Leseprobe

Novelle von Levin Schücking:

Die Wippinger Thekla

 

Kapitel 4

Darin mußte Lorenz nun freilich wohl recht haben. Wie hätte Thekla sich sonst so grenzenlos unglücklich gefühlt, so wie ganz an Leib und Seele zerschlagen, während sie durch die Sandgeleise des Weges langsam und wie unter Zentnerlast heimschlich. Ihr war zumute, als habe sie selbst ein furchtbares Verbrechen auf dem Herzen, und eine namenlose Angst, daß das nun rauskommen, daß schon morgen, ja noch in dieser Nacht die Welt es erführe, die Schande ausbreche, die ganze Gegend voll davon sein würde. Wie Lorenz darüber so ruhig sein konnte, es war ihr unbegreiflich, unfaßbar - welch ein Mensch war er! Er mußte fort, fort in irgendeine rettende Weite! Fort mit Herberts Gelde? Aber darauf kam es jetzt ja nicht an, von wem das Geld kam. Von ihr würde er's freilich nicht nehmen, das wußte sie, und wenn sie ihm sagte, er solle um seiner Tat willen fort, ging er auch nicht, der unselige, leidenschaftliche Mensch. Ein andrer mußte es tun, und wer es tun mußte, das stand auch schon bei ihr fest; der brave alte Pfarrer mußte es, der war ihr Beichtvater, ein Mann mit einem so warmen, guttätigen Herzen für alles Leid, ein wahrer Seelenhirt. Ihm konnte sie ja alles sagen, in seiner Brust lag es für ewig verschlossen; er mußte Lorenz kommen lassen und ihm das Geld zur Flucht geben; Lorenz würde dann schon nicht lange fragen, woher er komme, er würde dann schon sich aufmachen und davon, denn er hatte ja selbst gesagt, daß er den Pfaffen nicht traue. Wenn er sah, daß der Pfarrer sein Geheimnis hatte, so ging er sicherlich! Thekla wäre gern noch an diesem Abend zum Pfarrer gegangen, hätte sie nur unbemerkt von den Leuten sich mit dem Gelde zu schaffen mache können - aber morgen in der Frühe, wenn alles auf den Acker hinausgezogen, konnte sie's ja.

Als sie ihren Hof wieder erreicht hatte, stand sie still; sie atmete mehrmals tief auf: sie mußte sich fassen, um wieder unter gleichgültige Menschen zu treten. Dann ging sie zum Brunnen neben der Seitentür und wusch aus einem der gefüllt stehenden Eimer die Augen, damit man nicht sehen könne, daß sie geweint hatte. Als ob sie selber die Verbrecherin, war's ihr wieder bei diesem heimlichen Tun. Aus dem großen Fenster neben der Tür drang der Lichtschein der friedlichen Herdflamme und der angezündeten Lampe. Auch Stimmen, Lachen tönte heraus - und, was war das? War das, was sie vernahm, nicht Herberts Stimme? Sie schaute spähend durch's Fenster - richtig, da saß er mit breitgespreizten Beinen, der widerliche Mensch, hinter dem Herd, in ihres Vaters Armstuhl.

Was hatte ihn wieder hergeführt? fragte sie sich halb erschrocken, halb entrüstet. Als sie rasch eintrat, zuckte es wie ein Ausdruck hämischer Schadenfreude über sein Gesicht.

"So - bist wieder da, Thekla?" fragte er - hast noch wohl einen kleinen Bittgang zum "Kreuzträger" gemacht, wie?"

Sie starrte ihn an, wie versteinert vor Schrecken. "Was willst Du damit sagen, Herbert?" antwortete sie, so viel Atem schöpfend, wie die ungeheure Angst, die über sie gekommen, ihr verstattete.

"Nichts, als daß Du eine recht fromme, gläubige Seele bist, Thekla, die gern beten geht, besonders wenn es wie heut, an Gottes Sonntag, ist. Hab's eben der Stina hier gesagt, daß sie Dir gar nicht nachschlägt und an nichts anderes denkt, als ob ich am nächsten Kirmestag mit ihr tanzen werde, oder ob sie mir noch zu "min" ist!"

