Die Forderungen nach weiterer Aufrüstung der Nato und der Bundeswehr werden mit angeblichen Bedrohungen begründet. Da aber weit und breit keine Feinde zu erkennen sind und die Nato weit weg in fremden Ländern mordet, stellt sich doch die Frage, ob es nicht umgekehrt ist: Weil man unbedingt aufrüsten will, sucht man sich Feinde. Denn der Waffenverkauf ist ein lohnendes Geschäft.


Finanzminister Scholz ist mit seiner Schwarzen-Null-Politik nur ein Klon seines Vorgängers Schäuble. Die SPD-Zugehörigkeit ist für ihn als Hamburger nur landmannschaftliches Dekors. Aber dass seine Haltung zur (relativen) Absenkung der deutschen Rüstungsausgaben führen könnte, ist ja mal eine schöne Überraschung.

Dabei hat Ursula von der Leyen alles getan, um einen „Nachholbedarf“ der Bundeswehr herbei zu halluzinieren. Das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels der Nato (2 % des Bruttosozialprodukts für die Rüstung ausgeben) wurde von ihr und den europäischen Kompagnons dem amerikanischen Präsidenten Trump in die Hand versprochen. Und sie und ihre Propagandisten, wie der Wehrbeauftragte der Bundeswehr, Bartels, gingen durchs Land und redeten über die Ausrüstungsmängel. Die nicht fliegenden Hubschrauber waren Standardprogrammbestandteil der Hofnarren à la Oliver Welke. Sogar der Moorbrand in Stavern wurde letztlich auch als Folge der mangelnden Ausrüstung dargestellt.

Dabei hat von der Leyen etwas zuviel des Guten getan, denn die Ausrüstungsmängel wurden in der deutschen Öffentlichkeit zuletzt immer mehr als Versagen der Ministerin interpretiert. „Waffensysteme oft nicht einsatzbereit“ lauten die Berichte, wie am Montag in der Ems-Zeitung. Dabei wollte von der Leyen nur etwas dramatisieren, um einen Bedarf für die Ware der Freunde aus der Rüstungsindustrie zu suggerieren. Wer will, kann von der Leyen jetzt als Opfer ihrer eigenen Propaganda bemitleiden. Damit sich diese Debatte nicht verselbständigt, hat das Ministerium Vorsorge getroffen: Der aktuelle Bericht zur Materiallage, im vergangenen Jahr offen zugänglich, ist nun als Geheim eingestuft und darf selbst von Bundestagsabgeordneten nur in der Geheimschutzstelle des Parlaments eingesehen werden (Quelle: Augen Geradeaus vom 11.03.2019). Seltsame Demokratie, wo die Exekutive dem Parlament einfach den Mund verbieten kann.

Die deutsche Rüstungsindustrie ist der viertgrößte Waffenhändler der Welt und hat die Exporte wieder gesteigert. Deutsche Waffentechnik wird im Jemenkrieg verwendet; Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate bekommen von Deutschland Waffen für den Krieg im Jemen; amerikanische Drohnen töten im Jemen (und Syrien und Somalia) von Ramstein aus gesteuert. Eine deutsche Aufklärungsdrohne des Typs „Luna“ ist im Norden Jemens abgestürzt.

Und doch sind die erteilten Einzelausfuhrgenehmigungen von 6,85 Mrd. EUR für 2016 für die Rüstungsindustrie Peanuts. Mehr Geld lässt sich vom deutschen Steuerzahler in die Taschen der Aktionäre umschaufeln. 284 Milliarden Dollar gaben die europäischen Natostaaten im Jahr 2017 für Waffenkäufe aus; 2018 gab Deutschland rund 38,5 Mrd. Euro aus, das sind fast 48 Milliarden Dollar.

Waffenverkäufe sind leicht verdientes Geld; denn der Stoff wird gern zu überhöhten Preisen bezahlt. Und eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken hat ergeben, dass sich die Bundeswehr auf Selbstreparaturverzichtserklärungen eingelassen hat, die inzwischen über ein Drittel ihrer insgesamt 53 Hauptwaffensysteme betreffen. Unter den 20 Waffensystemen, die die Soldaten und Bundeswehrangestellten nicht mehr selbst reparieren dürfen, sind neben dem umstrittenen Eurofighter und der Fregatte F125 auch Hubschrauber und Panzer. Bei 13 dieser Waffensysteme konnten die Hersteller sogar durchsetzen, dass Bundeswehr-Mechaniker bei der Reparatur nicht einmal zuschauen dürfen. Damit soll ausgeschlossen werden, dass sie Kenntnisse erwerben, mit denen sie Fehler später einmal selbst beheben können (Quelle: Telepolis vom 25.02.2019).

Und so kann man die angeblichen Mängel in der Bundeswehr noch einmal unter einem ganz anderen Gesichtspunkt sehen: Sie sind vertraglich vereinbart, um den Rüstungsschmieden durch Wartungsverträge noch einmal Extraprofite zu sichern.