Wenn die „Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE)“ im September die Gebiete benennt, die laut Gesetz „günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle erwarten lassen“, wird sie eine für die Betroffenen wesentliche Frage nicht ausreichend beantworten können: Warum hier? Die BGE wird dann nicht in der Lage sein, ihre Entscheidungen umfassend und für die Öffentlichkeit nachvollziehbar zu belegen. Denn nach wie vor gibt es keine gesetzliche Regelung, die die Veröffentlichung aller der von der Bundesgesellschaft im Auswahlverfahren verwendeten geologischen Daten ermöglicht.

Die Daten gehören zum Teil Unternehmen der Rohstoffindustrie. Deren Interesse an Transparenz ist jedoch denkbar gering, das bezeugt nicht zuletzt das jahrelange Gerangel um das für die Standortsuche so wichtige Geologiedatengesetz (GeolDG).

Zwar gibt es nun einen Gesetzesentwurf, über den der Bundestag am 5. März in erster Lesung berät, und der voraussichtlich im Mai verabschiedet wird. Es gilt aber bereits jetzt als gesichert, dass für die Standortauswahl relevante Geodaten vorerst weiterhin unter Verschluss bleiben werden. Eine Fristenregelung verhindert, dass die Daten, die im Zuge des Geodatengesetzes künftig einsehbar sein werden, vor Jahresbeginn 2021 veröffentlicht werden können. Damit ist es weder den Betroffenen noch einer wissenschaftlichen Öffentlichkeit möglich, adäquat Stellung zu beziehen, bevor das Verfahren in die nächste Phase rückt. Ohne Transparenz ist keine Beteiligung möglich – auch keine schlechte.

Das GeolDG unterscheidet im aktuellen Entwurf zwischen Nachweis-, Fach- und Bewertungsdaten. Während die Verbreitung von Nachweisdaten (etwa wer hat wann wo und warum gebohrt) unproblematisch ist, sind Fachdaten (Ergebnisse der Bohrung/Messung) mit Schutzfristen zwischen fünf und zehn Jahren versehen. Bewertungsdaten beinhalten eine Interpretation der Erkundungsdaten und dürfen grundsätzlich nicht ohne Zustimmung der Eigentümer*innen veröffentlicht werden.

BGE und Atommüll-Bundesamt (BASE) erhalten zwar die Möglichkeit den gesetzlichen Schutz von Fach- und Bewertungsdaten im Rahmen des Standortauswahlverfahrens auszuhebeln. Doch dazu müssen sie im Einzelfall begründen, warum das öffentliche Interesse an einer Veröffentlichung der jeweiligen Information mehr wiegt als die Eigentumsrechte desder Dateninhaberin. Der Gesetzesentwurf stellt das Allgemeinwohl damit in den Schatten von monetären Einzelinteressen.

Das Ausmaß dieser Entscheidung ist noch nicht vollends klar. Die Einzelfallabwägungen werden einen deutlichen Mehraufwand verursachen. Es ist zudem wahrscheinlich, dass strittige Fälle diverse Gerichtsverfahren nach sich ziehen werden. Im Gegensatz zu den Anwohnerinnen in den Standortregionen haben Dateninhaberinnen nämlich das Recht, sich durch alle Instanzen zu klagen.

Außerdem besteht die Gefahr, dass BGE und Atommüll-Bundesamt versuchen werden, die Datenveröffentlichungen auf ein Minimum zu reduzieren, um den Aufwand so klein wie möglich zu halten. So ist momentan nicht klar, welche Daten die Bundesgesellschaft als relevant ansieht. Bei einem Fachgespräch zum Geologiedatengesetz hat BGE-Geschäftsführer Steffen Kanitz angedeutet, dass die Verfahrensträgerin ihr Transparenzverständnis womöglich lediglich auf ausgewählte Suchregionen bezieht, nicht aber umfänglich auch auf solche Gebiete, die ausgesiebt werden. Das Standortauswahlgesetz macht dazu keine klare Vorgabe. Es bleibt dunkel. [Newsletter ausgestrahlt 03.03.2020]