Er lachte mit seinem überflüssigen Lachen wieder hell auf, während Stina erbittert eiferte:

"Oh, ich bin auch fromm, Du sollst's sehen; wenn die andern Mädchen Dich langen Christoffer alle nicht wollen, will ich Dich annehmen aus Barmherzigkeit."

Die Knechte und die Mägde lachten und am lautesten lachte Herbert.

Thekla fühlte sich beruhigter. Aber sie hielt es nicht aus.

"Trag das Abendessen auf", sagte sie zur Großmagd und wollte in ihre Kammer gehen. Aber Herbert rief sie an.

"Thekla", sagte er aufstehend, "ein Wort!"

Sie wandte sich und sah ihn forschend an.

Er ging zur Seitentüre, machte einen Wink mit der Hand und sagte dabei:

"Hör! Nur ein Wort!"

Sie folgte ihm, mit ihrem wieder bleicher werdenden Gesicht und heftigerem Schlagen des Herzens.

An der Türe trat er zuerst hinaus, ließ sie nachkommen und zog die Tür hinter ihr zu.

"Was hast? Was willst?" brachte sie atemlos hervor.

"Weiter nichts, als daß ich Dir sagen wollte: die Sache mit den hundert Talern, die hab ich mir überlegt. Brauchst dem Lorenz nichts mehr davon zu sagen. Hab mir's überlegt. Die hundert Taler - die geb ich nicht mehr her! Jetzt nicht mehr! Das ist alles! Gute Nacht, Thekla."

"Um Gotteswillen - aber weshalb..."

"Ich sag Dir ja, ich tu's nicht mehr. Also gute Nacht. Mehr brauchst nicht zu wissen. Gute Nacht."

Damit verschwand er unter den dichten Schatten des Bauernhofes.

Thekla stand und stierte der hochgewachsenen Gestalt nach. Ihre Brust hob sich stürmisch, ihr Herzklopfen wollte sie zersprengen...es wurde ihr dunkel vor den Augen; wohin Herbert sich wandte, sah sie gar nicht mehr.

"Nun steh uns Gott bei", jammerte sie, rein wie von Sinnen. "Nun wär' es am besten, ich läge unten im Wasser, wo es am tiefesten ist. Er muß mir nachgeschlichen sein; er muß uns belauscht und muß alles gehört haben. Alles!"

Als Thekla ins Haus zurücktrat, nahm niemand wahr, wie wachsbleich sie im Gesicht war. Denn alles versammelte sich drüben an der anderen Seite der Küche zum Abendessen; man wartete mit dem Auftragen auf niemand, auch auf sie nicht. Thekla nahm die nächste Lampe, die auf dem Herdstein stand, sagte, sich damit abwendend, mit eigentümlich harscher Stimme, sie habe kein Verlangen zu essen, sie habe Kopfweh, und ging in ihre Kammer.

Am andern Morgen - auf dem Land steht man nicht wie das nachtschwärmende Stadtvolk am Montagmorgen spät, sondern früh auf, weil man am Sonntag die arbeitsmüden Glieder hat ausruhen können - am andern Morgen trat früh alles zur Morgensuppe in die Küche und rüstete sich zum Ausziehen zur Kartoffelernte; schon war der Wagen, der die vierzinkigen Gabeln, die leeren Körbe dazu trug und am Mittag die Ergebnisse des Morgens heimbringen sollte, fortgefahren. Aber noch war Thekla nicht erschienen. Als man endlich fortgehen wollte, das jüngere Volk schon voraus war, klopfte die Großmagd an Theklas Türe. Sie erhielt keine Antwort; sie öffnete die Türe, Thekla war nicht da. Wo konnte sie sein? Wohin so früh? War sie vielleicht ins Dorf gegangen, um da die Morgenmesse zu hören? Das wäre ja noch viel zu früh gewesen, und - die Großmagd riß den Schrank in der Ecke auf - da hing ja auch der Hut von schwarzem Krepp, mit den dunkelblauen Bandschleifen daran, den Thekla trug, wenn sie ins Dorf zur Kirche ging. Die Großmagd stand eine Weile ganz betroffen da. Aber sie dachte, es sei besser, dem "Volke" nichts davon zu sagen, sie brauchten keine naseweisen Bemerkungen darüber zu machen, daß Thekla so in frühester Morgenfrühe über Land laufe; sie ging hinaus und sagte, sie sollten nur gehen, sie selbst wolle das Haus hüten, bis die Anerbin aufgestanden sei. So zogen sie ab und die Großmagd setzte sich mit einem Strickstrumpf ans Feuer und ließ sich ihre Gedanken durch den Kopf gehen; es schwante ihr wohl so etwas, wo sie Thekla zu suchen haben würde; es werde wohl auf dem Weg zu Lorenz Kotten sein, um einmal wieder der alten kranken Frau in ihrem Deckelkorbe allerlei zuzutragen: das letztemal hatte sie im Stillen den Kuhjungen Herm damit geschickt, und der hatte davon geschwätzt, was ihm eine schwere Ohrfeige von ihr, der Großmagd, eingetragen; nun war Thekla wohl selber gegangen.

