Saat des Hungers| Aus "konkret" Heft 7 Juli 2005

aus konkret Juli 2005

Tina Goethe

Saat des Hungers

Die Hersteller gentechnisch veränderten Saatguts sind weltweit in der Offensive. Setzen sie sich durch, werden noch mehr Menschen (ver)hungern.

Am 30. Mai gaben die Vereine zur Förderung der Agrobiotechnologie Finab und InnoPlanta bekannt, daß in sechs deutschen Bundesländern auf insgesamt 300 Hektar gentechnisch veränderter Mais ausgesät worden sei, sogenannter Bt-Mais. Der Großteil der Ernte sei für die kommerzielle Nutzung gedacht, ein kleinerer Teil werde für wissenschaftliche Zwecke angebaut. In ihrer Pressemeldung, die recht bemüht nach Erfolgsmeldung klingt, klagen Finab und Inno-Planta über das deutsche "Gentechnik-Verhinderungsgesetz" und den Druck der Gentechgegner, der die Landwirte einschüchtere. Viele Bauern seien von ihrem Vorhaben, Bt-Mais anzubauen, zurückgetreten. Selbst die zugesagte Unterstützung von finanzkräftiger Seite - die multinationalen Saatgutkonzerne Pioneer und Monsanto sowie das Unternehmen Märkische Kraftfutter stehen den übriggebliebenen tapferen Gentechbauern zur Seite - schien die Abgesprungenen nicht überzeugen zu können.

So erscheinen die Bt-Mais anbauenden Landwirte als mutige Vorkämpfer in einem feindlichen Umfeld. Vor allem die Haftungsregelung, die GVO (gentechnisch veränderte Organismen) anbauende Landwirte zu Schadensersatz verpflichtet, wenn benachbarte Felder durch ihre Saaten verunreinigt werden, erzürnt die Förderer der Agrogentechnologie. Doch warum so viel Unsicherheit, wo doch von Industrie und Forschung immer wieder versichert wird, daß von gentechnisch veränderten Pflanzen weder Gefahren für die Umwelt noch für die gentechnikfreie Produktion ausgingen, sofern bestimmte Sicherheitsmaßnahmen berücksichtigt würden? Und - für wen bauen die wenigen Bauern in Bayern, Brandenburg, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern den Bt-Mais überhaupt an? Denn die Mehrheit der deutschen und europäischen Bevölkerung ist laut einschlägigen Meinungsumfragen an Gentech-produkten nicht interessiert oder hält sie sogar für gefährlich.

Berücksichtigt man die politische und ökonomische Auseinandersetzung um die Agrogentechnologie, so sind die deutschen Bt-Mais-Bauern tatsächlich Vorkämpfer: Söldner im Kampf um die weltweite Kontrolle der Nahrungsmittelproduktion.

Die Auseinandersetzung trat mit der Einführung gentechnisch veränderter Kulturpflanzen vor elf Jahren in eine neue Phase. Damals wurde die sogenannten Flavr-Savr-Tomate entwickelt, eine Anti-Matsch-Tomate, die sich jedoch schnell als Flop erwies. Gentechnisch veränderte Soja-, Mais-, Baumwoll- und Rapspflanzen sind jedoch weiterhin auf dem Vormarsch. Bisher allerdings wohl nur deshalb, weil sie hauptsächlich als Futtermittel eingesetzt werden oder für die Verbraucher nicht als solche zu erkennen sind. In den USA, die knapp 60 Prozent der GVO-Anbaufläche für sich beanspruchen dürfen, wurden die Konsumenten gar nicht erst gefragt, der Ruf nach Kennzeichnung wird beharrlich überhört.

