Die von der Leyen-Show

Als Reaktion auf die Entwicklungen im Gazastreifen schlägt die Europäische Kommission den EU-Staaten vor, weitreichende Sanktionen gegen die Hamas und gegen Israel zu verhängen. Es sollten unter anderem eine teilweise Aussetzung des Assoziierungsabkommens in Handelsfragen und Strafmassnahmen gegen extremistische israelische Minister und Siedler veranlasst werden. «Die entsetzlichen Dinge, die sich täglich im Gazastreifen abspielen, müssen aufhören», sagte von der Leyen. Es brauche eine sofortige Waffenruhe, ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe und die Freilassung aller von der Hamas festgehaltenen Geiseln.

Damit gibt von der Leyen den Forderungen nach Konsequenzen aus dem brutalen Vorgehen Israels nach, aber gleichzeitig weiß von der Leyen, dass es im Ministerrat nicht die erforderliche einstimmige Unterstützung für eine Sanktionierung Israels geben wird. Von der Leyens Vorschlag ist somit vollständig eine Schaufensterveranstaltung.

Sollte es ihr tatsächlich um eine Beeinflussung der israelischen Haltung gehen, käme statt der wirtschaftlichen Sanktionen das Ende der Lieferung von Waffen in Frage. Denn an einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Israel dürfte niemand Interesse haben; es geht um eine Verbesserung der Situation der hungernden und flüchtenden Menschen in Gaza.

Spätestens jetzt wäre es auch Zeit für die Aufhebung der Sanktionen des EU-Ministerrates gegen den deutschen Journalisten Hüseyin Doğru, der wegen seiner pro-palästinensischen Berichterstattung von der EU seiner Rechte beraubt wurde. [jdm]

Kulturboykott: Dümmer geht immer

Im belgischen Gent wurden die Münchener Philharmoniker wegen ihres israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Festival ausgeladen. Der habe sich nicht von der israelischen Regierung distanziert, lautete die Begründung. So weit. So dumm. Shani ist Musiker und nicht Vertreter der israelischen Armee. Der Protest gegen diese Ausladung ist somit gerechtfertigt.

Nicht gerechtfertigt sind aber die Krokodilstränen, die die Presse (so die NOZ) und Regierungspolitiker vergießen. Denn die Forderung, sich von etwas zu distanzieren, hat sich schon längst eingebürgert, wenn es gegen die geht, die gegen das Verhungernlassen in Gaza protestieren. Auch zuvor wurden in Deutschland und der EU schon alle Register gezogen, um Protest gegen den israelischen Gaza-Feldzug zu ersticken.

Die Vereinigten Staaten von Amerika verhängten Sanktionen gegen Francesca Albanese, UN-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtssituation in den besetzten palästinensischen Gebieten. Für ihre öffentlichen Auftritte in Deutschland wurden den Veranstaltern Räumlichkeiten entzogen. Palästina-Solidaritätsgruppen in Großbritannien und Deutschland wurden verboten. Es gab Entlassungen, wenn jemand den Palästinenserschal trug. Der Slogan „From the River to the Sea“ führte zu Verhaftungen von Demonstranten, strafrechtlichen Verfolgungen und Durchsuchungen von Büros. Der deutsche Journalist Hüseyin Doğru wurde wegen seiner palästinasolidarischen Artikel sogar von der EU sanktioniert. Jede Kritik an der israelischen Politik wird pauschal als antisemitisch verurteilt ohne auf den Inhalt der Kritik einzugehen, sogar wenn sie von jüdischen Organisationen kommt.

Und zuvor nach Beginn des Ukraine-Kriegs 2022 wurde die russische Opernsängerin Anna Netrebko von vielen Opernhäusern ausgeladen, auch vom Münchener Opernhaus, weil sie sich nicht von der russischen Regierung distanzieren wollte.

Und davor während der Corona-Epidemie dasselbe: Alle Künstler, die sich nicht aktiv für Grundrechtseinschränkungen in Folge der Anti-Corona-Maßnahmen aussprachen, wurden von deutschen öffentlichen Einrichtungen, von der deutschen Presse und vom deutschen Fernsehen boykottiert.

Und jetzt ist es einmal (in Gent) umgekehrt und die, die oben beschriebene Boykotts und Repressionen ohne Bedenken unterstützten, heulen auf. Jetzt auf einmal verteidigen sie die Freiheit der Kunst, jetzt auf einmal gibt es keine einfachen Antworten auf die israelische Politik, jetzt wird das Erzwingen moralischer Eindeutigkeit beklagt und der Hass auf die Gegenseite (sprich Antisemitismus).

Und natürlich ist das alles richtig und doch so vollständig verlogen, weil umgekehrt genau dieselbe Praxis erfolgt, aber mit der Staatsmacht und der Medienmacht im Rücken.

Natürlich ist der Aufruf zum Israel-Boykott durch die BDS-Kampagne, die sich an den Boykottaktionen gegen die Apartheit in Südafrika orientiert, genauso falsch, wie die gesamte Sanktionspolitik, insbesondere der Nato und der EU, die derzeit das Verhältnis zwischen den Staaten der Welt vergiftet. Nur ist die BDS-Kampagne eine private Meinungsäußerung; die Sanktionen der EU und der Nato sind Realität. Jetzt hat der irische Rundfunk angekündigt, Irland werde nicht am Eurovision Song Contest in Wien teilnehmen, wenn Israel einen Vertreter sende. Die Idiotie geht also weiter.

Weder die Shani-Ausladung, noch die Ankündigung des irischen Senders, noch die BDS-Kampagne ändern irgendetwas an der Situation in Gaza. Aber sie sorgen dafür, die, die schon lange die öffentliche Diskussion durch Repressionen gegen Künstler einschränken, auch noch zu rechtfertigen. [jdm]

Warum Frieden im Ukrainekrieg so schwer ist

Ein Kompromiss ist zwei Niederlagen auf einmal… Elmar Kupke (1942 - 2018), deutscher Aphoristiker

Charles de Gaulle

Es wird nie mehr gelogen als vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd." – Dieser Ausspruch stammt nicht von Otto von Bismarck, wie öfter zu lesen ist, sondern von dem Wittener Abgeordneten Louis Berger, den er um 1879 im Parlament des Deutschen Kaiserreichs getan haben soll. Er hat bis heute Gültigkeit, wenn man die aktuelle Berichterstattung zum Ukrainekrieg verfolgt. Er gilt nicht nur für die russische Propaganda, sondern teilweise auch für die Darstellung der Geschehnisse vor und während des Krieges in unseren Medien. In Hinblick auf einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen bringt jedoch das Beharren auf die eigene Sichtweise nicht weiter, wie die bisher vergeblichen Versuche, zu Verhandlungen zu kommen, zeigen. Wie es nur gehen kann, zeigt der Algerienkrieg der Franzosen (1954-1962).

Der Krieg zwischen der französischen Armee und der algerischen Widerstandsbewegung F.L.N. war im 4. Jahr, als die kriegsmüden Franzosen ihren Kriegshelden von einst, Charles de Gaulle, zum Ministerpräsidenten wählten. In seiner berühmten Rede von Constantine stellte er seinen Plan zu mehr sozialer Gerechtigkeit in Algerien vor und rief den Menschen zu: Warum zerstören? Es ist unsere Pflicht aufzubauen. Warum hassen? Wir müssen zusammenarbeiten.

Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, amnestierte De Gaulle in den folgenden Wochen tausende von gefangenen F.L.N. Kämpfern. Todesurteile wurden aufgehoben. In einer Pressekonferenz am 23. Oktober machte er sein berühmtes Friedensangebot an die Kämpfer der F.L.N., den Frieden der Mutigen (paix des braves):

Ich sage hier unmissverständlich, dass die meisten Männer des Aufstandes mutig gekämpft haben. Lasst endlich den Frieden der Mutigen zu, und ich bin sicher, dass aller Hass weichen und verschwinden wird. Was bedeutet das konkret? Es ist ganz einfach: Wo immer sie in Kampfeinheiten organisiert stehen, sollen ihre Vorgesetzten mit dem französischen Militärkommandos Kontakt aufnehmen. Die alte Kriegers Tradition, die von je her galt, um die Waffen zum Schweigen zu bringen, war, die weiße Fahne des Waffenstillstands zu schwenken. Und ich antworte darauf, dass dann alle Kämpfer ehrenhaft empfangen und behandelt werden. (auszugsweise Übersetzung aus Allistair Hornes Buch "A savage War of Peace")

Paix des braves hatte De Gaulle sein Friedensangebot genannt. Es war nicht nur an die Rebellen gerichtet, sondern auch an seine eigenen Landsleute. Mut zum Frieden zu haben heißt nämlich zuallererst, altes Denken über Bord werfen. Während eines Krieges, in dem (von beiden Seiten!) gefoltert und Zivilbevölkerung mit Napalm bombardiert wurde, altes Denken aufzugeben, ist schier unmöglich, wie die folgenden Jahre bis zum Kriegsende 1962 zeigten. Die F.L.N. genauso wie die europäischen Bewohner Algeriens bekämpften seinen Plan mit noch mehr Terror. Es gab sogar einen Putschversuch französischer Generäle und einen Attentatsversuch durch einen französischen Offizier, der später vor Gericht gestellt und hingerichtet wurde. Am Ende erreichte de Gaulle, dass das französische Parlament der Unabhängigkeit Algeriens zustimmte, womit der Krieg endlich zu einem Ende kam. Er hatte ca. eine Millionen Menschen das Leben gekostet. Eine Strafverfolgung wegen Kriegsverbrechen gab es weder in Algerien noch in Frankreich. Im Abkommen von Evian 1962 zwischen der französischen Regierung und der provisorischen Regierung Algeriens einigte man sich u.a. auf Straffreiheit für alle Kombattanten. Was blieb, war die historische und gesellschaftliche Aufarbeitung in beiden Ländern, und die kann nur in der Selbstbetrachtung nachhaltig sein. – Wie die Zeiten sich geändert haben.

Im Ukrainekrieg (wie in allen Kriegen nach 1990, die von westlichen Nationen geführt wurden) gibt es den Bösen und die Guten. Unbenommen der geopolitischen Interessen der Amerikaner und der Bündnistreue der Europäer beteuert man immer wieder den Anspruch, Moral und Recht zu verteidigen. In diesem Sinne unterstützt man die Ukraine nicht nur, ihren Verteidigungskrieg zu führen, sondern besteht sogar auf die Fortführung des Krieges, sollten der eigenen Anspruch nicht erfüllt werden. Man verhindert damit eine Verhandlungslösung, die Tausenden von ukrainischen und russischen Soldaten den Opfertod ersparen könnte. Der Hass, der sich schon jetzt in beiden Völkern angestaut hat, wird weiter angefacht. Frieden und Versöhnung rücken noch weiter in die Ferne. Egal, wer diesen Waffengang „gewinnt“, der Grundstein für den nächsten Krieg wird damit gelegt.

Wenn der Westen es mit seinen Werten der Humanität ernst meint, muss er jetzt verhandeln, und zwar bedingungslos. Für solche Verhandlungen eine NATO-Streitmacht als Sicherheitsgarantie für die Ukraine im Land vorzusehen, ist absurd. Sie würde de facto einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine gleichkommen. Genau die wollte Herr Putin doch verhindern, als er seine Armee in die Ukraine einmarschieren ließ. Wenn Soldaten in die Ukraine geschickt werden sollen, um den Frieden zu sichern, dann können es nur Blauhelme der UNO sein. Sie sollten in festgelegten entmilitarisierten Regionen stationiert werden, um die Armeen der Kriegsparteien voneinander zu trennen. Die dürfen auf keinen Fall aus NATO-Staaten kommen. Um die Führungspersonen der Ukraine und Russland dafür zu gewinnen, gilt es vorher, bei ihnen die Einsicht zu wecken, dass nur ein Kompromiss ihren Interessen am ehesten dient. Dazu bräuchte man jetzt Mediatoren, die beide Seiten als vertrauenswürdig erachten. Sie könnten den Kontrahenten klar machen, dass ein Kompromiss keine Niederlage ist, wenn man die Zukunft ihrer Völker an die erste Stelle stellt, wie Charles de Gaulle es getan hat. Bleibt abzuwarten, ob die beteiligten Führungspersonen solch staatsmännische Qualitäten haben, wie der französische Ministerpräsident im Algerienkrieg. Für die Ukraine, Russland und Europa wäre es zu wünschen. [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Berlin und Stuttgart am 3. Oktober 2025 – Bundesweite Friedensdemonstrationen gegen Kriege und Hochrüstung

Der Vorbereitungskreis „Nie wieder kriegstüchtig! Stehen wir auf für Frieden!“ ruft zu Friedensdemonstrationen gegen Kriege und Hochrüstung am 3. Oktober 2025 in Berlin und Stuttgart auf. Das Bündnis ist entstanden aus der Initiative „Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder!“ und einem Aktionsbündnis innerhalb der Friedensbewegung, dem u.a. DFG-VK, IPPNW, Netzwerk Friedenskooperative, Ohne Rüstung Leben und pax christi beteiligt sind. Es wird eine bundesweite große Demonstration zeitgleich – um 13:00 Uhr – an zwei Orten in Berlin und Stuttgart durchführen, die die Friedensbewegung in ihrer Breite repräsentiert.

Die Liste der mehr als 100 Organisationen und Initiativen kann hier eingesehen werden: https://frieden-und-zukunft.de/erstunterstuetzer-fuer-die-bundesweite-demo-in-berlin-und-stuttgart-am-3-10-2025/

Bei den Kundgebungen kommen Rednerinnen und Redner zu Wort, die sich für den Stopp des Hochrüstungskurses und für Abrüstung einsetzen, sowie für den Erhalt des Sozialstaates, für, Klimaschutz und globale Gerechtigkeit.

Das Bündnis stellt folgende Forderungen auf, die bei den Kundgebungen thematisiert werden sollen:

  • Gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland. Entschlossenen Einsatz für ein Europa ohne Mittelstreckenwaffen.
  • Nein zur Wehrpflicht.
  • Stopp der Militarisierung der Gesellschaft. Keine Unterordnung von Gesundheitswesen, Bildung und Wissenschaft unter Kriegstüchtigkeit.
  • Asyl für Menschen, die sich dem Krieg verweigern und von Krieg bedroht sind.
  • Diplomatisches Engagement für ein schnelles Ende der Kriege in Europa und im Nahen und Mittleren Osten.
  • Die Bundesregierung darf sich nicht weiter mitschuldig machen an einer von immer mehr Staaten und Organisationen als Völkermord klassifizierten Kriegsführung im Gazastreifen. Sie muss alles tun, damit der Krieg, die Vertreibung der Palästinenserinnen und Palästinenser und der Einsatz von Hunger als Waffe umgehend beendet werden. [Pressenza]

China: Multilateral, statt westliche Dominanz

Ausländische Gäste bei 80 Jahr-Feier China 2025
Ausländische Gäste bei 80-Jahr-Feier ohne Nato-Vertreter

1937 begannen die Japaner den zweiten Krieg gegen China. Der Krieg endete am 2. September 1945 mit der Kapitulation Japans vor den Alliierten. Im Zweiten Weltkrieg hatte China nach der Sowjetunion die zweitgrößte Opferzahl von allen beteiligten Nationen. Mindestens zehn Millionen chinesische Zivilisten und dreieinhalb Millionen Soldaten verloren ihr Leben. Einschließlich des Kolonialkriegs Japans seit 1931 verloren rund 35 Millionen Menschen das Leben.

