Rund dreißig Organisationen aus Deutschland rufen zu einer Aktionswoche zum Schutz für all diejenigen auf, die in Russland, Belarus und der Ukraine den Kriegsdienst verweigern. Die Aktionswoche wird rund um den 15. Mai, dem Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung, stattfinden.

Zwei Jahre nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine gibt es weiter keinen Schutz für diejenigen aus Russland und Belarus, die sich nicht an dem Krieg beteiligen wollen. Und auch die Ukraine erkennt kein allgemeines Recht auf Kriegsdienstverweigerung an; einige Verweigerer wurden sogar zu Gefängnisstrafen verurteilt. Ukrainische Männer zwischen 18 und 60 Jahren, die im Ausland leben, sollen sich beim Militär registrieren. Deshalb geben ukrainische Passstellen seit zwei Wochen keine Dokumente mehr an sie aus und rufen zur Heimreise auf. Durch das Ausstellen von Ersatzpapieren kann Deutschland diesen Männern zu einem sicheren Aufenthalt verhelfen. Statt das im Grundgesetz verbriefte Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu unterstützen, überlegt der hessische Innenminister Roman Poseck, CDU, sich zum Erfüllungsgehilfen ukrainischer Rekrutierungsbehörden zu machen. Deutschland müsse darüber nachdenken, wie es der Ukraine helfen könne, genug Personal fürs Militär zu rekrutieren, sagte Poseck.

Der sonst eher durch Forderungen nach mehr Waffen auffallende Anton Hofreiter von den Grünen sprach sich dafür aus, Deutschland solle den Ukrainern Ersatzdokumente ausstellen. „Wir haben bei uns im Grundgesetz das Recht auf Kriegsdienstverweigerung. Und ich glaube, Menschen, die auf gar keinen Fall kämpfen wollen, da reinzuzwingen – das macht am Ende auch die ukrainische Armee nicht stärker“, sagte Hofreiter.

Es gibt mindestens 250.000 Militärdienstpflichtige aus Russland, die seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine das Land verlassen haben und Schutz in anderen Ländern suchen. Schätzungsweise 22.000 belarussische Militärdienstpflichtige haben ihr Land verlassen, weil sie sich nicht an einer möglichen Beteiligung am Krieg in der Ukraine beteiligen wollen. In der Ukraine wird die Zahl der Männer, die versuchen, sich dem Kriegsdienst zu entziehen und in die EU geflohen sind, nach Zahlen von Connection e.V., auf 325.000 geschätzt. Viele Tausend verstecken sich auch innerhalb des Landes. Die Ukraine erkennt kein allgemeines Recht auf Kriegsdienstverweigerung an; die bestehenden Regelungen werden gerade weiter verschärft.

Sie alle müssen wegen ihrer Haltung gegen den Krieg eine mehrjährige Verfolgung befürchten. Sie hoffen auf Schutz in der Europäischen Union. „Es ist eine Schande, dass die europäischen Staaten der Ukraine unbegrenzte Unterstützung zusagen, aber gleichzeitig denjenigen keine Zuflucht gewähren, die sich an dem Krieg nicht beteiligen wollen. Damit wird hingenommen, dass Menschen gegen ihren Willen zu Mittäter*innen in diesem völkerrechtswidrigen Krieg gemacht werden“, so Dr. Christine Schweitzer vom Bund für Soziale Verteidigung.

„Angesichts des Krieges in der Ukraine brauchen wir eine klare Zusage der deutschen Bundesregierung und der europäischen Institutionen“, so Rudi Friedrich vom Kriegsdienstverweigerungs-Netzwerk Connection e.V., „dass bei Desertion und ausdrücklich auch bei Militärdienstentziehung in Russland Flüchtlingsschutz garantiert wird. In bisherigen Asylverfahren werden die Betroffenen nach wie vor abgelehnt. Ein echter Schutz für alle, die sich dem Krieg verweigern, ist schon lange überfällig.“ Aber die Quote der Asyl-Anerkennungen von russischen und belarussischen Verweigerern hat sogar abgenommen, wie Zahlen des Bundesinnenministeriums zeigen.

Das Kriegsdienstverweigerungs-Netzwerk Connection e.V., sammelt weiter Unterschriften für die europäische Unterstützung von Kriegsdienstvereweigeren aus den drei Staaten. [PM/jdm]