Konmmt jetzt das Gesetz gegen Einschüchterungsklagen?
Als das Umweltinstitut München e. V. 2017 öffentlich über den massiven Pestizideinsatz im Südtiroler Apfelanbau berichteten, wollte es aufklären – nicht vor Gericht landen. Doch genau das geschah: Die Kritiker wurden verklagt und mussten sich fünf Jahre im so genannten Südtiroler Pestizidprozess dagegen wehren. Geendet ist der Prozess mit Freispruch und Verfahrenseinstellungen.
Bei dem Prozess handelte es sich um einen klassischen SLAPP (strategic lawsuit against public participation), also eine strategische Klage gegen öffentliche Beteiligung. Bei solchen Klagen oder auch nur der Androhung davon geht es den Klagenden nicht in erster Linie darum, vor Gericht Recht zu bekommen, vielmehr sollen kritische Stimmen zum Schweigen gebracht werden: Kritiker:innen sollen unter dem psychologischen und finanziellen Druck der drohenden Klage einknicken und ihre Kritik zurückziehen. So bedrohen SLAPPs nicht nur diejenigen, die direkt davon betroffen sind, sondern greifen auch demokratische Grundprinzipien wie Informations- und Meinungsfreiheit an. Weil diese Form des Rechtsmissbrauchs in den letzten Jahren in Europa zunehmend Schule gemacht hat, gründete sich die Coalition against SLAPPsin Europe (CASE). Diese Initiative hatte Erfolg: Letztes Jahr verabschiedete das EU-Parlament eine europäische Anti-SLAPP-Richtlinie.
Diese Richtlinie gilt allerdings nicht unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der EU, sondern muss von den einzelnen Ländern in nationales Recht überführt werden – mit einem gewissen Spielraum bei der konkreten Ausgestaltung.
Nun hat Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) einen Entwurf für das Gesetz vorgelegt. „Kritische Berichterstattung, wissenschaftliches und zivilgesellschaftliches Engagement sind für unsere Demokratie elementar. Wir dürfen nicht zulassen, dass solche Stimmen mit missbräuchlichen Klagen unterdrückt werden – nur weil sie Einzelnen nicht passen“, so die Justizministerin.
Das Umweltinstitut wertet dies als Erfolg der Anti-SLAPP-Kampagne. Wenn der Entwurf Kabinett und Bundestag passiert, gäbe es in Deutschland erstmals einen verbindlichen rechtlichen Schutz vor SLAPPs. [jdm]