellen, dass eine solche Entscheidung der Aberkennung aller Bürgerrechte nicht von Gerichten oder Parlamenten getroffen wird, sondern allein von der Verwaltung?

Können Sie sich vorstellen, dass in Deutschland einem Journalisten all das passiert, weil ihm enge finanzielle und organisatorische Verbindungen zu Organisationen und Akteuren der Staatspropaganda eines anderen Landes unterstellt werden?

Das kann doch nicht sein. Denn die deutschen und die EU-Politiker haben massiv protestiert, als in  Georgien ein Gesetz verabschiedet wurde, das Medien und NGOs stärker kontrollieren soll. Das Gesetz trat Anfang Juni 2024 in Kraft und verschlechterte die Beziehungen des Beitrittskandidaten zur EU. In der EU wird es doch nicht möglich sein, dass einem deutschen Journalisten sogar ohne ein Gesetz alle Rechte geraubt werden?

Werden jetzt alle 40 Journalisten, die Mitglied der Atlantikbrücke, einem US-Lobbyverein, sind, Berufsverbot bekommen?

Der Journalist, um den es hier geht, ist Hüseyin Doğru. Er betrieb das Webportal „red.“. Red. hatte die Palästinapolitik Deutschlands und der EU kritisiert. Dies wurde ihm jetzt als indirekte Unterstützung Russlands ausgelegt, weil er damit ja „Zwietracht“ gesät habe. Und Zwietracht - man könnte auch sagen Diskussion über verschiedene politische Einschätzungen - wird von der EU und von der Bundesregierung nicht gern gesehen.

Die EU hat Hüseyin Doğru, der übrigens deutscher Staatsbürger ist, auf eine Sanktionsliste gesetzt. Diese Liste wurde von der „Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik“ Kaja Kallas vorgelegt und vom „Rat der Europäischen Union“ beschlossen. Die Titel dieser Funktionen und Organe klingen gewaltig. Dabei handelt es sich lediglich um Mitglieder der Exekutive: Kaja Kallas ist als Kommissarin nur eine europäische Ministerin und der Rat der Europäischen Union besteht aus Ministern der Mitgliedsländer.

Aber sie maßen sich an, Grundrechte eines deutschen Bürgers aufzuheben. Darüber hinaus maßen sie sich an, die Pressefreiheit in Deutschland einzuschränken. Ein Journalist darf die Palästinapolitik der EU nicht kritisieren, weil ihm dann Unterstützung Russlands vorgeworfen wird. Nur zur Erinnerung: Deutschland und Russland befinden sich (noch) nicht einem Krieg gegeneinander, obwohl Frau Kallas alles daran setzt, diesen Krieg anzuzetteln.

Dass die Bundesregierung dieses unterstützt, zeigt, dass die Pressefreiheit in Deutschland extrem gefährdet ist. Bei dem Vorgehen gegen Doğru wird die behauptete Unterstützung Russlands nur indirekt hergeleitet. Wer wie Doğru etwas schreibt, was zu „Zwietracht“ führt – also zu Diskussionen – kann jederzeit aller seiner Bürgerrechte und seiner Existenz beraubt werden.

Doğru wird von der Bundesregierung kaltschnäuzig darauf verwiesen, dass er sich ja rechtlich dagegen wehren könne. Doğru hat aber kein Geld mehr, um z. B. einen Anwalt zu bezahlen (was andere aus Solidarität machen). Sämtliche Gelder wurden eingefroren. Ein Existenzminimum muss gewährt werden, allerdings bedarf das der Genehmigung durch die Bundesbank, was wiederum einige Zeit dauert.

Doğru beschreibt seine Situation so:
„Ich bin keiner Straftat angeklagt worden. Ich stand nicht vor Gericht. Ich wurde keiner Straftat für schuldig befunden.
Ich hatte keine Möglichkeit, mich zu verteidigen. Aber die EU hat mich wegen meiner pro-palästinensischen Berichterstattung sanktioniert und mir alle meine Rechte entzogen. Noch einmal: Ich wurde von keinem Gericht einer Straftat für schuldig befunden.

Aber ich darf keine Lebensmittel kaufen. Ich darf keine Medikamente für meine Kinder kaufen – nicht einmal eine Flasche Wasser, wenn sie durstig sind. Ich darf keine Geschenke annehmen. Ich darf nicht einmal ein Geschenk annehmen.

Ich darf meinen Anwalt nicht bezahlen. Ich darf das Land, in dem ich lebe, nicht verlassen. Ich darf das Land, in dem ich lebe, nicht betreten. Ich darf keine Arbeit annehmen. Ich darf keine Zahlungen leisten. Ich darf keine Zahlungen entgegennehmen. Ich darf meine Miete nicht bezahlen.“

Der Fall Hüseyin Doğru ist in seinen negativen Auswirkungen auf die Pressefreiheit, seiner Missachtung der Menschenrechte und der völligen Empathielosigkeit der staatlichen Stellen eine deutsche Ausgabe des Julian-Assange-Skandals. Es geht nicht darum, ob man die Ansichten von Doğru teilt, es geht auch nicht darum, ob man seinen Stil mag, sondern es geht darum, ob in Deutschland und der EU die Ministerien jeden missliebigen Journalisten bestrafen und jede missliebige Meinungsäußerung unterbinden können. [jdm]

Hochrüstung – und jetzt noch die Atombombe

Der Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion Jens Spahn, der als Ex-Gesundheitsminister dem Steuerzahler zwischen 3 und 6 Milliarden € durch seine Maskendeals gekostet hat, kann weiter Politik machen, als wenn nichts gewesen wäre. Und warum? Weil er die Rolle des größten Kriegstreibers von der hoffentlich bald vergessenen Strack-Zimmermann übernommen hat und die Kriegsverlängerung in der Ukraine zu seinem Projekt erkoren hat.