Die Gedanken der Großmagd waren auf einem sehr falschen Wege. Es war ein ganz anderes Ziel, dem in der ersten Morgendämmerung, als noch die letzten Sterne am kalten Nordhimmel standen, an dessen graue Wolkenschichten die rotgelben Streifen über der aufgehenden Sonne nicht reichten, Thekla zugeschritten war, in ihrer Nebelkappe, ein großes, graukariertes Tuch um die Schultern geschlagen. Durch die noch totenstill daliegende Landschaft, auf Fußpfaden, die quer über jüngst gepflügte Ackerschollen liefen, an einem Fichtenaufschlag hin und dann an einer Waldhecke entlang, die sie von der weiten linksliegenden Heide trennte. Noch totenstill war alles, die Vögel sangen um der Jahreszeit willen ohnehin nicht mehr, aber auch kein Hahn krähte, und der Tau der Gräser und Heidebüschel, an welche Theklas Füße streiften, näßte diese so stark, als ob er sie strafen wolle, daß sie sein leises Niedersinken aus der unbewegten Morgenluft störe. Einmal schlich ein Fuchs über ihren Weg, und ein Igel lief eine Weile vor ihr her - er hätte sich, als sie an ihm vorüberging, nicht so ängstlich zur stachlichten Kugel zusammenballen brauchen, sie sah ihn gar nicht.

Endlich war sie auf eine geradelaufende Straße gekommmen, die mit jungen Birken bepflanzt war und links schier endlos scheinend über die Heide lief, rechts von Thekla, zwischen Wallhecken zu dem Wiesental, welches der Bach bildete und zu diesem hinabzog. Thekla gegenüber, von dieser Straße sich abzweigend, lief ein Weg auf einen großen stattlichen Hof unter Eichbäumen zu - der Hof war nicht weiter als einen tüchtigen Steinwurf weit entfernt; der alte Bructerer oder Friese, der ihn sich zuerst zur Ansiedlung erkoren, hatte von der Soolstätte aus vielleicht bis hierher mit dem besitznehmenden Hammerwurf gereicht. Thekla sah die Niederntüre des hohen Fachwerkgiebels mit den hexenscheuchenden Pferdeköpfen darüber noch geschlossen - noch keine lebende Seele, die sich rührte hinter dem Hofzaun.

Sie heftete eine Weile starr den Blick darauf, dann stieß sie einen tiefen Seufzer aus, ließ schlaff die Arme niedersinken und ein leises Zittern, wie ein Schaudern ging durch ihre Gestalt. Sie stand an der Stelle, wo sich ihr Schicksal entscheiden sollte - wo sie das Opfer ihres jungen Lebens, das Opfer ihres Herzens bringen wollte - sie fühlte es plötzlich mit einer Schwere, als ob sie in lautes Schluchzen ausbrechen müsse, als ob sie sich auf den Boden werfen müsse, um da zu sterben.

