Im Rahmen der Pflanzenschutzmittel-Reduktionsstrategie im Rahmen des Niedersächsischen Weges geht es darum, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln generell zu reduzieren, um die Artenvielfalt in der Pflanzen- und Tierwelt zu erhalten. Dies soll durch mit der Landwirtschaft abgesprochene Anreize in Verbindung mit gesetzlichen Verboten erreicht werden.

Bedingt durch den regenreichen Sommer sind bei der Getreideernte Verzögerungen aufgetreten. Insbesondere liegendes Getreide reifte nicht immer gleichmäßig ab; es kam zu Verunkrautung. Bis vor wenigen Jahren durfte eine Herbizidbehandlung vor der Ernte (Sikkation) durchgeführt werden, seit 2021 (§ 3 b Abs. 5 PflSchAnwV) jedoch nicht mehr.

Augenscheinlich kam es in diesem Jahr allerdings wieder zur Sikkation. Manch „schlauer“ Landwirt, dessen Getreide liegt und von „Unkräutern“ durchwachsen wurde, spritzt vor der Ernte auf Ackerflächen, die nicht von Hauptstraßen einsehbar sind. Läuft ein Bauer eigentlich Gefahr, dass diese Praxis geahndet wird? Es ist die Frage, ob die Belastung von Getreide/Stroh bei Lebens-, bzw. Futtermittelkontrollen erfasst wird.

Nach Angaben der Pressestelle des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz liegt die Zuständigkeit für Lebens- und Futtermittelkontrollen beim Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES). Werden im Rahmen dieser Kontrollen (durch Analysen des Erntegutes) nicht zugelassene Pflanzenschutzmittelwirkstoffe festgestellt, erfolgt eine Abgabe an den Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Niedersachsen – konkret innerhalb des Pflanzenschutzdienstes an den Fachbereich Prüfdienste. Von dort werden die Einhaltung des Pflanzenschutzgesetzes und auf dessen Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen geprüft.

Hierzu werden im Regelfall Vor-Ort-Kontrollen auf landwirtschaftlichen, lohnunternehmerischen oder gärtnerischen Betrieben durchgeführt. Bei festgestellten pflanzenschutzrechtlichen Verstößen sind die Prüfdienste gleichzeitig die zuständige Stelle bei der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten.

Im Rahmen von anlassbezogenen oder systematischen Flächenkontrollen durch die Prüfdienste der Landwirtschaftskammer Niedersachsen könnten Sikkationsanwendungen auffallen, wenn vor der Getreideernte Absterbeerscheinungen an Unkraut oder Durchwuchs erkennbar werden oder wenn sich nach der Ernte die Mitbehandlung von Randbereichen zeigt. In beiden Fällen würden Pflanzen- oder Bodenproben zur Beweissicherung entnommen.

Eine engmaschige Kontrolle aller Schläge, auf denen potentiell eine unzulässige Sikkation erfolgt sein könnte, sei aber nicht möglich. Dies sei insbesondere durch die hohe Anzahl sikkationsrelevanter Schläge begründet, also Schläge auf denen potentiell eine Sikkationsbehandlung stattfinden könnte. Ein weiterer Grund sei die Tatsache, dass Bestände je nach Vegetationsstand und vorliegenden Standortfaktoren (Boden, Wasser, Witterung) zu unterschiedlichen Zeiten erntereif sind.

Die Abgabe von Glyphosat muss von den Händlern dokumentiert werden. Die zuständige Behörde kann auf Verlangen Einsicht in diese Unterlagen erhalten, was im Rahmen von Kontrollen auch geschehe. Von Amts wegen werden diese Daten bisher in Deutschland jedoch noch nicht systematisch erfasst.

Wenn ein Verdacht zu einem Verstoß gegen das Pflanzenschutzgesetz vorliegt, könne das dem Prüfdienst der LWK Niedersachsen mitgeteilt werden. Eine anonyme Meldestelle dafür sei derzeit nicht in Planung.

Die Pressestelle der Landwirtschaftskammer Oldenburg bestätigte auf Anfrage, dass in diesem Jahr ausschließlich anlassbezogene Kontrollen aufgrund von Hinweisen zur Sikkation in Getreide erfolgten. Es bestätigte sich eine unzulässige Verwendung von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln entgegen von §3b Abs. 5 der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung (Verwendung des Wirkstoffs als Spätanwendung vor der Ernte). Die Prüfdienste würden entsprechende Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen verantwortliche Anwender einleiten und die vorgegebenen Kürzungen von Betriebsprämien veranlassen. Bei den Kontrollen bis zum Herbst 2021 standen die Kontrollen der Einhaltung von Anwendungsbestimmungen der verwendeten Pflanzenschutzmittel im Fokus. [jdm/HM]