In Europa wird die Skepsis der Bevölkerung bisher zwar noch berücksichtigt, doch der Druck des internationalen Agrobusiness ist groß. Ein sechs Jahre lang bestehendes De-facto-Moratorium für den Anbau und die Vermarktung von GVO wurde letztes Jahr mit der Verabschiedung eines neuen Gentechnikgesetzes, das die Kennzeichnung von GVO vorschreibt, beendet. Eine im Mai 2003 bei der WTO eingereichte Klage der USA, Kanadas und Argentiniens gegen das europäische Moratorium ist jedoch immer noch anhängig. Die USA hatten einen durch das Moratorium verursachten Exportausfall von 300 Millionen Dollar jährlich geltend gemacht. Mittlerweile richtet sich die Klage der drei Agrarexporteure auch gegen die europäische Kennzeichnungspflicht. Ob europäische Verbraucher und Landwirte Gentechnologie auf Feld und Teller wollen oder nicht - das Schiedsgericht der WTO kann sie dazu zwingen.

Man kann natürlich argumentieren, Landwirte und Verbraucher hätten ja die Freiheit, gentechnisch verändertes Saatgut bzw. die daraus resultierenden Lebensmittel nicht zu kaufen. Doch die Wahlfreiheit endet für den Bauern, sobald auf dem benachbarten Feld gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, da ein Nebeneinander von gentechnikfreien und einer auf GVO basierenden Landwirtschaft langfristig unmöglich ist. Denn eine Auskreuzung gentechnisch veränderter Pflanzen auf Nachbarfelder oder Wildpflanzen läßt sich nicht vermeiden, das beweisen zahlreiche Beispiele. So ist etwa im Westen Kanadas der Anbau von gentechnikfreiem Raps nicht mehr möglich, alle Biorapsbetriebe mußten ihre Produktion einstellen. Die unkontrollierte Verbreitung von GVO geschieht über Pollenflug, über Tiere, Boden, Wasser, Menschen oder über gemeinsam benutzte landwirtschaftliche Maschinen und Lagerräume. Damit ist sowohl die konventionelle wie auch die biologische Landwirtschaft bedroht. Gentechnologie ist eine lebendige Technologie - einmal in die Umwelt gebracht, ist sie nicht mehr rückholbar. Nachdem Forschung und Industrie die Kontaminierungsrisiken lange heruntergespielt hatten, entwerfen sie nun Koexistenzregelungen: Sicherheitsabstände zwischen GVO und gentechfreien Kulturen sowie Vorgaben zur Trennung bei Transport und Lagerung der Ernte sollen eine Auskreuzung verhindern. Aber das bedeutet einen großen Mehraufwand für die Landwir-te und wird langfristig nichts nützen. Der Zweck dieser Maßnahmen scheint also eher darin zu bestehen, die Kritik zum Verstummen zu bringen und vollendete Tatsachen zu schaffen.

In vielen Ländern ist solch ein Fait accompli bereits geschaffen - durch finanzkräftige Propaganda, aber auch durch Saatgutschmuggel oder gentechnisch veränderte Nahrungsmittelhilfe. Mittlerweile beträgt die Gesamtfläche der angebauten GV-Planzen rund 81 Millionen Hektar, das entspricht 1,5 Prozent der globalen Kulturfläche oder mehr als zweimal der Fläche Deutschlands.

Doch warum soviel Aufwand und Aufregung wegen ein paar neuer Pflanzensorten auf einem so geringen Teil der weltweiten Ackerfläche? Soja, Mais, Baumwolle und Raps sind bisher die einzigen kommerziell angebauten Pflanzensorten, die gentechnisch verändert wurden. Allein Soja macht bereits über 60 Prozent aller GVO auf dem Weltmarkt aus, Soja und Mais zusammen kommen auf 84 Prozent. Der Anteil an gentechnisch veränderten Sojabohnen am Weltmarkt beläuft sich auf 56 Prozent. Bei den anderen Pflanzen liegt der Anteil nicht über 20 Prozent. Der Anbau von Soja und Mais für den Export - gentechnisch verändert oder nicht - dient in erster Linie der Herstellung von Futtermitteln für die Fleischproduktion. Über 90 Prozent aller Gentechpflanzen wachsen in den USA, Kanada, Argentinien, Brasilien und China. Die USA und Argentinien bestreiten allein 80 Prozent des weltweiten GVO-Anbaus.