Aber schwach wollte sie nicht sein. Nein, schwach nicht! Waren die Menschen alle so schlecht, was blieb denn anders, als gegen sie stark sein! Stark und stolz, ja stolz, recht von Grund aus stolz. Und ihnen die Stirn bieten und sehen Aug' in Aug', und ihnen nichts zeigen von dem, was man im Herzen trägt.

Sie setzte sich seitwärts nieder auf die vorspringende Ecke der Wallhecke, zwischen den Ginster und das Krüppelholz, das den Erdaufwurf bedeckte. Da saß sie verborgen vor jedem, der vorübergekommen wäre, und hielt doch den Weg zu dem Hofe und diesen im Auge. Ihr Tuch zog sie fest um die Schultern, fast bewußtlos; denn der kühlen Morgenluft, von der sie durchfröstelt wurde, achtete sie nicht, so wenig wie der Tauperlen, die von dem Gezweig auf sie niedertropften. Mit ihren wachsbleichen, wie verklärt aussehenden Zügen, mit ihren feuchtschwimmenden Augen, saß sie regungslos da und harrte - harrte ihres kommenden Schicksals.

Sie harrte lange. Die schlafende Welt begann zu erwachen. Ein paar Elstern schrien in der Wallhecke - in der Ferne wurde Hundegebell laut; eine Amsel kam und pickte mit dem gelben Schnabel dicht vor Thekla auf die Erde; sie achtete auf das regungslose Frauensbild gar nicht. Auf dem Hofe drüben wurde eine Stalluke von innen geöffnet und eine Schar Gänse drängte sich schnatternd heraus. Und dann begann auch ein dünner Rauch über der Esse zu kräuseln. Sie waren doch erwacht da drinnen. Aber niemand zeigte sich noch. Thekla war es, als erstarre sie innerlich bei diesem Harren. Es war ja auch schrecklich, so freilich seinem Geschick entgegenzuharren. Thekla war wie einem, der sich in die Wogen stürzt, aber der ihr Spiel wird und harrt und harrt bis endlich die kommt, die ihn in die Tiefe reißt.

Endlich kam sie, die Woge. Mit starrem Auge sah Thekla ihr entgegen, dann erhob sie sich leise und mit wankendem Schritte ging sie bis in die Mitte der Fahrstraße. Hier blieb sie wieder stehen. Es war, als könne sie nicht weiter. Herbert, der vom Hofe her herankam, die dampfende kurze Pfeife im Munde und, obwohl es Werktag war, mit einem Hut auf dem Kopfe und in seinen besten Sonntagskleidern, nahm die unbeweglich dastehende Gestalt anfangs gar nicht wahr; erst als er schon ziemlich nahe herangekommen, sah er auf und hinüber zu ihr, stutzte und stand dann auch nach wenigen Augenblicken vor ihr.

"Du hier, Thekla - Du?"

"Ja, ich, Herbert", versetzte sie, jetzt so scharf ihm in die Augen schauend, als stäche dieser Blick, der dann wieder, als sei Herbert gar nicht wert, daß sie ihn ansehe, an seiner langen Gestalt niederglitt - "ich, Herbert; ich wußte, daß Du kommen würdest. Du willst in die Stadt!" Wieder bohrten sich ihre Blicke forschend in seine Züge ein.

"In die Stadt? So, will ich? Nun ja, in die Stadt!"

"Und Du willst da etwas Schlechtes, etwas Abscheuliches tun."

"Was will ich da tun? Weißt Du, was ich da tun will?"

"Ich weiß es. Du willst Lorenz unglücklich machen. Du willst den Angeber spielen. Du sollst es nicht, ich will's nicht."

"Du hast viel zu wollen. Aber was weißt Du, was ich in der Stadt will?"

"Ich weiß, daß Du's willst, weil Du gestern abend gehorcht hast - wie ein Dieb in der Nacht bist Du geschlichen und hast gehorcht..."