Der 2. September ist deshalb für China ein bedeutender Termin. Jetzt zum 80. Jahrestag des Sieges über das faschistische Japan wurde groß gefeiert. Für Chinesen ist dieser Tag der Tag, an dem China seine Würde zurückbekam. Und alle sind sich einig, das China eine solch gewaltsame Fremdbestimmung niemals wieder zulassen möchte.

Und peinlich: Europäer fanden sich nicht zu der Feier ein; nur der slowakische Ministerpräsident Robert Fico fand, dass der Sieg über die Faschisten ein Grund zum Feiern sei. Dass Europäer ein seltsames Verhältnis zum Sieg über den Faschismus haben, zeigte sich ja schon im letzten Jahr bei den Feiern in der Normandie zum 80. Jahrestag der Landung der alliierten Streitkräfte. Dort wurde Russland als der bedeutendste Widersacher gegen das faschistische Deutschland zu den Feiern nicht eingeladen.

In Europa und den USA handelt es sich bei der Politikerblase offensichtlich um eine große beleidigte Leberwurst. Die Welt tanzt nicht mehr nach ihrer Pfeife, deswegen möchte sie mit der Welt nichts mehr zu tun haben.

China hat zum Jubiläum mit zwei Ereignissen gezeigt, dass es entschlossen ist, seine Unabhängigkeit zu bewahren. Auf der Konferenz der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), an der 20 Staats- und Regierungschefs teilnahmen, erklärte Chinas Präsident Xi Jinping: "Wir müssen weiterhin eine klare Haltung gegen Hegemonismus und Machtpolitik einnehmen und echten Multilateralismus praktizieren". Auch im Rahmen der SOZ soll ein Zahlungssystem entwickelt werden, das den US-Dollar umgeht und die Macht amerikanischer Sanktionen beschränkt.

Der von DPA übernommene Bericht der NOZ über die Militärparade in Beijing war überschrieben mit „China protzt mit Waffenschau“. Ein Bericht über eine Parade in den USA hätte kaum diese Worte gewählt – beleidigte Leberwurst auch bei der DPA.  Abgesehen von der beeindruckenden Choreografie der Militärschau, war bedeutend, dass China damit deutlich gemacht hat, dass das Land über neue Interkontinentalraketen verfügt, mit denen es – mit Atomwaffen bestückt – die USA erreichen kann. Angesichts der ständigen Drohungen der USA gegen China, zeigt das Land damit, dass ein Angriff auf China für die USA nicht ohne Folgen bleiben würde.

Die Konfrontationspolitik der Nato hat die atomare Aufrüstung somit weiter vorangetrieben. Auch China ist jetzt eine der großen Atommächte. Mit demnächst etwa 1000 Sprengköpfen ist China noch entfernt von den Arsenalen der USA mit etwa 3.750 und Russlands über etwa 4.490 Nuklearsprengköpfen. Indien soll 172 Nuklearsprengköpfe haben. Diese atomare Rüstung macht die Welt nicht sicherer.

Auf der Parade sagte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping: „Heute steht die Menschheit erneut vor der Wahl zwischen Frieden und Krieg, Dialog und Konfrontation, Win-Win und Nullsummenspiel.“ China hat gezeigt, dass es  sich verteidigen kann, aber es möchte eher abrüsten. Sicher ist auch, dass die Millionen Menschen in China kein Interesse daran haben, ihr jeweils einziges Kind (Ein-Kind-Politik) in einem Krieg zu opfern. [jdm, Foto Kremlin news]

Flightradar24: GPS-Ausfall bei von der Leyens Bulgarien-Flug hat es nicht gegeben

Flightradar Screenshot von X vom 1.09.2025
Screenshot von Flightradar24-Post auf X

Nur eine kleine Notiz dazu, wie die Europäische Kommission die Wahrheit umgeht und stattdessen Fake-News zu Propagandazwecken verbreitet: Sie hat behauptet, dass Russland gezielt eine Störsender-Attacke auf ein Flugzeug mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ausführen ließ und beruft sich auf bulgarische Behörden. „Wir können bestätigen, dass es GPS-Jamming gab“, sagte eine Sprecherin der Europäischen Kommission in Brüssel über den Vorfall am Sonntag in Bulgarien.

Der schwedische Trackingdienst Flightradar24 widerspricht und erklärte auf X: "Das vom Flugzeug gesendete Transpondersignal enthält einen NIC-Wert. Der NIC-Wert codiert die Qualität und Konsistenz der vom Flugzeug empfangenen Navigationsdaten. Flightradar24 verwendet diese NIC-Werte, um die GPS-Störungskarte unter https://flightradar24.com/data/gps-jamming zu erstellen. Der Flug mit Ursula von der Leyen an Bord übertrug vom Start bis zur Landung einen guten NIC-Wert. In den Medien wird über GPS-Störungen berichtet, die das Flugzeug mit Ursula von der Leyen an Bord auf dem Weg nach Plovdiv in Bulgarien beeinträchtigt haben sollen. Einige Berichte behaupten, dass das Flugzeug eine Stunde lang in einer Warteschleife war. Das können wir aus unseren Daten ableiten.
- Der Flug sollte 1 Stunde und 48 Minuten dauern. Er dauerte 1 Stunde und 57 Minuten.
- Der Transponder des Flugzeugs meldete vom Start bis zur Landung eine gute GPS-Signalqualität." [jdm]

Wehrpflichtige und Munition für die Kriegsverlängerung und neue Kriege

Heute in der Tagesschau gab es acht Minuten Kriegspropaganda, denn vom Berichten kann man angesichts der völlig einseitigen Darstellung nicht sprechen.

Zur Wehrpflicht wurden nur zwei Alternativen dargestellt. Breit wurde mit Soldatenstatements für die Wehrpflicht geworben, für die Variante freiwilliger Wehrdienst wurde nur ein Kurzstatement eines Schülersprechers eingeblendet. Die echte Alternative, dass wir keine Aufrüstung der Bundeswehr brauchen, wurde nicht erwähnt.

Dann kam eine Rührstory über den Bundeswehrausbilder, der vor dem Einsatz in Litauen eine Rede an seine Soldaten hält, der von seiner Berufung zum Soldaten spricht und dessen Frau dann erzählen darf, wie schwer das Soldatenleben und das Soldatenfrauenleben ist. Dass deutsche Soldaten in Litauen an der Grenze zu Russland nichts verloren haben, stand gar nicht zur Debatte. Vergessen ist, was der ehemalige Nato-Chef Wörner am 17. Mai 1990 in Brüssel sagte: „Schon der Fakt, dass wir bereit sind, die NATO-Streitkräfte nicht hinter den Grenzen der BRD zu stationieren, gibt der Sowjetunion feste Sicherheitsgarantien.“ Heute wird dies von der Nato einfach so interpretiert, damit habe man nur gemeint, dass im Osten Deutschlands, der ehemaligen DDR, keine Nato-Truppen stationiert werden. Für Russland ist die Stationierung von Nato-Truppen direkt an seinen Grenzen dagegen eine Bedrohung, auf die das Land schon zwei Jahrzehnte hingewiesen hat.

Und für diese Bedrohung Russlands sollen junge Deutsche, wenn sich nicht genug Freiwillige finden - was bereits absehbar ist - zwangsweise rekrutiert werden.

Für all diese Kriegsplanungen dreht die Nato den Spieß um und behauptet eine Bedrohung durch Russland. Und das trotz einer zehnfachen Überlegenheit der Nato in allen Waffengattungen außer bei den Atomwaffen, wo bisher Parität besteht. Der Nato-Chef Rutte begründete heute die Aufrüstung auch damit, dass er sich von China bedroht fühle. Dabei schwimmen nicht chinesische Kriegsschiffe in der Nord- und Ostsee, sondern deutsche und andere Nato-Kriegsschiffe vor China.

Wem das Ganze dient, konnte man heute bei der Eröffnung einer Munitionsfabrik von Rheinmetall in Unterlüß sehen, wo der Kriegsminister von dem großen „Bedarf“ an Artilleriemunition sprach. Die ganze Wirtschaft Deutschlands geht durch die Kriegs- und Konfrontationspolitik zu Grunde, aber der Kriegsminister sieht keinen Bedarf für neue Wohnungen, Erhalt von Arbeitsplätzen, eine vernünftige Infrastruktur und bessere Schulen, sondern einen „Bedarf“ an Tötungsmitteln. Neue Arbeitsplätze werden mit dem Geld der Steuerzahler und den Schulden, die die jungen Menschen abzahlen werden, nur in der Kriegsindustrie geschaffen. Zehntausende Arbeitsplätze gehen in der Autoindustrie verloren, aber 500 Arbeitplätze werden für Artilleriemunition geschaffen.

Mit guten Verdienstmöglichkeiten sollen die jungen Menschen dazu gebracht werden, zu lernen, wie man andere tötet und sich selbst töten zu lassen. Aber Merz will „umfangreiche Reformen des Sozialstaats“, also Abbau von sozialer Sicherheit in allen Bereichen. Soldaten sollen schöne Wohnungen bekommen, aber einen sozialen Wohnungsbau für alle wird es nicht geben.

Die, die vom Rüstungs- und Kriegskurs profitieren, konnte man in der Tagesschau sehen: die Maßanzugträger, wie sie sich beim Rundgang durch das neue Werk in Unterlüß filmen lassen, wie sie sich wichtig geben und sich ob ihrer Coups, mit denen sie die Menschen betrügen, gegenseitig ins Gesicht grinsen. Sollten diese Kriegspolitiker, Soldaten und Rüstungsindustriellen es nicht vorher schaffen, Europa im Atomkrieg von der Landkarte zu tilgen, werden sie für ihre Skrupellosigkeit, mit der sie Europa in das Elend führen, von zukünftigen Generationen verflucht werden. [jdm]

Die NATO – Störer eines europäischen Friedens

Alternative Geschichte, oder was hätte sein können

Wolkenwirbel über Europa

Militärs gehen rückwärts in die Zukunft

Ulrich Scholz

NATO Hauptquartier NORTH in Stavanger 1995. Eine Gruppe russischer Journalisten war zu einem Informationsbesuch gekommen. Nachdem man ihnen das Standard-Briefing des Hauptquartiers präsentiert hatte, durften Fragen gestellt werden. Eine Information hatte die Besucher irritiert. Der Vortragende, ein norwegischer Offizier, hatte den Besuchern die norwegische Verteidigungsorganisation als Bestandteil der NATO erklärt. Dazu gehörte, dass neben dem NATO-Hauptquartier in Stavanger noch ein zweites Hauptquartier in Nordnorwegen etabliert ist. Es diene besonders dazu, die „Nordflanke“ des Bündnisses zu schützen. Ein Journalist legte den Finger auf die Wunde. Er fragte: Wer ist denn der Feind, gegen den sie die Nordflanke der NATO schützen wollen? – Jedem der Anwesenden war die Peinlichkeit der Frage sofort bewusst. Der NATO-Commander, ein norwegischer Admiral, rettete die Situation, indem er das Wort nahm. Er sagte: Sie sehen, wie verhaftet wir Militärs im Denken von gestern sind. Bis vor Kurzem galt Russland als Bedrohung für NATO-Europa. Die hehren Ziele von Herrn Gorbatschow, Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung), gelten eben nicht nur für Russland, sondern genauso für uns. - Seine Worte bekamen spontan Beifall, nicht nur von den Besuchern, sondern auch von den anwesenden NATO-Offizieren. Um die Brisanz dieses kleinen Intermezzos zu verstehen, ist es wichtig, die vorangegangenen politischen Ereignisse zu kennen. Hier ist eine verkürzte Zusammenfassung. (Wikipedia)

Die Wende des ehemaligen Feindes

Durch die Weitsicht des damaligen Parteisekretärs der Sowjet Union, Michael Gorbatschow, kam es zu einem Umdenken in der russischen Führung. Er war Wegbereiter für ein neues europäisches Russland und beendete den Anspruch Russlands als Führer eines kommunistischen Weltreichs. Am 31. März 1991 erklärten die Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrages, des kommunistische Militärbündnis unter der Führung der Sowjet Union, für aufgelöst. Vorausgegangen waren die sogenannten 2 plus 4 Gespräche zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD), der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und den 4 Siegermächten des 2. Weltkriegs, USA, Sowjet Union, Großbritannien und Frankreich. Das Ergebnis war ein Vertrag, der am 12. September 1991 in Moskau unterzeichnet wurde. Er beinhaltete u.a. die Wiedervereinigung Deutschlands, der Abzug der sowjetischen Truppen aus Deutschland und die Obergrenze der Truppenstärke eines vereinten Deutschland als Mitglied der NATO. Letzteres Zugeständnis hatte bei Beratern des damaligen russischen Außenministers Schewardnadse Unverständnis ausgelöst. Der argumentierte die sowjetische Konzilianz mit folgenden Worten.

„Wir sind außerstande, Deutschlands Vereinigung zu stoppen, es sei denn mit Gewalt. Doch das käme einer Katastrophe gleich. Wenn wir uns einer Beteiligung an diesem Prozess entziehen würden, so würden wir vieles einbüßen. Wir würden keine Grundlagen für das neue Verhältnis zu Deutschland schaffen und die gesamteuropäische Situation beeinträchtigen.“

Auf der Suche nach einem neuen Feind

Die Entwicklung der gesamteuropäischen Situation hat, wie wir heute wissen, einen tragischen Verlauf genommen. Eine Ursache ist die Beibehaltung der NATO als ein Militärbündnis, das eben nicht europäischen, sondern vornehmlichen amerikanischen Interessen diente. Die Einführung des „Out of Area“ Konzepts der USA in die NATO 1993 ist schlagender Beweis dafür. Das militärische Engagement von NATO-Ländern außerhalb der Landesverteidigung - auf dem Balkan, in Afghanistan, im Irak, in Libyen, in Syrien und in Afrika – diente vornehmlich geostrategischen Interessen der USA. Ob sie europäischen Interessen gedient haben, muss man bezweifeln. Das Echo war und sind Flüchtlingswellen nach Europa und Terroranschläge. Die lassen sich nicht durch militärische Stärke verhindern, sondern nur durch eine weise Außenpolitik. An der hat es bei der großen Wende in Europa nach 1991 gefehlt. Die Beibehaltung der NATO nach der großen Veränderung in Russland, insbesondere nach der Auflösung des Warschauer Paktes, war in diesem Sinne nicht im Interesse Europas. Wie wäre die Entwicklung gelaufen, wenn die NATO sich als militärisches Verteidigungsbündnis gegen Russland aufgelöst hätte?

