Jetzt hat Deutschland auch bewaffnete Drohnen

Heron beim Start in El Salvador

Der gut informierte und recherchierende Blog „Augen geradeaus“ berichtete ausführlich über den Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestages, rund 150 Millionen Euro für die Bewaffnung der Drohnen zu genehmigen.

Die Bewaffnung von Drohnen war lange Zeit innerhalb der SPD umstritten. Aber wie immer, wenn Sozialdemokraten mit den Grünen an der Regierung sind, ist die freihändige Anschaffung von neuen Waffen kein Problem mehr. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte dies so schon im Koalitionsvertrag abgesprochen.

Der Beschluss des Haushaltsausschusses enthält auch den Satz „Der Einsatz bewaffneter Drohnen ist nur zur Bekämpfung legitimer Ziele im Sinne des Humanitären Völkerrechts zulässig.“ Der Satz sagt aus, dass die Drohnen nur zu legalen Zwecken eingesetzt werden dürfen – eigentlich ein überflüssiger Satz, sollte man denken. Die USA setzen diese bewaffneten Drohnen schon seit Jahren ein, um ferngesteuert ihnen missliebige Personen überall in der Welt zu ermorden. Das ist allgemein bekannt. Unter Barack Obama als Präsident wurde diese mörderische Praxis quantitativ deutlich verstärkt. Die Morde werden als „extralegale“ Tötungen bezeichnet.

Die illegalen Tötungen, also Morde, möchte der Bundestag nicht erlauben. Das ist doch schon mal was, möchte man ausrufen. Aber möglicherweise sind die Morde dann erlaubt, wenn der Bundestagsausschuss den Satz eines Tages wieder streicht?

Eine weitere Gefahr, die von einer Kriegsführung mit Drohnen ausgeht, ist die maschinengesteuerte Kriegführung. Hier spricht man natürlich nicht von Maschinen, sondern vom Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). In einem solchen Krieg gäbe es keine menschliche Instanz mehr, die über die Verhältnismäßigkeit und Rechtmäßigkeit des Angriffs entscheidet, sondern nur eine comptergesteuerte Automatik. Dem möchte der Haushaltsausschuss mit der Einschränkung, dass "die Entscheidungs-, Kontroll- und Steuereinheiten für Drohnen und deren Einsatz ... im mandatierten Einsatzgebiet stationiert sein" sollen, entgegen wirken. Man wird sehen, dass sich auch diese Einschränkung schnell beseitigen lassen wird, wenn die Dinger erst mal im Einsatz sind.

Thomas Wiegold, der Herausgeber von „Augen geradeaus“, bezeichnet es als Ironie dieses langen (Beschaffungs-)Prozesses, „dass die Zustimmung zu dieser Beschaffung zu einer Zeit kommt, in der diese Drohnen … mit Bewaffnung weniger benötigt werden als noch vor einigen Jahren:“ Die Hauptaufgabe der Heron TP, der Schutz der Truppen am Boden bei Auslandseinsätzen wie in Afghanistan oder in Mali, sei ja jetzt nach dem Auslaufen des Afghanistaneinsatzes passé. Und wie es in Mali weitergeht, weiß niemand.

Ach ja, wo der Haushaltsausschuss schon mal in Fahrt ist: Er billigte bereits jetzt, dass für fast 2,4 Milliarden Euro Schutzausstattung, Helme und Bekleidung bestellt werden – auch wenn formal noch gar kein gebilligter Verteidigungshaushalt für dieses Jahr vorliegt. Warum auch nicht? Das ganze Parlament mit solchen Lappalien zu behelligen, muss ja nicht sein. Wenn das Verteidigungsministerium ein paar Angebote eingeholt hat, wird es schon wissen, was richtig ist. Außerdem hat man in den Coronazeiten ja wohl gelernt, dass Parlamente eigentlich entbehrlich sind. [jdm/Photo by Jose Ruiz, U.S. Southern Command Public Affairs, Public domain, via Wikimedia Commons]

Bei der Rüstung sind sie fix…

In der vergangenen Woche hat der Haushaltsausschuss des Bundestages gleich 27 Rüstungsprojekte mit einem Gesamtvolumen von fast 20 Mrd. Euro durchgewunken. Dazu gehörte die Nachrüstung des Schützenpanzers PUMA mit einem Finanzbedarf von knapp 1,9 Milliarden Euro. Vor allem aber gehörten dazu auch die Gelder für die Phase 1b des Flugkampfsystems FCAS, eines deutsch-französisch-spanischen Rüstungsprogramms, das zuvor heftig umstritten war. Obwohl es in der SPD zuvor arg rumort hatte, standen die Genossen stramm an der Seite der Union, auch wenn sie sich auf die Fahnen schreiben, gerade beim FCAS „klare Bedingungen“ formuliert zu haben, mit denen den vielen Kritikpunkten Rechnung getragen worden sei.