Seine Bundesregierung hat gerade die Steigerung des Kriegshaushaltes auf fast die Hälfte des Staatshaushaltes beschlossen. Und jetzt macht sich Spahn für die Atombombe in deutscher Hand stark. Deutschland hat den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben. Nach Logik unserer Bundesregierung müsste Deutschlands Urananreicherungswerk in Gronau eigentlich jetzt wie Irans Atomanlagen präventiv mit Bomben zerstört werden.

Die SPD kritisiert an diesem Vorschlag nur, dass Spahn damit von seinem Versagen als Gesundheitsminister ablenken wolle. Inhaltlich fällt die Kritik sparsamer aus. Die Spitzenkandidatin der SPD für die letzte Europawahl, Katarina Barley, hatte da schon gemeint, die EU-eigene Atombombe für eine europäische Armee könne "auch … ein Thema werden.

SPD und CDU haben Trumps Arbeitsplan verinnerlicht: Die EU-Staaten in der Nato sollen Russland mit einem dauernden Krieg in der Ukraine und durch Hochrüstung an Russlands Grenzen schwächen, damit sich die USA auf einen Krieg gegen China - am besten über Stellvertreter in der Region, z. B. Taiwan oder die Philippinen - konzentrieren können.

Dabei haben die Menschen in Europa nichts zu gewinnnen, aber für die Milliardäre und Oligarchen Europas, für die die Bundesregierung Politik macht, spielt das Befinden der Menschen keine Rolle. Die Oligarchen möchten ihre Führungsrolle behaupten und wenn die von ihnen dominierten Staaten dies durch Krieg erreichen, ist es ihnen recht. Aber auch Zollschranken, Sanktionen und Knebelverträge sind ihnen recht.

Chinah Sondernewsletter 06/2025

Ganz anders wieder China, das der EU weiterhin die Hand ausstreckt und Zusammenarbeit anbietet. Xi erklärte, China und die EU seien umfassende strategische Partner sowie zwei große Kräfte zur Förderung der Multipolarisierung, zwei große Märkte zur Unterstützung der Globalisierung und zwei Zivilisationen zur Ankurbelung der Vielfalt. Die chinesisch-europäischen Beziehungen leisteten einen wichtigen Beitrag zur Vertiefung des Wohlstands beider Bevölkerungen sowie zur Förderung von Frieden und Entwicklung der Welt. Die Chinesische Botschaft in Deutschland hat zum 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und der Europäischen Union einen Sondernewsletter herausgegeben. [jdm]

Antrag zur Flächenentwässerung wird im Dörpener Gemeinderat nichtöffentlich behandelt

Hans Müller, Mitglied des Dörpener Gemeinderats, hat für die nächste Ratssitzung den Antrag gestellt, zu prüfen, wer für die Ausbaggerung des Seitenkanals im Mündungsbereich der Wippinger Dever verantwortlich ist.

Insel im Seitenkanal
Verhindert die Inselbildung im Seitenkanal den Wasserabfluss?

Hintergrund ist seine Beobachtung, dass sich im Seitenkanal im Bereich des Zuflusses des Grabens Inseln gebildet haben, auf denen bereits größere Bäume stehen. Der Seitenkanal Gleesen-Papenburg dient als Vorfluter für den Entwässerungsgraben Wippinger Dever. Hallo-Wippingen hat darüber hier, hier und hier berichtet.

Noch fließt das Wasser zwischen den Inseln in Richtung Küstenkanal ab, aber eine weitere Verlandung des Kanals könnte bei Extremwetterlagen mit Starkregen zum Problem werden, zumal weiter südlich ebenfalls Entwässerungsgräben in den Seitenkanal münden. Die Inseln im Seitenkanal könnten – so befürchtet Hans Müller - nach starken Niederschlägen und Hochwasser den Abfluss des Wassers nach Norden zum Küstenkanal behindern und einen zusätzlichen Rückstau verursachen. Im Extremfall wäre nicht auszuschließen, dass die auf den Inseln gewachsenen Büsche und Bäume vom Wasser mitgerissen werden. Dieses Treibgut könnte sich wiederum vor dem Durchlass am Mittelweg ansammeln und eine Aufstauung des Kanals verursachen.

Sollte der Kanal allerdings ausgebaggert werden müssen, käme ein weiteres Problem hinzu, denn die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) vermutet im Kanal Munition aus dem Zweiten Weltkrieg.

Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Ems-Nordsee (WSA) habe erklärt, man sei für eine Räumung und eine Sicherung des Wasserabflusses nicht zuständig. In einer Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Gemeinde Dörpen sei festgelegt worden, dass die WSV von Ansprüchen freigestellt sei, soweit diese durch die Vorflut verursacht worden seien. Vielmehr liege die Zuständigkeit bei der Gemeinde Dörpen.