Was hätte sein können

Man hätte sich unter den europäischen Staaten (einschließlich Russland) auf eine nationale Militärstruktur einigen können, die Angriffswaffen wie Panzer, Bomber und Raketen ausschließt. Man hätte supra-nationale europäische Verbände (einschließlich Russland) aufstellen können, die regelmäßig gemeinsam üben, um im Auftrag der UN zu Friedensmissionen eingesetzt werden. Man hätte den Europäischen Rat um Russland erweitern können und diesem die Autorität übertragen, über militärische Einsätze europäischer Truppen zu entscheiden. Die USA hätten in diesem Rat Beobachter, Ratgeber und Unterstützer sein können, wenn es um Fähigkeiten geht, die die Europäer nicht haben. Europa muss nicht das Rad neu erfinden, wenn ein guter Freund mit seinen Möglichkeiten helfen kann. Die viel beschworene Atlantische Gemeinschaft hätte sich nicht mehr geopolitisch verstanden, sondern als Kulturgemeinschaft, in der Geschichte, Identität und Werte die Klammer ist und nicht irgendwelche nationale „vitale“ Interessen. Ein solches Europa hätte als Blaupause für die Charta der Vereinten Nationen dienen können, so wie sie 1945 unter der Ägide der USA aufgeschrieben wurde.

Frieden durch Umarmung

Das Argument „Werte“ wird heute gerade gegenüber Russland benutzt, um wieder das „Trennende“ in den Vordergrund zu schieben. Dabei wird die Geschichte dieses Landes unterschlagen, die maßgeblich das Denken und Handeln seiner Führung bis heute bestimmt. Wenn wir Europäer Veränderung in dieser Richtung wünschen, dann geht das nicht über den Blick in die Mündung eines Gewehres, sondern nur durch Umarmung. Die europäische Familiengründung hat so funktioniert. Man hätte auf diese Weise Russland in die Familie holen können. Die NATO hat dies durch die Fortschreibung ihrer Existenz verhindert. Ein militärisches Bündnis braucht einen Feind, um seine Existenz zu begründen. - Wer weiß? – Hätte man damals mit der Auflösung des Warschauer Pakts die NATO ebenfalls abgeschafft und eine europäische Lösung, wie skizziert, für die militärische Sicherheit Europas angestrebt, Angst voreinander wäre heute Geschichte. Eine nachhaltige kulturelle und wirtschaftliche Annährung wäre möglich gewesen. Der Krieg in der Ukraine wäre nie passiert. [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Europa, eine Weltmacht

Über das unsägliche Krämertum europäischer Politik im Ukrainekonflikt

Goethe und Schiller-Denkmal

Mit den USA zusammen kann man in der Welt einiges erreichen. Gegen die USA, nicht viel. “Die USA”, das ist außenpolitisch ihr Präsident. Setzen Sie anstatt “die USA” den Namen ihres Präsidenten. Trump.

Der Ukraine-Krieg ist nicht im Interesse der USA, genauso wenig wie eine internationale Isolierung Putins. Sie brauchen ihn, um den ausgemachten globalen Konkurrenten China zu isolieren.

Die Simpel in Europa tun sich schwer, solche Realitäten zu begreifen. Der Groschen scheint nun endlich gefallen zu sein. Nach Alaska sind sie nach Washington geeilt, um dem Präsidenten zu huldigen und sich selbst auf die Schulter zu klopfen. Und den “Gutmenschen” in deutschen Redaktionen fehlen die Worte. Und den Hunderttausenden von toten Ukrainern und Russen auch.

Wenn Europas Frontleute begreifen würden, dass ihre Macht nicht darin besteht, Kriege zu führen, sondern darin, Moral und Ethik vorzuleben, dann würden sie bedingungslos diesen Krieg und damit das Leiden von Menschen beenden. Verhandlungen in diesem Geist führen keine Krämerseelen.

Einem politischen Europa, das so tickt, könnten sich Streithähne wie die Ukraine und Russland auf Dauer nicht entziehen. Sie beide brauchen Europa. Das gilt um so mehr für den Einfluss Europas auf die Weltpolitik. Die USA brauchen Europa, nicht als Vasallen, sondern als wichtiges Regulativ für ihre globale Interessenpolitik.

Es könnte zu einem Paradigmenwechsel in der Weltpolitik Kommen. Macht definiert sich nicht mehr über militärische Fähigkeiten, sondern über gelebte moralische Stärke. Europa hätte die Chance, zu einer Weltmacht aufzusteigen, die niemanden bedroht und Beispiel ist, zum Vorteil für alle. [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Wie Merz und die anderen Kriegswilligen den Krieg in der Ukraine verlängern wollen

Auf drei Forderungen haben sich Merz und die anderen Kriegswilligen geeinigt, um den Krieg in der Ukraine verlängern zu können: 1. Waffenstillstand vor Verhandlungen, 2. keine Verluste von Territorien der Ukraine, 3. Stationierung von Truppen von Nato-Staaten in der Ukraine.

Als Putin in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag am 25.09.2001 sich für eine freundschaftliche Zusammenarbeit von Wladiwostok bis Lissabon aussprach, wurde zwar ausgiebig applaudiert, aber inhaltlich wurde diese Rede ignoriert. Stattdessen wurde die Nato 2004 um die Staaten Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien erweitert. In Rumänien und Bulgarien entstanden Militärbasen der USA.

Als Putin in seiner Rede auf der Sicherheitskonferenz in München 2007 dies beklagte und davon sprach, dass „die Nato ihre Stoßkräfte immer dichter an unsere Staatsgrenzen heranbringt“ und er fragte „“Nun haben wir das Recht zu fragen: Gegen wen richtet sich diese Erweiterung?“, wurde das mit der weiteren Nato-Erweiterung durch Albanien und Kroatien beantwortet.

Putin sagte weiter: „Die potenzielle Gefahr einer Destabilisierung der internationalen Beziehungen ist auch mit einem Abrüstungs-Stau verbunden. Russland tritt für die Wiederaufnahme des Dialogs zu dieser wichtigen Frage ein. Es ist wichtig, die Beständigkeit der völkerrechtlichen Basis für die Abrüstung zu sichern, gleichzeitig auch die Fortführung des Prozesses der Reduzierung der Kernwaffen zu gewährleisten.“

Die Worte wurden vom Westen ignoriert und stattdessen wurde der 2010 gewählte ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch durch eine von den USA finanzierte Kampagne unter Druck gesetzt und schließlich im Maidan-Putsch 2013/2014 gewaltsam verjagt. Der Westen nennt diesen Putsch eine „Revolution“. Danach wurde die Ukraine von der Nato aufgerüstet und faktisch in ihre militärischen Strukturen integriert. Die zwei Minsker Verträge wurden von der Ukraine und Deutschland/Frankreich gebrochen, wobei Ex-Bundeskanzlerin Merkel schon öffentlich bekundet hat, die Verträge seien nur dazu gedacht gewesen, Zeit für die Aufrüstung der Ukraine zu gewinnen.

Das ist der Hintergrund, der zum Krieg Russlands gegen die Ukraine geführt hat.

Für US-Präsident Trump ist der Versuch, Russland über den Stellvertreter Ukraine in die Knie zu zwingen, gescheitert. Deshalb möchte er den Versuch zur Destabilisierung Russlands abbrechen und sich auf die Eskalierung des Konflikts mit China konzentrieren. Ein schnelles Ende des Krieges in der Ukraine ist jetzt sein Ziel.

Die EU-Staaten, die sich besoffen geredet haben, dass sie die guten Retter des Westens sind, dass sie Russland „ruinieren“ (Annelena Baerbocks Spechweise) können und dass sie Russland in viele Einzelstaaten atomisieren können (EU-Außenkommissarin Kaja Kallas), sehen jetzt, dass sie verloren haben und ihre Staaten durch die Sanktionspolitik völlig sinnlos wirtschaftlich geschädigt haben. Zudem haben sie sich weltweit blamiert und ihre zunehmende Bedeutungslosigkeit demonstriert. Wenn sie die wahnsinnige Aufrüstung im Interesse des militärisch-industriellen Komplexes und den damit verbundenen Verfall des Sozialstaates weiter rechtfertigen wollen, brauchen sie den Krieg.

Die Koalition der Willigen, wie sich die kriegswilligen EU-Staaten neuerdings nennen, torpediert deshalb jede Forderung, die einen Frieden bringen könnte. Vor allem sprechen die Kriegswilligen nicht darüber, dass Russland Sicherheitsgarantien haben will, dass die Nato ihr nicht weiter auf die Pelle rückt. Trump hat das verstanden und lehnt eine Aufnahme der Ukraine in die Nato ab. Auch ein vorheriger Waffenstillstand gehört nicht zu Trumps Forderungen, weil er weiß, dass der letzte Waffenstillstand – die beiden Minsker Verträge – vom Westen zur Aufrüstung der Ukraine genutzt wurde und deshalb ein erneuter Waffenstillstand für Russland nicht so einfach akzeptabel ist.

Genau deshalb beharren Merz und die anderen Kriegswilligen auf dem Waffenstillstand. Und sie bieten ständig die Stationierung von Nato-Truppen in der Ukraine als Schutzgarantie an: ein vollkommen blödsinniges Angebot, das niemanden außer der EU-Öffentlichkeit und der EU-Staatsmedien täuschen kann.

Die Kriegwilligen sprechen auch gern über die Gebietsverluste für die Ukraine. Dass die Kiewer Regierung den Krieg 2014 mit der Bombardierung ihrer eigenen russischsprachigen Provinzen begann, wird dabei ignoriert. Diese Menschen wollen gar nicht zurück in den ukrainischen Staat. Die EU-Kriegswilligen sprechen deshalb nicht konkret über die Menschen, sondern über das Völkerrecht, das eine Grenzverschiebung durch Krieg nicht erlaubt. Das ist zwar richtig, nur hat die Nato solche Kriege selbst zur Genüge geführt, so dass sie auch damit niemanden auf der Welt – außer der eigenen kriegswilligen Öffentlichkeit – überzeugen können. [jdm]

Emotionale und künstliche Intelligenz – Zwei Seiten derselben Medaille

Trauriges blutbeschmiertes Mädchen mit Waffe, im Hintergrund Soldaten

Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten. - Rita Mae Brown, US-amerikanische Schriftstellerin

Ulrich Scholz

Am 18. Februar 2022, sechs Tage vor dem Einmarsch der Russen in die Ukraine, hatte ich in einer Präsentation an einem Gymnasium vor Abiturienten, Lehrern und Pressevertretern das Wesen des Krieges als Mittel der Politik erklärt. Mein Thema lautete: Krieg - eine Beleidigung der menschlichen Intelligenz. An Beispielen - u.a. der Verhandlungen vor Ausbruch des Ukraine-Krieges - hatte ich deutlich gemacht, dass mangelnde Empathie die Hauptursache für Kriege sei.

Der Westen hatte damals die Wahl. Entweder man berücksichtigt russische Sicherheitsinteressen und bemüht sich in den Verhandlungen um Kompromisse, oder man ignoriert sie und riskiert den Krieg. Wie die Geschichte gezeigt hat, ist man wieder auf den Krieg eingeschwenkt. Er soll nun doch, wie eh und je, nachdem genug gestorben und geblutet wurde, durch Verhandlungen und Kompromisse beendet werden. Sie wären schon vor Ausbruch des Krieges möglich gewesen und ziemlich sicher für die Ukraine günstiger ausgefallen als die zu erwartenden. Vor Allem hätte man das menschliche Leid verhindern können, das der Krieg Hunderttausenden von Ukrainern und Russen zugefügt hat.

US Präsident Trump hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass es einen Frieden ohne ukrainische Gebietsabtretungen nicht geben werde. Kurz vor seinem bevorstehenden Treffen mit Putin in Alaska ist der Generalsekretär der NATO, Mark Rutte - entgegen der europäischen Position - auf diese Haltung eingeschwenkt. Er erklärte, dass Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland wohl unvermeidbar seien. Da muss doch jeder halbwegs intelligente Mensch sich fragen, warum dieser Krieg überhaupt geführt wurde. Sie werden keine plausible Antwort finden, was eigentlich Entsetzen auslösen müsste.

Wenn Krieg eine Beleidigung der menschlichen Intelligenz ist und er trotzdem geführt wird und Zuspruch findet, bedeutet das doch, dass in den Köpfen von Politikern, Redakteuren und auch Bürgern nichts drin ist, was die Bezeichnung „Intelligenz“ verdient. Da bleibt nur noch, auf künstliche Intelligenz zu hoffen. Vielleicht kann sie uns von der Geißel „Krieg“ befreien. Ihn zu verhindern oder zur beenden, ist nämlich nicht nur eine ethische Pflicht, sondern gebietet die Vernunft. [Ulrich Scholz/erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

BSW erinnert an den Genozid an den Eziden

Der Landesverband Niedersachsen des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erinnert in einer Pressemitteilung an den Morgen des 3. Augusts 2014, als Kämpfer der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) die Sindschar-Region überfielen. In den folgenden Tagen führten die IS-Terroristen einen systematischen Vernichtungsfeldzug gegen die jesidische Bevölkerung durch.

Ziel war nicht weniger als die vollständige Auslöschung einer religiösen Minderheit. Über 5.000 Menschen wurden brutal ermordet, unzählige Frauen und Mädchen wurden Opfer grausamer sexualisierter Gewalt. Tausende Ezidinnen und Eziden gelten bis heute als vermisst, vor allem Frauen und Kinder, die verschleppt, versklavt oder ermordet wurden. Mehr als 7.000 Frauen und Mädchen wurden entführt, als Sexsklavinnen verkauft und systematisch missbraucht. Jungen unter zwölf Jahren wurden als Kindersoldaten rekrutiert. Von über 400 bekannten Massengräbern konnten bisher nur wenige vollständig exhumiert werden.

