Bernhard Klaus von der Informationsstelle Militarisierung e.V. findet es ist bemerkenswert, dass man am 13. Juni 2025 in den „Informationen am Abend“ des Deutschlandfunks gut eine halbe Stunde der Berichterstattung über die israelischen Luftangriffe auf den Iran lauschen konnte, ohne dass eine völkerrechtliche Einordnung vorgenommen worden sei. Der deutsche Außenminister Wadephul sei mit folgender Einschätzung eingeblendet worden:

„Das Nuklearprogramm Irans ist eine Bedrohung für die ganze Region und insbesondere für Israel. Und deswegen ist für uns klar: Israel hat das Recht, seine Existenz und die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu verteidigen“.

Der konkrete Zeitpunkt der Äußerung und dem expliziten Verweis auf das iranische Nuklearprogramm lasse keinen anderen Schluss zu, als dass der deutsche Außenminister hier gesagt habe, Israel habe ein Recht zu diesen Luftangriffen gehabt. Völkerrechtlich sei das Quatsch.

2020 noch stellte der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Sachstand „Zum Begriff des Angriffskrieges“ fest, dass die Begriffe „Angriffshandlung“ und „Angriffskrieg“ sich weitgehend entsprechen. Von einem Völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Israels auf den Iran ist aber – ganz anders als im Falle Russland/Ukraine – kaum die Rede in deutschen Medien.

Einige deutsche Medien nahmen andere völkerrechtliche Einordnungen des israelischen Vorgehens gegen den Iran vor. Das ZDF zitierte u.a. Dominik Steiger, Professor für Völkerrecht an der TU Dresden: „Völkerrechtlich ist die Situation glasklar: Hier war die Gefahr noch zu abstrakt, Israel hätte also nicht angreifen dürfen“. „Dieser Angriff war klar völkerrechtswidrig“ zitiert Spiegel Online den Rechtsprofessor Kai Ambos.

Der politische Westen zeigt nicht erst seit den Zerstörungen in Gaza seine Neigung zuz doppelten Standards. Die Achtung des Völkerrechts wird nur dann gefordert, wenn es gerade in den Kram passt. Das Völkerrecht ist aber unteilbar und nicht durch eine vom Westen formulierte Regelbasierte Ordnung abgelöst.

Wie bei dem Ukrainekrieg, der vom Westen mantraartig als „Angriffskrieg“ bezeichnet wird, muss auch bei diesem Angriffskrieg Israels beachtet werden, dass es eine Vorgeschichte gibt. Zu Vorgeschichte gehören neben der Gründungsgeschichte Israels und den Kriegen, die es zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten gab, auch die zerstörten Friedensbemühungen in der Zeit Rabins, die Geschichte der korrupten Strukturen in den palästinensischen Gebieten, schließlich die Terrororganisation Hamas und schließlich die völlig unverhältnismäßigen Tötungen der israelischen Armee im Gazastreifen (siehe Interview mit Ex-BGH-Richter Thomas Fischer). Zur Vorgeschichte gehört auch, dass Iran zwar eine feindselige Haltung an den Tag legte, aber dennoch keine unmittelbare Bedrohung Israels darstellte und es sich demnach bei dem Angriff auf den Iran nicht um einen Verteidigungskrieg handelt.

Angesichts der undifferenzierten Äußerungen von Bundeskanzler Merz über das – unbestrittene- Selbstverteidigungsrecht Israels spricht Harald Neuber auf Telepolis von „Annalena Merz“. Militärische Alleingänge wie die von Israel gegen den Iran seien der falsche Weg und setzten die Spirale der Gewalt weiter in Gang. Sie schwächten langfristig die Legitimität und Glaubwürdigkeit der völkerrechtlichen Ordnung, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert wurde.

Mit jedem Tag, an dem die Waffen sprächen, wachse die Gefahr eines regionalen Flächenbrandes. Die Bilder der zerstörten Wohnhäuser in Tel Aviv und der brennenden Ölanlagen im Iran seien eine eindringliche Mahnung. Die Weltgemeinschaft bewege sich auf einem schmalen Grat. Fehltritte und unbedachte Provokationen könnten weitaus fatalere Folgen haben, als wir sie derzeit beobachten müssten. [jdm]