Damit stehe auch die Klärung der Frage an, wer für eine möglicherweise erforderliche Ausbaggerung des Seitenkanals verantwortlich sei.

Falls die Zuständigkeit bei der Gemeinde Dörpen liege, sollte abgeschätzt werden, ob in den kommenden Jahren Handlungsbedarf in Hinblick auf die Erhaltung der Entwässerungsfunktion des Seitenkanals für die Wippinger Dever und weiterer Kanalzuflüsse aufkommen könnte, welche Maßnahmen erforderlich wären und welche Kosten auf die Gemeinde zukommen könnten.

Wie Müller mitteilte, sei er davon ausgegangen, dass dieser Antrag in der öffentlichen Gemeinderatssitzung behandelt werde. Bürgermeister Manfred Gerdes hat diesen Tagesordnungspunkt allerdings in die nichtöffentliche Sitzung gelegt.

In nichtöffentlichen Sitzungen werden zumeist alle Grundstücksangelegenheiten behandelt, weil dabei die Interessen der Grundstückseigentümer geschützt werden sollen. Als Grundstückseigentümer kommen hier eigentlich nur der Bund und die Landwirte in ihrer Funktion als Mitglieder des Wasser- und Bodenverbands in Frage. Privates und Vertrauliches ist mit Müllers Antrag eigentlich nicht verbunden. Warum die Landwirte nicht erfahren dürfen, dass es ein Problem mit dem abfließenden Wasser geben könnte, erschließt sich nicht so ohne Weiteres. Was kann also der Grund für den Ausschluss der Öffentlichkeit sein?

Die Öffentlichkeit kann es nicht überprüfen, ob etwas in der nichtöffentlichen Sitzung behandelt wird, was von allgemeinem Interesse ist. Aber bei vielen Kommunen hat man im Nachhinein das Gefühl, dass Angelegenheiten nur deshalb nichtöffentlich verhandelt werden, weil man sie dann schneller abhaken kann. Dass eine öffentliche Diskussion in der Gemeinde ein Teil der kommunalen Demokratie ist und dass diese auch die Qualität der Beschlüsse verbessern könnte, wird häufig nicht wahr genommen.

Die Kommunalaufsichtsbehörde, der Landkreis,  hat gem. § 170 Abs. 1 Satz 2 NKomVG sicherzustellen, dass die Kommunen die geltenden Gesetze beachten. Dabei soll die Aufsicht nach Satz 3 aber so gehandhabt werden, dass die Entschlusskraft und Verantwortungsfreude der Kommune nicht beeinträchtigt werden. Das bedeutet, dass es nicht zu einer Einmischungsaufsicht kommen darf. Die Gemeinden dürfen demnach alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung regeln.

Die Kommunalaufsichtsbehörde wird also nur bei schwerwiegenden Verstößen gegen das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz tätig. Transparenz bei gemeindlichen Angelegenheiten kann es also nur geben, wenn die Gemeindevertreter erkennen, dass die kommunale Ebene das letzte echte Stück Demokratie ist, und dass auch diese Demokratie an der Basis gepflegt sein muss. [jdm]

GRÜNE Friedenskreise unterstützen das Manifest der SPD-Friedenskreise

Erklärung der Grünen Friedenskreise zu SPD Manifest

Das „Manifest“ aus der SPD fand bei den Kriegspolitikern der SPD/CDU/Grüne sofort vollständige Ablehnung und Absonderung von Hasskommentaren. Da hatten SPD-Mitglieder es doch gewagt, eine andere Meinung zur Aufrüstung und Ablehnung von Diplomatie zu haben. Zustimmung und ein Angebot zur Zusammenarbeit kamen sofort vom Bündnis Sahra Wagenknecht und den Linken.

Vielen aus der Friiedensbewegung schien der Text des Manifestes nicht konsequent genug. Aber mittlerweile hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass er auch als Grundlage für eine überparteiliche Zusammenarbeit gelten kann. Denn im Mittelpunkt stehen drei Kernpunkte: 1. Mehr Diplomatie - mit Russland verhandeln. 2 Die Ablehnung der "irrational" hohen Aufrüstung und 3. die Ablehnung der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland..

Das sehen auch drei grünennahe Friedenskreise so. Gewaltfrei grün e.V. , die Grüne Alternative e.V. und die Unabhängige Grüne Linke haben das SPD-Manifest in einer gemeinsamen Erklärung begrüßt und unterstützen es als einen sehr wichtigen Diskussionsanstoß. Sie wollen dazu beitragen, dass diese notwendige Debatte auch innerhalb von Bündnis 90/Die Grünen mehrstimmig und fair geführt werde.