Elf Jahre nach dem Genozid sind die Wunden noch immer tief und unheilbar. Mehr als 200.000 Überlebende leben unter prekären Bedingungen in Lagern, ohne Aussicht auf Rückkehr, Sicherheit oder ein würdevolles Leben. „Die Welt schaute zu, als wir sterben mussten. Jetzt schaut sie weg, während unsere Kinder in Trümmern leben und unsere Peiniger noch immer frei sind “, sagt eine Überlebende aus Shingal.

Im Jahr 2016 stufte die UNO die Verbrechen an den Eziden als Völkermord ein. Auch der Deutsche Bundestag erkannte diesen 2023 offiziell an. Doch diese Verantwortung wird zunehmend verdrängt. Jüngst wurde eine ezidische Familie mit mehreren Kindern aus Deutschland in den Irak abgeschoben, obwohl ein Gericht zuvor gegen die Abschiebung entschieden hatte.

Solche Vorgänge zeigen nach Ansicht des BSW, wie leicht grundlegende Rechte unter Druck geraten können, wenn politische Stimmungslagen über rechtsstaatliche Prinzipien gestellt werden. Die betroffenen Menschen landeten in überfüllten Lagern, ohne Schutz, ohne Perspektive und oft ohne medizinische oder psychologische Versorgung.

Gedenken dürfe nicht nur Erinnerung sein. Es müsse Verantwortung für Gerechtigkeit, für Menschlichkeit, für Schutz und Perspektive bedeuten. Gerechtigkeit entstehe nicht durch Worte, sondern durch konsequentes Handeln. Die Verbrechen von 2014 dürften nicht in Vergessenheit geraten und die Überlebenden dürften nicht erneut zu Opfern gemacht werden. [jdm]

Bundestagspräsidentin verweigert die Arbeit

In Genf findet aktuell die Weltkonferenz der Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten statt. Während der Rede der Präsidentin des russischen Föderationsrats in der Generaldebatte hat Bundestagspräsidentin Julia Klöckner gemeinsam mit weiteren Amtskolleginnen und -kollegen aus EU-Staaten demonstrativ den Saal verlassen. Dies ist laut Bundestagspräsidentin Julia Klöckner als Protest gegen den "barbarischen Angriffskrieg gegen die Ukraine" zu verstehen. "Den zynischen Versuchen der russischen Delegation Geschichtsklitterung und eine Täter-Opfer-Umkehr zu betreiben, schenken wir keine Aufmerksamkeit."

EU-ParlamentspräsidentInnen reisen alle für teures Geld an, um den ParlamentspräsidentInnen, deren Reden ihnen nicht gefallen, nicht zuzuhören. Da fragt man sich doch, wozu die ganze Veranstaltung dienen soll.

Der Veranstalter der Versammlung, die Interparlamentarische Union (IPU) wurde 1889 gegründet als internationale Vereinigung von Parlamenten, mit dem Ziel der Sicherung des Friedens, der Förderung des Demokratieverständnisses in allen Teilen der Welt und der Wahrung der Menschenrechte. 2023 hatte die IPU 180 Mitgliedsstaaten. Sie hat Beobachterstatus bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen.

Wie die UN wurde mit der IPU ein Gremium geschaffen, auf dem sich alle Staaten weltweit treffen, um Wege zur Friedensschaffung und Friedenserhalt zu finden. Wenn man aber zu einer Versammlung geht, um anderen nicht zuzuhören, ist der Sinn verfehlt.

Die markigen Worte von Klöckner zeigen, wie pervers die politische Denkweise der EU-Staaten bzw. des politischen Westens geworden ist. Es gibt die offizielle Weigerung, nach Wegen zum Frieden zu suchen. Stattdessen rüstet der politische Westen weiter auf, obwohl er jetzt schon über die weltweit größten Waffenarsenale verfügt. Statt nach Wegen zum Frieden zu suchen, werden Kriege in allen Teilen der Welt mit Waffenlieferungen angeheizt.

Wenn Klöckner ihre Weigerung zuzuhören, damit begründet, "Das Recht des Stärkeren darf sich nicht durchsetzen. Wir stehen weiterhin klar an der Seite der Ukraine.“ ist das schlichtweg gelogen. Es geht ihr darum, dass der Westen sich als stärker erweisen soll und sich mit militärischen Mitteln durchsetzen soll. Der Bundestag sollte Klöckner wegen ihrer Arbeitsverweigerung die weitere Teilnahme an Weltkonferenzen der Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten verbieten. Dafür, dass sie einen lauen Tag in Genf verbringt, ist das Reisegeld, das wir BürgerInnen zahlen müssen, zu schlecht angelegt. [jdm]

Kritik an H&K für mangelnde Maßnahmen gegen Waffenschmuggel

Die Maschinenpistole MP5. Ein Exportschlager von Heckler & Koch
Quelle: Samuli Silvennoinen
Lizenz: CC BY-SA 3.0

Das zivilgesellschaftliche Bündnis der Kritischen Aktionär:innen von Heckler & Koch (H&K) kritisiert die Geschäftspraktiken des Unternehmens. Das Bündnis sprach sich auf einer virtuellen Aktionärsversammlung am Mittwoch gegen das Vorgehen von H&K in „lax regulierten Märkten“ aus. H&K ist der größte Hersteller von Handfeuerwaffen in Deutschland und ein international bedeutendes Rüstungsunternehmen.

Zentraler Markt für H&K sind die USA. Das Unternehmen erwirtschaftete dort 2023 rund 37 Prozent seines Umsatzes und plant, das Geschäft weiter auszubauen. Die Kritischen Aktionär:innen wenden sich sowohl gegen fragwürdige Marketingstrategien in den USA als auch gegen die Möglichkeit, dass Waffen von H&K von dort illegal nach Mexiko gelangen können.

Laut der mexikanischen Regierung werden pro Jahr 200.000 Schusswaffen aus den USA ins Land geschmuggelt. Sergio Aguayo Quezada, wissenschaftliches Personal am Colegio de México, geht von insgesamt knapp vier Millionen Schusswaffen für den Zeitraum von 2005 bis 2024 aus. Nur etwa 8,6 Prozent davon konnten laut ihm von den Behörden konfisziert werden.

In Mexiko ist die Anzahl der registrierten Morde in den letzten Jahren etwas gesunken, von 17.123 (Januar bis Juni 2020) auf 15.243 (selber Zeitraum 2024). Trotzdem werden dort aktuell immer noch 70 Menschen pro Tag ermordet. Von 2001 bis 2024 stieg außerdem der Anteil der Morde, bei denen Schusswaffen eingesetzt wurden, von 51,7 auf 72,9 Prozent.

H&K betont, grundsätzlich nur in Länder zu exportieren, die der Europäischen Union und/oder der NATO angehören oder diesen gleichgestellt sind. Das Unternehmen sieht die Verantwortung für den Waffenschmuggel nicht bei sich, sondern bei den lokalen Waffenhändler:innen in den USA. [Von David Keck/america21]

Warum provozieren?

Deutschland wirft China vor, mit einem Laser gezielt ein Aufklärungsflugzeug über dem Roten Meer geblendet zu haben. China widerspricht dieser Darstellung. Es habe sich um ein Missverständnis gehandelt. Die deutsche Darstellung stimme "überhaupt nicht mit den Fakten überein", erklärte eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums. Beide Seiten sollten eine pragmatische Haltung einnehmen, die Kommunikation rechtzeitig verstärken und Missverständnisse und Fehleinschätzungen vermeiden.

Theoretisch können Laser als Entfernungsmesser für Zielverfolgungssysteme oder auch als Blendwaffen genutzt werden. Das Anstrahlen mit einem Laser ist im Militär mindestens eine Drohgebärde.

Ein Telepolis-Artikel weist darauf hin, dass die an Bord von chinesischen Schiffen befindlichen Laser eine Reichweite von etwa einem Kilometer haben. Wenn chinesische Laser also ein deutsches Aufklärungsflugzeug (Spionageflugzeug) treffen konnten, stellt sich die Frage, warum das Flugzeug sich dem chinesischen Schiff so stark genähert hat.

Nach internationalen Standards für Überwachungsflüge bewege sich eine solche Annäherung an der Schwelle zur Provokation. Während Distanzen von drei bis fünf Kilometern als sicher gelten würden, würden ein bis zwei Kilometer bereits als "nah dran" eingestuft – noch akzeptabel, aber grenzwertig.

Hinzu käme, dass dieses Schiff schon länger im Roten Meer im Einsatz war, um chinesische Frachtschiffe zum Schutz vor Piraten zu begleiten. Es war den Deutschen also bekannt, dass es sich nicht um ein Piratenschiff handeln konnte.

Chinas Lasereinsatz wäre demnach zwar eine Warnung, Chinas Schiffen mit Spionageflugzeugen nicht zu nahe zu kommen. Aber China möchte keine weitere Eskalation und spricht deshalb von Missverständnissen.

Die Frage ist also: Warum provozierte das deutsche Flugzeug diesen Vorfall? [jdm]

Mission Creep – Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt

„Nur die Toten haben das Ende des Krieges gesehen.“ (Platon, griechischer Philosoph, 427 v. Chr. – 348/347 v. Chr.)

Ulrich Scholz

Was die Ursachen des Ukrainekrieges sind, darüber könnte man trefflich diskutieren. Sicher ist, dass die Ukraine angegriffen wurde und das Recht hat, sich zu verteidigen. Sie verteidigt sich jetzt schon über drei Jahre. Hunderttausende ukrainischer und russischer Soldaten haben ihr Leben verloren, und ein Ende des Schlachtens ist nicht abzusehen.

Bemühungen, wie die des US-Präsidenten Trump, die Kontrahenten an den Verhandlungstisch zu bekommen, scheitern vordergründig an der Unvereinbarkeit ihrer Interessen. Die Ukraine besteht auf die Wiederherstellung ihrer staatlichen Integrität unter Herausgabe der von Russland annektierten Krim und den besetzten Gebieten in der Ostukraine. Russland fordert eine neutrale Ukraine, die auf eine Mitgliedschaft in der NATO verzichtet. Entsprechend dieser politischen Interessen lautete der Auftrag (Engl.: Mission) an die Militärs beider Länder. Der russische Einmarsch sollte Druck auf die ukrainische Regierung ausüben, um sie an den Verhandlungstisch zu bringen. Der Auftrag der ukrainische Armee lautete Landesverteidigung, das heißt, den Vormarsch der Russen stoppen und die besetzten Gebiete wieder befreien.

Die massive militärische Unterstützung der Ukrainer durch die NATO-Länder führte auf beiden Seiten zu einem sogenannten „Mission Creep“, zu einer schleichenden Ausweitung des Auftrages der Militärs. Dem ukrainischen Militär gelang es, dem anfänglichen russischen Vormarsch nicht nur Einhalt zu gebieten, sondern sogar in die Offensive zu gehen. Als Beispiele seien hier die Kursk-Offensive und Drohnenangriffe im russischen Hinterland genannt. Die russische Seite reagierte mit Eskalation. In der Ostukraine ging ihre Armee in die Offensive bei gleichzeitiger massiver Ausweitung des Luftkrieges gegen Ziele in der gesamten Ukraine. Das führte zu einer Alles/Oder Nichts Haltung bei den Verantwortlichen in Kiew und Moskau. Ein Endsieg wurde propagiert.

Anstatt dass die Politik den Krieg mit Augenmaß benutzt, um Interessen zu wahren, bestimmte nunmehr der Krieg die Politik. Darin besteht die Gefährlichkeit des „Mission Creep“. Die anfänglich formulierten politischen Ziele, die nur über den Verhandlungsweg erreicht werden können, wenn es ein friedliches Miteinander nach dem Waffengang geben soll, werden dem Wahn eines Endsiegs geopfert. Der Krieg wird verlängert und es sterben noch mehr Menschen. Der damit einhergehende Hass zwischen den Völkern verhindert für Generationen eine Aussöhnung und der Grundstein für den nächsten Krieg wird gelegt. Wie solche Endsiege aussehen, zeigen Kriege der Neuzeit.

Als im ersten Weltkrieg der Angriff der deutschen Heere auf Frankreich durch die Niederlande und Belgien zum Erliegen kam (Schlieffenplan), war dem Generalstab in Berlin bewusst, dass nun ein blutiger Grabenkrieg folgen würde. Die Politik hätte übernehmen und den Krieg beenden müssen. Ein schwacher Kaiser und ein vom Endsieg beseeltes Militär verhinderten es. Das jahrelange gegenseitige Abschlachten endete mit dem Endsieg der Alliierten. Der aufgestaute Hass bei den Völkern der Sieger machte jedoch eine Aussöhnung unmöglich. Stattdessen veranlasste er deren Politiker, den Verlierer Deutschland mit dem Friedensdiktat von Versailles zu belegen. Das trug dazu bei, dass die Nazis in Deutschland an die Macht kamen, die in der Folge ein ganzes Volk, trotz der Millionen von Opfer, die der letzte Krieg gekostet hatte, für den nächsten Weltkrieg begeistern konnten. Auch der endete mit einem Endsieg der Alliierten. Dieses Mal wollte man es richtig machen. Die verantwortlichen Politiker setzten auf Versöhnung. Sie waren erfolgreich, wie der Einigungsprozess West-Europas nach dem Krieg zeigte. Das Happy-End der Aussöhnung mit den Ländern Osteuropas begann 25 Jahre später mit der Neuen Ostpolitik Willi Brandts. Wie sich in den Folgejahren zeigte, verhinderte sie ein „Mission-Creep“ in den dritten Weltkrieg.

Der ideologische Konflikt zwischen West und Ost hatte zu der Gründung der beiden Militärbündnisse NATO und Warschauer Pakt geführt. Deren Auftrag lautete hüben wie drüben: Verteidigung. Die strategisch angelegte nukleare Abschreckung verhinderte, dass ein kalter Krieg heiß wurde. Allen war bewusst: Wer zuerst schießt, stirbt als zweiter. Mit der Fähigkeit, auch taktische Atomwaffen mit begrenzter räumlicher Wirkung und großer Präzision einsetzen zu können, begannen in den 1980er Jahren Militärplaner Erstschlagsstrategien zu entwickeln. Aus der Verteidigungsstrategie wollte man in eine nukleare Kriegsführungsstrategie wechseln. Die SS20 der Sowjets und Pershing II und Cruise Missile auf NATO-Seite waren die dafür vorgesehenen Trägersysteme. Kluge Politiker in Ost und West und eine wache Öffentlichkeit gerade in Deutschland verhinderten den „Mission Creep“ und beendeten den Kalten Krieg, indem sie im Geiste Willi Brandts die große Wende herbeiführten. In der Folge löste Gorbatschow den Warschauer Pakt und die Sowjet Union auf. Die NATO blieb und damit die Latenz eines „Mission Creep“. Diese Geschichte soll hier nicht erzählt werden.