Herbert lachte gezwungen auf. "So, das weißt Du? Nun ja, meinethalb! Magst es wissen! Ich bin dem Lorenz gestern abend begegnet; und da hab' ich ihn auf Euer Heiligenbild zugehen sehen, und wie er da bei ihm angelangt ist, bleibt er stehen - ich denk' was will er da, um des Betens halber geht der Lorenz nicht dahin; so schießt's mir durch den Kopf; vielleicht bist Du's, die Thekla, die ihn dahin bestellt hat, und das will ich doch wissen; schlag mich also seitwärts, bis an Gardessen Hagen und geh daran entlang, bis ich von da an in den Tannenbusch hinter Eurem Bild schlüpfen kann. Und da hab' ich denn auch nur kurze Zeit warten brauchen, bist Du richtig gekommen bist."

"Und Du hast alles gehört, alles was wir, was Lorenz gesprochen hat?" fragte mit zitternder Lippe Thekla.

"Willst' auch das wissen?" versetzte Herbert mit einem bösen Hohnlachen...

"Ich weiß es ja, oh mein Gott, ich weiß es ja - ich wußte es gestern abend, als Du von mir gingst, und darum bin ich ja hier, Herbert, weil ich es weiß und auch weiß, daß Du ein böser Mensch bist und Dir nichts daraus machst, Deinen Mitmenschen ins Unglück, in die Schande, ins Eisen und an den Galgen zu bringen!"

"Wenn ich ein böser Mensch bin, wie Du sagst, Thekla", fiel Herbert zornig werdend ein - "weshalb sollt' ich mir denn was draus machen?"

"Sieh, sieh, das wußte ich ja auch, daß Du jetzt mit dem Frühesten Dich aufmachen und in die Stadt gehen würdest, aufs Gericht, um's anzugeben."

"Also dahin will ich?" sagte er, zornig seine weißen großen Zähne in die Pfeifenspitze beißend - er hatte sie im Munde behalten bei all' diesem Reden, obwohl sie erloschen war.

"Und ich will's nicht, daß Du gehst", fuhr sie heftig fort. "Du sollst nicht, Herbert, bei Gott, Du sollst nicht!"

"Wer will mich abhalten?"

"Ich - sieh, wenn Du gehst, so ist alles aus zwischen uns. Ich verbiete Dir meinen Hof, als einen schlechten Menschen, der für Geld seine Mitmenschen verrät."

"Um's Geld tu' ich's nicht", wallte Herbert heftig auf, das weißt Du, Thekla, Du am besten. Das Geld will ich nicht."

"Es ist Eins - all Eins. Ich verbiet' Dir meinen Hof, wenn Du gehst. Wenn Du aber nicht gehst, wenn Du mir heilig gelobst und schwörst, daß Du reinen Mund halten willst über alles und jedes, was Du erhorcht hast, dann will ich Dein sein - dann kannst gehen und bestellen das Aufgebot."

"Kann ich das wirklich, Thekla? Hab ich Dein Wort?"

"Erst sag mir eines. Du hast noch niemand von Euren Leuten auf dem Hof ein Wort davon gesagt?"

"Keines Menschen Ohr auf unserem Hof hat ein Wort davon vernommen!"

"Es ist gut. So hast Du mein Wort."

Mit der Rechten hatte Herbert seine Pfeife aus dem Munde genommen. Nun doch. So streckte er seine Linke aus.

"Gib mir auch die Hand darauf", rief er erregt. Auch die Hand gab sie ihm - sie lag kalt und zitternd in der seinen; ihr Auge suchte wieder das seine mit dem scharfen, strafenden Blick wie vorhin.

"Du schwörst es mir, daß Du schweigst!" sagte sie dabei.

"Ich schwör's Dir. Und es ist ja alles gut - alles", versetzte er. "Laß uns denn jetzt zusammen gehn, ins Dorf; da können wir zusammen die Frühmesse hören und dann hernach, wenn sie zu Ende ist, zum Pastor gehn."

"Ist mir recht. In die Kirche möcht' ich schon gehn. Mich verlangt danach, nach der Kirche. Komm."

Sie wandte sich; und wie plötzlich wundersam gekräftigt, schritt sie voraus, den Weg, den sie gekommen, einschlagend, so, daß Herbert Mühe hatte, ihr zur Seite zu bleiben.