Es tue der Demokratie nicht gut und stärke letztendlich rechte Stimmen, wenn diese Themen nicht mehr sachlich diskutiert werden. Russland sei direkter Nachbar der EU, und nur Konzepte, in denen Russland, wie auch immer, einbezogen seien, würde langfristig Frieden und Sicherheit für alle bringen, so schwer vorstellbar dies im Moment auch sei. [jdm]

Vortrag in der Gedenkstätte fällt aus

Absage Vortrag

Die Gedenkstätte Esterwegen teilt mit, dass der Vortrag von Dr. Helmut Lensing am Sonntag, 29. Juni, ab 15 Uhr in der Gedenkstätte Esterwegen zu den demokratischen Wehrorganisationen im Emsland und der Grafschaft Bentheim aus Krankheitsgründen ausfallen muss. [jdm]

„Durchgeknallte Vögel“ – Kein Märchen aus tausendundeiner Nacht

Wussten Sie, dass der Gottesstaat im Iran und die HIZBOLLAH im Libanon eine Folge US-Amerikanischer Außenpolitik sind? – Sie findet gerade ihre Fortsetzung in der Bombardierung iranischer Atom-Anlagen. Diese Form von Außenpolitik, die ausdrücklich militärischer Gewalt gegen andere souveräne Staaten für legitim erklärt, steht unter dem Motto: America´s Might is Right (Amerikas Macht ist rechtens). Die politischen und menschlichen Katastrophen, die eine solche Politik in der Neuzeit angerichtet haben (Afghanistan, Irak, Lybien, Syrien) haben nicht amerikanischem Interesse gedient, sondern ganz im Gegenteil. So jedenfalls argumentieren Gegner einer solchen Politik, die deswegen vom US-amerikanischen Senator der republikanischen Partei John McCain als „Wacko Birds“ (durchgeknallte Vögel) bezeichnet wurden. Bei der Aufzählung der Opferländer US-amerikanischer Interventionspolitik fehlt der Iran. Die soll wegen der aktuellen Ereignisse etwas detaillierter vorgestellt werden.

Die USA wurden in der Innenpolitik des Iran zum ersten Mal 1953 aktiv, als der iranische Premierminister Mossadegh auf Parlamentsbeschluss die Ölindustrie des Landes verstaatlichte und damit den Briten auf die Füße trat. Die schafften es, den US-Präsidenten Eisenhower zu einem Putsch gegen Mossadegh zu gewinnen. Durch einen vom CIA gesteuerten Komplott putschte die Armee gegen Mossadegh, die diesen verhaften ließ. Der kurz zuvor geflohene Schah Reza Pahlewi wurde wieder ins Land gebracht und auf den Thron gesetzt. Der begann schonungslos unter seinen Gegnern aufzuräumen und war ansonsten ein getreuer Gefolgsmann der USA. Seine Herrschaft endete 1979, als nach schweren Unruhen und der Ausrufung eines Generalstreiks das Kriegsrecht verhängt wurde. Die Armee übernahm die Macht im Land. Der Schah floh ins Ausland. Die Westmächte beschlossen, den Schah fallen zu lassen und Kontakt zu Ayatolla Chomeini aufzunehmen, der in Paris im Exil die Iranisch-Islamische Nationalbewegung gegründet hatte. Der Iran wurde zu einem Gottesstaat.

Dessen Einfluss auf die muslimische Welt war für die USA immer wieder Grund genug, militärisch in deren Ländern zu intervenieren. Bei allen sicherlich vorhandenen Wirtschaftsinteressen waren die treibenden Motive, den Terrorismus zu bekämpfen und die Sicherheit des Staates Israels zu gewährleisten. Dass diese Politik das Gegenteil erreicht hat, darüber schreibt der US-Amerikanische Journalist und Autor Stephen Kinzer in seinem lesenswerten Buch Im Dienste des Schah: CIA, MI6 und die Wurzeln des Terrors im Nahen Osten. In einem bemerkenswerten Artikel im britischen GUARDIAN forderte Kinzer vor ein paar Jahren die „Wacko Birds“ auf, sich zu einer Bewegung zusammenzuschließen und konkrete Inhalte zu einer anderen Außenpolitik zu formulieren.

Wie aktuell diese Forderung ist, zeigt die politische Entwicklung um den momentanen Luftkrieg zwischen Israel und dem Iran. Im folgenden Artikel sollen nicht völkerrechtliche oder weltanschauliche Argumente (Das Recht Israels auf Selbstverteidigung bzw. Kampf der Demokratie gegen einen Gottesstaat iranischer Prägung) gedroschen werden. Das tun schon zu Genüge unsere Politiker und Medien. Vielmehr geht es um eine grundsätzliche Gegenüberstellung einer auf Krieg setzenden Außenpolitik und dem, was „Wacko Birds“ in ihr Manifest schreiben würden. Zur Veranschaulichung soll ein systemisches Modell des Luftkrieges dienen, so wie er in den Militärakademien moderner Staaten gelehrt wird und seit dem 2. Golfkrieg („Desert Storm“) zur Anwendung kommt.

Oberstes politisches Ziel ist, der gegnerischen Führung seinen Willen aufzwingen (nach Clausewitz „Vom Kriege“). Dazu hat der US-Amerikanische Luftwaffenoberst John A. Warden 1989 ein systemisches Ziele-Modell entwickelt (siehe Abbildung). Es gilt, in den 5 Ringen Ziele so auszuwählen und anzugreifen, dass die politische Führung des Gegners einlenkt.

Die Luftangriffe der Israelis und der Iraner lassen sich in Art und Umfang mit diesem Modell erklären, wenn man sich über die politischen Ziele dahinter klar wird. Deren folgende Formulierungen folgen dem Prinzip: So allgemein wie möglich und so konkret wie nötig, um für Politiker und Militärs als Handlungsanweisung zu dienen.