Das aktuelle Beispiel für den Wahnsinn, über einen militärischen Endsieg endlich Frieden zu schaffen, ist der schwelende Konflikt in Nahost, der jetzt zu einem Flächenbrand in der Region zu eskalieren droht. Israel, HAMAS und HISBOLLAH träumen seit Jahren von einem Endsieg. Sie werden ihn nicht bekommen, nur die Box der Pandora. Hass, Völkermord und noch mehr Kriege. Man mag militärisch einen Endsieg erreichen, den Frieden gewinnt man nicht. Das zeigt die Geschichte. - Was ist die Lösung? -

In der Bergpredigt gibt Jesus Christus die Antwort: Liebe nicht nur Deine Freunde, sondern auch Deine Feinde. Warum, darauf gibt Ben Kinglsey als Mahatma Gandhi in dem Spielfilm Gandhi die Antwort. Seine Verweigerung, gegen die britischen Besatzer den bewaffneten Kampf zu führen, begründete er mit dem Satz: „Warum soll ich sie für etwas töten, dessen wir alle schuldig sind?“ - Mangelnde Empathie ist die Schuld, die er meinte. Die Briten legten sie gegenüber den Indern an den Tag und die untereinander als Hindus, Moslems und Christen.

Empathie mit dem Konfliktgegner wird nicht alle Kriege verhindern können. Empathie ist aber unerlässlich, um sie so schnell wie möglich zu beenden. Das gebietet die ethische Pflicht, das Sterben und Leiden im Krieg zu beenden und gebietet die Vernunft, bei aller legitimen Interessenverfolgung ein friedliches Danach möglich zu machen. Politiker, die zur Empathie fähig sind, werden nicht zulassen, dass militärisch begründete Endsieg-Fantasien politisches Handeln bestimmen. Wie absurd ist das, wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt?! [Ulrich Scholz/erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

BRICS-Staaten für friedliche Streitbeilegung, größere Teilhabe des Südens und gegen Zollschranken

BRICS-LOGO

Am Sonntagabend verabschiedete der BRICS-Gipfel in Rio de Janeiro ein Abschlussdokument. 2009 gründeten Brasilien, Russland, Indien und China den Staatenverbund, der nach den Anfangsbuchstaben BRIC genannt wurde. Mit der Aufnahme Südafrikas im Jahr 2011 wurde daraus BRICS. Heute sind auch der Iran, Saudi-Arabien, Ägypten, Äthiopien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Indonesien Vollmitglieder. Auf der Konferenz in Rio wurden Belarus, Bolivien, Kasachstan, Kuba, Nigeria, Malaysia, Thailand, Vietnam, Uganda und Usbekistan als BRICS-Partnerländer begrüßt.

Die BRICS-Staaten fordern eine umfassende Reform der Vereinten Nationen, um eine gerechtere und repräsentativere internationale Ordnung zu schaffen. Dies schließt die Reform des Sicherheitsrates ein, um die Stimme des Globalen Südens zu stärken. Eine Reform des UN-Sicherheitsrates soll zur Erhöhung der Vertretung von Entwicklungsländern führen. Das Dokument betont die Verpflichtung zur Einhaltung der UN-Charta und zur Förderung von Multilateralismus.

Um gesundheitliche Ungleichheiten zu bekämpfen und den Zugang zu Gesundheitsdiensten zu verbessern wird die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als zentrale Autorität für internationale Gesundheitsfragen unterstützt.

Die Vertretung von Schwellen- und Entwicklungsländern (EMDE) im Internationalen Währungsfonds (IWF) müsse verbessert werden. Die BRICS-Staaten bekräftigen ihre Unterstützung für ein regelbasiertes, offenes und transparentes multilaterales Handelssystem, das von der Welthandelsorganisation (WTO) geleitet wird. Es müsse innerhalb der WTO ein funktionierendes Streitbeilegungssystem aufgebaut werden.

Die BRICS-Staaten betonen die Bedeutung von Diplomatie und Dialog zur Konfliktlösung und zur Förderung des Friedens. Sie unterstützen die Rolle regionaler Organisationen bei der Konfliktprävention.

Die BRICS-Staaten bekräftigen ihre Unterstützung für die Rechte des palästinensischen Volkes und fordern eine friedliche Lösung des Konflikts und fordern einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand im Gazastreifen. Humanitäre Hilfe in die besetzten Gebiete müsse zugelassen werden.

Die BRICS-Staaten äußern Besorgnis über die wachsenden Risiken von Konflikten und betonen die Notwendigkeit von Abrüstung und Rüstungskontrolle. Sie unterstützen die Schaffung von nuklearwaffenfreien Zonen und die Einhaltung internationaler Abrüstungsabkommen.

Die BRICS-Staaten haben die Strategie für die wirtschaftliche Partnerschaft bis 2030 begrüßt, die die Zusammenarbeit in Bereichen wie internationalem Handel und nachhaltiger Entwicklung fördern soll. Die Strategie zielt darauf ab, die Zusammenarbeit in den Bereichen multilaterales Handelssystem, digitale Wirtschaft und Finanzkooperation zu konsolidieren.

Die Neue Entwicklungsbank (NDB) wird als strategischer Akteur für die Entwicklung im Globalen Süden anerkannt und soll ihre Kapazitäten weiter ausbauen. Präsidentin Dilma Rousseff erhält volle Unterstützung für ihre Wiederernennung. Die Bank soll innovative Projekte zur Förderung nachhaltiger Entwicklung und zur Verringerung von Ungleichheiten unterstützen.

Kein Thema war die Einführung einer eigenen BRICS-Währung. Allerdings hatte sich Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva am Freitag auf der Jahrestagung der Neuen Entwicklungsbank (NDB) der BRICS-Staaten für eine gemeinsame Währung der BRICS-Staaten als Alternative zur Weltleitwährung Dollar ausgesprochen. [jdm/mit Nutzung von KI-Übersetzung]

Gaza: Doctors Under Attack

Der britische Guardian berichtete am 3. Juli über den Film „Doctors Under Attack“. Der BBC wollte den Film nicht ausstrahlen, obwohl er vom BBC produziert wurde. Eine andere Dokumentation – Gaza: How to Survive a War Zone – hatte wegen angeblicher Parteilichkeit für Aufruhr gesorgt und das BBC traute sich danach nicht mehr, „Doctors Under Attack“ zu zeigen. Der öffentlich-rechtliche, aber von Werbeeinnahmen finanzierte, britische Sender Channel 4 übernahm dann den Film.

„Doctors Under Attack“ zeigt laut Einschätzung des „Guardian“ die gezielte Verfolgung, Inhaftierung und Folter von medizinischem Personal in Gaza. „Doctors Under Attack“ bezeichnet sich selbst als eine „forensische Untersuchung“ der Behauptung, dass die israelischen Streitkräfte (IDF) systematisch palästinensisches medizinisches Personal in allen 36 Krankenhäusern Gazas ins Visier genommen haben. Laut den Vereinten Nationen folgen die Angriffe einem bestimmten Muster: Zunächst wird ein Krankenhaus bombardiert, dann belagert. Danach rücken Panzer und Bulldozer ein, das medizinische Personal wird festgenommen. Sobald das Krankenhaus praktisch außer Betrieb ist, ziehen die Truppen weiter – und das Muster beginnt von vorn.

Es sei eine Strategie, die Gaza auf Jahre hinaus lähmen solle, sagt ein Interviewter im Film. Denn wenn ein Gebäude zerstört ist, kann man ein neues errichten. Aber Mediziner brauchen Jahre der Ausbildung. Wenn man Gaza ihre Fachkräfte nimmt, nimmt man der Region jede Chance auf Wiederaufbau. Und das, obwohl medizinisches Personal laut internationalem Recht geschützt ist – wie der Film immer wieder betont.

In der Dokumentation gibt es keine inszenierte Dramaturgie, sondern sie zeigt eine unaufhörliche Abfolge des Grauens: Ärztinnen und Ärzte, die unter katastrophalen Bedingungen ohne Wasser und Strom versuchen, Verwundete zu versorgen, deren Wunden bereits zu faulen beginnen, gezielte Angriffe, willkürliche Verhaftungen, geheime Gefängnisse, Folter und Verhöre. Es gibt Videoaufnahmen einer Gruppenvergewaltigung durch Soldaten. Wir sehen zahllose verletzte und tote Kinder.

Im Zentrum des Films stehen jedoch mehrere Einzelschicksale. Die Schilderungen über das Schicksal der inhaftierten Ärzte, bestätigt durch einen anonymen israelischen Whistleblower, gleichen einem Albtraum. Es gibt Misshandlungen. Es gibt Folter. Am verstörendsten sind Berichte über Misshandlungen durch israelische Ärzte, die Eingriffe ohne Betäubung vornahmen und den Gefangenen mitteilten: „Du bist ein Verbrecher und du musst sterben.“

Die BBC ließ Doctors Under Attack laut „Guardian“ fallen, weil man befürchtete, es könnte den „Eindruck der Parteilichkeit“ erwecken. Doch der Film dokumentiert, dass bei jeder Gelegenheit eine Stellungnahme der Israelischen Armee (IDF) eingeholt wurde. Der Film beginnt mit dem brutalen Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023, der hier ebenso schonungslos gezeigt wird wie das Filmmaterial verletzter palästinensischer Kinder. Den Filmemachern sei bewusst, dass schon der geringste Anschein von Voreingenommenheit das gesamte Argument entkräften würde.

In einem offenen Brief vor der Ausstrahlung warnte Louisa Compton von Channel 4, „Doctors Under Attack“ werde „Menschen wütend machen, egal auf welcher Seite sie stehen.“ [jdm]

Hochrüstung – und jetzt noch die Atombombe

Der Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion Jens Spahn, der als Ex-Gesundheitsminister dem Steuerzahler zwischen 3 und 6 Milliarden € durch seine Maskendeals gekostet hat, kann weiter Politik machen, als wenn nichts gewesen wäre. Und warum? Weil er die Rolle des größten Kriegstreibers von der hoffentlich bald vergessenen Strack-Zimmermann übernommen hat und die Kriegsverlängerung in der Ukraine zu seinem Projekt erkoren hat.

Seine Bundesregierung hat gerade die Steigerung des Kriegshaushaltes auf fast die Hälfte des Staatshaushaltes beschlossen. Und jetzt macht sich Spahn für die Atombombe in deutscher Hand stark. Deutschland hat den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben. Nach Logik unserer Bundesregierung müsste Deutschlands Urananreicherungswerk in Gronau eigentlich jetzt wie Irans Atomanlagen präventiv mit Bomben zerstört werden.

Die SPD kritisiert an diesem Vorschlag nur, dass Spahn damit von seinem Versagen als Gesundheitsminister ablenken wolle. Inhaltlich fällt die Kritik sparsamer aus. Die Spitzenkandidatin der SPD für die letzte Europawahl, Katarina Barley, hatte da schon gemeint, die EU-eigene Atombombe für eine europäische Armee könne "auch … ein Thema werden.

SPD und CDU haben Trumps Arbeitsplan verinnerlicht: Die EU-Staaten in der Nato sollen Russland mit einem dauernden Krieg in der Ukraine und durch Hochrüstung an Russlands Grenzen schwächen, damit sich die USA auf einen Krieg gegen China - am besten über Stellvertreter in der Region, z. B. Taiwan oder die Philippinen - konzentrieren können.

Dabei haben die Menschen in Europa nichts zu gewinnnen, aber für die Milliardäre und Oligarchen Europas, für die die Bundesregierung Politik macht, spielt das Befinden der Menschen keine Rolle. Die Oligarchen möchten ihre Führungsrolle behaupten und wenn die von ihnen dominierten Staaten dies durch Krieg erreichen, ist es ihnen recht. Aber auch Zollschranken, Sanktionen und Knebelverträge sind ihnen recht.

Chinah Sondernewsletter 06/2025

Ganz anders wieder China, das der EU weiterhin die Hand ausstreckt und Zusammenarbeit anbietet. Xi erklärte, China und die EU seien umfassende strategische Partner sowie zwei große Kräfte zur Förderung der Multipolarisierung, zwei große Märkte zur Unterstützung der Globalisierung und zwei Zivilisationen zur Ankurbelung der Vielfalt. Die chinesisch-europäischen Beziehungen leisteten einen wichtigen Beitrag zur Vertiefung des Wohlstands beider Bevölkerungen sowie zur Förderung von Frieden und Entwicklung der Welt. Die Chinesische Botschaft in Deutschland hat zum 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und der Europäischen Union einen Sondernewsletter herausgegeben. [jdm]

„Durchgeknallte Vögel“ – Kein Märchen aus tausendundeiner Nacht

Wussten Sie, dass der Gottesstaat im Iran und die HIZBOLLAH im Libanon eine Folge US-Amerikanischer Außenpolitik sind? – Sie findet gerade ihre Fortsetzung in der Bombardierung iranischer Atom-Anlagen. Diese Form von Außenpolitik, die ausdrücklich militärischer Gewalt gegen andere souveräne Staaten für legitim erklärt, steht unter dem Motto: America´s Might is Right (Amerikas Macht ist rechtens). Die politischen und menschlichen Katastrophen, die eine solche Politik in der Neuzeit angerichtet haben (Afghanistan, Irak, Lybien, Syrien) haben nicht amerikanischem Interesse gedient, sondern ganz im Gegenteil. So jedenfalls argumentieren Gegner einer solchen Politik, die deswegen vom US-amerikanischen Senator der republikanischen Partei John McCain als „Wacko Birds“ (durchgeknallte Vögel) bezeichnet wurden. Bei der Aufzählung der Opferländer US-amerikanischer Interventionspolitik fehlt der Iran. Die soll wegen der aktuellen Ereignisse etwas detaillierter vorgestellt werden.

Die USA wurden in der Innenpolitik des Iran zum ersten Mal 1953 aktiv, als der iranische Premierminister Mossadegh auf Parlamentsbeschluss die Ölindustrie des Landes verstaatlichte und damit den Briten auf die Füße trat. Die schafften es, den US-Präsidenten Eisenhower zu einem Putsch gegen Mossadegh zu gewinnen. Durch einen vom CIA gesteuerten Komplott putschte die Armee gegen Mossadegh, die diesen verhaften ließ. Der kurz zuvor geflohene Schah Reza Pahlewi wurde wieder ins Land gebracht und auf den Thron gesetzt. Der begann schonungslos unter seinen Gegnern aufzuräumen und war ansonsten ein getreuer Gefolgsmann der USA. Seine Herrschaft endete 1979, als nach schweren Unruhen und der Ausrufung eines Generalstreiks das Kriegsrecht verhängt wurde. Die Armee übernahm die Macht im Land. Der Schah floh ins Ausland. Die Westmächte beschlossen, den Schah fallen zu lassen und Kontakt zu Ayatolla Chomeini aufzunehmen, der in Paris im Exil die Iranisch-Islamische Nationalbewegung gegründet hatte. Der Iran wurde zu einem Gottesstaat.