Die Agrogentechnologie bedeutet einen beispiellosen Eingriff in das natürliche Erbgut. Über das Einbringen fremder, oft sogar artfremder Gene werden Kulturpflanzen mit neuen Eigenschaften entwickelt. So werden tierische, bakterielle oder gar menschliche Gene in Pflanzen eingebaut. Diese Technologie überschreitet die natürlichen Artgrenzen und hat damit nichts mehr mit konventioneller Züchtung zu tun, die auf natürlichen Prozessen basiert. Es entstehen Neukombinationen aus genetischen Informationen verschiedener Lebensformen, wie sie in der Natur nicht vorkommen und auch nie entstehen würden. Die Gentechnik vollzieht damit einen technischen Lebensentwurf von Lebewesen außerhalb der evolutionären Prozesse.

Die gentechnisch veränderten Eigenschaften von derzeit angebauten gentechnisch veränderten Kulturpflanzen beschränken sich bislang auf die Toleranz gegen Unkrautgifte (das macht bereits den Löwenanteil der kommerziellen GVO - fast drei Viertel - aus) und Resistenzen gegen Schädlinge (ca. 20 Prozent). Ein kleinerer Prozentsatz besitzt beide Eigenschaften. Entwickelt wurden die herbizidtoleranten Pflanzen in den Labors der Agrarkonzerne, die sich den Absatzmarkt für ihre chemischen Pflanzenschutzmittel sichern wollten. Da es anscheinend günstiger ist, neue Pflanzen zu kreieren, als ein neues Unkrautgift - für das wichtigste, den Bestseller Glyphosat, lief der Patentschutz aus -, wurde eben die zum Gift passende Pflanze gebaut, die wiederum für 20 Jahre patentiert werden kann. Die sogenannten Round-Up-Ready-Pflanzen der Firma Monsanto überleben als einzige die Behandlung mit dem ebenfalls von Monsanto entwickelten Gift Round Up. Die herbizidtoleranten Pflanzen der anderen großen Saatgutfirmen funktionieren nach dem gleichen Prinzip.

Auf dem internationalen Markt hat im Bereich des Agrobusiness ein massiver Konzentrationsprozeß stattgefunden. Sechs Unternehmen - BASF, Bayer, Dow Chemical, Du Pont, Monsanto und Syngenta - kontrollieren mittlerweile 75 bis 80 Prozent des globalen Pestizidmarktes, 1994 waren es noch zwölf. Dabei steht das Schweizer Unternehmen Syngenta, das vor fünf Jahren aus einem Zusammenschluß der Agrochemiesparten von Novartis und Astra-Zeneca hervorging, weltweit an erster Stelle. Im Jahr 2004 hatte Syngenta einen Umsatz von 7,3 Milliarden US-Dollar. Mit dem systematischen Aufkauf von Saatgutfirmen sichern solche Unternehmen die Verbindung zwischen Saatgut und Pflanzenschutzmitteln. So kontrollieren auch im Saatgutbereich nur noch fünf Konzerne 90 Prozent des globalen Saatguthandels (DuPont, Monsanto, Syngenta, BASF, Bayer); auf dem Markt für gentechnisch verändertes Saatgut hat die amerikanische Firma Monsanto einen Anteil von satten 91 Prozent. Langfristig werden weitere Fusionen zwischen Getreidehandel, Saatguthandel und Lebensmittelherstellern angestrebt, um eine vertikale Integration der Märkte und die Kontrolle einer geschlossenen Kette vom Feld bis ins Supermarktregal zu erreichen.

Das Motiv für die Entwicklung gentechnisch veränderter Nutzpflanzen ist die Möglichkeit ihrer Patentierung. So nutzen die Konzerne (in seltenen Fällen auch öffentliche Forschungsinstitute) die Option, ein Patent auf die von ihnen gentechnisch veränderten Pflanzen oder auch auf bestimmte Gene anzumelden. Während bei konventionellen Pflanzenzüchtungen über das Sortenschutzgesetz lediglich einzelne Sorten geschützt und vermarktet werden können, dürfen Gentechunternehmen über das Patentrecht gleich mehrere Pflanzenarten auf einmal für sich schützen: all jene, in die sie ein bestimmtes Gen eingebracht haben. Ist schon der Sortenschutz ein Angriff auf das uralte Recht von Bauern und Bäuerinnen, aus ihrer Ernte Saatgut zurückzubehalten, zu tauschen und selbst weiterzuentwickeln, so wird die Kontrolle über das Saatgut durch private Konzerne potenziert, wenn ein Patentrecht Patente auf lebende Organismen (Tiere, Pflanzen, Gene) erlaubt.