Politische Ziele Israels

Der israelischen Regierung geht es um den Schutz ihrer Bevölkerung vor Angriffen der palästinischen HAMAS und der libanesischen HIZBOLLAH sowie vor einem aggressiven nuklear bewaffneten Gottesstaat in ihrer Nachbarschaft.

Politische Ziele des Iran

Der iranischen Mullah-Regierung geht es um die Souveränität ihres Gottesstaates und nicht zuletzt um dessen Ansehen in der muslimischen Welt.

Militärische Ziele

Logisches Folgern und nicht zuletzt offizielle Erklärungen bestätigen für beide Seiten eine entsprechende Ziele-Auswahl in dem Warden-Modell. Eine Detaillierung würde hier zu weit führen.

Eine Besonderheit erleben wir in den Zielkreisen Systemträger und Führung. Für die Israelis ist wichtig, die iranische nukleare Infrastruktur zu zerstören. Auch scheint es ihnen nicht darum zu gehen, die iranische Führung zum Einlenken zu bringen. Sie machen Führungspersonen zum Ziel, um sie umzubringen. Regime Change scheint hier das implizierte politische Ziel.

Als ein ermutigendes Zeichen für zukünftige Verhandlungen erscheint mir, dass beide Seiten die jeweilige Bevölkerung nicht zum Ziel machen. Die relativ geringe Zahl der zivilen Opfer auf beiden Seiten ist der Präzisionsfähigkeit moderner Luftwaffen geschuldet. Die wird immer auch Kollateralschäden verursachen (Druck- und Splitterwellen der explodierenden Geschosse, technische Fehlfunktionen, Trümmer abgeschossener Flugzeuge/Raketen u.a.).

Ein Luftkrieg gegen die Bevölkerung mit Tausenden von Opfern würde nicht zuletzt die politischen Ziele beider Kontrahenten gefährden. Gute Nachbarschaft ist nicht eine Sache von Regimen und Regierungen, sondern wird von Bevölkerungen gepflegt. Und wem seine Souveränität in einer Staatengemeinschaft wichtig ist, der hält sich im Krieg an die Regeln von Menschlichkeit. Genau an dieser Stelle könnten die „Wacko Birds“ den miitärischen Zielekreis von Warden zu einem politischen machen. Macht, die sich über das Wohl von Menschen hinwegsetzt, ist nämlich einer Demokratie nicht würdig. Genau das tut man nämlich, wenn man mit Krieg Außenpolitik betreibt. Deswegen sollte man nicht mehr in die Kreise hineinbomben, sondern in ihnen mit friedlichen Mitteln wirken.

Politische Ziele der “Wacko Birds”

Wie eine umfassende friedliche Lösung aussehen könnte, wer weiß das schon?! – Man könnte aber in einem ersten Schritt endlich einmal die UN-Charta achten und die Unantastbarkeit der Souveränität eines Staates respektieren. Wenn Staaten wie der Iran vor einer militärischen Intervention durch eine Atommacht sicher wären, gäbe es keinen Grund mehr, Atomwaffen besitzen zu wollen. Der Israel/Iran Konflikt wäre vom Tisch. Entspannung wäre möglich.

Die Länder könnten ihre Bevölkerungen in einem breitgefächerten Kulturaustausch zusammenbringen. Gemeinsame Bildungseinrichtungen sowie Handel und Technologie-Transfer wären möglich. Europa hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg auf diese Weise vom feindlichen Gegeneinander zum freundlichen Miteinander entwickelt.

Streitkräfte Israels, des Irans und der USA könnten gemeinsame Übungen abhalten, ähnlich des PfP-Programms (Partnership for Peace) der NATO. Störer wie HAMAS und HIZBOLLAH wären dann ein Sicherheitsproblem für alle Länder gleicherweise. Terror würde man gemeinsam begegnen.

Wenn die Führungen der betroffenen Länder einmal auf dieser Welle sind, entsteht Vertrauen. Sie wären dann in der Lage, auch den Palästina-Konflikt friedlich zu lösen.

Wer so denkt, ist in den Augen der Falken in den USA, Israels und des Iran ein „Wacko Bird“. Das Tragische ist, dass die meisten Menschen im Kriegsgebiet sich wünschten, es gäbe noch mehr von solchen durchgeknallten Vögeln. [Ulrich Scholz/erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Prostituiertenschutzgesetz oder Freierbestrafung?

Für die einen ist es Sexarbeit, andere sprechen von Zwangsprostitution. Prostitution als Form der Unterdrückung der Frau wurde in der Vergangenheit häufig unter moralischen Aspekten verhandelt. Den Prostituierten wurden unter Verweis auf den unmoralischen Lebenswandel alle Rechte geraubt; die Freier konnten mit dem Kauf von Frauen sogar noch angeben.

Um Frauen aus der Illegalität zu helfen und um ihnen Rechte zu verschaffen gilt in Deutschland seit 2017 das Prostituiertenschutzgesetz, das zum Ziel hatte, durch die Anerkennung der Prostitution als Sexarbeit Schutzrechte und den Zugang zur Sozialversicherung zu schaffen.

In Schweden hat man eine ganz andere Richtung eingeschlagen. Auch hier wollte man die rechtlose Stellung der Frauen nicht noch durch staatliche Repression verschlechtern. Aber die Prostitution wurde dennoch nicht als normale Arbeit betrachtet. Das "Nordische Modell" besteht aus dem 1999 verabschiedeten Gesetz über die Freierbestrafung und der vollständigen Entkriminalisierung der Frauen.