Dessen Einfluss auf die muslimische Welt war für die USA immer wieder Grund genug, militärisch in deren Ländern zu intervenieren. Bei allen sicherlich vorhandenen Wirtschaftsinteressen waren die treibenden Motive, den Terrorismus zu bekämpfen und die Sicherheit des Staates Israels zu gewährleisten. Dass diese Politik das Gegenteil erreicht hat, darüber schreibt der US-Amerikanische Journalist und Autor Stephen Kinzer in seinem lesenswerten Buch Im Dienste des Schah: CIA, MI6 und die Wurzeln des Terrors im Nahen Osten. In einem bemerkenswerten Artikel im britischen GUARDIAN forderte Kinzer vor ein paar Jahren die „Wacko Birds“ auf, sich zu einer Bewegung zusammenzuschließen und konkrete Inhalte zu einer anderen Außenpolitik zu formulieren.

Wie aktuell diese Forderung ist, zeigt die politische Entwicklung um den momentanen Luftkrieg zwischen Israel und dem Iran. Im folgenden Artikel sollen nicht völkerrechtliche oder weltanschauliche Argumente (Das Recht Israels auf Selbstverteidigung bzw. Kampf der Demokratie gegen einen Gottesstaat iranischer Prägung) gedroschen werden. Das tun schon zu Genüge unsere Politiker und Medien. Vielmehr geht es um eine grundsätzliche Gegenüberstellung einer auf Krieg setzenden Außenpolitik und dem, was „Wacko Birds“ in ihr Manifest schreiben würden. Zur Veranschaulichung soll ein systemisches Modell des Luftkrieges dienen, so wie er in den Militärakademien moderner Staaten gelehrt wird und seit dem 2. Golfkrieg („Desert Storm“) zur Anwendung kommt.

Oberstes politisches Ziel ist, der gegnerischen Führung seinen Willen aufzwingen (nach Clausewitz „Vom Kriege“). Dazu hat der US-Amerikanische Luftwaffenoberst John A. Warden 1989 ein systemisches Ziele-Modell entwickelt (siehe Abbildung). Es gilt, in den 5 Ringen Ziele so auszuwählen und anzugreifen, dass die politische Führung des Gegners einlenkt.

Die Luftangriffe der Israelis und der Iraner lassen sich in Art und Umfang mit diesem Modell erklären, wenn man sich über die politischen Ziele dahinter klar wird. Deren folgende Formulierungen folgen dem Prinzip: So allgemein wie möglich und so konkret wie nötig, um für Politiker und Militärs als Handlungsanweisung zu dienen.

Politische Ziele Israels

Der israelischen Regierung geht es um den Schutz ihrer Bevölkerung vor Angriffen der palästinischen HAMAS und der libanesischen HIZBOLLAH sowie vor einem aggressiven nuklear bewaffneten Gottesstaat in ihrer Nachbarschaft.

Politische Ziele des Iran

Der iranischen Mullah-Regierung geht es um die Souveränität ihres Gottesstaates und nicht zuletzt um dessen Ansehen in der muslimischen Welt.

Militärische Ziele

Logisches Folgern und nicht zuletzt offizielle Erklärungen bestätigen für beide Seiten eine entsprechende Ziele-Auswahl in dem Warden-Modell. Eine Detaillierung würde hier zu weit führen.

Eine Besonderheit erleben wir in den Zielkreisen Systemträger und Führung. Für die Israelis ist wichtig, die iranische nukleare Infrastruktur zu zerstören. Auch scheint es ihnen nicht darum zu gehen, die iranische Führung zum Einlenken zu bringen. Sie machen Führungspersonen zum Ziel, um sie umzubringen. Regime Change scheint hier das implizierte politische Ziel.

Als ein ermutigendes Zeichen für zukünftige Verhandlungen erscheint mir, dass beide Seiten die jeweilige Bevölkerung nicht zum Ziel machen. Die relativ geringe Zahl der zivilen Opfer auf beiden Seiten ist der Präzisionsfähigkeit moderner Luftwaffen geschuldet. Die wird immer auch Kollateralschäden verursachen (Druck- und Splitterwellen der explodierenden Geschosse, technische Fehlfunktionen, Trümmer abgeschossener Flugzeuge/Raketen u.a.).

Ein Luftkrieg gegen die Bevölkerung mit Tausenden von Opfern würde nicht zuletzt die politischen Ziele beider Kontrahenten gefährden. Gute Nachbarschaft ist nicht eine Sache von Regimen und Regierungen, sondern wird von Bevölkerungen gepflegt. Und wem seine Souveränität in einer Staatengemeinschaft wichtig ist, der hält sich im Krieg an die Regeln von Menschlichkeit. Genau an dieser Stelle könnten die „Wacko Birds“ den miitärischen Zielekreis von Warden zu einem politischen machen. Macht, die sich über das Wohl von Menschen hinwegsetzt, ist nämlich einer Demokratie nicht würdig. Genau das tut man nämlich, wenn man mit Krieg Außenpolitik betreibt. Deswegen sollte man nicht mehr in die Kreise hineinbomben, sondern in ihnen mit friedlichen Mitteln wirken.

Politische Ziele der “Wacko Birds”

Wie eine umfassende friedliche Lösung aussehen könnte, wer weiß das schon?! – Man könnte aber in einem ersten Schritt endlich einmal die UN-Charta achten und die Unantastbarkeit der Souveränität eines Staates respektieren. Wenn Staaten wie der Iran vor einer militärischen Intervention durch eine Atommacht sicher wären, gäbe es keinen Grund mehr, Atomwaffen besitzen zu wollen. Der Israel/Iran Konflikt wäre vom Tisch. Entspannung wäre möglich.

Die Länder könnten ihre Bevölkerungen in einem breitgefächerten Kulturaustausch zusammenbringen. Gemeinsame Bildungseinrichtungen sowie Handel und Technologie-Transfer wären möglich. Europa hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg auf diese Weise vom feindlichen Gegeneinander zum freundlichen Miteinander entwickelt.

Streitkräfte Israels, des Irans und der USA könnten gemeinsame Übungen abhalten, ähnlich des PfP-Programms (Partnership for Peace) der NATO. Störer wie HAMAS und HIZBOLLAH wären dann ein Sicherheitsproblem für alle Länder gleicherweise. Terror würde man gemeinsam begegnen.

Wenn die Führungen der betroffenen Länder einmal auf dieser Welle sind, entsteht Vertrauen. Sie wären dann in der Lage, auch den Palästina-Konflikt friedlich zu lösen.

Wer so denkt, ist in den Augen der Falken in den USA, Israels und des Iran ein „Wacko Bird“. Das Tragische ist, dass die meisten Menschen im Kriegsgebiet sich wünschten, es gäbe noch mehr von solchen durchgeknallten Vögeln. [Ulrich Scholz/erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Völkerrechtswidriger Angriffskrieg der USA – Deutsche Regierung kopfnickt und rüstet auf

Nach dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen den Iran üben sich die westlichen Politiker wieder in der Kunst, Lügen so oft zu erzählen, bis sie geglaubt werden. Dabei können sie sich auf die Presse verlassen.

Dass es sich um einen völkerrechtswidrigen Angriff handelt, ist allerdings auch schon bei der Tagesschau angekommen. Jetzt heißt es in den Politikerstellungnahmen und den Kommentaren, der Iran müsse jetzt endlich über das Atomprogramm verhandeln. Der deutsche Außenminister Johann Wadephul sagte, Deutschland werde zusammen mit Großbritannien und Frankreich "weiterhin alle Anstrengungen unternehmen, dass wir jetzt ernsthaft verhandeln."

Dabei interessiert sich offensichtlich niemand in den USA dafür, was die EU-Staaten so von sich geben. Wadephul hatte noch am Mittwoch gesagt, er glaube, die USA würden sich in den Krieg in Iran nicht einmischen. Von dem Angriff auf den Iran wurde die deutsche Regierung erst im Nachhinein informiert.

Der Iran hat die Verhandlungen über das Atomprogramm nicht abgebrochen, sondern die USA haben ein bereits verhandeltes Abkommen gekündigt. Und neue Verhandlungen haben sie nicht führen wollen.

Zudem ist die Beendigung des Atomprogramms vermutlich nicht das alleinige Ziel. Israel – und damit den USA - geht es wohl auch um die Zerstörung der iranischen Raketen-Bewaffnung und darüber hinaus um einen Regime-Change, also die Absetzung der Regierung. Die letzten desaströsen Versuche des Westens Regime in Afghanistan, Libyen und Syrien wegzubomben, waren an Brutalität kaum zu überbieten.

Die USA haben erneut gezeigt, dass sie sich um das Völkerrecht nicht scheren und das Recht des Stärkeren ausüben wollen. Das ist das, was die EU-Staaten allen Staaten vorwerfen, die sich nicht vor dem politischen Westen ducken.

Wenn Wadephul, Merz, Macron und Starmer jetzt scheinheilig diplomatische Lösungen ausgerechnet vom Angegriffenen fordern, dem zudem Verhandlungen verweigert wurden, ist das eine Nebelkerze. Den Menschen soll die Brutalität des politischen Westens nicht klar werden.

Dazu passt, dass die Nato jetzt auf dem kommenden Gipfel offiziell beschließen wird, ihre jährlichen verteidigungsrelevanten Ausgaben bis 2035 auf mindestens fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen. Die bereits sehr hohen Militärausgaben im Jahr 2024 in Höhe von 90,6 Milliarden Euro würden sich in Deutschland auf mehr als 200 Milliarden Euro erhöhen. Der Bundeshaushalt betrug letztes Jahr etwa 466 Milliarden Euro.

Alle Nato-Staaten setzen also auf das Recht des Stärkeren. Dafür sind sie bereit, praktisch die Hälfte des zur Verfügung stehenden Geldes in Waffen umzusetzen. Das hat mit Diplomatie nichts zu tun, sondern ist die Vorbereitung eines Weltkriegs. [jdm]

Merz gibt zu: Der Westen unterstützt Dreckskriege

Merz’ Satz von der Drecksarbeit, die Israel für den Westen leistet, heißt: Israel führt für den Westen einen Stellvertreterkrieg.

Uns wird erzählt, Israel habe sich gegen den drohenden Einsatz einer Atombombe verteidigen müssen. Seit 1998 ist kaum ein Jahr vergangen, in dem Israel nicht behauptet hat, dass der Iran kurz vor dem Bau einer Atombombe stünde. Seit 15 Jahren sabotiert der israelische Geheimdienst das iranische Atomprogramm mit Cyberwaffen, Anschlägen und der gezielten Ermordung iranischer Wissenschaftler. Die IAEO widersprach den Einschätzungen Israels immer wieder.

Im Ukrainekrieg wird uns erzählt, die Ukraine schütze sich und unsere Demokratie gegen einen verrückten Putin, der ganz Europa erobern wolle. Zwar zeigen die Schwierigkeiten Russlands im Krieg gegen die Ukraine, dass das Land dazu überhaupt nicht in der Lage wäre. Trotzdem wird es weiter behauptet. Denn auch die Ukraine führt für den Westen einen Stellvertreterkrieg. Durch stetige Aufrüstung der Ukraine und Einbeziehung in die militärischen Strukturen der Nato wurde der Krieg vom Westen absichtlich provoziert.

Merz’ Satz im ZDF-Interview heißt im Wortlaut: „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle.“ Unfreiwillig charakterisiert Merz ganz richtig die Kriegspolitik der Nato und des politischen Westens. Diese dreckige Politik ist auch mit Vernichtungsphantasien verbunden. Annalena Baerbock wollte Russland „ruinieren“. Trump forderte die 15 bis 20 Millionen Bewohner des Großraums Teheran auf, das Gebiet zu evakuieren; dem Staatschef Chamenei drohte er mit der gezielten Ermordung.

Sowohl beim Krieg in der Ukraine, als auch bei Angriff Israels auf den Iran geht es nicht um die vordergründig genannten Gründe, sondern um den völlig enthemmten Versuch des Westens, seine Vorherrschaft mit allen Mittel zu erhalten. Dazu sollen in den zumindest regional starken Staaten Russland und dem Iran Regime Changes herbei gebombt werden.

Der gesamte Westen macht diese dreckige Politik: Die halben Staatsetats sollen in Rüstung umgesetzt werden, die westlichen Sozialsysteme werden dieser Drecksarbeit geopfert. Überall, wo es geht, werden von den USA und den Nato-Staaten Konflikte angeheizt, mit Waffen gefüttert. Unbotmäßige Länder rund um die Welt werden mit Sanktionen geschädigt. Die Verlogenheit des Westens ist historisch unerreicht.

Ganz anders China: Zusammen mit 30 Ländern des Südens hat China eine Konvention zur Gründung einer globalen Organisation zur Beilegung von Streitigkeiten auf der Grundlage von Mediation (IOMed) in Hongkong unterzeichnet.

Aus Lateinamerika und der Karibik haben Dominica, Jamaika, Kuba, Nicaragua und Venezuela das Dokument unterzeichnet. Aus Europa und Ozeanien waren Weißrussland, Serbien, Vanuatu und Nauru dabei. Aus Afrika waren es Algerien, Mauretanien, Sudan, Benin, Kamerun, die Republik Kongo, Dschibuti, Äquatorialguinea, Äthiopien, Gabun, Guinea-Bissau, Kenia, Uganda und Simbabwe, sowie Nigeria. Die asiatischen Länder sind China, Kambodscha, Laos, Indonesien, Osttimor, Pakistan, Kiribati, Papua-Neuguinea und die Salomonen. [jdm]

Politik – Die Kunst des Menschlichen

Ein US -Präsident schickt Truppen, um seine Bürger zu disziplinieren. Wo wird das hinführen? - Eine implodierende USA ist nicht gut für das Land, nicht gut für uns und nicht gut für die Welt.

Gleichzeitig haben sich Israel und der Iran in einen Luftkrieg verbissen, ohne dass ein politisches Ziel zu erkennen ist.

Die USA und GB verlegen militärische Kräfte in die Region. Wie weit wird die Eskalation gehen? - Krieg der „“Weltgemeinschaft“ gegen den Iran mit dem Ziel „Regime Change“? -

Wann wird der erste Nuke explodieren? -

Die islamische Welt ist ein Pulverfass, und die Lunte brennt. Es könnte uns allen um die Ohren fliegen.