Eine Pflanze, ein neu "entdecktes" Gen oder ein neues gentechnisches Verfahren ist damit für eine bestimmte Zeit im Besitz der Konzerne. Für den Einsatz patentierten Saatguts müssen Landwirte jährlich eine Gebühr an die Patentinhaber (meist multinationale Unternehmen) entrichten. Die Möglichkeit einer kostenlosen Wiederaussaat ist damit verwehrt. Für den Fall, daß Patente auf Pflanzen in bestimmten Ländern nicht durchsetzbar sind, hat die Industrie bereits vorgesorgt. Mit der "Terminatortechnologie" wurden Pflanzen entwickelt, die nach der Ernte steril sind. Ihre Verwendung zur Wiederaussaat ist unmöglich, was einen jährlichen Neukauf des Saatgutes nötig macht. Noch existiert ein weltweites Moratorium für diese Technologie, doch versucht insbesondere Kanada, es in internationalen Verhandlungen zu kippen.

Bei der Entwicklung gentechnisch veränderter Pflanzen und der Möglichkeit, sie patentieren zu lassen, geht es also letztlich darum, wer die Grundlagen der menschlichen Ernährung kontrolliert. Es verwundert daher nicht, daß der Kampf so erbittert geführt wird. Diejenigen, die die Kontrolle über das Saatgut in den Händen von Bauern und Bäuerinnen lassen wollen, haben dabei einen schweren Stand. Der erwähnte Gentechstreitfall vor der WTO geht denn auch wohl mehr um Marktanteile als um die Wahrung von Bauernrechten gegenüber der wachsenden Macht und Kontrolle der Konzerne. Denn auch die EU vertritt ein Patentgesetz, das Patente auf Organismen ermöglicht, doch sehen sich die EU-Kommission, die Regierungen und die Industrie einer Bevölkerung gegenüber, die gentechnisch veränderte Lebensmittel ablehnt.

An diese Kritiker richten sich nun Appelle, mit ihren gesundheitlichen und ökologischen Bedenken nicht so egoistisch zu sein, schließlich leide ein Großteil der Bevölkerung armer Länder an Hunger, und ohne die Produktivitätssteigerungen dank GVO könne sie nicht ernährt werden. Als einige afrikanische Länder, unter ihnen Sambia, vor zwei Jahren gentechnisch veränderte Nahrungsmittelhilfe zurückwiesen, da sie die ökologischen und gesundheitlichen Risiken für die Bevölkerung als nicht kalkulierbar einschätzten und außerdem fürchteten, die Chancen des Exports in die EU durch die Einführung von GVO zu gefährden, provozierte dies US-Präsident Bush zu der Behauptung, die Bevölkerung der EU mache sich mit ihrer ablehnenden Haltung mitschuldig an der Hungerkatastrophe in afrikanischen Ländern.

Die Behauptung, Gentechnologie sei ein zentrales Instrument im Kampf gegen Hunger, ist so falsch wie unverschämt. Der argentinischen Bevölkerung müßte es nach dieser Logik eigentlich blendend gehen: Immerhin ist Argentinien nach den USA der zweitwichtigste Produzent gentechnisch veränderter Nahrungsmittel. Doch immer mehr Argentinier hungern. Durch die Industrialisierung der Sojaproduktion haben in den letzten Jahren rund 160.000 kleinbäuerliche Familien ihr Land verloren.

