Die DKP (Deutsche Kommunistische Partei) spricht von einem „kalten Parteiverbot“. Der Bundeswahlausschuss hat die DKP nicht zur Bundestagswahl zugelassen und ihr den Parteistatus entzogen. Formal begründet wurde dies vom Bundeswahlleiter Georg Thiel damit, die Partei habe die Rechenschaftsberichte verspätet abgegeben. Im entsprechenden Gesetz steht aber nur, der Parteistatus kann entzogen werden, wenn sechs Jahre kein Bericht abgegeben wurde. Dieses Gesetz war seinerzeit eine Reaktion auf die Spendenskandale der großen Parteien.

Für eine Partei, wie die DKP, deren Einnahmen im Wesentlichen aus Mitgliedsbeiträgen bestehen, und deren Verwaltung auf dem Ehrenamt beruht, ist eine Verspätung bei der Berichtsabgabe nicht ungewöhnlich.

Der Richter am Bundesverwaltungsgericht, Stefan Langer, meldete als nicht stimmberechtigtes Mitglied des Bundeswahlausschusses sofort Bedenken an. Ein verspäteter Bericht stehe einem „fehlenden Bericht“ nicht gleich. Und Hartmut Geil (Bündnis 90/Die Grünen) sagte: „Wenn ich meine Steuererklärung verspätet einreiche, dann krieg ich vielleicht Säumniszuschläge, wenn ich sie gar nicht einreiche, ist es Steuerhinterziehung“. Er gab dann auch die einzige Gegenstimme ab. Die Vertreterin der Linken, Constanze Portner, stimmte ohne sich – anders als Geil –  vorher nach dem Rechtsrahmen zu erkundigen, mit der Mehrheit für dieses „kalte Parteiverbot“.

Die DKP konnte gegen den Beschluss nur innerhalb von vier Tagen Einspruch vor dem Bundesverfassungsgericht einlegen, was sie dann auch getan hat. Der DKP-Vorsitzende Patrick Köbele erklärte, man werde sich durch die Nichtzulassung nicht abhalten lassen, „gegen das Abwälzen der Krisenlasten auf die Bevölkerung, gegen die Kriegstreiberei von NATO und Bundesregierung, für Frieden mit Russland und China“ zu kämpfen.

Dieser Beschluss reiht sich ein in eine ganze Reihe von Versuchen, linke und oppositionelle demokratische Organisationen über Verwaltungsvorschriften in ihrer Arbeit zu behindern. So wurde der Bundesvereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten vor zwei Jahren die Gemeinnützigkeit entzogen, was aber vor Kurzem wieder aufgehoben wurde. Der Kampagnen-Organisation Campact e.V. ist die Gemeinnützigkeit entzogen worden; Change.org e.V. ebenfalls. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat 2019 entschieden, die Gemeinnützigkeit der Nichtregierungsorganisation Attac aufzuheben. In seiner Begründung stellte das Gericht fest, dass die „Einflussnahme auf politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung […] keinen gemeinnützigen Zweck erfüllt“. Der BFH kam zu dem Schluss, dass zwar die unter Volksbildung zu fassende politische Bildungsarbeit als gemeinnützig gelte, nicht aber deren Einsatz für allgemeinpolitische Forderungen zur Tagespolitik und dazu durchgeführte Kampagnen. Der linken Zeitung „Junge Welt“ wird durch die regelmäßige rechtswidrige Erwähnung im Verfassungsschutzbericht permanent wirtschaftlicher Schaden zugefügt.

Die Deutsche Steuergewerkschaft, ein Verband von neoliberalen Mittelständlern, deren Arbeit nur darin besteht, Kampagnen gegen den Sozialstaat und gegen staatliche Interventionen zu fahren, wird dagegen als gemeinnützig anerkannt. Der Atlantik-Brücke e.V., einem Verein, dem führende Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, den Streitkräften, der Wissenschaft, den Medien und der Kultur angehören, die über das gemeinsame Netzwerk gesellschaftspolitischen Einfluss nehmen und Kontakte für ihre Karriere und für ungehinderte Konzernprofite pflegen, ist natürlich als gemeinnützig anerkannt.

Das „kalte Parteiverbot“ gegen die DKP ist somit kein Versehen, keine Tat eines übereifrigen Beamten, sondern Teil einer Kampagne, die linke Organisationen hinterrücks und unbemerkt ohne offizielle verfassungswidrige Verbote von der politischen Willensbildung in Deutschland abhalten will. Wie Norman Paech in einer Solidaritätsadresse an die DKP sagte: „Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang, die DKP nicht zur nächsten Bundestagswahl zuzulassen. Vor allem, wenn man gleichzeitig 44 politische Vereinigungen, die bisher nie als überregionale Parteien in Erscheinung getreten sind, die Zulassung erteilt wurde.“ Sevim Dagdelen, MdB der Linken: „Die Entscheidung ist nicht akzeptabel, sie kommt einem kalten Parteiverbot gleich. Diese fatale Entscheidung muss gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte dringend korrigiert werden. Dass der Antikommunismus die Grundtorheit unserer Epoche ist, wie es Thomas Mann feststellte, gilt heute auch.“ [jdm]