Ein CDU-Kommunalpolitiker aus Seevetal (Niedersachsen), Marco Walczak, schrieb auf Facebook unter einem Beitrag der Linken den Satz „Arbeit macht frei“ – eine bekannte NS-Parole aus Konzentrationslagern. Nach massiver Kritik löschte er den Kommentar, entschuldigte sich und trat als CDU-Ortsvorsitzender zurück. Die CDU verurteilte den Vorfall scharf, erteilte ihm einen Verweis und untersagte ihm politische Posts in sozialen Medien. Walczak behält aber seine Ratsmandate.

Nicht zum ersten Mal wurde die NS-Devise „Arbeit macht frei“ in der Öffentlichkeit zitiert – und wieder führte sie zum Eklat. Offenbar hat sich die nationalsozialistische Arbeitsauffassung bis heute einer ernsthaften Aufarbeitung entzogen. Vielen Menschen erscheint die Formel als ideologiefrei, als harmlose Aufforderung zum Fleiß – bestenfalls als ein vom Nationalsozialismus missbrauchter Spruch.

Wie kann das sein? Es gelingt, weil der Nationalsozialismus und seine Ideologie noch immer als etwas betrachtet werden, das plötzlich über die Gesellschaft kam und genauso plötzlich wieder verschwand. So können selbst bürgerliche Politiker bekannte NS-Devisen verwenden, ohne den historischen Bezug zu erkennen.

Pikant ist dabei: Das aktuelle Beispiel betrifft ausgerechnet das Bürgergeld – also ein Thema, das eng mit unserer heutigen Arbeitsauffassung verknüpft ist. Denn auch heute lässt sich eine Kontinuität des Denkens kaum leugnen. Bürgergeldempfänger werden pauschal als faul und unwillig diffamiert, als Menschen, die „nichts leisten“ und sich damit außerhalb der Gemeinschaft stellen. Schon im Nationalsozialismus war der Wert eines Menschen an seine Arbeitsfähigkeit und seinen Beitrag zur „Volksgemeinschaft“ geknüpft. Wer nicht in das Bild des „fleißigen Volksgenossen“ passte, galt als „arbeitsscheu“ oder „asozial“ – mit verheerenden Folgen.

Erschreckend ist, dass der Stolz auf den eigenen Fleiß und die Parole „Arbeit macht frei“ bis heute in Teilen der Gesellschaft unreflektiert fortwirken – als vermeintliche Tugend, ohne die menschenverachtende Ideologie dahinter zu hinterfragen. [Joop Deters]