Die zwangsweise verabreichte Dosis gentechnisch veränderter Maispflanzen in der Nahrungsmittelhilfe an lateinamerikanische und afrikanische Länder zeigt, daß die Einführung von GVO mit massivem politischen und ökonomischen Druck einhergeht. Das jüngste bekanntgewordene Beispiel für diesen Druck ist der Irak: Als der amerikanische Zivilverwalter Paul Bremer im Juni 2004 Bagdad verließ, hinterließ er der irakischen Übergangsregierung zahlreiche neue Verordnungen und Gesetzesentwürfe, darunter auch die Order 81 für ein neues Patentrecht. Bisher versorgten sich Kleinbauern im Irak über ein mehr oder weniger informelles System mit Saatgut. Von der Ernte zurückbehaltenes Saatgut, die ungehinderte Weiterentwicklung und der Austausch von Pflanzenmaterial unter den bäuerlichen Gemeinschaften sind seit langem die Grundlage der Landwirtschaft. Diese Praktiken erklärt das neue Gesetz für illegal. Nun sind nur noch "geschützte" Pflanzensorten zur Aussaat erlaubt, die von transnationalen Konzernen im Namen des landwirtschaftlichen Wiederaufbaus in den Irak eingeführt werden. Sie sind Eigentum dieser Konzerne. Damit wird im Irak ein System von Monopolrechten an Saatgut eingeführt; darüber hinaus fördert das neue Patentgesetz ausdrücklich den Vertrieb von genetisch verändertem Saatgut.

Das neue Gesetz ist angeblich notwendig, um die Versorgung mit "qualitativ hochwertigem" Saatgut im Irak sicherzustellen und den Beitritt des Landes zur WTO zu erleichtern. Was das Gesetz jedoch tatsächlich erreichen wird, ist die Beherrschung der irakischen Landwirtschaft durch Monsanto, Syngenta, Bayer, Dow Chemical und Co. Die Ausschaltung der bäuerlichen Konkurrenz ist in den Augen dieser Konzerne eine wichtige Voraussetzung, um im Irak tätig zu werden.

Die obengenannten Zahlen und Fakten über die aktuell angebauten Gentechpflanzen, über die Marktkonzentration im Agrobusiness und das Beispiel der Patente machen deutlich, daß die Gentechnologie in der Landwirtschaft sicher nicht für den Kampf gegen den Hunger entwickelt wurde. Sie ist für ein Landwirtschaftsmodell gemacht - und fördert dieses -, das den Interessen des Agrobusiness dient. Es basiert auf einer großflächigen, monokulturellen und vollständig industrialisierten Produktion. Diese ist teuer und nur durch intensiven Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel und Dünger sowie mit massivem Wasserverbrauch und auf guten Böden zu realisieren. Menschliche Arbeitskraft wird zunehmend überflüssig gemacht. Die ländliche Bevölkerung verliert so Arbeits- und damit Einkommensmöglichkeiten auf dem Land. Kleinbauern, lokales Saatgut sowie traditionelle Landwirtschaftsmethoden haben in solch einem Modell keinen Platz. Die hohen Inputkosten für Saatgut, Kunstdünger und chemische Pflanzenschutzmittel treiben viele Kleinbauern und -bäuerinnen in Verschuldung und Abhängigkeit. Gentechnologie steht für ein Agrobusiness, das in Zukunft ohne Kleinbauern auskommen will. Deren Überleben ist jedoch Grundlage einer gesicherten Ernährung der Bevölkerung in vielen Entwicklungsländern. Rund 300 Millionen Kleinbauernfamilien erwirtschaften dort 80 bis 85 Prozent der landwirtschaftlichen Produkte.

Hunger ist keine Folge zu geringer Produktion. Die Welt verfügt derzeit über so viele Nahrungsmittel wie noch nie; dennoch sind über 800 Millionen Menschen stark unterernährt. Selbst in Indien wird jährlich ein Überschuß an Nahrungsmitteln produziert. Er verrottet oder wird vernichtet, obwohl in dem Land Millionen nicht genug Nahrung zum Überleben haben. Die Gründe für den Hunger liegen in sozialer, politischer und wirtschaftlicher Ungerechtigkeit. Diese wird durch ein Landwirtschaftsmodell, das die Mehrheit der Hungernden - die arme ländliche Bevölkerung - ausschließt, nicht beseitigt, sondern verstärkt.

Tina Goethe arbeitet für das Hilfswerk Swissaid

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