Auf dem ersten und auf allen dritten Programmen läuft heute abend ein doppelter Film von Ferdinand von Schirach über die Frage, ob Folter zur Rettung eines Menschen erlaubt sein sollte. Auf ARD und den dritten Programmen läuft der Film aus unterschiedlichen Perspektiven: des Polizisten, der foltert und aus der Perspektive des Strafverteidigers.

Nun ist es so, dass das Folterverbot in unserem Land sehr prominent im Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes endgültig verankert ist. Auch die UN-Folterkonvention wertet jede Handlung als Folter, bei der Träger staatlicher Gewalt einer Person „vorsätzlich starke körperliche oder geistig-seelische Schmerzen oder Leiden zufügen, zufügen lassen oder dulden, um beispielsweise eine Aussage zu erpressen, um einzuschüchtern oder zu bestrafen“. Damit wäre eigentlich alles gesagt. Wir kennen unseren Abscheu gegen die Folterer in der Welt, von denen uns auch die Flüchtlinge, die zu uns gekommen sind, berichtet haben. Oder wir verabscheuen, was die USA in ihren geheimen Folterkellern im Irak und in Guantanamo machen bzw. gemacht haben. Wir verabscheuen die Folter, der Julian Assange durch die Maßnahmen der britischen Justiz derzeit ausgesetzt ist.

Dass immer wieder Menschen in eine Situation kommen können, in der sie sich rein emotional und aus „guten“ Gründen die Möglichkeit der Folter herbeisehnen und sogar schwach werden, ist eine Realität – aber selten. Viel zu selten, als dass diese Frage alle ARD-Fernsehanstalten gleichzeitig beschäftigen dürfte und um eine bereits aus guten Gründen als entschieden gehandelte Grundsatzfrage rein emotional zu behandeln. Das Folterverbot ist das eine; die strafrechtliche Bewertung der Handlung des Polizisten ist eine andere, für die unser Recht bereits Antworten kennt.

Eine Frage, die z. B. deutlich mehr Menschenleben betrifft bzw. kostet, ist die Frage der Rüstung, Wäre es nicht eher angebracht, alle ARD-Sender einen ganzen Abend mit dem Wahnsinn der Überrüstung zu beschäftigen? Wäre es nicht einen Abend Nachdenken wert, über die weltweiten Morde mit bewaffneten Drohnen, die über die Ramstein Air Base in der Eifel gesteuert werden, zu informieren und zu sprechen. Könnte man nicht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.11.2020, das den Angehörigen von Drohnenopfern im Jemen mitgeteilt hat, dass die Drohnenmorde der USA in Ordnung sind, bundesweit besprechen?

Das wäre ein Thema für mehr Humanität. Die heutige ARD-Farce ist eine Vorbereitung, um erreichte Menschenrechtsstandards wieder in Frage zu stellen. [jdm]

PS: Der frühere Bundesrichter Thomas Fischer hat bereits am 18.10.2016 in seiner Zeit-Online-Kolumne „Fischer im Recht“ anläßlich des ARD-Films „Terror“ mit anschließender Abstimmungsfarce alles gesagt, was zu den Machwerken von Ferdinand von Schirach zu sagen ist (ab „Und nun zur Sache“).