Viele Selbsthilfegruppen in Deutschland, wie Kassandra e. V., unterstützen das deutsche Modell. Der Verein Sisters e. V. dagegen ist überzeugt, dass die Realität ganz anders aussieht und die Freiwilligkeit nur bei etwa 10 % der Frauen gegeben ist. 90 % der Frauen seien aus Zwangslagen heraus in der Prostituition gelandet. Dazu zählen neben den Menschenhändlerringen finanzielle Zwangslagen und massive Gewalt- und Missbrauchserfahrungen. Das deutsche Modell stütze die Menschenhändler, die sich nach außen als gesetzestreue Bordellbetreiber inszenieren könnten, aber die die Frauen durch Gewalt und wirtschaftlichen Druck fest unter Kontrolle hätten.

Sisters e. V. macht sich für eine Übernahme des Nordischen Modells stark. In Schweden habe sich dadurch, dass sich der Freier in einer illegalen Position befinde, das Verhalten der Männer gegenüber den Prostituierten verändert. In Deutschland hingegen glaubten die Männer und auch die betroffenen Frauen, dass sie durch die Bezahlung frei über den Körper der Frau verfügen könnten (siehe Interview Junge Welt). Auch die Zeitschrift Emma spricht sich schon lange für die Freierbestrafung aus, weil der Kauf von Frauen ein Verbrechen sei. Für die CDU/CSU ist Prostitution eine Menschenrechts-Verletzung. Sie hatte die Absicht, die Freierbestrafung auch in Deutschland einzuführen. Dem stehen gewerkschaftliche und linksliberale Kreise entgegen, die argumentieren, die Zwangsprostitution sei ohnehin verboten und das Prostituiertenschutzgesetz sorge für gute Arbeitsbedingungen.

Der Bayrische Rundfunk hat in einem Bericht aus Nürnberg diese beiden Positionen in einem Filmbeitrag dargestellt. [jdm]

Politik – Die Kunst des Menschlichen

Ein US -Präsident schickt Truppen, um seine Bürger zu disziplinieren. Wo wird das hinführen? - Eine implodierende USA ist nicht gut für das Land, nicht gut für uns und nicht gut für die Welt.

Gleichzeitig haben sich Israel und der Iran in einen Luftkrieg verbissen, ohne dass ein politisches Ziel zu erkennen ist.

Die USA und GB verlegen militärische Kräfte in die Region. Wie weit wird die Eskalation gehen? - Krieg der „“Weltgemeinschaft“ gegen den Iran mit dem Ziel „Regime Change“? -

Wann wird der erste Nuke explodieren? -

Die islamische Welt ist ein Pulverfass, und die Lunte brennt. Es könnte uns allen um die Ohren fliegen.

Unseren Politikern fällt nichts anderes ein, als Mantra-artig das Recht Israels zur Selbstverteidigung zu beschwören, einseitig zu verurteilen und ansonsten die Kriegsparteien zur Deeskalation aufzufordern.

Politik ist die Kunst des Möglichen, soll Otto von Bismarck gesagt haben. Der Satz hat eine Blutspur durch die Geschichte gezogen. Er enthält nämlich den Persilschein zu Krieg.

Politik sollte eigentlich die Kunst des Menschlichen sein. Dazu braucht es Führungspersonen wie Charles de Gaulle, Willi Brandt, Yitzhak Rabin und Yassir Arafat.

Politikern, die wiedergewählt werden wollen, fehlt dazu anscheinend der Verstand und noch mehr das Gewissen. [Ulrich Scholz/ erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Demokratische Wehrorganisationen im Emsland und in Grafschaft Bentheim 1924–1933

Plakat zum Vortrag von helmut Lensing

Dr. Helmut Lensing spricht am Sonntag, 29. Juni, ab 15 Uhr in der Gedenkstätte Esterwegen zu den demokratischen Wehrorganisationen im Emsland und der Grafschaft Bentheim. Der Vortrag unter dem Titel „‘Keiner darf fehlen im Kampf gegen Faschismus und Bolschewismus!‘ Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und die ‚Eiserne Front‘ in der Grafschaft Bentheim und im Kreis Lingen (1924–1933)“ ist Bestandteil des Begleitprogramms zur aktuellen Sonderausstellung „Ich wusste, was ich tat. Früher Widerstand gegen den Nationalsozialismus“.

Die Geschichte demokratischer Wehrorganisationen wie des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold oder der Eisernen Front wird häufig mit Großstädten und den zentralen politischen Auseinandersetzungen der Weimarer Republik in Verbindung gebracht. Doch auch in ländlich geprägten Regionen wie der Grafschaft Bentheim und dem Emsland existierten diese Organisationen und kämpften unter oft schwierigen Bedingungen gegen politischen Extremismus von rechts und links. Lensing, ein ausgewiesener Kenner der regionalen Geschichte, beleuchtet dieses bislang wenig erforschte Kapitel demokratischer Selbstbehauptung in der Provinz.

