Privatisierung der Ex Staatsbetriebe im Kosovo geht voran| Süddeutsche Zeitung vom 29.11.2005

Versilberter Nickel
Privatisierung der Ex Staatsbetriebe im Kosovo geht voran

Im ungeheizten Verwaltungsgebäude der Nickelwerke des Kosovo stehen die Wanduhren seit Jahren still. So lange schon warten auch Güterwagen auf dem Gelände von„ Ferronikeli" auf Erz aus den nahe gelegen Bergwerken. Im Dach der Fabrikhalle mit den beiden Schmelzöfen klafft noch immer ein Loch, das Bomben der Nato 1999 bei der Intervention in den Kosovo Konflikt schlugen. Jetzt hat die Privatisierungsbehörde im UN Protektorat die Werke westlich der Hauptstadt Pristina für 30 Millionen Euro an die Managementfirma Alferon von International Mineral Resources (IMR) verkauft. Zu seinen besten Zeiten vor dem Zerfall Ex Jugoslawiens hatte Nickel aus Glogovac, heute Drenas, mehr als die Hälfte des Exports aus der damals serbischen Albaner Provinz ausgemacht. Wenn noch offene Fragen wie die der Stromversorgung geregelt sind, könnte die Produktion nächstes Jahr wieder anlaufen.

Knapp ein Jahr lang leitet Joachim Rücker in der UN Administration des Kosovo (Unmik) die für Wirtschaft zuständige EU „Säule". Unter dem Finanz und Verwaltungsfachmann aus dem Auswärtigen Amt haben die Privatisierungsverkäufe und ausschreibungen einen Wert von 100 Millionen Euro erreicht. Im kommenden Jahr der Verhandlungen über den künftigen Status des Kosovo will der einstige Bürgermeister von Sindelfingen die Privatisierung von Unternehmen „gesellschaftlichen Eigentums", einer Hinterlassenschaft aus dem Arbeiterselbstverwaltungs Sozialismus Ex Jugoslawiens, vollenden. Der Privatisierungsakt fällt mit dem „Zeugungsakt eines Staates" zusammen, den eine Zeitung in Pristina dieser Tage verkündete. Gemeint war das Verlangen nach Unabhängigkeit, das die Führer der Kosovo Albaner dem UN Unterhändler Martti Ahtisaari bei seinem ersten Besuch nahe legten. Bei der Frage, wovon ein selbstständiger Kosovo leben soll, weisen Albaner gern auf die bekannten Vorkommen von Braunkohle zur Stromerzeugung sowie Buntmetallen. Der zuständige Minister Ethem Ceku lockt Investoren zudem mit einem „enormen Explorationspotenzial".

Angesichts der bevorstehenden Privatisierung herrscht unter den Albanern in der Direktion „Ferronikeli" aber Nervosität. Die Werke hatten 2000 Beschäftigte, als der Belgrader Machthaber Slobodan Milosevic dem Kosovo die Autonomie nahm und viele Albaner ihre Stellen verloren oder verließen. Drenas liegt im Drenica Gebiet, wo die Kosovo Befreiungsarmee UCK zuerst auftrat und Milosevics Polizei 1998 als Antwort auf deren Anschläge erste Massaker an Zivilisten verübte. Auf dem Werksgelände wurden serbische Polizisten, Soldaten und Paramilitärs stationiert.

Im Kaufvertrag sind bis zu tausend Beschäftigte bei Ferronikeli vorgesehen. 20 Prozent des Kaufpreises stehen früheren oder bisherigen Beschäftigten zu. , Wenn der Käufer die Ersatzteile besorgt, können wir in einem halben Jahr mit einem Schmelzofen wieder produzieren", sagte einer der Direktoren.
Bernhard Küppers
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