Am letzten Mittwoch bei einer Veranstaltung des Landkreises Emsland zur Einrichtung von Gemeindepsychiatrischen Zentren meinte der Leiter des Gesundheitsamtes aus dem Landkreis Harburg: Wer es als psychisch Erkrankter geschafft hat, nach knapp einem Jahr Wartezeit und unzähligen Telefonaten einen ambulanten Therapieplatz zu bekommen, hat gezeigt, dass er anscheinend gesund ist, sonst hätte er es nicht geschafft.

Daran fühlte ich mich heute erinnert. Ein Betreuter, den nicht nur eine schwer zu verstehende Aussprache daran hindert, sich verständlich zu machen, hatte eine Überweisung eines Orthopäden für den Hautarzt dabei. Diagnose „linker Ellenbogen“. Die Überweisung hatte er bekommen, nachdem die Hausärztin ihn zum Orthopäden mit Verdacht auf Schleimbeutelentzündung geschickt hatte. In der Hautarztpraxis war er mit für ihn unverständlichen Anweisungen weggeschickt worden.

Bei meinem Besuch in der Hautarztpraxis bekam ich die Auskunft: Wir vergeben derzeit keine Termine mehr. In der Bedarfssprechstunde ohne Anmeldung von morgens 1 Stunde wird nur eine begrenzte Anzahl von Patienten dran genommen. Es wird vorgeschlagen, einen Termin über den Hausarzt machen zu lassen, weil Hausärzte eine spezielle Telefonnummer hätten, mit der sie einen Termin vereinbaren könnten.

Anruf in Hausarztpraxis: Nein, es gibt keine spezielle Nummer, sondern die Hausarztpraxis kann mir die Nummer der Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung geben. Damit man dort anrufen darf, braucht man aber einen speziellen Code auf der Überweisung. Vereinbart, dass die Praxis eine neue Überweisung ausstellt mit diesem speziellen Code, sprich: Die Hausarztpraxis muss aus bürokratischen Gründen erneut persönlich aufgesucht werden, ohne dass eine Behandlung erfolgt.

Die Terminservicestelle kann angerufen werden, damit sie Patienten mit einer dringlichen Überweisung innerhalb von vier Wochen einen Termin beim Facharzt irgendwo in der Nähe vermittelt. Die Einrichtung der Terminservicestelle wurde im Gesetz mit dem wohlklingenden Namen „Versorgungsstärkungsgesetz“ vorgeschreiben. 

Es ist vollkommen rätselhaft, wie in einem solchen Gesundheitssystem Menschen mit Behinderungen überleben sollen. Ohne Hilfe von außerhalb kann ein Hausarzt offensichtlich nicht einmal die Behandlung einer schmerzhaften Hauterscheinung erfolgreich einleiten. [jdm]