Lensing, 1961 in der Grafschaft Bentheim geboren, ist Historiker, Autor, Pädagoge sowie stellvertretender Vorsitzender der Studiengesellschaft für Emsländische Regionalgeschichte und Mitherausgeber der Reihe Emsländische Geschichte. Er hat zahlreiche Publikationen zur Regionalgeschichte vorgelegt. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei. [Newsletter Gedenkstätte]

„Annalena Merz“ und das Ende des Völkerrechts

Bernhard Klaus von der Informationsstelle Militarisierung e.V. findet es ist bemerkenswert, dass man am 13. Juni 2025 in den „Informationen am Abend“ des Deutschlandfunks gut eine halbe Stunde der Berichterstattung über die israelischen Luftangriffe auf den Iran lauschen konnte, ohne dass eine völkerrechtliche Einordnung vorgenommen worden sei. Der deutsche Außenminister Wadephul sei mit folgender Einschätzung eingeblendet worden:

„Das Nuklearprogramm Irans ist eine Bedrohung für die ganze Region und insbesondere für Israel. Und deswegen ist für uns klar: Israel hat das Recht, seine Existenz und die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu verteidigen“.

Der konkrete Zeitpunkt der Äußerung und der explizite Verweis auf das iranische Nuklearprogramm lasse keinen anderen Schluss zu, als dass der deutsche Außenminister hier gesagt habe, Israel habe ein Recht zu diesen Luftangriffen gehabt. Völkerrechtlich sei das Quatsch.

2020 noch stellte der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Sachstand „Zum Begriff des Angriffskrieges“ fest, dass die Begriffe „Angriffshandlung“ und „Angriffskrieg“ sich weitgehend entsprechen. Von einem Völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Israels auf den Iran ist aber – ganz anders als im Falle Russland/Ukraine – kaum die Rede in deutschen Medien.

Einige deutsche Medien nahmen andere völkerrechtliche Einordnungen des israelischen Vorgehens gegen den Iran vor. Das ZDF zitierte u.a. Dominik Steiger, Professor für Völkerrecht an der TU Dresden: „Völkerrechtlich ist die Situation glasklar: Hier war die Gefahr noch zu abstrakt, Israel hätte also nicht angreifen dürfen“. „Dieser Angriff war klar völkerrechtswidrig“ zitiert Spiegel Online den Rechtsprofessor Kai Ambos.

Der politische Westen zeigt nicht erst seit den Zerstörungen in Gaza seine Neigung zu doppelten Standards. Die Achtung des Völkerrechts wird nur dann gefordert, wenn es gerade in den Kram passt. Das Völkerrecht ist aber unteilbar und nicht durch eine vom Westen formulierte Regelbasierte Ordnung abgelöst.

Wie bei dem Ukrainekrieg, der vom Westen mantraartig als „Angriffskrieg“ bezeichnet wird, muss auch bei diesem Angriffskrieg Israels beachtet werden, dass es eine Vorgeschichte gibt. Zur Vorgeschichte gehören neben der Gründungsgeschichte Israels und den Kriegen, die es zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten gab, auch die zerstörten Friedensbemühungen in der Zeit Rabins, die Geschichte der korrupten Strukturen in den palästinensischen Gebieten, schließlich die Terrororganisation Hamas und schließlich die völlig unverhältnismäßigen Tötungen der israelischen Armee im Gazastreifen (siehe Interview mit Ex-BGH-Richter Thomas Fischer). Zur Vorgeschichte gehört auch, dass Iran zwar eine feindselige Haltung an den Tag legte, aber dennoch keine unmittelbare Bedrohung Israels darstellte und es sich demnach bei dem Angriff auf den Iran nicht um einen Verteidigungskrieg handelt.

Angesichts der undifferenzierten Äußerungen von Bundeskanzler Merz über das – unbestrittene- Selbstverteidigungsrecht Israels spricht Harald Neuber auf Telepolis von „Annalena Merz“. Militärische Alleingänge wie die von Israel gegen den Iran seien der falsche Weg und setzten die Spirale der Gewalt weiter in Gang. Sie schwächten langfristig die Legitimität und Glaubwürdigkeit der völkerrechtlichen Ordnung, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert wurde.

Mit jedem Tag, an dem die Waffen sprächen, wachse die Gefahr eines regionalen Flächenbrandes. Die Bilder der zerstörten Wohnhäuser in Tel Aviv und der brennenden Ölanlagen im Iran seien eine eindringliche Mahnung. Die Weltgemeinschaft bewege sich auf einem schmalen Grat. Fehltritte und unbedachte Provokationen könnten weitaus fatalere Folgen haben, als wir sie derzeit beobachten müssten. [jdm]

SPD-Manifest könnte eine Chance sein, den Weg zum großen europäischen Krieg zu stoppen

In einem Manifest haben etwa 100 SPD-Mitglieder und SPD-nahe Politiker und Wissenschaftler gefordert, die Friedenssicherung durch Rüstungskontrolle und Verständigungspolitik zu erreichen. Zu den Initiatoren gehört Rolf Mützenich, der noch bis Februar dieses Jahres Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion war. Ein weiterer prominenter Name ist der von Ralf Stegner, der bis 2021 SPD-Fraktionsvorsitzender in Schleswig-holsteinischen Landtag war. Beide sind derzeit Bundestagsabgeordnete.

