Bürgerversammlung zum Kohlekraftwerk in Dörpen am 26.06.2007

Kontroverse Diskussionen bei der Bürgerversammlung zum Kohlekraftwerk

"Es geht uns nicht nur um die Schwarzen Zahlen unterm Strich!". Dieser Satz des Investorvertreters Giesen als Antwort auf einen entsprechenden Vorwurf löste denn doch im ganzen Saal herzliches ungläubiges Lachen bei Befürwortern und Gegnern eines Kohlekraftwerks Dörpen aus.
Klimakiller Nr. 1
Blick in die Aula des Schulzentrums Dörpen Ansonsten ging es eher ernsthaft zu bei der Bürgerversammlung zur Information über das Kohlekraftwerk. Die Aula des Schulzentrums war voll besetzt; auch im Vorraum, in den die Redebeiträge übertragen wurden, drängten sich die Menschen.

Bürgermeister Wacker verwies in seiner Einleitung darauf, dass man erst am Anfang des ganzen Genehmigungsverfahrens stehe und noch keine endgültigen Entscheidungen getroffen habe. Im Verlauf der Versammlung machten er und die anderen politischen Vertreter Landrat Bröring, sowie Samtgemeindebürgermeister Hansen aber deutlich, dass für sie persönlich kaum noch Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Projektes bestehen.

Die Vertreter der Investoren Frings (BKW) und Giesen (Advanced Power), die sich von einem einschüchternd wirkend sollenden Pulk von als Fachleute bezeichneten Schlipsträgern begleiten ließen, stellten in ihren Statements die bereits aus der Zeitung bekannten Fakten dar. Der Zeitplan sehe vor, dass die Umweltverträglichkeitsuntersuchung im 2 Halbjahr 2007 abgeschlossen werden solle. Die BimSch-Antragstellung solle Anfang 2008 erfolgen, mit der BimSch-Genehmigung werde im 2. Halbjahr 2009 gerechnet. Baubeginn ist für Ende 2009 geplant; die Inbetriebnahme könne dann Ende 2013/Anfang 2014 erfolgen.

Die Notwendigkeit eines Kohlekraftwerks ergebe sich aus einem steigenden Strombedarf und dem in der BRD geplanten Anteil der Kohle von 50 %. Die Anlage werde mit einer Energie-Effizienz von 46% alte Anlagen mit einer Effizienz von zum Teil gerade mal 30% ersetzen. Auf Nachfrage erklärte er, dass nicht an den konkreten Ersatz einer bestimmten Anlage gedacht sei, sondern den Ersatz alter Anlagen werde der Markt über den Preis regeln.

Ansonsten legte Frings  Allgemeines über das Genehmigungsverfahren und über die Funktionsweise von Kohlekraftwerken dar (siehe dazu die Homepage der Betreiber).

Zur Messung der Belastung der Luft werde es gemäß der TA Luft im Umkreis von 7,5 Km um das Kraftwerk eine Reihe von "Aufpunkten" geben, an denen es Vorbelastungsmessungen und Messungen der Gesamtbelastung geben werde. In einem engeren Radius wird es auch "Aufpunkte" geben, an denen die Schallbelastung gemessen werde. Am Tag werde mit 60 dba, in der Nacht mit 40 dba gerechnet.

Fotomontage aus Flyer der Investoren Zur Verdeutlichung der Sichtbarkeit des Werkes in der Umgebung hatten die Betreiber maßstabsgetreue Fotomontagen erstellt. Deren Präsentation an der Präsentationswand löste in der Versammlung einige Verwunderung aus. Manche Windkraftwerke erschienen in den Projektionen größer als der 150 m hohe und 60 m breite Kühlturm. Auch die Betriebsfläche erschien einigen doch etwas klein geraten. Einige Redner verwiesen auf ihre Erfahrung mit der Anschauung des Kühlturms in Hemsen und glaubten darin Anzeichen zu erkennen, dass die Investoren die Bürger über den Tisch ziehen wollten. Landrat Bröring bat schließlich darum, nicht einzelne Fotomontagen zum KO-Kriterium für dieses Projekt zu machen.

