Unsere heutige Glosse beschäftigt sich mit dem Thema:
Der Emsländer - ein Antibiotika-Junkie? Oder : Die Suche nach dem Faktor X

Emsland-Medizin
Alarm: Das Emsland ist mal wieder vorne. Diesmal im bundesweiten Antibiotika-Wettstreit.
("Das Emsland rangiert bundesweit unter 412 untersuchten Landkreisen auf Platz fünf, bei den Babys und den Kindern bis sechs Jahre sogar auf dem vierten Platz." siehe Emszeitung 23.02.2012)
Was sind die Gründe für den enormen, aber in dieser Größenordnung nicht sachgerechten Einsatz des Medikaments?
Laut Pressesprecher Haffke von der kassenärztlichen Vereinigung in Niedersachsen (KVN) hängt dies “extrem mit der Kinderarztdichte“  in unserer Region zusammen, die hier besonders niedrig ist. Fragt man sich, wieso eigentlich gibt es hier so wenig Kinderärzte? Das Emsland ist doch so kinderreich?!
Funktioniert etwa die freie Marktwirtschaft im Gesundheitswesen nicht? Erst kürzlich sollte in Papenburg eine Kinderabteilung aufgelöst werden, weil nicht lukrativ genug.
Nach den Regeln der Marktwirtschaft müsste sich in einer Mangelsituation das Problem von alleine lösen.

Seltsam. Wen kann man da fragen? Wer kennt sich aus mit Marktwirtschaft ?
Jemanden von der FDP vielleicht? Am besten Herrn Rösler, der ist auch noch Arzt!
Okay, dann einen anderen. Wie wäre es mit Frau Koch-Mehrin? Die hatte auch mal einen Doktortitel.
Ja, die medizinische Versorgung unserer Bevölkerung ist einfach zu wichtig, als dass man das freie Unternehmertum darunter leiden ließe.

Aber zurück zum Thema.Antibiotikum
Wie geht die Gleichung:  „Wenig Kinderärzte = viel Antibiotika“ denn nun auf?
Der Fachmann von der KVN gibt erst mal den Hausärzten die Schuld:  „Vermutlich verordne dieser schneller Antibiotika als der Kinderarzt“ (EZ)
Nanu, keine Solidarität mehr  in der Kassenärztlichen?  Dann muss ich sie eben verteidigen, die Hausärzte.
Meines Wissens haben Allgemeinmediziner auch einige Semester Medizin studiert, ich hab´s neulich noch irgendwo gelesen.
Und dann wissen die auch, dass man Antibiotika generell nur bei bakteriellen Infektionen einsetzt, nicht bei  Viruserkrankungen.
Kaum vorstellbar, dass ausgebildete Fachleute so unbedarft vorgehen.
Und außerdem:  Für die Hochschulausbildung der Mediziner sind Kultusminister wie Altusmann (wird seinen Doktor wahrscheinlich behalten dürfen) und Vorgänger Busemann ja gar nicht zuständig! 
Sie liegt seit jeher in Zuständigkeit  des Wissenschaftministeriums. Also auch hier Entwarnung.

AntibiotikaWeiter in der Frage: Warum liegt das Emsland so weit vorn beim fahrlässigen Einsatz von  Antibiotika?  
Vorwurf Nr. 2 der Kassenärzte:  „Viele Eltern seien „geeicht“ auf die Verordnung von Antibiotika.“ Wenigstens haben wir jetzt zwei Sündenböcke.  Warum wollen aber die emsländischen Eltern so viel von dem Stoff verschrieben haben?
Dazu ein Kinderarzt : „In vielen Familien sind beide Eltern berufstätig.“ Daher ein gewisser „Verordnungsdruck“ seitens der Väter und Mütter.
Aber:  Die Berufstätigkeit der Mütter ist im Emsland geringer als in den Städten mit sehr wenig Antibiotikaeinsatz.
Dort leben doch die karrieregeilen berufstätigen Rabenmütter, haben wir bislang immer geglaubt.
Die genannten Erklärungsversuche machen so recht keinen Sinn. Wir kommen nicht weiter mit der Ursachenforschung.
Und die ist jetzt wichtig, nicht erst, wenn man auf der Intensiv liegt.
Oder gibt es vielleicht doch so etwas wie eine emsländische Antibiotika-Mentalität?  Immerhin wird hier das Zeug megatonnenweise in das Tierfutter gedrückt.
Könnte das abgefärbt haben auf die Eltern, die in Sorge um ihre Kinder denken:  Was den Tieren recht ist, ist unseren Kindern billig.
Und überhaupt: Viel hilft viel!
Wohl nicht: Die Machenschaften dieser Tiermafia sind erst in letzter Zeit aufgeflogen. Die Arzneistatistiken sind aber älter. Kaum ein Mensch kommt  in diese- wie Festungen- gesicherten Stallungen hinein. Nur wenige Eingeweihte haben direkten Einblick und hüten sich, Werbung für die dort stattfindende  illegale „medizinische Versorgung“ zu betreiben.Antibiotikum

Emsland-UntersuchungAlso wieder ein Schuss in den Ofen! Dennoch muss es eine besondere emsländischen Kenngröße geben, einen Faktor X.  Die Zahlen sprechen einfach eine zu deutliche Sprache.
Da empfiehlt es sich, mal etwas durchzulüften, das Gehirn mit Sauerstoff anzureichern.
Eine kühle frische Brise strömt durch´s Fenster herein, na ja, ein bisschen würzig ist sie schon, emsländische Landluft im Frühjahr eben, sie gibt uns eine Ahnung vom bald bevorstehenden Güllemonat Mai. Sie wabert also durch´s Zimmer-  und mittendrin der Faktor X.
Ja das ist er!  Schon hat er sich auf  allen Schleimhäuten breitgemacht. Nein, nicht der Mief gut abgesetzter Jauche, der ist harmlos. Aber die Ausdünstungen der jetzt langsam wieder auftauenden Festmistplatten, fabriziert von den  33,5 Millionen Hähnchenkloaken unserer schönen Heimat. Das Emsland ist bekanntermaßen ein sehr  tierfreundliches Land. Auch mit der Abluft verbreiten sich gut getarnt praktisch geruchlose Bakterien der schlimmsten Sorte.
Und damit haben wir also doch noch den emslandspezifischen Faktor gefunden. Denn wo sonst auf der Welt gibt es so viele Massenmastställe auf einem Haufen? Höchstens noch im Landkreis Cloppenburg.  
Und die produzieren natürlich auf engstem Raum massenweise Mikroben. Die wollen auch nicht immer das ganze Jahr über im Stall bleiben. Und gegen diese freilaufenden Bazillen helfen Antibiotika  tatsächlich (noch).  Somit entpuppt sich unser abnormer Antibiotikabedarf nur als Kollerateralschaden erfolgreicher Geflügelmast.
Schließlich geht es um die Konkurrenzfähigkeit der emslänischen Agrarindustrie. Das sollte es uns wert sein.

Unsere Ärzte- ob Kinderärzte oder Allgemeinmediziner- haben also Recht, wenn sie auf diese Biester feuern, was das Magazin hergibt- und die Eltern, die für ihre Kinder verstärkten Antibiotikaeinsatz fordern,emsland_Chicken genauso.
Und so haben wir Emsländer also doch wieder alles richtig gemacht.  Wir haben gute Gründe, unsere Körper mit Antibiotika zu fluten, solange sie noch wirken. Wir sind gar nicht so dumm, wie uns  manchmal nachgesagt wird. Fein, dass sich alles wieder in Wohlgefallen aufgelöst hat.

Ein schönes Frühjahr noch.
alf