31.07.2015 - Schäuble schafft die Demokratie ab

Schäuble schafft die Demokratie ab unter Aufrechterhaltung der Illusion einer Demokratie

Die Pläne der Bundesregierung und ihr Handeln lassen keinen anderen Schluss zu: Ziel des Regierungshandelns ist die Abschaffung der Demokratie unter Aufrechterhaltung der Illusion einer Demokratie. Die Idee der Demokratie gehöre zu den „notwendigen Illusionen“, welche von den herrschenden Eliten in der Bevölkerung erzeugt werden müssten, um eine Stabilität des gegenwärtigen Zustandes zu gewährleisten, analysierte der amerikanische Philosoph Reinhold Niebuhr.

Schäubles und Merkels Vorschläge laufen deshalb alle darauf hinaus, demokratische Beschlüsse durch Behördenentscheidungen zu ersetzen, die nicht demokratisch legitimiert sind. Schäubles aktueller Plan, die Kompetenzen der EU-Kommission zu beschneiden und „an politisch unabhängige Behörden nach dem Vorbild des Bundeskartellamts auszugliedern“, soll finanzielle Entscheidungen über das Wohl und Wehe ganzer Länder oder Ländergruppen unabhängig von politischer und somit demokratischer Willenbildung machen.

Anlass war für ihn, dass der Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei den Griechenlandverhandlungen nicht immer in seinem Sinne parierte. Auch dass die EU-Kommission sich als politisches Gremium geriert, ist für Schäuble Anlass für seinen Vorstoss.

Eine Methode um Demokratie auszuhebeln, ist, Entscheidungen auf angeblich neutrale Behördeninstanzen zu verlagern. Staaten, in denen die Herrschenden gerade öffentlich versagt haben, bilden dann gern eine „überparteiliche“ Regierung von Fachleuten, die dann „schmerzhafte, aber notwendige“ Entscheidungen durchsetzen soll. In der Regel handelt es sich einfach um Entscheidungen im Sinne der Besitzenden und gegen die arbeitende Bevölkerung.


In Griechenland verhinderte die Troika schon 2010 eine Volksabstimmung. Das Ergebnis der diesjährigen Volksabstimmung wurde einfach missachtet. Aber die Aufrechterhaltung der Illusion einer Demokratie ist Schäuble wichtig; und so wurden die griechische Regierung und das griechische Parlament erpresst, Beschlüsse zu fassen, die das Land vollends ruinieren und nur der Bankenrettung und dem Wohl der Spekulanten dienen.

Es geht auch anders: In Island konnten sich die Regierung und das Volk in einer Volksabstimmung einigen, die Banken pleite gehen zu lassen – aber das Land hatte eine eigene Währung und war von der undemokratischen Euro-Gruppe nicht so erpressbar. Das Land ist ohne Zerstörung seiner Sozial- und Infrastruktur durch die Krise gekommen.

In der Ukraine wurde von Deutschland und den westlichen Staaten ein Staatsstreich mit Beteiligung von Faschisten angezettelt, weil die Parlamentsmehrheit einen unliebsamen Beschluss gegen ein Assoziierungsabkommen mit der EU gefasst hatte - mit dem Ergebnis eines Bürgerkriegs.

Die Freihandelsabkommen mit Afrika dienen in Zusammenarbeit mit korrupten Eliten der Ausplünderung der Länder; Diktaturen aller Art werden mit deutschen Waffen beliefert. Und jetzt werden diesen Ländern ihre Flüchtlinge nicht nur wieder ausgeliefert; ihre Polizeiapparate werden aufgerüstet, damit niemand ihre Länder verlassen kann. Das Recht auf Freizügigkeit und Schutz vor Verfolgung wird von dieser Bundesregierung im Verein mit den Flüchtlingsverfolgern von Frontex aktiv bekämpft.

Die Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA machen den Handel nicht freier; er ist es schon längst. Das Ziel dieser Abkommen ist die Abschaffung der Souveränität der Staaten und ihrer gewählten Parlamente. Gesetze sollen zwar von den Parlamenten beschlossen werden (Aufrechterhaltung der Illusion), aber was beschlossen wird, wird von den Gremien festgelegt, also von internationalen Behörden und Kommissionen. Ein Regulierungsrat soll sogar das Abkommen TTIP selbst ändern können; die Unterschrift unter TTIP würde also eine nichtdemokratische Behörde ermächtigen ein internationales Abkommen eigenmächtig zu verändern ohne irgendjemanden fragen zu müssen.

Auch innenpolitisch hat diese Regierung mit dem Tarifeinheitsgesetz das Streikrecht teilweise ausgehebelt und damit das Recht der Besitzenden gegen die arbeitende Bevölkerung ausgeweitet. Mit den EU-Vorschriften über Ausschreibungen, zu denen alle öffentlichen Auftraggeber gezwungen sind, wird das Recht der Kommunen ausgehöhlt. Privatisierungen und private Finanzierungen von öffentlicher Infrastruktur unterhöhlen das Budgetrecht der Parlamente und ersetzen auf Dauer demokratisch kontrollierte Steuergesetze durch Gebührenrechnungen privater Konzerne.

Bei diesem Vorhaben der Abschaffung der Demokratie macht die SPD mit – mehr noch: sie versucht durch folgenloses Herumnörgeln an einzelnen Vorhaben Nachdenken über die Politik zu simulieren. Da es sich nur um Simulation handelt, hat das Nörgeln auch keinen in sich logischen Sinn. Man merkt dies an Gabriels verschiedenen Wortmeldungen, die sich je nach aktuellem Zuhörerkreis auch gerne mal vollkommen widersprechen.

Für den Hauptvertreter des Neoliberalismus Milton Friedman war 1990 Demokratie nur zulässig, so lange die Wirtschaft von Demokratie verschont bleibe: „Demokratie zerstört die freie Wirtschaft“.

Arend Oetker, CDU, Multifunktionär aus der Oetker-Familie und Vorstands-Chef der Atlantik-Brücke, sagte 2002: „Die USA werden von 200 Familien regiert und zu denen wollen wir gute Kontakte haben.“

Diese Demokratiefeindlichkeit hat Tradition bis zum griechischen Philosophen Aristoteles, der gegen die Demokratie war, weil es in ihr passieren könne, dass „die Armen, weil sie die Mehrheit bildeten, das Vermögen der Reichen unter sich teilten“. Und für die Gründervater der USA-Verfassung war die wichtigste Aufgabe der Regierung „der Schutz der wohlhabenden Minderheit vor der Mehrheit" (They ought to be so constituted as to protect the minority of the opulent against the majority. The senate, therefore, ought to be this body [James Madison]).

Genau diese Aufgabe erfüllen Schäuble, Merkel und Gabriel.

 jdm


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