Ems-Zeitung vom 18.12.2002
.Nachrichten

Wieder Emsland im Blick?

Suche nach Atommüll-Endlager: Alles beginnt von vorn

Von Hans Brinkmann, Redaktion Berlin

Berlin/Wippingen, 17.12.

Jetzt geht alles wieder von vorn los: 27 Jahre nach der ersten Standortsuche für ein atomares Endlager wird ein neuer Anlauf gestartet, um in Deutschland eine zentrale Deponie für radioaktive Abfälle zu bestimmen. Als Basis für das neue Suchverfahren dient der Bundesregierung der 260 Seiten starke Bericht des "Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd)", den Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) am Dienstag in Berlin entgegennahm.

Der mit 14 Wissenschaftlern besetzte Arbeitskreis war vor drei Jahren gebildet worden, um einen systematischen Ansatz für die Auswahl eines neuen Endlagerstandortes in Deutschland zu entwickeln. Die Erkundungsarbeiten für den bis dahin als Deponie auserkorenen Salzstock Gorleben wurden gestoppt, weil die rotgrüne Bundesregierung Zweifel an der Eignung dieser Lagerstätte anmeldete.

Gorleben war 1977 als Standort eines Endlagers und weiterer Atomprojekte bestimmt worden. Entscheidenden Anteil daran hatte der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU), der den Ort in unmittelbarer Nähe der einstigen Zonengrenze gegen die SPD-geführte Bundesregierung durchsetzte.

Bonn hatte ursprünglich das Emsland ins Auge gefasst: Der Salzstock Wahn in Wippingen (Altkreis Aschendorf-Hümmling) galt zu Beginn der Endlagersuche im Jahr 1975 als der am besten geeignete Standort. Er wurde auch gegen die Alternativen Lichtenhorst (bei Nienburg) und Unterlüß (bei Celle) klar favorisiert. in dem 800-Einwohner-Dorf und dessen Umgebung regte sich jedoch erbitterter Widerstand, der schließlich nach zwei Jahren zum Schwenk in Richtung Gorleben führte.

Kommt das Emsland nun ein Vierteljahrhundert später erneut als Atommüllstandort ins Spiel? Umweltminister Trittin lässt sich auf keine Spekulationen ein. "Es gibt keine Vorfestlegungen. Keine Region ist vorab ausgeschlossen, und keine wird vorab gesetzt", versicherte der Politiker in Berlin. Letztlich könnte demnach sogar die Entscheidung auf Gorleben fallen, wenngleich Trittin andeutete, dass dieser Standort angesichts der Auseinandersetzungen in den letzten Jahrzehnten wohl doch "verbrannt" sein könnte.

Beschränkt werden soll die Suche laut Trittin auf "tiefe geologische Formationen", wobei neben Salz auch Ton und Granit in Betracht kommen. Hier will man den Atomschrott - insgesamt gut 320000 Tonnen - für eine Million Jahre sicher einschließen. In Betrieb genommen werden soll die Zentraldeponie spätestens 2030.

F

ür die nächsten ein bis zwei Jahre ist nach Angaben des Umweltministers eine breite öffentliche Diskussion geplant, an deren Ende es eine politische und rechtliche Festlegung auf das Auswahlverfahren geben soll.

Die eigentliche Standortsuche soll nach dieser Diskussionsphase - vermutlich 2004/ 2005 - starten. Dabei will man nach Darstellung des Ministers nicht nur technische Kriterien anwenden, sondern auch auf sozialwissenschaftliche Aspekte abstellen. Nach einem Abgleich aller potenziellen Standorte sollen fünf, mindestens aber drei Gebiete unter verschiedensten Gesichtspunkten und unter Einbindung der Bevölkerung auf ihre Eignung überprüft werden. Ab 2010 will man dann an mindestens zwei Standorten unterirdische Erkundungen durchführen und dann eine endgültige Entscheidung herbeiführen.


top

Zur Homepage