In der Diskussion meldeten sich viele Bürger zu Wort. Frau Niermann (Kluse) stellte in Frage, dass der Standort Dörpen der richtige Standort sei. Strom werde hier nicht gebraucht (der Strom wird über das Netz nach Süden transportiert) und die Kohle müsse in den Häfen für den Binnentransport wieder umgeladen werden. Sinnvoller sei ein Bau in Hafennähe. Landrat Bröring konterte, ihm sei wegen der Arbeitsplätze und Steuereinnahmen ein Kraftwerk in Dörpen lieber als in Emden. Das Emsland sei ein Energiestandort und die positive Entwicklung Lingens nur erklärbar durch seine Kraftwerke. Frings wurde allerdings deutlicher: Es finde derzeit ein Run auf Standorte statt; Dörpen sei optimal auch wegen der Unterstützung durch die örtlichen Entscheider.

Die Frage nach der Feinstaubbelastung durch die Verladung und Lagerung der Kohle, beantworteten die Investorenvertreter damit, dass eine solche Belastung nicht existiere, weil die Verladung mit gekapselten Förderbändern und die Lagerung durch "behauste" Halden geschehen.

Günstige Energie sei wichtig zur Entwicklung des Emslandes, hatten die Investorenvertreter vorzubringen. Der Grüne Heiner Rehnen fragte darauf, ob wir Emsländer also mit billigerem Strom rechnen könnten. Die Frage wurde nicht beantwortet. Frings hatte in seinem Eingangsstatement aber auch berichtet, dass die BKW bisher weniger den Endverbraucher im Sinn habe, sondern Großverbraucher mit Strom beliefere.

Daran mangelt es in Dörpen. und somit musste die Nordlandfabrik für alle kritischen Fragen herhalten. "Wir stehen in Verhandlungen mit UPM; UPM hat einen Strombedarf von ca. 100 Megawatt". Und deshalb ein Kraftwerk mit 900 MW?

Nur durch Nutzung von Abwärme kann die Energie-Effizienz erhöht werden, wurde bemerkt. Bröring selbst hatte sich in einer Antwort auf eine Polemik der Grünen zur Bemerkung hinreißen lassen, dass z. B. die Müllverbrennungsanlage in Salzbergen eine Effizienz von 82 % erreiche (Dörpen 46%). Darauf kam die Antwort der Betreiber: man stehe in Verhandlungen mit Nordland über die Abnahme der Wärme und könne dann die Gesamteffizienz auf behauptete 60% steigern. Ob allein Nordland soviel Wärme abnehmen kann, um eine solche gewaltige Effizienzsteigerung zu bewirken erscheint fraglich, zumal aus dem Publikum angezweifelt wurde, dass die Abwärme wegen des zu geringen Drucks von Nordland überhaupt verwertet werden kann. Abwärme bedeute noch lange nicht nutzbare Prozessenergie in diesem Fall. Und soll auch gebaut werden, wenn die Verhandlungen mit Nordland nicht erfolgreich verlaufen? Dass die Verhandlungen mit Nordland lediglich eine Alibifunktion haben, wurde (vom Verfasser dieser Zeilen) vermutet.

Kein Steinkohlekraftwerk in Dörpen Die Tatsache, dass Energieanlagen nur dann sinnvoll (im Sinne des Klimaschutzes, nicht der Profitorientiertheit) betrieben werden können, wenn Strom und Abwärme sinnvoll genutzt werden, wurde von Betreibern und Politikern entweder mit Verweis auf Nordland abgetan oder mit der Haltung à la Bröring "Es wird sowieso irgendwo gebaut; dann wollen wir etwas davon haben" bagatellisiert. Blick über den Tellerrand oder jenseits von Profiten: Fehlanzeige.

Die sich formierende Bürgerinitiative gegen das Kohlekraftwerk trifft sich zur nächsten Arbeitssitzung am 03.07.07 um 20 Uhr in der Gaststätte "Good Times" in Aschendorf.

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