Unseren Politikern fällt nichts anderes ein, als Mantra-artig das Recht Israels zur Selbstverteidigung zu beschwören, einseitig zu verurteilen und ansonsten die Kriegsparteien zur Deeskalation aufzufordern.

Politik ist die Kunst des Möglichen, soll Otto von Bismarck gesagt haben. Der Satz hat eine Blutspur durch die Geschichte gezogen. Er enthält nämlich den Persilschein zu Krieg.

Politik sollte eigentlich die Kunst des Menschlichen sein. Dazu braucht es Führungspersonen wie Charles de Gaulle, Willi Brandt, Yitzhak Rabin und Yassir Arafat.

Politikern, die wiedergewählt werden wollen, fehlt dazu anscheinend der Verstand und noch mehr das Gewissen. [Ulrich Scholz/ erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

„Annalena Merz“ und das Ende des Völkerrechts

Bernhard Klaus von der Informationsstelle Militarisierung e.V. findet es ist bemerkenswert, dass man am 13. Juni 2025 in den „Informationen am Abend“ des Deutschlandfunks gut eine halbe Stunde der Berichterstattung über die israelischen Luftangriffe auf den Iran lauschen konnte, ohne dass eine völkerrechtliche Einordnung vorgenommen worden sei. Der deutsche Außenminister Wadephul sei mit folgender Einschätzung eingeblendet worden:

„Das Nuklearprogramm Irans ist eine Bedrohung für die ganze Region und insbesondere für Israel. Und deswegen ist für uns klar: Israel hat das Recht, seine Existenz und die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu verteidigen“.

Der konkrete Zeitpunkt der Äußerung und der explizite Verweis auf das iranische Nuklearprogramm lasse keinen anderen Schluss zu, als dass der deutsche Außenminister hier gesagt habe, Israel habe ein Recht zu diesen Luftangriffen gehabt. Völkerrechtlich sei das Quatsch.

2020 noch stellte der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Sachstand „Zum Begriff des Angriffskrieges“ fest, dass die Begriffe „Angriffshandlung“ und „Angriffskrieg“ sich weitgehend entsprechen. Von einem Völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Israels auf den Iran ist aber – ganz anders als im Falle Russland/Ukraine – kaum die Rede in deutschen Medien.

Einige deutsche Medien nahmen andere völkerrechtliche Einordnungen des israelischen Vorgehens gegen den Iran vor. Das ZDF zitierte u.a. Dominik Steiger, Professor für Völkerrecht an der TU Dresden: „Völkerrechtlich ist die Situation glasklar: Hier war die Gefahr noch zu abstrakt, Israel hätte also nicht angreifen dürfen“. „Dieser Angriff war klar völkerrechtswidrig“ zitiert Spiegel Online den Rechtsprofessor Kai Ambos.

Der politische Westen zeigt nicht erst seit den Zerstörungen in Gaza seine Neigung zu doppelten Standards. Die Achtung des Völkerrechts wird nur dann gefordert, wenn es gerade in den Kram passt. Das Völkerrecht ist aber unteilbar und nicht durch eine vom Westen formulierte Regelbasierte Ordnung abgelöst.

Wie bei dem Ukrainekrieg, der vom Westen mantraartig als „Angriffskrieg“ bezeichnet wird, muss auch bei diesem Angriffskrieg Israels beachtet werden, dass es eine Vorgeschichte gibt. Zur Vorgeschichte gehören neben der Gründungsgeschichte Israels und den Kriegen, die es zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten gab, auch die zerstörten Friedensbemühungen in der Zeit Rabins, die Geschichte der korrupten Strukturen in den palästinensischen Gebieten, schließlich die Terrororganisation Hamas und schließlich die völlig unverhältnismäßigen Tötungen der israelischen Armee im Gazastreifen (siehe Interview mit Ex-BGH-Richter Thomas Fischer). Zur Vorgeschichte gehört auch, dass Iran zwar eine feindselige Haltung an den Tag legte, aber dennoch keine unmittelbare Bedrohung Israels darstellte und es sich demnach bei dem Angriff auf den Iran nicht um einen Verteidigungskrieg handelt.

Angesichts der undifferenzierten Äußerungen von Bundeskanzler Merz über das – unbestrittene- Selbstverteidigungsrecht Israels spricht Harald Neuber auf Telepolis von „Annalena Merz“. Militärische Alleingänge wie die von Israel gegen den Iran seien der falsche Weg und setzten die Spirale der Gewalt weiter in Gang. Sie schwächten langfristig die Legitimität und Glaubwürdigkeit der völkerrechtlichen Ordnung, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert wurde.

Mit jedem Tag, an dem die Waffen sprächen, wachse die Gefahr eines regionalen Flächenbrandes. Die Bilder der zerstörten Wohnhäuser in Tel Aviv und der brennenden Ölanlagen im Iran seien eine eindringliche Mahnung. Die Weltgemeinschaft bewege sich auf einem schmalen Grat. Fehltritte und unbedachte Provokationen könnten weitaus fatalere Folgen haben, als wir sie derzeit beobachten müssten. [jdm]

SPD-Manifest könnte eine Chance sein, den Weg zum großen europäischen Krieg zu stoppen

In einem Manifest haben etwa 100 SPD-Mitglieder und SPD-nahe Politiker und Wissenschaftler gefordert, die Friedenssicherung durch Rüstungskontrolle und Verständigungspolitik zu erreichen. Zu den Initiatoren gehört Rolf Mützenich, der noch bis Februar dieses Jahres Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion war. Ein weiterer prominenter Name ist der von Ralf Stegner, der bis 2021 SPD-Fraktionsvorsitzender in Schleswig-holsteinischen Landtag war. Beide sind derzeit Bundestagsabgeordnete.

Das Manifest fordert die möglichst schnelle Beendigung des Tötens und Sterbens in der Ukraine durch eine Intensivierung der diplomatischen Anstrengungen aller europäischen Staaten. Die Unterstützung der Ukraine müsse mit den berechtigten Interessen aller in Europa an Sicherheit und Stabilität verknüpft werden. Auf dieser Grundlage müsse man ins Gespräch mit Russland zu kommen, auch über eine von allen getragene und von allen respektierte Friedens- und Sicherheitsordnung für Europa.

Das Manifest fordert einen Stopp des Rüstungswettlaufs. Europäische Sicherheitspolitik dürfe sich nicht am Prinzip der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung orientieren. Für eine auf Jahre festgelegte Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf 3,5 oder 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gebe es keine sicherheitspolitische Begründung.

Eine am BIP orientierte Prozentzahl der Ausgaben für militärische Zwecke festzulegen, sei irrational. Man brauche dringend mehr finanzielle Mittel für Investitionen in Armutsbekämpfung, für Klimaschutz und gegen die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, von denen in allen Ländern Menschen mit geringen Einkommen überdurchschnittlich betroffen seien.

Die Stationierung von weitreichenden, hyperschnellen US-Raketen-Systemen in Deutschland würde unser Land zum Angriffsziel der ersten Stunde machen.

Die Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung nach Art. 6 des Atomwaffensperrvertrags müsse erneuert werden. Gleichzeitig gelte es auf die Erneuerung des 2026 auslaufenden New Start-Vertrags zur Verringerung strategischer Waffen und auf neue Verhandlungen über Rüstungsbegrenzung, Rüstungskontrolle, vertrauensbildende Maßnahmen sowie Diplomatie und Abrüstung in Europa zu drängen.

Die Unterzeichner drängen auf die schrittweise Rückkehr zur Entspannung der Beziehungen und einer Zusammenarbeit mit Russland sowie die Berücksichtigung der Bedürfnisse des Globalen Südens insbesondere auch zur Bekämpfung der gemeinsamen Bedrohung durch die Klimaveränderungen. Deutschland und die EU dürften sich nicht an einer militärischen Eskalation in Süd-Ost-Asien beteiligen.

Es gab schon öfter Initiativen von SPD-Mitgliedern für Abrüstung, die versuchten, die Partei Willy Brandts an deren große Rolle in der Entspannungspolitik zu erinnern.

In den Jahren 2019 bis 2021 – also vor dem Ukrainekrieg - versuchten SPD-Mitglieder ihre Partei dazu zu bringen, sich gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen auszusprechen. Die USA hatten bis 2021 in Afghanistan unzählige Menschen mit Drohnen gezielt ermordet. Diese Initiative blieb erfolglos.

Einige der jetzigen Unterzeichner unterstützten auch schon die Initiativen von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht.

Welchem Konformitätsdruck die Abgeordneten in der SPD ausgesetzt sind, zeigt sich daran, dass Mützenich und Stegner erst jetzt, wo sie nicht mehr im Zentrum der entscheidenden Gremien der Partei stehen, für eine Friedenspolitik aussprechen. Vorher haben sie sich zwar auch für Diplomatie und gegen die Lieferung von schweren Angriffswaffen in die Ukraine ausgesprochen, aber wesentlich verhaltener.

Ein prominentes Opfer solchen Parteidrucks gab es schon 1914, als Karl Liebknecht sich bei der Abstimmung über die damaligen Kriegskredite der Fraktionsdisziplin beugte.

Der Druck auf die Unterzeichner des Manifestes ist heute auch wieder immens. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Sebastian Fiedler, zeigte sich "irritiert, verstört und verärgert", dass „sogar von Zusammenarbeit mit Russland die Rede, also mit einem Kriegsverbrecher“ sei. Der Chef-Pöbler der CDU, Roderich Kiesewetter, findet das Manifest "ungeheuerlich" und sagte, damit liefere man die Ukraine "der Vernichtungsabsicht Russlands" aus.

Matthias Miersch, der als so genannter Vertreter der SPD-Linken den Posten des Fraktionsvorsitzenden bekommen hat, kommentiert mit einer Lüge: Diplomatie bleibe zwar oberstes Gebot, "aber wir müssen auch ehrlich sagen: Viele Gesprächsangebote - auch von Bundeskanzler Olaf Scholz - sind ausgeschlagen worden. Wladimir Putin lässt bislang nicht mit sich reden."

Tatsächlich hat es von Deutschland und der EU keine Gesprächsangebote gegeben, sondern nur Maximalforderungen, die mit Sanktionen gekoppelt waren. Aber dass die Kriegsverlängerer mit redlichen Argumenten arbeiten, haben wir seit 2022 auch noch nicht erlebt.

Und genau das ist der eigentliche Inhalt des SPD-Manifestes: Die Kriegsgefahr ist real gestiegen und das Geld, das für die Rüstungssteigerung ausgegeben wird, fehlt an allen Enden. Beenden kann man diese Politik nur, indem man verhandelt und dabei die Interessen aller Seiten berücksichtigt werden.

Das SPD-Manifest braucht Unterstützung von den Bürgern, damit es nicht einfach eine weitere folgenlose Wortmeldung bleibt. Die Kriegspolitiker aller Parteien müssen mit den einfachen, logischen und verständlichen Forderungen des Manifestes konfrontiert werden. und Lügen á la Miersch und Kiesewetter und Konsorten darf man ihnen nicht weiter durchgehen lassen. [jdm]

Juni-Ausgabe des „Ausdruck – Das IMI-Magazin“ erschienen

Ausdruck-das IMI-Magazin von Juni 2025

Die Informationsstelle Militarisierung e. V. hat die Juni-Ausgabe des "Ausdruck - Das IMI-Magazin" herausgebracht. Es hat den Schwerpunkt: Kriegswirtschaft.

Die Themen im Einzelnen sind:
Zum Begriff der Kriegswirtschaft (Sebastian Thome)
„Ermächtigungsgesetz“ für die Kriegsindustrie, Historische Widerworte (Peter Bürger)
Kriegskasse und Rüstungsbudget (Andreas Seifert)
ReArm Europe – Weißbuch der Kriegswirtschaft (Özlem Alev Demirel)
Umstellung auf „Kriegswirtschaft“ – ein Blick nach Frankreich (Sven Wachowiak)
Roter Teppich für die Rüstungsindustrie (Andreas Seifert und Jürgen Wagner)
System of Systems – wie Rüstungslobby wirkt (Philip Steeg)
Von der Green Economy zur War Economy? – Waffen als Wachstumsmodell (Jürgen Wagner)
Von Zügen zu Panzern – zur Gegenkonversion (Martin Kirsch)
Mit einer Billion Euro in den Krieg, „whatever it takes“ (Tobias Pflüger)
Koalitionsvertrag der Aufrüster (Tobias Pflüger und Jürgen Wagner)
A 20 – Autobahnbau zur „NATO-Ostflanke“ (Ursula Trescher und Hermann König)
Beispiel „Drohnenwall“ – Aufrüstung und Kontrollverlust (Christoph Marischka)
Lettlands Weg in die Militarisierung (Udo Bongartz)
Kampf um Grönland – Zwischen dänischer Assimilation und US-Annexion (Ben Müller) [jdm]

Neue Ausgabe des Newsletters der chinesischen Botschaft

Der neue Newsletter der chinesischen Botschaft setzt sich in mehreren Artikeln mit der chinesischen Sicht auf den Zollwahn der USA auseinander.

Chinas Staatspräsident Xi Jinping sprach sich bei mehreren Veranstaltungen für mehr Fairness und Gerechtigkeit, besonders in der Entwicklungspolitik, aus. China geht von einer multipolaren Welt aus. Xi Jinping vertritt ein Konzept vom Aufbau einer Schicksalsgemeinschaft der Menschheit mit zahlreichen Vertragsabschlüssen, Maßnahmen und Hilfsangeboten. Er rief zu einer für alle akzeptablen Globalen Governance auf, bei der man ein Gleichgewicht zwischen Wirtschaft und Ökologie finden und gleichzeitig für Stabilität und Frieden sorgen müsse. Mehr im Newsletter. [jdm]

Don´t Assume. You may make an ASS out of U and ME

Zielscheibe mit Geld und einem Opfer

(Überschrift: Treffe keine Annahmen. Du könntest dich und mich zum Arschloch machen)

Der Ukraine-Krieg dauert jetzt über drei Jahre, und ein Ende ist nicht abzusehen. Die russische Seite hat ihre Kriegsanstrengungen intensiviert. Der Westen will nachziehen und die Ukraine (nun doch) mit weitreichenden Luftangriffssystemen wie den deutschen Flugkörper „Taurus“ ausrüsten. Eine politische Lösung durch Verhandlungen scheint in weite Entfernung gerückt. Man setzt auch in Deutschland auf Krieg. Die einzigen, die eine Veränderung in dieser Haltung bewirken könnten, wären die Bürger. Dass das in einer Demokratie möglich ist, hatte der amerikanische Vietnamkrieg gezeigt. Der Aufstand der Bürger in den USA gegen den Krieg hatte die Nixon-Regierung gezwungen, mit dem „bösen“ Gegner, dem kommunistischen Nordvietnam, zu verhandeln. Die Anti-Kriegsbewegung hatte auch bei uns Hunderttausende von Menschen auf die Straße gebracht. Heute gibt es keine Kriegsgegner, die demonstrieren.