Allzu weit gehen diese Bedingungen allerdings nicht, die wohl gravierendste dürfte sein, dass die beantragten 4,5 Mrd. Euro nun in zwei Margen (Phase 1b und Phase 2) aufgeteilt wurden und die Hürde für die Auszahlung der Gelder für Phase 2 nun erhöht wurde, indem hierfür ein erneuter Beschluss des Bundestages für notwendig erklärt wurde. Im diesbezüglichen Maßgabebeschluss, der bei Augengeradeaus zitiert wird, heißt es: „Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung auf, vor dem Auslösen der optionalen Phase 2, die Zustimmung des Haushaltsausschusses einzuholen.“

Die Friedensbewegung kritisierte insbesondere folgende Punkte am Rüstungsprojekt FCAS:

  • Hohes Maß an Intransparenz und eine fehlende öffentliche Debatte.
  • Finanziell überdimensioniertes Projekt mit unklarem Kostenrahmen. Stattdessen sollte das Geld besser in zivile Bereiche investiert werden.
  • Fördert und bedingt die Entwicklung autonomer Waffensysteme sowie bewaffneter Drohnen durch die Hintertür.
  • Erschwert die Ächtung autonomer Waffensystem.
  • Heizt die Rüstungsspirale an.
  • Der geplante Export des Waffensystems sowie vermeintlich neue militärische Überlegenheitsgefühle durch FCAS fördern Kriege. [PM IMI/Friedenskooperative/jdm]

KI-Experte warnt vor Automatisierung des Krieges

Dr. Jakob N. Foerster
Dr. Jakob N. Foerster

Der Experte für künstliche Intelligenz (KI) Dr. Jakob Foerster warnt in einem Offenen Brief an die SPD vor der Automatisierung des Krieges, die global mit dem Einsatz bewaffneter Drohnen forciert werde.

Es gebe schon heute keine moderne Drohne mehr, die komplett ohne jede Automatisierung fliegen könne. Sie benötigten eine große Anzahl von automatischen Steuerungs-, Assistenz- und Navigationssystemen. Diese notwendigen Algorithmen seien nicht in fundamentaler Weise von anderen Technologien der künstlichen Intelligenz zu unterscheiden.

Auf europäischer Ebene würden unter maßgeblicher Beteiligung der Bundesrepublik Forschungs- und Rüstungsprojekte geplant, die weitere Schritte in Richtung autonomer Waffensysteme bedeuten würden. An diesen geplanten Rüstungsprojekten konkretisiere sich die Gefahr der Weiterentwicklung der Drohnentechnologie in Richtung Autonomie. Ein "Nein" zu Kampfdrohnen durch die Bundesrepublik Deutschland wäre ein Signal, diese inhumane und brandgefährliche Tendenz zu stoppen. [jdm]

Trau dich, SPD! Sag Nein zu bewaffneten Drohnen

Aktion5 - Trau dich, SPD! Sag nein zu bewaffneten Drohnen!

Es ist noch nicht zu spät. Die Bewaffnung der Bundeswehr-Drohnen kann noch verhindert werden. Die SPD will bis zum 12. Dezember darüber entscheiden. Da es innerhalb der SPD weiterhin keine klare Position für oder gegen eine Bewaffnung gibt, sind die Hoffnungen berechtigt, dass die Friedensbewegung und die friedenspolitischen Befürwörter innerhalb der SPD die Bewaffnung noch verhindern werden.

Schreiben Sie eine E-Mail an den SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich, die stellv. Vorsitzende Gabriela Heinrich sowie an Wolfgang Hellmich (MdB SPD, Vorsitzender Verteidigungsausschuss) und Martin Gerster (MdB SPD, stellv. Vorsitzender Haushaltsausschuss). [jdm/ Netzwerk Friedenskooperative]

Paschke unterstützt Drohnen-Position des SPD-Parteivorstands

Die SPD hatte in einer E-Mail ihre Bedingungen zur Bewaffnung von Drohnen mitgeteilt. Wir haben dem örtlichen SPD-Bundestagsabgeordenten Markus Paschke unseren Kommentar zukommen lassen, dass die Bedingungen kurzgefasst lauten, einer Bewaffnung werde zugestimmt, wenn das Töten von Menschenhand gesteuert, nur legal und mit psychologischer Betreuung für die Mörder geschehe.

Markus Paschke hat jetzt in einer E-Mail geantwortet, dass er die vom SPD-Vorstand genannten Bedingungen unterstützt. Mit diesen gehe die SPD in eine öffentliche Anhörung des Bundestags zum Thema Bewaffnung von Drohnen. Die Anhörung soll am 05.10.2020 stattfinden.