Das Manifest fordert die möglichst schnelle Beendigung des Tötens und Sterbens in der Ukraine durch eine Intensivierung der diplomatischen Anstrengungen aller europäischen Staaten. Die Unterstützung der Ukraine müsse mit den berechtigten Interessen aller in Europa an Sicherheit und Stabilität verknüpft werden. Auf dieser Grundlage müsse man ins Gespräch mit Russland zu kommen, auch über eine von allen getragene und von allen respektierte Friedens- und Sicherheitsordnung für Europa.

Das Manifest fordert einen Stopp des Rüstungswettlaufs. Europäische Sicherheitspolitik dürfe sich nicht am Prinzip der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung orientieren. Für eine auf Jahre festgelegte Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf 3,5 oder 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gebe es keine sicherheitspolitische Begründung.

Eine am BIP orientierte Prozentzahl der Ausgaben für militärische Zwecke festzulegen, sei irrational. Man brauche dringend mehr finanzielle Mittel für Investitionen in Armutsbekämpfung, für Klimaschutz und gegen die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, von denen in allen Ländern Menschen mit geringen Einkommen überdurchschnittlich betroffen seien.

Die Stationierung von weitreichenden, hyperschnellen US-Raketen-Systemen in Deutschland würde unser Land zum Angriffsziel der ersten Stunde machen.

Die Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung nach Art. 6 des Atomwaffensperrvertrags müsse erneuert werden. Gleichzeitig gelte es auf die Erneuerung des 2026 auslaufenden New Start-Vertrags zur Verringerung strategischer Waffen und auf neue Verhandlungen über Rüstungsbegrenzung, Rüstungskontrolle, vertrauensbildende Maßnahmen sowie Diplomatie und Abrüstung in Europa zu drängen.

Die Unterzeichner drängen auf die schrittweise Rückkehr zur Entspannung der Beziehungen und einer Zusammenarbeit mit Russland sowie die Berücksichtigung der Bedürfnisse des Globalen Südens insbesondere auch zur Bekämpfung der gemeinsamen Bedrohung durch die Klimaveränderungen. Deutschland und die EU dürften sich nicht an einer militärischen Eskalation in Süd-Ost-Asien beteiligen.

Es gab schon öfter Initiativen von SPD-Mitgliedern für Abrüstung, die versuchten, die Partei Willy Brandts an deren große Rolle in der Entspannungspolitik zu erinnern.

In den Jahren 2019 bis 2021 – also vor dem Ukrainekrieg - versuchten SPD-Mitglieder ihre Partei dazu zu bringen, sich gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen auszusprechen. Die USA hatten bis 2021 in Afghanistan unzählige Menschen mit Drohnen gezielt ermordet. Diese Initiative blieb erfolglos.

Einige der jetzigen Unterzeichner unterstützten auch schon die Initiativen von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht.

Welchem Konformitätsdruck die Abgeordneten in der SPD ausgesetzt sind, zeigt sich daran, dass Mützenich und Stegner erst jetzt, wo sie nicht mehr im Zentrum der entscheidenden Gremien der Partei stehen, für eine Friedenspolitik aussprechen. Vorher haben sie sich zwar auch für Diplomatie und gegen die Lieferung von schweren Angriffswaffen in die Ukraine ausgesprochen, aber wesentlich verhaltener.

Ein prominentes Opfer solchen Parteidrucks gab es schon 1914, als Karl Liebknecht sich bei der Abstimmung über die damaligen Kriegskredite der Fraktionsdisziplin beugte.

Der Druck auf die Unterzeichner des Manifestes ist heute auch wieder immens. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Sebastian Fiedler, zeigte sich "irritiert, verstört und verärgert", dass „sogar von Zusammenarbeit mit Russland die Rede, also mit einem Kriegsverbrecher“ sei. Der Chef-Pöbler der CDU, Roderich Kiesewetter, findet das Manifest "ungeheuerlich" und sagte, damit liefere man die Ukraine "der Vernichtungsabsicht Russlands" aus.

Matthias Miersch, der als so genannter Vertreter der SPD-Linken den Posten des Fraktionsvorsitzenden bekommen hat, kommentiert mit einer Lüge: Diplomatie bleibe zwar oberstes Gebot, "aber wir müssen auch ehrlich sagen: Viele Gesprächsangebote - auch von Bundeskanzler Olaf Scholz - sind ausgeschlagen worden. Wladimir Putin lässt bislang nicht mit sich reden."

Tatsächlich hat es von Deutschland und der EU keine Gesprächsangebote gegeben, sondern nur Maximalforderungen, die mit Sanktionen gekoppelt waren. Aber dass die Kriegsverlängerer mit redlichen Argumenten arbeiten, haben wir seit 2022 auch noch nicht erlebt.

Und genau das ist der eigentliche Inhalt des SPD-Manifestes: Die Kriegsgefahr ist real gestiegen und das Geld, das für die Rüstungssteigerung ausgegeben wird, fehlt an allen Enden. Beenden kann man diese Politik nur, indem man verhandelt und dabei die Interessen aller Seiten berücksichtigt werden.

Das SPD-Manifest braucht Unterstützung von den Bürgern, damit es nicht einfach eine weitere folgenlose Wortmeldung bleibt. Die Kriegspolitiker aller Parteien müssen mit den einfachen, logischen und verständlichen Forderungen des Manifestes konfrontiert werden. und Lügen á la Miersch und Kiesewetter und Konsorten darf man ihnen nicht weiter durchgehen lassen. [jdm]