Öffentlichkeit und die politische Klasse bei uns sind im Schulterschluss, wenn es darum geht, die russische Aggression in der Ukraine durch Krieg zu beenden. Ursache dieses unheilvollen Bündnisses ist die mediale Berichterstattung über den Krieg. Man bedient sich Annahmen, anstatt sich um eine faktische Darstellung zu bemühen. Die Killer-Annahme ist die, dass man Putin unterstellt, er wolle die Ukraine erobern, um dann Europa militärisch zu bedrohen. Was Herrn Putins Absichten waren, als er in die Ukraine einmarschiert ist, darüber wird in bestimmten Foren durchaus kontrovers diskutiert und soll in diesem Artikel nicht das Thema sein. Mir geht es auch nicht darum, die Unrechtmäßigkeit des Einmarsches weichzuspülen. Er war ein Bruch des Völkerrechts. Mir geht es darum, Annahmen in den Medien bloßzustellen, die die russische Seite diffamieren soll. Der Glaubwürdigkeit wegen habe ich Beispiele aus dem Luftkrieg gewählt.

Die täglichen Nachrichten in unseren Medien berichten von Bomben und Raketenangriffen der russischen Luftwaffe auf Städte und Dörfer und suggerieren eine Kriegführung gegen die ukrainische Bevölkerung. Zahlen der dabei ums Leben gekommenen Zivilisten werden genannt. Laut einer Statistik von STATISTA sollen seit Kriegsbeginn bis Ende April 2025 ungefähr 13 000 Zivilisten ums Leben gekommen sein. Ein Teil davon ist sicherlich den Luftangriffen zuzuschreiben. Bedenkt man jedoch die Zerstörungskraft von Bomben und Raketen, die die die russische Luftwaffe in ihrem Arsenal hat, dann wäre die Zahl der Opfer sicherlich sechsstellig, sollte man Städte und Dörfer zum Ziel machen. Eine solche Kriegsführung wäre absurd. Sie würde den Kriegswillen der ukrainische Bevölkerung nicht brechen, sondern befeuern. Als Beispiel sei der strategische Bombenkrieg der Alliierten gegen deutsche Städte im Zweiten Weltkrieg genannt. Eine solche Kriegsführung würde außerdem dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit widersprechen. Die gilt, von den Amerikanern entwickelt, spätestens seit dem 2. Golfkrieg (Befreiung Kuweits von irakischen Besetzung) in allen modernen Streitkräften der Welt als Doktrin.

Welche Ziele angegriffen werden sollen, entscheidet eine besondere Planungsgruppe. Deren Planungsprozess nennt man in der US/NATO Doktrin „Targeting“, Das methodische Auswählen, Priorisieren und Zuweisen von Zielen an die Einsatzstaffeln. Sie kann man aber nicht isoliert betrachten. Luftkrieg ist immer Teil der Gesamtkriegsführung. Der Landkrieg findet in der Ostukraine statt. Die Auswahl der Ziele konzentriert sich auf solche, deren Zerstörung die Kampffähigkeit der ukrainischen Armee im Kriegsgebiet schwächt und diese irgendwann zur Aufgabe zwingt. Das sind u.a. der Nachschub, Reserven, Verkehrsknotenpunkte, Rüstungsfabriken, Kommunikationseinrichtungen und Hauptquartiere im Hinterland. Bei einer Zieleauswahl sind die Russen von dieser Doktrin abgewichen, als sie nämlich das zivile Stromnetz von Städten angegriffen haben, was zu dramatischen Auswirkungen für die Bevölkerung geführt hat. Sie hatten ein amerikanisches Vorbild. Nachdem während des Kosovokrieges der Serbenführer Milosevic trotz der wochenlangen Bombardierungen militärischer Ziele durch die NATO keine Reaktion zeigte, begann man, Einrichtungen der zivilen Stromversorgung Belgrads und anderer Städte zu zerstören. Rechtfertigungskommentar des Oberkommandierenden der NATO-Luftstreitkräfte, US-General Short: Die serbische Bevölkerung soll spüren, dass Krieg ist. –

Sie werden vielleicht jetzt verstehen, warum die Medienberichte über den Ukraine-Krieg auf unverantwortlichen Annahmen beruhen. Unverantwortlich deswegen, weil sie zu Schlüssen über Herrn Putin und seine politischen Ziele führen, die Krieg und Rüsten rechtfertigen. Das ist die Botschaft, die hinter dem Untertitel verborgen ist. Wenn man nur das Luftkriegs-Targeting der Russen im Ukrainekrieg in Bezug setzt zu dem, was er immer wieder zu seinem politischen Ziel erklärt hat, nämlich eine neutrale Ukraine, die nicht Mitglied der NATO ist, dann kann man zu anderen Schlüssen kommen, als Politiker, Medienvertreter und Selbstgerechte uns durch platte Annahmen über einen machthungrigen und wahnsinnigen Putin suggerieren wollen.

Hinweis

Wer an mehr Details über den modernen Krieg interessiert ist, dem empfehle ich ein kleines Taschenbuch (auch als E-book erhältlich), das ich im letzten Jahr herausgebracht habe. „Krieg – eine Beleidigung der menschlichen Intelligenz“ [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Unnötige Kriege

Die Historie

Winston Churchill

Der britische Premierminister Winston Churchill nannte den zweiten Weltkrieg einmal den unnötigen Krieg. Im Vorwort zu seinen Memoiren schreibt er:

„Eines Tages sagte mir Präsident Roosevelt, dass er die Öffentlichkeit um Anregung ersuche, wie der Krieg benannt werden soll. Ich erwiderte sofort: ´Der unnötige Krieg`. Niemals hätte sich ein Krieg leichter verhindern lassen als dieser, der soeben alles vernichtet hat, was von der Welt nach dem vorangegangenen Kampf noch übriggeblieben war. Die menschliche Tragödie erreicht ihren Höhepunkt darin, dass wir nach allen Mühen und Opfern von Hunderten von Millionen Menschen und nach den Siegen der gerechten Sache noch immer nicht Frieden oder Sicherheit gefunden haben, und dass wir uns inmitten von Gefahren befinden, die noch schlimmer sind, als die überwundenen.“ – Winston Spencer Churchill, Churchill Memoiren Band I., 1948, S. 15

Wie die Geschichte gezeigt hat, sind die meisten Kriege unnötig. Sie sind unnötig, weil ihre Ursache im Menschlichen zu finden ist und wir sie daher vermeiden bzw. beenden könnten. Wenn wir das nicht tun, dann lauern auf uns Gefahren, „die noch schlimmer sind, als die überwundenen“. Churchill schrieb diese warnenden Worte nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, der 65 Mio Menschen das Leben gekostet und Europa in Schutt und Asche gelegt hatte. Bei der Aufarbeitung der Geschichte ging es ihm nicht in erster Linie darum, Aggressoren zu brandmarken oder eigenes Handeln zu rechtfertigen, sondern darum, Fehler der eigenen Seite zu benennen, die zum Ausbruch des Krieges beigetragen hatten. Eine solche Haltung unterscheidet den Staatsmann vom Politiker, der wiedergewählt werden will.

So bezeichnete der einstige britische Premier die gegen Deutschland verhängten Wirtschaftssanktionen des Versailler Friedensvertrages von 1919 als “böse und töricht”. Er zitierte den französische Marshall Foch, der zur Unterzeichnung des Versailler Vertrages bitter bemerkt hatte:” Das ist kein Friede. Das ist ein Waffenstillstand für zwanzig Jahre.” - Die Diktate der Sieger gegenüber Deutschland entsprachen einem Zeitgeist, dessen Ursachen anscheinend universellen Charakter haben, wie die heutige Politik des Westens gegenüber Russland beweist. Die Ursache lautet: Mangelnde Empathie. Und die wiederum hat auch ihre Ursache: Die weitverbreitete Unfähigkeit bzw. Verweigerung, ganzheitlich zu fühlen und denken und sich auch selbst in Frage zu stellen. Churchills Beschreibung des Zeitgeistes in Großbritannien nach Ende des ersten Weltkrieges spricht für sich:

“Die breiten Massen hatten von den einfachsten wirtschaftlichen Tatsachen keine Ahnung, und die Parteiführer wagten mit Rücksicht auf ihre Wähler nicht, sie darüber aufzuklären. Die Presse besprach und unterstrich nach altem Brauch die vorherrschenden Ansichten.” – Ebda, S. 22

Die Gegenwart

Wie Sie unschwer erkennen können, hat Churchills Erkenntnis eine erschreckende Aktualität. Die Politik des Westens gegenüber Putins Russland zeugt von einer Empathielosigkeit, die ebenfalls von einer gleichgeschalteten vorherrschenden Ansicht in weiten Teilen der Bevölkerung sowie bei Politikern und Journalisten getragen wird. Als besonders erschreckend ist zu bemerken, dass diejenigen, die sich um Empathie bemühen, als “Russlandversteher” beschimpft werden. Den Konfliktgegner verstehen heißt doch nicht, damit einverstanden zu sein, was er tut.

Sicher ist: Die Konflikt-Protagonisten haben Interessen, und Moral und Gesetz gehören nicht dazu, wie deren Realpolitik immer wieder zeigt. Sie werden als Mittel zum Zweck missbraucht. Sicher ist auch, dass Krieg nicht im Interesse von Staaten sein kann, wenn sie Globalisierung zum Wohl aller ernst meinen. Es gibt immer divergierende Interessen. Die müssen auf den Tisch und fair ausbalanciert werden. Moral und Recht dürfen nicht dazu gehören. Mit ihnen lässt sich nämlich jeder Krieg begründen. Juristen und Selbstgerechte schaffen das leicht. Dabei können sie in einer multi-kulturellen Welt einzig allein Werte sein, die ausschließlich das eigene Handeln bestimmen dürfen. Ihre normative Kraft bringt sie zum Wirken, nicht Soldaten und Panzer. Sie meinen, dass sei blau-äugig? – Hier ist ein Beispiel für „Normative Power“ aus der neueren Geschichte.

Das Hinrichten von Gesetzesbrechern war bis in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts weltweit eine legitime Form der Bestrafung – auch in Europa. Als im politischen Einigungsprozess unseres Kontinents der Europarat sich weltweit vehement für eine Abschaffung dieser unmenschlichen Bestrafungsform einsetzte und in der Folge die EU diese formal zur Bedingung für eine Mitgliedschaft machte, änderte sich sukzessive das Verhalten der meisten Staaten. Sie schafften die Todesstrafe ab oder vollstreckten nicht mehr. In 142 Staaten von den insgesamt 195 Staaten der Welt wird nicht mehr hingerichtet. Niemand hatte sie gezwungen. Wer Nähe zu uns haben will, der tut gut daran, unsere Normen zu beachten. Aus aktuellem Anlass ein bemerkenswertes Detail. In Russland gibt es formal immer noch die Todesstrafe. Die letzte Vollstreckung war 1999 ( Die Amtseinführung Putins als Präsident der Russischen Föderation war am 31.12.1999)

Bleibt zu hoffen, dass sich diese Vernunft endlich weltweit durchsetzt, wenn es darum geht, politische Ziele durch Krieg erreichen zu wollen. Die zeigt sich darin, dass man dem Konflikt-Gegner Empathie entgegenbringt. Das gilt für Politiker, Journalisten und Bürger gleichermaßen. Empathisch sein ist letztendlich eine menschliche Regung. Im Privaten wissen wir es schon längst. Sie wirkt nicht dadurch, dass man sie vom anderen fordert, sondern dadurch, dass man selbst empathisch ist. Wenn die politisch Verantwortlichen das beherzigen würden, der Ukrainekrieg wäre morgen beendet. Es gäbe nicht nur keine unnötigen Kriege mehr, der Krieg wäre endgültig Geschichte.

Nachtrag

Rüsten, Kriegsvorbereitung und Moralisieren, die die heutige Agenda unserer Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmen, sind irrational. Auf der einen Seite unterstellt man Putin Großmachtswahn, der darauf aus ist, Europa militärisch zu unterwerfen. Auf der anderen Seite rechnet man mit seiner Rationalität, wenn man meint, ihn durch militärische Stärke abschrecken zu können. Die Irrationalität gipfelt in dem Glauben, eine militärische Konfrontation mit einem atomar gerüsteten Russland in Europa siegreich bestehen zu können, falls die Abschreckung versagt. Man verweigert den rationalen Schluss, dass der Frieden, der danach folgt, ein Friedhofsfrieden sein wird. [Ulrich Scholz/esrtveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Vortrag „Nakba und ihre Bedeutung für das heutige Palästina und Israel“mit Nazih Musharbash, Präsident der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft

Die Gründung des Staates Israel im Mai 1948 stellt einen tiefgreifenden Wendepunkt in der Geschichte des Nahen Ostens dar. Während sie für viele Jüdinnen und Juden den Beginn eines souveränen Staates bedeutete, bedeutete sie für rund 700.000 Palästinenserinnen und Palästinenser Flucht, Enteignung und den Verlust ihrer Heimat – ein Ereignis, das in der arabischen Welt als Nakba („Katastrophe“) erinnert wird.

Bis heute wirken diese historischen Entwicklungen nach: Die anhaltende Besatzung des Westjordanlands, die Blockade des Gazastreifens, der fortschreitende Siedlungsbau und der umstrittene Status Ostjerusalems prägen die Realität vieler Palästinenserinnen und Palästinenser. Vor dem Hintergrund des Kriegs in Gaza seit Oktober 2023 geraten politische Konzepte und Maßnahmen in den Fokus, die auf eine langfristige Verdrängung der palästinensischen Bevölkerung aus dem Gazastreifen hinauslaufen könnten. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat sich in diesem Zusammenhang positiv auf einen von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagenen Plan zur „freiwilligen Umsiedlung“ von Palästinensern bezogen.

Der Vortrag von Nazih Musharbash, Präsident der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft, im AZ Lingen im Falkenheim (Ludwigstraße 42, 49809 Lingen) am Freitag, 23. Mai 2025 um19 Uhr nimmt diese aktuellen Entwicklungen zum Anlass, um die Nakba sowohl als historisches als auch als gegenwärtiges Geschehen zu betrachten. Er beleuchtet zentrale Fragen von Flucht, Heimatverlust und politischer Verantwortung – damals wie heute – und ordnet sie in den größeren Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts ein. Anschließend besteht Gelegenheit zur Diskussion. [PM]