Paschke distanziert sich davon, dass die Soldaten, die die bewaffneten Drohnen steuern werden, als Mörder bezeichnet würden. Die Drohnen dienten dem Schutz der Soldaten.

Da Kampfdrohnen hauptsächlich von den reichen Staaten in den armen Ländern eingesetzt werden, fragt man sich doch, wie sie unsere Soldaten schützen könnten. Wer wissen will, was Kampfdrohnen wirklich anrichten, kann dies im IPPNW-Report über die humanitären Folgen von Drohnen nachlesen. Dort steht nichts von armen deutschen Soldaten, die sich mit Kampfdrohnen schützen müssten.

Kurt Tucholsky schrieb 1931 in der Zeitschrift Die Weltbühne  unter dem Pseudonym Ignaz Wrobel zum 1. Weltkrieg: „Da gab es vier Jahre lang ganze Quadratmeilen Landes, auf denen war der Mord obligatorisch, während er eine halbe Stunde davon entfernt ebenso streng verboten war. Sagte ich: Mord? Natürlich Mord. Soldaten sind Mörder.“ [jdm]

SPD zu bewaffneten Drohnen: Nur Töten von Menschenhand, nur legal und mit psychologischer Betreuung für die Mörder

Bundeswehrdrohne
Bundeswehrdrohne

Am 30. Juli haben wir zu einer E-Mail-Aktion des Netzwerks Friedenskooperative an den SPD-Parteivorstand aufgerufen. Es wurde befürchtet, dass die SPD-Fraktion im Bundestag einer Bewaffnung der Heron-TP-Drohnen zustimmen könnte, wenn gewisse Bedingungen erfüllt seien.

Der SPD-Vorstand hat jetzt in einer E-Mail geantwortet. Im Ergebnis werden die Befürchtungen durch die Antwort bestätigt. Wenn die Antwort von den ganzen Weichspülerfloskeln gereinigt ist, bleibt übrig, dass die SPD keine vollautomatischen bewaffneten Drohnen möchte, sondern von Menschenhand gesteuerte bewaffnete Drohnen. Außerdem möchte die SPD keine extralegalen Tötungen, sondern nur Tötungen, die legal sind. (mehr …)

MdB Markus Paschke (SPD) zu bewaffneten Drohnen: „Kann mir … eine Anschaffung kaum vorstellen“

Markus Paschke MdB (SPD)
Markus Paschke MdB (SPD)

Wir hatten am 7. Juni den Aufruf der Friedenskooperative „Keine bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr“ unterstützt. In einer Antwort auf eine Kampagnen-E-Mail verwies unser örtlicher SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Paschke darauf, dass die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag sich ausführlich und in aller Sorgfalt mit der Bewaffnung von Drohnen beschäftigen werde. Bislang stehe eine Entscheidung dazu jedoch aus. Er persönlich sehe bewaffnete Drohnen als sehr kritisch an und könne sich unter den bisherigen Bedingungen eine Anschaffung kaum vorstellen.

Drohnenbestand der Bundeswehr 2018
Drohnenbestand der Bundeswehr 2018

Im Koalitionsvertrag sei vereinbart, dass eine Anschaffung von bewaffneten Drohnen erst nach einer ausführlichen öffentlichen Debatte erfolgen könne. Am 11. Mai 2020 habe eine Podiumsdiskussion den Beginn für eine Reihe von Formaten dargestellt, an deren Ende eine Auswertung und auf dieser Grundlage dann eine mögliche Entscheidung des Parlaments stehen soll. Die bereits durchgeführten sowie weiteren Veranstaltungen des Bundesministeriums der Verteidigung seien im Internet unter https://www.bmvg.de/de/debatte-bewaffnete-drohnen zu verfolgen.

Karl-Heinz Brunner MdB (SPD) auf der Mahnwache am 11.05.2020 vor dem Bundesministerium der Verteidigung
Karl-Heinz Brunner MdB (SPD) auf der Mahnwache am 11.05.2020 vor dem Bundesministerium der Verteidigung

Auf diese Debatte setzt auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Brunner, der vor der genannten Podiumsdiskussion auf einer Mahnwache seine persönliche Ablehnung der Drohnenbewaffnung äußerte.

Einen ausführlichen Beitrag zu dieser gesellschaftlichen Debatte hat der IPPNW Report „Humanitäre Folgen von Drohnen - Eine völkerrechtliche, psychologische und ethische Betrachtung“ bereits im Februar 2019 geleistet. Eine wesentlich kompaktere Darstellung des Problems bietet das Fact-Sheet der Informationsstelle Militarisierung e.V. „Drohnen - Überwachen und Töten auf Distanz“ ebenfalls vom Februar 2019. [jdm]