Vor 200 Jahren fand die letzte öffentliche Hinrichtung im Amt Lingen statt
Das Leben der jungen Anna Gesina Fenslage, die 1807 mit zweiundzwanzig Jahren als letzte Verurteilte öffentlich in Meppen hingerichtet worden ist, hat die Meppenerin Margret Koers vor einigen Jahren in ihrem Buch „Hexenschwert“ beschrieben.
1685, vor 340 Jahren fand die letzte Hinrichtung auf dem Galgenberg in Aschendorf statt. Auf dem Galgenberg hatten seit 1449, als hier die Anführer des Aschendorfer Bauernaufstandes hingerichtet wurde, immer wieder Hinrichtungen stattgefunden. Von 1539 bis 1543 wurden 22 Personen der Hexerei angeklagt. Der Rentmeister des Aschendorfer Gerichtes (Burg Nienhaus) rechnete 1543 44 Emder Gulden für den Scharfrichter ab, der 11 Zauberinnen hingerichtet hatte.
Auch die letzte Hingerichtete auf dem Galgenberg war eine Frau: Christine Wilmes wurde wegen Kindsmord hingerichtet. Sie war von ihrem eigenen Vater geschwängert worden und hatte die Leiche des Kindes unter dem Fußboden vergraben.
Vor genau 200 Jahren wurde Gerhard Kruis nach einem langwierigen Strafverfahren zum Tode durch Enthauptung verurteilt. An ihm fand im Jahre 1825 die letzte öffentliche Hinrichtung im Amt Lingen statt.
Gerhard Kruis, genannt Knapp Gerd, hatte auf dem Weg von Holland, wo er als Hollandgänger in der Heuernte Geld verdient hatte, einen alten Nachbarn Gerhard Heinrich Langeborg erschlagen und diesem das erarbeitete Geld geraubt. Ein Beitrag im Blog des Emslandmuseums Lingen beschreibt die soziale Lage von Gerhard Kruis und die Rolle der Hollandgängerei. Knapp Gerd hatte als Heuermann finanzielle Probleme und hatte gehofft, sich durch den Hollandgang aus der Klemme zu helfen. Aber Langeborg hatte ihm die Stelle, die Knapp Gerd schon seit Jahren ansteuerte, vor der Nase weggeschnappt, so dass Kruis zwei Wochen mit Arbeitssuche vergeuden musste und zudem noch einen schlechter bezahlten Job annehmen musste.
Kruis hatte sich zuvor nie etwas zu schulden kommen lassen. Seine Täterschaft wurde praktisch sofort ermittelt und das geraubte Geld wurde in seinem Haus gefunden. Kruis gab freimütig ein Geständnis ab. Die Richter erkannten auf Totschlag und anschließendem Raub. Darauf stand die Todesstrafe. Der Heimatverein Lingen berichtet, dass die Richter darauf verzichteten, ihn wegen Raubmord zu verurteilen, weil der dann durch Rädern hingerichtet worden wäre. So konnte er durch das Schwert sterben. Ein Gnadengesuch des Strafverteidigers beim König von Hannover zur Umwandlung in eine Gefängnisstrafe wurde abgelehnt. Die Beamten des Königs hielten das Urteil des Osnabrücker Gerichtes schon so für recht wohlwollend.
Am Dienstag, den 19. Juli 1825 wurde Gerhard Kruis vor dem Lingener Rathaus das Urteil verlesen, danach wurde er im Wagen zur Richtstätte auf dem Gierenberg im Laxtener Feld gefahren, wo bereits viele Schaulustige warteten. Die Knechte des 58jährigen Scharfrichters der Landdrostei Osnabrück, Johann Gottfried Friedrichs, banden Kruis auf den Richtstuhl fest und entblößten seinen Hals und seine Schulter. Dann schlug der Scharfrichter mit dem Schwert zu. Das Honorar betrug 1 Taler, 20 Gutegroschen und 5 Pfennige. Die Leiche von Kruis wurde am Richtplatz auf dem Gierenberg vergraben. [jdm]