Heute präsentierte die Deutsche Bahn ihren Geschäftsbericht für 2022. Wie seit Jahren präsentierte Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene vor der Bilanzpressekonferenz der Deutschen Bahn AG den Alternativen Geschäftsbericht Deutsche Bahn 2022, der sich deutlich kritischer mit der Situation der Bahn auseinandersetzt als z. B. die Berichterstattung der Tagesschau.

Im Bericht heißt es, das Ansehen der Bahn sei auf einem Tiefpunkt angelangt. Verantwortlich dafür sind die Bundesregierungen, aber auch vor allem die führenden Köpfe im Bahnvorstand. Im neuen Geschäftsbericht der Deutschen Bahn 2022 gibt es etwas Selbstkritik, so in Sachen Pünktlichkeit. Es heiße zwar »Wir haben verstanden«. Doch faktisch herrscht die Parole: »Weiter so!

Der DB-Geschäftsbericht 2022 verweist darauf, dass erstmals seit drei Jahren wieder Gewinne eingefahren wurden. Und dass die Leistungen im Personenverkehr deutlich anstiegen. Tatsächlich gibt es Null Gewinn im Bereich Schiene im Inland – der gesamte Gewinn wird im Ausland und mit Nicht-Bahn-Geschäften generiert. Das Niveau der Fahrgastzahlen liegt weiter deutlich unter demjenigen von 2019.

Der Bahnkonzern fährt im Bereich Infrastruktur seit mehr als 15 Jahren auf Verschleiß. Dies trifft auch für das Jahr 2022 zu. Und dieses Fahren auf Verschleiß ist der entscheidende Grund dafür, dass die Pünktlichkeitsquote so niedrig ist wie noch nie zuvor in den letzten 33 Jahren.

In Sachen Infrastruktur preisen das Bundesverkehrsministerium und der Bahnvorstand eine »Generalsanierung« an. Dabei sollen im Zeitraum 2024 bis 2030 in jedem Jahr ein »Korridor« im Schienennetz für fünf bis sechs Monate komplett gesperrt werden und alle Bestandteile der Infrastruktur erneuert werden. Das traditionelle Sanieren und Instandhalten »unterm rollenden Rad« wird aufgegeben. Der Chef der Schweizerischen Bundesbahnen, Benedikt Weibel sagte im März 2023: »Diese Korridor-Sanierungen sind schlicht selbstmörderisch.«

Mitte März erklärte der Bahnbeauftragte der Bundesregierung, Michael Theurer, der »Deutschlandtakt« könne nicht bis 2030 weitgehend umgesetzt werden, sondern erst im Jahr 2070. Niemand in der Bundesregierung hat dieser Aussage widersprochen. Faktisch werden damit die Klimaziele der Bundesregierung im Bereich Schiene bis 2030 aufgegeben.

Unnötige und dann mit Milliarden Euro an Ausgaben verbundene Großprojekte der Deutschen Bahn, wie Stuttgart 21, aber auch mehrere Hochgeschwindigkeitsstrecken, werden weitergeführt, obwohl sie immer mit dem Deutschlandtakt, der gerade beerdigt wird, begründet wurden. Die Baukosten für Stuttgart 21, die einmal bei 2 Milliarden Euro liegen sollten und die aktuell offiziell mit knapp 10 Milliarden Euro beziffert werden, steigen auf 20 und mehr Milliarden Euro.

Seit Anfang der 1990er Jahre konzentriert sich die Deutsche Bahn auf Hochgeschwindigkeitsverkehr mit Neubaustrecken und Ausbaustrecken. Sie behauptet dabei, dass sie damit Flugverkehr auf die Schiene lenken würde. Das ist eine Fehlorientierung. Die Hauptaufgabe der Schiene besteht vor allem darin, den weit wichtigeren Autoverkehr in größeren Teilen auf die Schiene zu verlagern. Der Schienengüterverkehr der DB, DB Cargo, entwickelt sich desaströs. Der überwiegende Teil der Güterwaggons ist nicht mehr im Eigentum von DB Cargo.

Der Erfolg des 9-Euro-Tickets im Sommer 2022 wird beim Nachfolge-Ticket zu einem Flop: der Preis ist zu hoch und es wurden und werden im Bereich Schiene keinerlei Vorkehrungen dafür getroffen, dass das Nachfolgeticket ein Erfolg wird. Die Sicherheit im Schienenverkehr ist durch eine Reihe schwerer Eisenbahnunfälle mit Todesfolge nicht mehr gegeben, aber nicht wegen „menschlichem Versagen“, sondern weil die Strecken nicht in Ordnung gehalten werden. Seit den 1990er Jahren kommt es zu einem deutlichen Service-Abbau im Schienenpersonenverkehr. Beispiele: Speisewagen und der Abschaffung aller Nachtzüge.

Geplant ist ab 1. Januar 2024 eine neue Infrastrukturgesellschaft. Diese Gesellschaft muss mit genügend Geld ausgestattet werden, um die marode Infrastruktur zu erneuern und es müssen alle Infrastrukturbereiche aufgenommen werden, und nicht etwa Gewinnträchtige wieder ausgegliedert werden.

Mit Strecken-Reaktivierungen und der Beseitigung von Engpässen würde man in relativ kurzer Zeit Verbesserungen des Schienenverkehrs erreichen, obwohl sie nur mit einem Bruchteil der Kosten verbunden sind, die Bahn und Bund für ihre Großprojekte vorsehen.

Und zu guter Letzt wird kritisiert, dass Bahnchef Lutz sich 1,269 Millionen Euro Jahressalär auszahlen lässt – dies vor dem Hintergrund der verschärften Bahnmisere, einer Rekordverschuldung von rund 30 Milliarden Euro und einer rekord-niedrigen Pünktlichkeitsquote. [jdm]